Tote Punkte überwinden - Beispielsammlung

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  • fps
    Erfahrener Benutzer
    • 07.01.2010
    • 2161

    #31
    Zitat von Alter Mansfelder Beitrag anzeigen
    . Ich mag mich irren, aber mein Eindruck war bisher, dass die Kirchenbücher desto kärglicher werden, je weiter man nach Westen kommt.
    Da ist was dran, und dann kommt es noch darauf an, wer die Eintragungen vorgenommen hat, und ob der Betreffende gerade einen schlechten Tag hatte. Ein derartiger Eintrag führte dazu, dass ich einen hartnäckigen toten Punkt doch nur um anderthalb Generationen nach hinten verschieben konnte.

    Irgendwann stießen meine Cousine und ich bei einem Vorfahren auf dessen Sterbeurkunde, ausgestellt 1829 im Standesamt Grevenbroich. Danach sollte Johann Anton Schmitz mit 78 Jahren gestorben sein, als Sohn des Heinrich Schmitz und der Christina Sinsteden geboren in Gustorf (heute ein Ortsteil von Grevenbroich). Lange Jahre suchten wir vergeblich nach dieser Geburt. In den Kirchenbüchern von Gustorf fand sich weder die Geburt noch eine Eheschließung der Eltern.

    Auch die Datenbank der Familienforscher in Grevenbroich, die ich schließlich konsultierte, gab nichts Passendes her. Ein solches Elternpaar war einfach nirgends vorhanden. Was sich allerdings fand, war eine Geburt eines Johann Anton Schmitz, immerhin am gesuchten Ort und im gesuchten Zeitraum, wenn auch sechs Jahre später (was nichts besagt). Die Eltern waren allerdings nicht die in der Sterbeurkunde angegebenen, sondern Leonard Schmitz und Gertrud Schmitz. So weit, so schön.

    Die Heirat der Eltern fand sich auch, 1756, allerdings mit den spärlichst denkbaren Angaben: Namen der Eheleute und Datum. Ende. Beim Bräutigam, dessen Vorname nicht allzu häufig ist, ergab die Datenbankrecherche noch einen Treffer. Die weitere Suche nach der Braut konnten wir dagegen gleich aufgeben. In diesem Ort lebten gleichzeitig nicht weniger als sechs Frauen, auf die Name und Zeitraum passen konnten. Das ist geeignet für einen Würfel (da gäbe es genaue eine Seite für jede Kandidatin)…….

    Womit wir bei den eingangs erwähnten kärglichen Angaben wieder gelandet wären.

    Und: glaube keinem Dokument - auch wenn es noch so amtlich sein mag - einfach blindlings. Dass mündlich mitgeteilte Angaben ohne weitere Prüfung übernommen wurden, scheint in den Anfangszeiten der Zivilregister recht häufig vorgekommen zu sein.
    Gruß, fps
    Fahndung nach: Riphan, Rheinland (vor 1700); Scheer / Schier, Rheinland (vor 1750); Bartolain / Bertulin, Nickoleit (und Schreibvarianten), Kammerowski / Kamerowski, Atrott /Atroth, Obrikat - alle Ostpreußen, Region Gumbinnen

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    • consanguineus
      Erfahrener Benutzer
      • 15.05.2018
      • 5535

      #32
      Zitat von Alter Mansfelder Beitrag anzeigen
      @consanguineus: Du forschst eindeutig auf der falschen Seite vom Harz:wink
      Alter Mansfelder, eines meiner größten Probleme war in Querfurt ansässig, also auf Deiner Seite vom Harz. Ich will (noch) nicht so weit gehen, ihn als Toten Punkt abzuschreiben, aber ich weiß nicht, wie ich ihn greifen soll...
      Suche:

      Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
      Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
      Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
      Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
      Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
      Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

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      • nav
        Erfahrener Benutzer
        • 30.03.2014
        • 715

        #33
        Zitat von Alter Mansfelder Beitrag anzeigen
        @NVMini1009: Die Qualität der Führung der Kirchenbücher ist offenbar in den verschiedenen Regionen sehr unterschiedlich. Ich bin ja überwiegend in Mitteldeutschland unterwegs, aber auch im Raum Hannover und Bielefeld. Ich mag mich irren, aber mein Eindruck war bisher, dass die Kirchenbücher desto kärglicher werden, je weiter man nach Westen kommt.
        Das kann durchaus stimmen. Meiner Erfahrung nach ist es in Gebieten wie Bayern, Österreich und dem heutigen Tschechien z. B. durchaus üblich dass auch in früheren Zeiten sehr oft die Väter bei Trauungen genannt werden. Dort hat man dagegen natürlich auch oft den Nachteil, dass es Patenfamilien gab, die die Patenschaft aller Kinder einer anderen Familie übernahmen, so dass Taufpaten dort im Grunde nutzlos sind.

