Was mir der DNA Test gebracht hat

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  • Bernd aus Ostwestfalen
    Erfahrener Benutzer
    • 05.10.2014
    • 130

    #76
    Da dies ein allgemeines Erfahrungsforum bezüglich DNA Tests ist möchte ich einmal meine Erfahrungen in dieser Hinsicht kundgeben.
    Vor etwa 2 Jahren habe ich bei MyHeritage einen Gentest gemacht. Die Ergebnisse waren zunächst ermutigend, wenn auch mehr in Bezug auf die Treffer in fremden Stammbäumen als im Gentestbereich. Die Anzahl der Verwandten in den USA und auch in Dänemark waren erstaunlich. Davon hat in unserer Familie niemand etwas gewusst.
    Auch im Gentestbereich gab es einige erfreuliche Ergebnisse. Die „Feinauswertung“ wurde dann aber zunehmend frustrierend. MyHeritage zeigte mir etwa 7000 (inzwischen über 7800) Ergebnisse. Ich habe sie mir alle angesehen. Eine Arbeit die mehrere 100 Stunden gedauert hat. Und die ich mir hätte sparen können. Zu den etwa 20 Ergebnissen am Anfang der Trefferliste brachte die Sichtung der über 7000 weiteren Ergebnissen etwa 5 weitere Treffer. Da waren der Aufwand und das Ergebnis in einem krassen Missverhältnis.
    Ich habe dann am Jahresanfang einen weiteren Gentest bei Ancesty gemacht und die Ergebnisse bei MyHeritage heruntergeladen. Ancestry hat offenbar eine bessere Auswertung. Nur so kann ich mir erklären dass bei MyHeritage über 9000 Treffer angezeigt werden. Ancestry selbst hat nicht viel gebracht da die Auswertung keine Einzelergebnisse der Genübereinstimmung anzeigt.
    Eine genaue Analyse der Ancestry-Ergebnisse bei MyHeritage brachte dann erstaunliches zu Tage: es gab nicht nur Ergebnisse, die nur bei Ancestry und nicht bei MyHeritage angezeigt wurden, sondern es gab auch umgekehrte Ergebnisse: Anzeige bei MyHeritage und nicht bei Ancestry. Und es gibt auch – wie ich erst jetzt festgestellt habe – Unterschiede innerhalb der Einzelergebnisse. MyHeritage zeigt 6 gemeinsame Segmente an, Ancestry 5 oder 7.
    ich habe mich dann auf die Suche nach einer Erklärung für diese seltsamen Ergebnisse gemacht und in den Tiefen des Netzes, nicht zuletzt in diesem Forum, auch die Erklärung gefunden. Beide Firmen testen nicht die volle Genetik, sondern nur ein Teil davon. Dann wird hochgerechnet und dieses Ergebnis als Gentest übermittelt. Da die Hochrechnung bei verschiedenen Firmen mit unterschiedlichen mathematischen Verfahren stattfindet gibt es auch unterschiedliche Ergebnisse. Immerhin etwa 15 %, wie man leicht nachrechnen kann.
    Leider werden von den Firmen die Unsicherheiten dieser Hochrechnungen nicht deutlich genug kommuniziert. Nahtreffer im Prozentbereich dürften davon auch nicht beeinträchtigt werden. Aber wenn es in den Promillebereich geht – und das sind nun mal 99 % der angezeigten Treffer – wird es zunehmend kritisch. Beide Firmen zeigen Treffer bis hinunter zu 2 Promille. Und das ist Unsinn. Wenn ich mich richtig erinnere hatte ich einen einzigen Treffer (Stammbaum-Übereinstimmung) in diesem Bereich. Aber weit über 9000 „Nieten“. Leider lässt sich bei beiden Firmen die Anzeige nicht dauerhaft ändern, sonst hätte ich sie schon längst generell auf 4 Promille gestellt.
    So zeigt mir MyHeritage jeden Tag neue Treffer in diesem Schrottbereich und noch mehr „Record Matches“. Davon gab es innerhalb weniger Wochen über 500 (!). Und jedes will angeschaut werden. Aber nicht mehr mit mir. Ich bin 71 und mir deutlich bewusst wie begrenzt meine (Rest)-Lebenszeit ist. Die werde ich nicht damit zu bringen auf einem riesigen unfruchtbaren Acker das einzige Samenkorn zu finden.
    Ich werde künftig sowohl MyHeritage als auch Ancestry weitgehend ignorieren. Vielleicht mal alle vier Wochen nachschauen ob nicht doch mal ein Verwandter 2. oder 3. Grades etwas eingestellt hat mit dem ich was anfangen kann. Auf den Bereich außerhalb der Genetik (Stammbäume und die Forschungsmöglichkeiten) möchte ich nicht verzichten. Deshalb werde ich die die Abos noch eine Weile aufrechterhalten.
    Mit freundlichen Grüßen
    Bernd aus OWL

