FN Dillbaum/Dullbaum u.ä.

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  • hionoxy
    antwortet
    Ich denke, bislang hatten wir folgende Namensdeutung nicht und wenngleich sie auch gar nicht zu den bisherigen (außer vielleicht sinngemäß »Pfahl«) und ich keine anderweitigen Quellen zu dieser Bedeutung finde, sei sie hier der Vollständigkeit wegen genannt:

    »Dilbaum aber,
    Hanebaum, Krebaum (Stange, auf welcher der Haushahn
    ſitzt und krähet)«


    Quelle:
    Deutsches Namensbüchlein, Dr. A. F. C. Vilmar, S. 54 https://ia800201.us.archive.org/32/i...menb00vilm.pdf

    Gruß aus Wien
    Zuletzt geändert von hionoxy; 24.11.2024, 16:38.

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  • hionoxy
    antwortet
    Aus dem schwäbischen Wörterbuch:
    • Dill-mann m.: alberner Mensch. , Was gats den Tilman an?' HvSACHS./HÄTZL. 281. ,Du stast wi ein Klotz, Oelgötz, T.' SFrank. ,Du redest von Herr D.' eb. Noch heute Fam.N. und Name eines Hofs
    • Dille dile, s. -i m. (s. u.): läppischer Mensch RAV Ringg. Mensch, dem nichts von der Hand geht. "SCHWAB."/FULDA 63. Nichtsnutzige Weibperson (n.) EwWesth. Dilladelli Dummkopf BUCK. Dilledalli SCHM. 126. – vgl. Dalle, Dilletapp, Dillmann. DF. 351
    Eventuell ist ein Dillbaum ja auch ein hochgewachsener dummer Mensch. Zurück zur Stadtbefestigung:

    Das Buch legt übrigens auch nahe, dass die Bedeutung eines bloßen Zauns eventuell nicht ausgeschlossen werden sollte (siehe beigefügte drei Screenshots). Ja, auch dort sind die Quellen für die Bedeutung von »Zaun« (Gartenzaun, Zaun ums Haus, Abgrenzung seines Grundstückes) für »Tüll« eher später (ca. 1450) als die für eine hölzerne Palisaden»mauer« (Da 1350–1400); aber vermutlich müsste das Suffix -baum die Bedeutung regeln. Aus dem Stadtarchiv Augsburg heißt es »die schriftliche Überlieferung für Augsburg im Mittelalter [...];
    Sie ist sehr dünn. Da quantitativ die Verwendung des Wortes abzuleiten ist schwierig«. Ich solle mit Sprachwissenschaftler*innen reden.

    Wenn euch eventuell Sprachwissenschaftler*innen mit Expertise für Nachnamen und dem schwäbisch-alemannischen Sprachraum einfallen, gerne eine Empfehlung!

    Lou
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  • hionoxy
    antwortet
    »Früher scheint ein Tüll auch mit zur Befestigung von Schlössern und Städten gehört zu haben« heißt es. Allerdings erwähnt wird danach auch »[...] wo es vielleicht nicht gerade eine Bretterwand war« was aber anhand der Beispiele etwas komisch wirkt: »Daz si an etlichen orten hülzin getüll widergemachot« [1] Auch haben wir aus alter Quelle das: »wann die statt Augspurg fand sant Ulrich mit hültzin schrancken und gattern und mit ainem tüll von faulem holtz umbgeben« [2]. In dieser Quelle findet sich tatsächlich auch eine Nutzung dieser drei Worte als Grade der Stadtbefestigungsqualität: »tüll, mauer und zaun werden als kennzeichen verschiedener befestigungsgrade einander gegenübergestellt« [2].
    Auch findet sich dort klar beschrieben der bessere Schutz eines Palisadenvallums (Tüll) gegenüber eines Palisadenzauns: »dasz in späterer zeit ein tüll, das der befestigung diente, auch zu festerem schutz ausgebaut wurde, als ein einfacher pallisadenzaun ihn bieten konnte [2]. Also quasi die Ordnung Zaun < Tüll < Mauer. Vielleicht meint die neue Quelle es auch so.

    Außerdem heißt es in der neuen Quelle auch: »Machtend ein tul umb die vorstat«. Also eventuell noch eine alte, noch hölzerne Stelle der eben nicht Stadtmauer ("mur") und auch kein Zaun ("zun"), sondern des Tülls. Das spricht für die Idee mit der Befestigung der Jakobervorstadt um die Zeit der Namensentstehung.