        Hier in NRW, wo ich hauptsächlich forsche (Kreise Borken/Wesel) würde ich sagen werden die Kirchenbücher meist in der Zeit nach Napoleon detaillierter. Vorher muss man oft mit Taufpaten/Trauzeugen und Sekundärquellen wie Einwohnerlisten arbeiten. Die Gebräuchlichkeit von Hofnamen macht auch die Zuordnung teilweise schwerer, teilweise leichter.

        Auch habe ich den Eindruck, dass jenseits des Rheins, dort wo es schon vor 1874 durchgehend Zivilstandsregister gab, die Kirchenbücher oft nur wenige Informationen enthalten. In der Region habe ich auch noch einige tote Punkte, die sich aber wahrscheinlich (d. h. hoffentlich) doch recht leicht lösen lassen. Die dortigen KB habe ich noch nicht besonders ausführlich durchsucht, die Zivilstandsregister sowieso noch nicht.


        Da fällt mir noch ein ehemaliger toter Punkt ein, der am Ende bei weitem harmloser war als er schien: meine Ururgroßeltern Joseph Lucas und Josephine geb. Lucas waren seit den 1880er-Jahren in der Umgebung von Mönchengladbach ansässig, von wo die Standesamtsregister bei Ancestry zugänglich sind. Aus Sterbeurkunden von Kindern ist bekannt, dass die älteren Kinder in Elberfeld geboren sind. Nun kamen mehrere Probleme zusammen: 1. Elberfeld hatte recht viele Einwohner, die Bücher sind dick, 2. Lucas war dort ein häufiger Name, 3. das Stadtarchiv Wuppertal ist teuer.
        Bei einer Anfrage an das Stadtarchiv Erkelenz, wo die Familie später hinzog, habe ich zwar viele andere Urkunden mit bekannten Daten erhalten, aber es hieß die Sterbeurkunden der genannten Eheleute seien dort nicht vorhanden. Es schien also als hätte ich eine ziemlich lange Suche vor mir.
        Als nun die Zweitschriften der Sterberegister vom Landesarchiv online gestellt wurden, stellte sich das als falsch heraus. Beide Sterbeurkunden ließen sich in Erkelenz recht schnell finden. Und es stellte sich heraus: die beiden kamen nicht aus Elberfeld, beide wurden in Dülken geboren, wo sie auch geheiratet haben. Da dort die Zivilstandsregister online sind ging es von da aus zumindest ein Stückchen ganz leicht weiter.

        Nico

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        • gki
          Erfahrener Benutzer
          • 18.01.2012
          • 4843

          #34
          Hallo Nico!

          Zitat von NVMini1009 Beitrag anzeigen
          Das kann durchaus stimmen. Meiner Erfahrung nach ist es in Gebieten wie Bayern, Österreich und dem heutigen Tschechien z. B. durchaus üblich dass auch in früheren Zeiten sehr oft die Väter bei Trauungen genannt werden.
          Für mich selber hab ich das so eingeteilt:

          - bis zurück zu ca. 1780 sind die Eltern genannt, die Mutter auch mit Geburtsnamen
          - von 1780 bis ca. 1650 zurück sind beide Eltern mit Vornamen genannt, als Familienname entweder ein "richtiger" FN oder der Hofname
          - vor 1650 oft nur die Väter, meist mit Hofnamen.

          Ist aber auch regional stark unterschiedlich, insb. was die Verwendung von Hofnamen angeht.