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    • Gastonian
      Moderator

      • 20.09.2021
      • 5613

      #77
      Hallo consanguineus:

      Ich habe mir jetzt mal selber die FTDNA-Seite angesehen, und es ist heute wohl etwas anders, als ich es mir vorgestellt hatte.

      Du registrierst also zuerst kein neues Konto, sondern von deinem Konto bestellst einen Test für einen "new Kit". Falls Du aus deinem eigenen Konto ausgeloggt bist, passiert dies automatisch auf www.familytreedna.com/cart; falls Du eingeloggt bist, dann musst Du auf www.familytreedna.com/cart den Knopf "Create a new kit" drücken. Den Test kannst Du dann an dich selber oder an eine neue Adresse schicken. Solange es ein "new kit" ist, also nicht ein Test für deinen schon existierende Kit-Nummer, ist es FTDNA klar, dass es sich um einen anderen Testnehmer handelt.

      Mit der Versendung des Tests schickt FTDNA dann dir auch E-Mails. Diese enthalten eine zur Registrierung und zur Annahme der "Terms of Service" von FTDNA; diese muss an den Testnehmer weitergeleitet werden, so dass er sich registrieren und die "Terms of Service" annehmen kann.

      Dass PayPal deinen Namen kennt, hängt nicht mit FTDNA zusammen, sondern mit PayPal - da ist wohl ein "Cookie" auf deinem Rechner von PayPal, dass Dich als den Kontoinhaber identifiziert (besonders falls Du schon außerhalb von FTDNA bei PayPal eingeloggt bist).

      VG

      --Carl-Henry
      Wohnort USA

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      • consanguineus
        Erfahrener Benutzer
        • 15.05.2018
        • 7467

        #78
        Hallo Carl-Henry,

        hab vielen Dank für Deine ausführliche Antwort!

        So in etwa habe ich es gestern Nacht intuitiv auch gemacht. Ich habe einen neues Test-Kit bestellt. Als "Testling" habe ich die Person eingetragen, in deren Auftrag ich das erledigt habe. Ich musste dann natürlich auch deren Anschrift eintragen, da die Post das erfahrungsgemäß nicht hinbekommen hätte, ein für jemanden anderes bestimmte Sendung in meinen Briefkasten zu stecken. Der Gefahr, dass alles dann wegen Unzustellbarkeit zurück über den Teich an FTDNA geschickt wird, wollte ich mich nicht aussetzen. Also bekommt der Testling dann in den nächsten Tagen den Test-Kit aus den USA nach Hause geschickt. Aber ich habe meine Email-Adresse angegeben, das war so abgesprochen, damit ich den Kram zentral verwalten kann. Da bekam ich die Email mit einem lustigen Passwort, welches ich dann nach Belieben ändern konnte. Und die Geschäftsbedingungen etc. So wie bei meinem eigenen Test auch.

        Nun wird es spannend!!!