    Ich hätte nur noch so gerne diesen -baum irgendwo in diesem Kontext verwendet gesehen... Also wo hervorgeht, welche Funktion er hat. Wir vermuteten ja eine (Sperr-)Schranke, Schlagbaum. Aber wie oben steht, wurde ja schon in einer Legende zum Heiligen Ulrich aus 1455 oder zuvor ein klarerer Wortlaut als -baum genutzt (»mit hültzin schrancken und gattern«).

    Quelle:
    [1] » Bayerisches Wörterbuch : Sammlung von Wörtern und Ausdrücken, die in den lebenden Mundarten sowohl, als in der älteren und ältesten Provincial-Litteratur des Königreichs Bayern, besonders seiner ältern Lande, vorkommen, und in der heutigen allgemein-deutschen Schriftsprache entweder gar nicht, oder nicht in denselben Bedeutungen üblich sind. / 1. Enthaltend Theil I. und II. der ersten Ausgabe«, Seite 602 (Rechte Spalte), https://www.bavarikon.de/object/bav:...5&cq=f&lang=de

    [2] https://www.dwds.de/wb/dwb/t%C3%BCll
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    Zuletzt geändert von hionoxy; 17.06.2024, 10:15.

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  • sternap
    antwortet
    Zitat von hionoxy
    Hallo Alice,

    ja, das kann gut sein. Thürlimann oder Gattermann. Leider finde ich keine analogen Beispiele für oberdeutsche Reichsstädte die dem letzten Zitat von mir entsprechen.

    Gruß (-:

    alemannen sind heute für ihren fleiß, eingesetzt zu zweck der schaffung von festen werten, immobilien etc. bekannt.
    du hast bei düllbaum die nennung eines imposanten gegenstandes, eigentlich einer immobilie,

    aber nicht die nennung der tätigkeit des mannes.
    bei alemannischen türlimann oder gattermann ist das gleich.


    in österreich heißen solche leute vielleicht mautner, weil sie die maut einheben, die tätigkeit steht im vordergrund.
    ich würe an deiner stelle für dein suchgebiet daher im alemannischen weitersuchen wie sie die bediener des schlagbaums, tores oder der pforte nannten, nach welchem bauwerk.

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  • hionoxy
    antwortet
    Jörg Stuttmann zeigte heute auf seinem YouTube-Kanal die Befestigung des Augsburger Oblatterswalls mit Schlagbaum (Zeitstempel 6:53):

    Zuletzt geändert von hionoxy; 05.01.2024, 20:42.

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  • hionoxy
    antwortet
    Hallo Alice,

    ja, das kann gut sein. Thürlimann oder Gattermann. Leider finde ich keine analogen Beispiele für oberdeutsche Reichsstädte die dem letzten Zitat von mir entsprechen.

    Gruß (-:

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  • sternap
    antwortet
    Zitat von hionoxy
    Vielleicht war ein Dilbaum eine mittlerbare Berufsbezeichnung für sowas wie den Torpächter aus Niederdeutschen (Reichs-)Städten:


    Quele: http://www.soetele.de/geschichten/ba...le/waelle.html



    das entspräche dem schweizerischen gattermann oder türlimann, dürlimann.

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  • hionoxy
    antwortet
    Vielleicht war ein Dilbaum eine mittlerbare Berufsbezeichnung für sowas wie den Torpächter aus Niederdeutschen (Reichs-)Städten:

    Unten und oben hatten die Tore einige bewohnbare Räume, die Behausungen des Torpächters. Den Tag über sah man ihn gewöhnlich in seinem „Wacht- oder Schilderhäuschen“, das zu ebener Erde lag und die Gemeinde mit einem Ofen ausgerüstet hatte. Aufgabe des Pächters war, die Straße durch das Tor ständig durch einen Schlagbaum gesperrt zu halten, ihn aber, wenn „ein Bürger ein- oder auszugehen benötigte, gebührend auf- und zuzumachen“. Für die Nacht und in gefahrvollen Zeiten hatte man außerdem eine besondere Schutzwehr, die Falltore, von unseren Vorfahren Helmeyen genannt, die dann dauernd geschlossen blieben. Der letzte Rest der Süchtelner Stadtbefestigung, die „Vierscher Portz“, wurde 1907 abgerissen. In alter Zeit wurde an allen Wochen- und Jahrmärkten an allen Toren der Stadt Süchteln eine eiserne Hand und ein Säbel sowie ein Plakat ausgehängt, mit der Weisung, daß jedem, der sich an fremden Eigentum vergehe, die rechte Hand abgehauen werde.
    Quelle: http://www.soetele.de/geschichten/ba...le/waelle.html
    Zuletzt geändert von hionoxy; 04.01.2024, 23:10.