          Dort hat man dagegen natürlich auch oft den Nachteil, dass es Patenfamilien gab, die die Patenschaft aller Kinder einer anderen Familie übernahmen, so dass Taufpaten dort im Grunde nutzlos sind.
          Dem möchte ich doch entschieden widersprechen! Dadurch, daß die Paten immer dieselben sind, weiß man auch, daß die "bepatete" Familie dieselbe ist. Beim Wechsel von FN und HN ist das nicht zu verachten, insb. wenn mal ein Umzug anstand und sich der HN änderte...
          Gruß
          gki

          Kommentar

          • nav
            Erfahrener Benutzer
            • 30.03.2014
            • 715

            #35
            Zitat von gki Beitrag anzeigen
            Dadurch, daß die Paten immer dieselben sind, weiß man auch, daß die "bepatete" Familie dieselbe ist. Beim Wechsel von FN und HN ist das nicht zu verachten, insb. wenn mal ein Umzug anstand und sich der HN änderte...
            Hallo,

            das ist natürlich ein Vorteil dieses Systems den ich nicht beachtet habe. Dort im Süden forsche ich auch nur in einer Seitenlinie. Die Notwendigkeit von verschiedenen Familienangehörigen als Taufpaten wird ja auch durch die Angaben von Eltern in Traueinträgen vermindert.


            Letzten Endes hat jede Region ihre eigenen Vor- und Nachteile, auch wenn manchmal die Nachteile leider überwiegen.

            Bei meinen westpreußischen Vorfahren z. B. ist zwar ein Großteil der KB verloren oder zumindest nicht online verfügbar, was zu vielen frühen toten Punkten führt (auch wenn sich zum Glück die Lücke zwischen KB-Duplikaten 1843 zu Standesämtern 1874 durch Überlieferung schon überwinden ließ), allerdings sind dort auch verschiedene Akten wie Grundakten, Schulmusterungen etc. über FamilySearch verfügbar. Bei einer Vorfahrin hatte ich das Glück, einen toten Punkt dadurch lösen zu können, dass ihr Vater Grund besaß. Diesen hatte er von dem Vater seiner (bis dahin auch unbekannten) Frau.

            In Friesland (NL) hat man das Problem dass Taufpaten generell nicht vorhanden sind, insgesamt sind die Register nicht sehr ergiebig, Sterberegister sind sehr selten. Allerdings kann die patronymische Namensgebung dort auch hilfreich sein, außerdem wurde bei der Benennung der Kinder oft nach einem losen System vorgegangen (Die ersten beiden Söhne nach den Vätern des Ehepaars, etc.), wodurch sich bei toten Punkten bereits Hypothesen aufstellen lassen.

            Nico

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            • Balle
              Erfahrener Benutzer
              • 22.11.2017
              • 2356