        Viele Grüße
        consanguineus
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        • consanguineus
          Erfahrener Benutzer
          • 15.05.2018
          • 7467

          #79
          Hallo zusammen!

          Was meinen eigenen Big Y-Test betrifft, so habe ich ein Update bekommen. Nun heißt meine Haplogruppe nicht mehr R-M269, sondern R-JFS2006. Aber ein Erkenntnisgewinn geht damit irgendwie nicht einher. Zumindest sehe ich keinen. Vielleicht kommt ja noch etwas...

          Viele Grüße
          consanguineus
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          • Gastonian
            Moderator

            • 20.09.2021
            • 5613

            #80
            Hallo consanguineus:

            Die Haplogruppe R-M269 enthält alle Männer mit einer Mutation, die vor etwa 6500 Jahren entstand. Diese Mutation haben heutzutage schätzungsweise 110 Millionen Männer, zumeist im westlichen Europa und unter Nachfahren von westeuropäischen Auswanderern. Eine populäre Hypothese ist, dass diese Mutation zuerst in der Steppenregion nördlich des Kaspischen Sees auftauchte, sich dort unter den Ur-Indoeuropäern verbreitete, und mit ihnen dann nach Europa getragen wurde.

            Die Haplogruppe R-JFS2006 enthält alle Männer, die nicht nur diese R-M269-Mutation haben, sondern auch eine andere Mutation, die vor etwa 2100 Jahren entstand. Derzeit haben 14 getestete Männer aus der Tschechei, Polen, Deutschland, Schweden, England, und den USA diese Mutation. Der letzte gemeinsame Vorfahre, den Du mit dieser Gruppe hast, lebte vor etwa 1900 Jahren (in anderen Worten, Du hast eine etwa 1900 Jahre alte Mutation, die noch bei keinem anderen getesteten Mann gefunden worden ist). [NB: diese Analyse beruht sich auf https://discover.familytreedna.com/y...JFS2006/story]

            An sich sagt dies nicht sehr viel - Du bist in deiner väterlichen Linie ein Indoeuropäer mit Wurzeln etwa 2000 Jahre zurück in Mitteleuropa; es hat sich also kein Chinese, Afrikaner, oder amerikanischer Indigene in deine väterliche Linie hineingeschlichen.

            Aber ich dachte, der Grund weswegen Du den Test gemacht hast, war um die gemeinsame patrilineale Abstammung mit jemanden anderen mit gleichem Familiennamen zu bestätigen (oder zu verwerfen). Falls Du und er beide nur in Haplogruppe R-M269 seid, sagt das bloß, dass ihr beide Indoeuropäer seid - überhaupt nicht aussagekräftig. Um zu beweisen, dass er einen gemeinsamen Vorfahren mit dir in der väterlichen Linie seit etwa 1400 n.Chr. hat (also in der Zeit der festen Familiennamen), muß er nicht nur auch zu der Haplogruppe R-JFS2006 gehören, sondern sein Test muss auch zeigen, dass er gemeinsam mit dir eine Mutation hat, die weniger als etwa 700 Jahre alt ist (d.h., nachdem sein Test vollständig analysiert ist, sollte es eine neue Haplogruppe für Dich und für ihn geben mit dieser sehr jungen Mutation). Falls er nicht zur Haplogruppe R-JFS2006 gehört, dann beruht der gleiche Familienname nicht auf gemeinsame patrilineale Abstammung, sondern entweder auf ein sogenanntes "non-paternal event" (Kuckuckskind, oder uneheliche Geburt mit Vererbung des mütterlichen Familiennamens) oder auf parallele Annahme im späten Mittelalter des gleichen Namens von zwei nicht verwandten Familien.