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  • hionoxy
    antwortet
    Ja. Man findet keinen. Diplomarchivar Mario Felkl empfahl mir mich an Sprachwissenschaftler zu wenden, die sich mit der phonetischen Veränderung des Schwäbischen zu dieser Zeit auskennen.

    Er sagt nämlich, dass -baum einfach befremdlich für ihn ist. Ein Baum ist ein lebendiger Baum, kein toter oder verarbeiteter Baum. Ein hölzerner Tüll ist für ihn nicht schlüssig. Meinen Vorschlag einer Verballhornung eines anderen Wortes fand er nicht verkehrt, das könnte man sich anschauen.

    Allerdings könnte er sich schon vorstellen, dass es bei -baum um etwas geht, das man aufstellt. So etwas wie den Schlagbaum den wir hatten. Für Baum sagt der DWDS u. a. [1]:
    • Schranke/Absperrung/Schlagbaum
    • Galgen
    • Kreuz-Christi
    • Mastbaum

    Die schon genannte Idee einer Sperre eines (innenstädtischen) Tores [mit einem Schlagbaum] findet genannter Herr auch sinnig. Also wäre Dilbaum jemand, der genau da an der Stadtmauer wohnt, wo sie zugesperrt wird. Oder derjenige ist, der den Dienst des Versperrens übernimmt. Allerdings sind die Quellen im DWDS zu dieser Wortdeutung von -baum aus dem Niederdeutschen-Raum. Hier in Berlin sogar im Kontext der Stadtmauer:

    schill. penninge vor den bom tu slutene berl. stadtb.
    Ich weiß, das bleiben Hypothesen. Aber ich teile hier welche, die irgendwie mit Belegen als tendenziell möglich gelten.

    [1] https://www.dwds.de/wb/dwb2/baum
    Zuletzt geändert von hionoxy; 22.12.2023, 22:25.

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  • sternap
    antwortet
    Zitat von hionoxy
    Alice! Frech wie Oskar!

    Den Witz hat ein bekannter Stadtarchivar von mir auch mal von sich gegeben. Aber es sei dem Seitz gewünscht! Eindruck macht der Tüllbaum dann allemal.

    in der zeit gab man sich in österreich gerne frivole namen.


    das problem an der von mir verschämt geschriebenen andeutung ist, dass sich solch ein tüllbaum zu deinem leidwesen auf keiner landkarte finden lässt.

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  • hionoxy
    antwortet
    Alice! Frech wie Oskar!

    Den Witz hat ein bekannter Stadtarchivar von mir auch mal von sich gegeben. Aber es sei dem Seitz gewünscht! Eindruck macht der Tüllbaum dann allemal.

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  • sternap
    antwortet
    es war anders.
    wie damals üblich, trafen sich die weberjungen regelmäßig zum baden im großen holzzuber,
    nur der seitz hatte sich immer geziert.


    als er dann doch einmal mitmachte, verstanden sie.
    er zeichnete sich durch einen außerordentlichen tüllbaum aus.

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  • hionoxy
    antwortet
    Die Jakobervorstadt war anders als der Rest der Stadt(?) ab ihrer Eingliederung 1340 wohl bis 1450, also weit nachdem der Name Dilbaum schon schriftlich in die Welt gesetzt wurde, mit Palisaden befestigt [1, 2, 3]. In einer Broschüre der Stadt Augsburg spricht man sogar vom Palisadenzaun [3]. Da Tüll in Augsburg, wie vorher angeführt, wohl allgemein Zaun oder Mauer bedeutet, könnte Dilbaum ja dann auf die Person hindeuten, die noch bei der Ausnahme an Tüll wohnt, nämlich bei dem hölzernen Tüll (Palisaden aus Baumstämmen gefertigt).