              #36
              Es war vor einigen Jahren, ich hatte gerade mit der Familiengeschichte angefangen und aus dem Archiv in Bremerhaven ein paar standesamtliche Unterlagen zur Trauung meiner Urgroßeltern im Jahr 1883 erhalten. Toll, in der Nebenakte waren Geburtsbescheinigungen, Einverständniserklärungen, Aufgebote usw. Es fing an Spaß zu machen und mit etwas Mühe konnte ich das auch bald lesen.
              Mein Urgroßvater war Seemann, Quartiermeister auf einem Auswandererschiff, das war auch sein eingetragener Wohnort und er war katholisch.
              Geboren war er in Ostfriesland 1856 als Sohn von Remmer Bartels, Colonist aus Langholt in Ostfriesland und seiner Frau Gesina Gerhardina Lüken. Den Eintrag konnte ich bald darauf zu meinen Unterlagen nehmen, dazu Geburtseinträge von Geschwistern und die Eheschließung der Eltern.
              Getraut waren sie in Westrhauderfehn, das hatte mir ein freundlicher Mitarbeiter in der Familienforschungsstelle Meppen rausgesucht. Die Eltern von Remmer Bartels waren Hinrich Bartels und Gretje Remmers, Colonisten in Langholt.
              Einfach mal eben raussuchen in Westrhauderfehn, das ging nicht, denn die Katholiken in Langholt haben ihre eigene Kirche erst 1831 bekommen....
              Da war vorher nix, nur Moor und Friedrich II. hat dieses Moor im 18. Jahrhundert zur Urbarmachung und Entwässerung freigegeben. Die Colonisten haben Gräben gezogen und das Land trockengelegt, dafür wurden Ihnen anfangs die Abgaben erlassen. Die Grundstücke wurden ihnen dafür übertragen. Ein harter Job, der die Familien kaum ernährt hat.
              Ich habe unzählige Urkunden dazu im Archiv in Aurich gesehen, aber Hinrich Bartels taucht in Langholt nicht auf. Erst später steht er in den Brandkassenregistern. Aber woher ist er gekommen?
              Irgendwann habe ich gelesen das die kirchlichen Einträge in der Parochie Rhaude vorgenommen wurden.
              Die Microfiche Rhaude habe ich mehrfach durchstöbert. Manchmal waren sie absolut unleserlich. Ich habe mir extra eine Lesebrille besorgt weil das lesen der Microfiche am Lesegerät mit meiner Bifocalbrille zu argen Verspannungen geführt hat. Was ich gefunden habe waren die Geburtseinträge von Remmer Bartels und einigen Geschwistern. Kein Hinweis auf die Herkunft von Hinrich außer dem Hinweis auf den Wohnort Langholt.
              Nach weiteren Recherchen habe ich irgendwo einen Hinweis gelesen, dass die Katholiken in Ermangelung einer eigenen Kirche ins benachbarte Saterland nach Strücklingen gegangen sind. Das war nicht mehr Ostfriesland sondern zu der Zeit Großherzogtum Oldenburg. Tatsächlich habe ich im Offizialatsarchiv in Vechta zwei Geburtseintragungen entdeckt. Eine Trauung war nicht eingetrage.
              1819 wurde Reinert von Langholte und 1822 Engel von Langholte geboren und getauft. Eltern waren Hinrich Bartels und Gretje Remmers.
              Kein weiterer Hinweis. Aber immerhin wußte ich jetzt, dass ich vor 1819 suchen muß. Meine Befürchtung war, dass es nur in Zivilstandsregistern aus der Franzosenzeit notiert war. Ein paar Register konnte ich im Stadtarchiv Emden aufspüren. Allerdings unvollständig. Nichts.
              Nochmal in Colonatslisten und Colonistenverzeichnissen in Aurich gesucht, Musterungslisten der wehrpflichtigen Männer durchsucht. Nichts.....
              Eines Tages erhielt ich eine Email vom Mitarbeiter der Familienforschungsstelle in Meppen. Er war auf den Eintrag eines Joan Bartels gestoßen, der 1815 in Werlte geheiratet hatte. Als Trauzeuge war im Kirchenbuch vermerkt: Bartels J. Hinrich gebürtig aus Bockholt, Ackerknecht zu Langholte.
              Heureka, das ist er, aber seinen Traueintrag hatte ich immer noch nicht.
              Und wieso ist der Ackerknecht Colonist geworden?

              Matricula hat die Kirchenbücher vom Offizialat in Vechta vor einigen Monaten online gestellt und ich habe in einigen dieser Bücher wegen anderer Familien immer mal wieder reingeschaut. Eines Morgens beim Frühstück habe ich es gefunden.
              „Hinrich Bartels von Werlte und Margaretha Remmers von Langholz, Witwe Haye Lithmathe“ am 31.01.1818 in der Kirche in Ramsloh.
              Haye Litmathe hatte ich schon in den Zivilstandsregistern in Emden gefunden. Seinen Sterbeeintrag konnte ich auch ausfindig machen.
              Jetzt passte alles zusammen. Der Ackerknecht Hinrich Bartels hatte die Witwe vom Haye Litmath mitsamt seiner Kinder und dem Colonat übernommen. Gretje bekam dann selbst noch etliche Kinder vom Hinrich Bartels, es war eine große Familie.

              Im vergangenen Jahr feierte Rhauderfehn ein Gründungsjubiläum. Ich habe einfach eine Mail an die Gemeinde geschrieben und gefragt ob sie denn wüssten wo die Grundstücke der ersten Colonisten gewesen sind. Ich wollte eine Fahrradtour machen und mir das mal anschauen.
              Nach einiger Zeit bekam ich eine freundliche Antwort. Leider gäbe es dazu keine Unterlagen, aber die Schreiberin hat meine Anfrage an einen Verwandten weitergeleitet, der beschäftige sich ein bißchen mit Familienforschung.
              Ich fand das sehr nett und habe mich per Mail dafür bedankt.
              Ein paar Tage später bekam ich die Mail vom Verwandten. Im Archiv in NRW gibt es eine alte Zeichnung der Grundstücksaufteilung der ersten Colonisten von Langholt. Eingetragen ist dort Haye Hinrich Litmath als erster Colonist. Und mit Googles Hilfe habe ich das Land gefunden.