            VG

            --Carl-Henry

            Wohnort USA

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            • consanguineus
              Erfahrener Benutzer
              • 15.05.2018
              • 7467

              #81
              Hallo Carl-Henry,

              bist Du von Beruf Lehrer? Falls ja, bist Du einer, der extrem gut erklären kann. Vielen, vielen Dank für diese aufschlussreiche Ausführung! Auf der Seite von FTDNA habe ich diese Informationen nicht gefunden. Wie hast Du das herausbekommen?

              Ja, der Grund für meinen Test ist der, den Du nennst. Mein Verwandter hat den Test erhalten und wird ihn hoffentlich auch machen. Dann weiß man mehr.

              Viele Grüße
              consanguineus
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              • consanguineus
                Erfahrener Benutzer
                • 15.05.2018
                • 7467

                #82
                Zitat von Gastonian Beitrag anzeigen
                Die Haplogruppe R-JFS2006 enthält alle Männer, die nicht nur diese R-M269-Mutation haben, sondern auch eine andere Mutation, die vor etwa 2100 Jahren entstand. Derzeit haben 14 getestete Männer aus der Tschechei, Polen, Deutschland, Schweden, England, und den USA diese Mutation. Der letzte gemeinsame Vorfahre, den Du mit dieser Gruppe hast, lebte vor etwa 1900 Jahren (in anderen Worten, Du hast eine etwa 1900 Jahre alte Mutation, die noch bei keinem anderen getesteten Mann gefunden worden ist). [NB: diese Analyse beruht sich auf https://discover.familytreedna.com/y...JFS2006/story]
                Noch einmal langsam zum Verstehen: Bisher haben sich 14 Männer testen lassen, die der Haplogruppe R-JFS2006 zugeordnet werden können. Aber wieso ist meine Mutation noch bei keinem anderen getesten Mann gefunden worden? Ich dachte, ich habe dieselbe Mutation wie alle anderen 13 Mitglieder meiner Haplogruppe R-JFS2006.

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                • Gastonian
                  Moderator

                  • 20.09.2021
                  • 5613

                  #83
                  Hallo consanguineus:

                  Du hast eine ganze Reihe von Mutationen, mal sehr alte, mal junge (im Durchschnitt gibt es eine Mutation pro etwa 3 Generationen im Y-Chromosom). Du hast also die 6500-Jahr-alte R-M269 Mutation (die Du mit etwa 110 Millionen Männer teilst), Du hast die 2100-Jahr-alte R-JFS2006 Mutation (die Du mit 13 anderen getesteten Männer teilst), und Du hast noch eine 1900-Jahr-alte Mutation (sowie wohl um die 18 oder so jüngere Mutationen), die noch nicht bei einem anderen getesteten Mann gefunden worden sind.

                  VG

                  --Carl-Henry
                  Wohnort USA

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                  • consanguineus
                    Erfahrener Benutzer
                    • 15.05.2018
                    • 7467

                    #84
                    Guten Morgen Carl-Henry,

                    vielen Dank für die Erklärung! Langsam komme ich auf den Weg, die Sache zu begreifen. Wie gut, dass es das Forum gibt.

                    Interessant wäre es, wenn man etwas über die Identität der 13 anderen Männer erfahren könnte. Hat zwar mit meiner eigentlichen Fragestellung nichts zu tun, aber spannend wäre es schon.

                    Viele Grüße
                    consanguineus
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                    • Gastonian
                      Moderator

                      • 20.09.2021
                      • 5613

                      #85
                      Hallo consanguineus:

                      Nachdem Du bei FTDNA mit deiner Kit-Nummer eingeloggt bist, gehe zu https://www.familytreedna.com/my/ydn...es/detail-view (entweder URL eingeben, oder in der Leiste ganz oben mittig links unter Results & Tools > Y-DNA > Matches)

                      Da solltest Du dann oben auf der Seite etwas so wie hier sehen:

                      Screenshot 2025-08-21 082454.jpg
                      Klicke auf den Reiter "25 Markers" oder den Reiter "12 Markers" - da sollten in meiner Erfahrung die sehr entfernten Verwandten (also mit letztem gemeinsamen Vorfahren vor etwa 2000 bis 3000 Jahren) aufgeführt sein - vielleicht nicht alle von deinen 13, aber zumindest die meisten davon.