    Allerdings war Seitz Tüllbaum zur Zeit der Verschriftlichung nicht etwa wohnhaft in der Jakobervorstadt (Bezirk D), sondern in der Unteren Stadt (Bezirk C) (s. Anhang). Ich habe herausgefunden, dass die Bischofsstadt [4] da nach Norden hin das Frauentor als eines seiner zwei Haupttore hatte (vgl. »Markierung«, pinker Kreis); deshalb heute auch noch Frauentorstraße. Diese Straße hieß ehemals Windgasse. Wie schon einst geschildert wohnte Seitz im Steuerbezirk Wintprunn/Windbrunnen. Der befand sich wiederum am nördlichen Ende der Windgasse/Frauentorstraße (vgl. »Markierung«, blauer Kreis), also in Richtung Fischertor (vgl. »Markierung« grüner Kreis), [5]. Die Bischofsstadt hatte also auch eine Befestigung (Grenze vgl. »Markierung« rote Linie), aber wohl weder aus Palisaden, noch wohnte Seitz unmittelbar dort zur Zeit der Namensgebung.

    ABER! Der Windbrunnen wird als Steuerbezirk wohl auch aufgeteilt »Von dem Wintprunnen ge sant Stephan» und »Von dem Graben gen den Wintprunne« [6]. Wo die Palisaden genau stehen weiß ich nicht. Aber wenn man die die Aufteilung der Stadt betrachtet (s. Anhang), dann grenzt eine Befestigung, die der JVS gilt, direkt an die Untere Stadt an, in der Seitz wohnte. Eventuell geht's dann somit doch aus und es ergibt sich die Deutungsmöglich des Weber Seitz »der da [noch im Bezirk Untere Stadt] bei der Mauer(=Tüll) aus hölzernen Palisaden (=Baum) zum Bezirk der Jakobervorstadt wohnt«, modern ausgedrückt.

    Die Frage ist nur, ob auch genau da an der Kreuzung der Bezirke auch Palisaden standen (s. Screenshot »Kreuzung Bezirke«). Am Nordwestlichen Ende der JVS evtl.?

    Man muss aber auch sagen, dass die Bezirke »Von dem Wintprunnen ge sant Stephan» und »Von dem Graben gen den Wintprunne« eher ein wenig anders verlaufen als direkt zur Grenze zur JVS (vgl. Screenshot »Windbrunnen gegen St Stephan oder Graben gegen Windbrunnen«). Ich habe einen Nachweis gefunden, der sagt dass die Jakobskirche in der JVS mit Palisaden umgeben war [7]. Eventuell galt das auch für St. Stephan bzw. die Klosteranlage dessen. Die Deutung von Tüll für »Gartenzaun« hatten wir schon, wenn auch wohl in Augsburg seltener. Einen Beleg für Palisaden bei St. Sephan fand ich aber nicht.

    Da hätte man jetzt wirklich eine Zeit (1350–1410) und Gegend (Steuerbezirk(-e) und konkrete Befestigung), wo man sich in der Stadtchronik gezielter nach Tüll + baum umsehen könnte.

    Lieber Gruß
    Lukas

    Quellen:
    [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Augsbu...adtbefestigung
    [2] https://www.stadtschreiberinnen.der-...n-in-augsburg/
    [3] https://www.augsburg.de/fileadmin/po...kmals_2001.pdf
    [4] https://www.wissner.com/stadtlexikon...hofsstadt/3349
    [5] https://www.zobodat.at/pdf/Ber-Natur..._0001-0127.pdf
    [6] https://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/opus4/frontdoor/deliver/index/docId/473/file/Krug_Steuerbuecher.pdf
    [7] https://www.augsburg.de/fileadmin/po...kmals_2018.pdf
    Angehängte Dateien
    Zuletzt geändert von hionoxy; 22.12.2023, 21:16.

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  • hionoxy
    antwortet
    Hahahahaha, Alice. Du machst mich fertig.

    Aber für den Spaß erlaub ich dir die Auslegung (-: !

    (Wäre ein Dilbaum Reformator gewesen, würde er vielleicht ja lateinisiert ein Vallumpalus; oder macht man's Melanchthon oder Oekolampad gleich vlt. gräzisiert ja dann Teichaulakos)
    Zuletzt geändert von hionoxy; 20.12.2023, 19:03.

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  • sternap
    antwortet
    das war ein kulturhistorischer moment, ein tüllbaum ist also ,gleich einem vallus.
    ganz schön frivol.

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