              Es war eine schöne Fahrradtour vorbei an den Kirchen von Langholt, Strücklingen und Ramsloh. Da kamen ein paar Kilometer zusammen und das haben sie vor 200 Jahren zufuß gemacht. Mit Rhaude kam dann noch eine weitere Kirche dazu. In den Kirchenbüchern von Rhaude konnte ich mich am patronymischen Namenssystem üben, die Familien der Ehefrauen kamen dann noch dazu und ich konnte weitere Familien notieren.
              Soweit die Geschichte meines jetzt nicht mehr Toten Punktes und dem zusammensammeln der Daten in vier beteiligten Kirchen.
              Lieber Gruß
              Manfred


              Gesucht: Herkunft von Johann Christoph Bresel (Brösel, Prehel, Brahel),
              ehem. Dragoner im Churfürstlich Sächsischem ehemaligen Herzog Churländischen Regiment Chevaux Legers in Zittau.
              Eheschließung 1781 in Zittau

              Kommentar

              • Friedrich
                Moderator
                • 02.12.2007
                • 11326

                #37
                Moin zusammen,

                dann will ich Euch auch von einem meiner toten Punkte berichten, und wie ich ihn überwinden konnte:

                Als mein Interesse an der Ahnenforschung in den 1980er Jahren begann, stand mir der Ahnenpass meines Vaters zur Verfügung. Der war nur sehr unvollständig ausgefüllt, was die kompletten Daten anging. Meine Großeltern hatten nicht aktiv geforscht, sondern nur Daten aus der Erinnerung bestätigen bzw. korrigieren lassen plus ein paar gezielte Nachfragen. In der Generation meiner Urururgroßeltern fehlten sämtliche Sterbedaten.

                Unter denen, deren Sterbedaten mir fehlten, war das Paar Georg Friedrich Wolrad Stoecker (* 19.06.1790 Herbsen) oo 26.12.1817 Schmillinghausen Amalie Adolfine Gutheim. Man hatte damals das Pfarramt Schmillinghausen befragt, das für die Filiale Herbsen zuständig war, wo die Stoeckers den sog. Herbser Mühlenhof besaßen. Immerhin konnten meiner Familie das Geburtsdatum von Georg Stoecker und das Heiratsdatum mitgeteilt werden. Sterbedaten lagen laut Auskunft des Pfarrers nicht vor. Seines Wissens habe die Familie Stoecker ihr Anwesen in den 1850er Jahren aufgegeben. Schließlich konnte der Pfarrer noch den Hinweis geben, dass Amalie Gutheim aus Wethen, einem Ort in der Nähe, stammen sollte.

                Mit diesen Ergebnissen machte ich um 2000 weiter, fand aber zunächst auch bei Durchsicht der Mikrofiche im Rentamt Arolsen nur den Heiratseintrag der Tochter Karoline Friederike Elisabeth mit Adolf Bernhard Heinrich Opes von 1844, mit dem Hinweis, dass Georg Stoecker zu diesem Zeitpunkt schon tot war.

                Erst nach Kontaktaufnahme mit dem Waldeckischen Geschichtsverein und dem Erwerb der Ortssippenbücher von Herbsen, Schmillinghausen und Rhoden gelangen mir weitere Hinweise, so dass Amalie Gutheim 02.08.1796 in Rhoden geboren war. Darüber hinaus fand ich die Geburtsdaten der Kinder: Karoline Friederike Elisabeth, * 05.09.1818 Herbsen (meine Ururgroßmutter), Wilhelmine Friederike Luise Mathilde, * 31.05.1821 Herbsen, Ernst August Ludwig Arnold Theodor Moritz, * 04.04.1823 Herbsen. Bei der Durchsicht weiterer Kirchenbücher fand ich noch den Sterbeeintrag der Tochter Mathilde, die 1841 bei Verwandten in Wetterburg in Stellung war, und dort gestorben war, und den des Sohnes August, der 1844 als landwirtschaftlicher Eleve in Bühne starb. Zu diesem Zeitpunkt war seine Schwester Friederike schon mit Adolf Opes verheiratet und lebte in eben diesem Bühne. August dürfte seine Ausbildung bei seinem Schwager gemacht haben.