                      VG

                      --Carl-Henry

                      Wohnort USA

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                      • consanguineus
                        Erfahrener Benutzer
                        • 15.05.2018
                        • 7467

                        #86
                        Hallo Carl-Henry,

                        vielen Dank wieder einmal für Deine unermessliche Geduld!

                        Ich habe auf "25 Markers" geklickt. Mir werden 143 Personen angezeigt (vereinzelt auch Frauen!), deren Familiennamen mir sämtlich nichts sagen, jedenfalls nichts im Zusammenhang mit meinem Baum. Muss vielleicht auch nicht sein. Ich weiß es nicht. Merkwürdig ist, dass einige dieser Personen eine "Genetic Distance 1 Step" zu mir haben. Der Rest 2 Steps. Genetic distance zu wem? Zu mir? Dann sollte ich die Namen aber wissen. Oder habe ich da mal wieder alles falsch verstanden?

                        Auffällig viele Namen lese ich als schottisch, wie man in Modernsprech jetzt so sagt. Ich habe zwar in verschiedenen Linien schottische Vorfahren, aber meines Wissens nicht patrilinear. Auch da habe ich vermutlich einen Knoten im Hirn.

                        Viele Grüße
                        consanguineus
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                        • Gastonian
                          Moderator

                          • 20.09.2021
                          • 5613

                          #87
                          Hallo consanguineus:

                          Die Frauen werden wohl die Verwalter eines Tests eines männlichen Verwandten sein. Und die große Anzahl der "matches" beruht darauf, dass viele dieser Männer nur den billigen Y-37 Test und nicht den Big-Y gemacht haben.

                          Dieser "25 Marker" Test beruht auf eine andere Berechnung als der Big-Y, aus der deine Haplogruppe ermittelt wurde. Neben den eigentlichen Mutationen (die sogenannten "SNPs") wird auch eine Region auf dem Y-Chromosom untersucht, wo bestimmte DNA-Gruppen (die sogenannten "Short Tandem Repeats" oder STR) sich wiederholt befinden. Hier werden also 25 solcher STRs untersucht und es wird gezählt, wie oft jedes dieser STR auf diesem Chromosom vorkommt. Dies bildet auch eine Art genetischen Fingerabdruck - die Anzahl der verschiedenen STRs auf dem Y-Chromosom vererbt sich auch von Vater auf Sohn und verändert sich sehr langsam. Die Anzahl einer STR verändert sich sehr sehr grob gesagt alle 500 Generationen - mit 25 verschiedenen STRs sollte also eine Anzahl sich sehr sehr grob etwa alle 20 Generationen (oder um die 500 Jahre, mit einer durchschnittlichen Generationenlänge von 25 Jahren) verändern. Das ist die Bedeutung von "genetic distance 1" - du hast die gleiche Anzahl von jeden dieser 25 STRs außer einem, in dem die Anzahl um 1 verschieden ist.

                          Laut FTDNA ist es wahrscheinlich, dass mit 25 Markern ein Mann mit "genetic distance 1" einen gemeinsamen Vorfahren in der männlichen Linie mit dir im Zeitraum 1000 bis 1950 n.Chr., und einer mit "genetic distance 2" einen im Zeitraum 400 bis 1800 n.Chr. hat. In meinem eigenen Fall habe ich unter "25 Markers" drei Männer mit einer "genetic distance" 1, die eine anglisierte Version meines Nachnamens haben, und deren gemeinsamer Vorfahre mit mir also vor nicht mehr als etwa 600 Jahre (Verfestigung der Nachnamen) gelebt haben kann. Zwei dieser Männer haben auch den Big-Y Test gemacht, und da ist ein gemeinsamer Vorfahre um 1500 n.Chr. am wahrscheinlichsten - genealogisch ist uns keine Anknüpfung gelungen. Die anderen "matches" da mit "genetic distance" 1 oder 2 haben einen deutsch-klingenden Nachnamen, und das stimmt auch mit meinem Big-Y Test überein (alle meine Mutationen beim Big-Y, die jünger als etwa 2000 Jahre sind, finden sich nur in Männern mit deutscher Herkunft in Amerika - Mutationen, die älter als 2000 Jahre sind, finden sich auch in Armenien. Bei dir kann man das noch nicht sagen, da ja derzeit keiner eine Mutation jünger als 1900 Jahre mit dir teilt).