                Somit konnte/musste ich jede Möglichkeit, über eventuelle Nachfahren der Geschwister etwas herauszubekommen, aufgeben. Weitere Suchen in den Ortssippenbüchern blieben ohne Erfolg.

                Meine nächste Hoffnung war eine Prozessakte, die ich im Staatsarchiv Marburg angefordert hatte. Darin ging es um Länder, die der neue Eigentümer des Herbser Mühlenhofes bisher nicht besessen hatte, die aber ursprünglich dazugehörten. Ich fand zwar genaue Angaben über den Verkauf durch Georg Stoecker (1829) und den Hinweis, dass er bald nach der Übergabe verstorben sei, aber Genaues auch hier nicht.

                Ich konnte bisher nur seinen Tod auf 1829 – 1844 einengen. Dass sie auch 1844 tot gewesen sein muss, ergab sich mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem Proklamationseintrag im KB Peckelsheim, wo nur ein Strich in der Spalte gemacht wurde, in der das Einverständnis der Eltern angegeben wurde.

                Weiter kam ich durch Archion. Da ich irgendwann die Übersicht verloren hatte, welche waldeckischen OSBs ich überhaupt durchgesehen hatte, habe ich mich zunächst auf die Konfirmationen, Patenschaften vor Ort und in der Verwandtschaft konzentriert. Dabei fand ich heraus, dass Friederike 1834 in Külte, einem Nachbarort von Herbsen konfirmiert war, und ihre jüngeren Geschwister 1834 bzw. 1838 in Rhoden. Ich suchte daraufhin gezielter, ob nicht vielleicht bei der Erstellung der OSBs Sterbeeinträge übersehen worden waren. Leider Fehlanzeige. Ich konnte nur vermuten, dass die Familie spätestens 1834 im Raum Rhoden gelebt haben musste.

                Letztes Jahr kontaktierte mich dann eine Nachfahrin der Schwester von Amalie Gutheim. Ich konnte ihr dank Archion-Abo ein paar Hinweise geben und schilderte ihr dann mein Problem. Sie konnte mir daraufhin einen Hinweis auf eine Testamentsakte im Staatsarchiv Marburg geben. Da ich sowieso vorhatte, mich dort sehen zu lassen, habe ich die Akte angefordert und – was soll ich sagen? – Volltreffer! Amalie Gutheim, wohnhaft in Rhoden, hat 1834 während eines krankheitsbedingten Aufenthaltes bei ihrer Schwester in Schmillinghausen ihr Testament gemacht, das dann im August 1834 eröffnet wurde. Sie war in diesem Monat gestorben, leider ohne Angabe des genauen Tages. Aber immerhin, zumal sie dort als Witwe bezeichnet wurde. Also konnte ich jetzt den Tod von Georg Stoecker auf den Zeitraum 1829 – 1834 einengen.

                Als ich ein neues Archion-Abo hatte, fand ich in Schmillinghausen auch den genauen Todeseintrag von Amalie Gutheim, den 14.08.1834 in Schmillinghausen. Kurios: Schmillinghausen ist, wie oben schon erwähnt, auch für Herbsen zuständig. Der Pfarrer hatte den Sterbeeintrag nur daher nicht gefunden, da ab 1832 für beide Filialen getrennte Kirchenbücher geführt wurden. Aber der Ersteller des OSB Schmillinghausen hätte sie finden müssen, hat er aber nicht getan. Damit wäre vieles leichter gewesen.

                Blieb nur der Georg Stoecker, den ich daraufhin in allen waldeckischen KB bei Archion gesucht habe. Fehlanzeige. Dann kam mir die Konfirmation seiner Ältesten in Külte 1832 in den Sinn. Lebten Georg Stoecker bzw. die Witwe mit Kindern vielleicht zu diesem Zeitpunkt in einem katholischen Ort? Da kam nur einer in Frage, das unmittelbar hinter der waldeckischen Grenze liegende Volkmarsen. Also eine Anfrage ans katholische Pfarramt geschickt, und siehe da: Am 19.12.1830 ist Georg Stoecker tatsächlich in Volkmarsen gestorben! Ein langes Kapitel konnte ich damit abschließen.

                Friedrich
                "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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                • Alter Mansfelder
                  Super-Moderator
                  • 21.12.2013
                  • 4683

                  #38
                  Die arme Kammerjungfer

                  Hallo zusammen,

                  die letzten Beispiele zeigen m. E. anschaulich, dass bei der Lösung toter Punkte vor allem dies wichtig ist:
                  - Geduld muss man haben.
                  - Erzwingen kann man nichts.
                  - Aufgeben darf man nicht.

                  Ich habe auch noch eine schöne Geschichte, die ebenfalls in diese Richtung passt: Besonders heimtückisch sind jene toten Punkte, bei denen andere Forscher verschweigen, dass es sich in Wahrheit um tote Punkte handelt, die sie dann mittels ihrer Hypothesen doch weitergeführt haben, obwohl sie es lieber hätten bleiben lassen sollen – wie in diesem Fall über

                  Die arme Kammerjungfer

                  1995 bestellte ich meine erste Fernleihe: eine Ahnenliste, die 1961 als Buch erschienen war. Die „Ausbeute“ war reichlich. Unter anderem gab das Büchlein an, dass mein Vorfahre Christoph Ziegenhorn (um 1560-nach 1632), Landrichter in Großörner bei Mansfeld, mit einem adligen Fräulein namens Amalia v. Watzdorf (*um 1560-1632) verheiratet gewesen ist und listete zahlreiche weitere Vorfahren der Dame auf. Damals, noch in den Anfangsjahren meiner Forschung, war meine Freude über eine Adlige unter meinen Vorfahren groß und demgemäß meine Hemmschwelle gering, die neuen „Erkenntnisse“ einfach in die eigene Ahnenliste zu übertragen.

                  Die Ernüchterung über den „tollen Fund“ kam bald, als ich in den Heften der „Mansfelder Sippenkunde“ auf einen Aufsatz aus den 30ern stieß, der sich just auch mit jenem Paar auseinandersetzte. Von „altem, edlem Blut in der Mansfelder Bauernschaft“ war da die Rede, außerdem davon, dass man den Vater der Amalia v. Watzdorf zwar gar nicht kenne, aber der „vornehme Bauer“ Christoph Ziegenhorn in seinem ach so beschränkten bäuerlichen Mobilitätskreis ja ohnehin nur in der Nähe habe heiraten können. Deshalb könne die Amalia nichts anderes als eine Enkelin des berühmten gräflichen Rates Caspar v. Watzdorf zu Erdeborn (+ 1535) gewesen sein, dessen schönes Glasgemälde im Chor der Eisleber Annenkirche hänge. Mehr nicht, das war’s.

                  Ich wusste bereits, dass die Ziegenhorns eine Familie von Ratsherren und Beamten bis zum Kaiserlichen Rat gewesen waren. Abgesehen davon, dass der Gedankengang des Aufsatzes alles andere als zwingend war, stimmte also seine Begründung hinten und vorne nicht: In Wahrheit war die Amalia v. Watzdorf ein toter Punkt, und zwar ein besonders hartnäckiger noch dazu. Irgendwann strich ich daher konsequent alle „Vorfahren“ der Amalia aus meiner Ahnenliste.

                  In der Folge durchsuchte ich die Kirchenbücher von Großörner: bis auf die Bestätigung ihres Namens fand sich erstmal: nichts. Ich durchsuchte die Kirchenbücher des benachbarten Leimbach (jetzt Stadtteil von Mansfeld), wo die Familie eine Zeitlang wohnte, und fand ebenfalls: nichts. Ich durchsuchte die Kirchenbücher von Eisleben, wo ich zufällig 1586 die Taufe des ersten Kindes entdeckt hatte: wiederum nichts. – Über die Jahre fuhr ich aus anderem Grund zigmal in verschiedene Staatsarchive, achtete in allen alten Archivalien auf den Fall, las die Gegend betreffende Findbücher auf Hinweise quer: alles nichts. Als ich andere alte Kirchenbücher aus der Gegend auswertete, blieb ich immer bei allen möglichen Adelstaufen hängen, ob sie da nicht mal als Patin erscheine: nichts. Irgendwann kam ich auf die Idee, das alte Taufregister von Großörner mal komplett (!) zu lesen, und siehe da, hier ergaben sich doch kleine Hinweise, mit denen ich gar nicht mehr gerechnet hatte: Als Pate bei anderen erschien nach 1600 ein „Junker Watzdorf von Königerode“. 1619 hat Amalia dessen Frau und 1624 dessen Tochter an Patenstatt vertreten. Junker Ernst v. Watzdorf zu Königerode war Oberforstmeister der Grafschaft Mansfeld und Sohn des gräflichen Rates Hans Georg v. Watzdorf, der mit den mansfeldischen Watzdorfs gar nichts zu tun hatte, sondern direkt aus dem Vogtland stammte. Sollte nicht eher hier ein Zusammenhang bestehen und meine Amalia vielleicht eine ältere Schwester des Oberforstmeisters gewesen sein?

                  Beweisen ließ sich nichts – und wenn ich ganz ehrlich bin, wäre dies für immer ein toter Punkt geblieben, den man nicht einmal mit dem Watzdorschen Familienarchiv im Hauptstaatsarchiv Dresden hätte lösen können, wenn mir nicht nach 17 (!) Jahren 2012 „Kommissar Zufall“ in die Hände gespielt hätte:

                  Ein Freund fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, mit ihm ins Stadtarchiv nach Weißenfels zu fahren. Eigentlich hatte ich keine Lust, denn dort waren nur Marginalien aus dem 16. Jahrhundert nachzuschlagen, die eigentlich überhaupt nicht auf meinem Plan standen. Ich ließ mich breitschlagen und fuhr mit. Der Archivtag neigte sich dem Ende zu, und ich blätterte eher lustlos durch ein Gerichtshandelsbuch aus der Zeit um 1600, als darin auf einmal ein vergilbter, loser, zusammengefalteter Briefumschlag zum Vorschein kam – auf dem stand: Christoph Ziegenhorns Eheweib contra Abraham v. Watzdorf zu Crispendorf! Ich dachte nur: Ach Du Heiliger ...! Und dann: so eine verd... Sch...! – denn der Umschlag war leer. Wo nur konnte die zugehörige Akte geblieben sein?? Ich orderte nochmals das Findbuch, in ein paar Minuten schloss das Archiv! Ich fand: wieder nichts – halt, doch: eine mickrige Akte mit dem nichtssagenden Titel „Zum Watzdorfschen Legat 1570-1626“. Es nützte aber nichts – die Benutzungszeit war um und ich musste nach Hause fahren.

                  Sollte ich nun nochmal hinfahren? Ins Blaue die Legatsakte anschauen? Ich sah den Strohhalm – und habe ihn zum Glück ergriffen: Die weiland ehrwürdige Frau Margaretha v. Watzdorf, evangelische Äbtissin zu Weißenfels, hatte testamentarisch ein Legat für arme Jungfrauen des Watzdorfschen Geschlechts gestiftet. Das Kapital stand bei Bürgermeister und Rat zu Weißenfels, die Verteilung der jährlichen 50 Gulden besorgte der jeweilige Senior des Geschlechts, um 1600 war das Abraham v. Watzdorf zu Crispendorf. In der Akte lagen zwei Briefe von Amalia und einer von ihrem Ehemann, von 1595, 96 und 97. Amalia beschwerte sich, dass sie bei der Gelderverteilung bewusst übergangen worden sei. Ihr Vater sei früh gestorben. Sie selbst habe sich, von Hof zu Hof in Diensten stehend, ohne Geld und Gut mit Kummer behelfen müssen. Selbst die Mitgift von 200 Gulden, die ihr alle Vettern gemeinsam versprochen hätten, sei ausgeblieben. Nach einigem Hin und Her bekam sie dann doch noch nachträglich und einmalig 50 Gulden von den Legatsgeldern. – Damit war der Fall nach langen Jahren geklärt: Amalia war keine Schwester, sondern eine Cousine des Königeröder Oberforstmeisters Ernst v. Watzdorf, dessen Vater Hans Georg v. Watzdorf ihr Vatersbruder war. Wie Christoph Ziegenhorns Vater war er gräflicher Rat. So entpuppte sich die Allianz Ziegenhorn-Watzdorf letztlich als eine Eheschließung unter Beamtenfamilien. Christoph Ziegenhorn erheiratete vor allem den guten Namen, denn viel mehr brachte seine „arme Kammerjungfer“ nicht mit.

                  Es grüßt der Alte Mansfelder
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