                          In deinem Fall ist es schade, dass kein Name sich nach "Harzvorland" anhört - die "matches" mit "genetic distance" 1 werden also wohl einen gemeinsamen Vorfahren mit dir im Hochmittelalter (vor der Verfestigung der Nachnamen) gehabt haben (angenommen, dass es da nirgends ein Kuckuckskind gibt).

                          Und da deine Stammlinie und die dieser schottischen "matches" schon zwischen ca. 600 und ca. 1600 Jahre unterschiedliche Schicksale gehabt haben - wer weiß, wieso es eine dieser Stammlinien ins Harzvorland und vielen anderen nach Schottland verschlagen hat? Der gemeinsame Vorfahre muß nicht unbedingt Schotte gewesen sein - kann auch ein Mitteleuropäer gewesen sein, einiger dessen Nachkommen zuerst mit den Angelsachsen oder den Wikingern nach England und dann weiter nach Schottland gelangt sind. Andersherum ist es natürlich auch möglich, dass deine Stammlinie im Hochmittelalter einen ganz anderen Wohnsitz irgendwo in Mitteleuropa hatte und im Spätmittelalter ins Harzvorland verschleppt wurde - alles vor Verfestigung deines Familiennamens und dem Beginn der genealogisch brauchbaren Quellen.

                          Klicke mal auf die Reiter "37 Markers" und "67 Markers" - da wird eine "genetic distance" von 1 näher mit dir verwandt sein als bei "25 Markers" (laut FTDNA hat jemand mit "genetic distance" 1 bei 37 Markers wahrscheinlich einen gemeinsamen Vorfahren im Zeitraum 1450 bis 1900 n.Chr., und bei 67 Markers im Zeitraum 1600 bis 1900 n.Chr.). Haben da die "matches" eher deutsch-klingende Nachnamen, oder gibt es da immer noch auffällig viele Schotten?

                          VG

                          --Carl-Henry
                          Wohnort USA

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                          • Jürgen_W
                            Erfahrener Benutzer
                            • 25.08.2021
                            • 414

                            #88
                            Hallo consanguineus,

                            Dein Test ist bisher offenbar noch nicht in allen FTDNA-Systemen endgültig verarbeitet, denn wenn R-JFS2006 Deine finale Haplogruppe ist, dann sollte im Time Tree eine blaue Linie direkt und ohne Zwischenstation nach rechts zu einer Fahne (patrilineareHerkunftsangabe des Kits) führen . Derzeit haben aber alle 14 Fahnen, die zu R-JFS2006 gehören, mindestens eine Zwischenstation, z.B. R-BY54956 oder R-FT272576. Vielleicht wird im Time Tree demnächst eine Fahne für Dein Kit ergänzt.

                            Unter den STR-Matches die keinen Big-Y-Test sondern nur einen STR-Test gemacht haben sind diejenigen besonders interessant, die eine geringe Genetic Distance zu Dir bei hoher STR-Zahl haben. Ein Hauptgewinn wäre ein Y-111-Match mit Genetic Distance 0, dafür gibt FTDNA im Time Predictor an, dass der gemeinsame Vorfahr zwischen 1750 und 1950 geboren ist. Den Time Predictor für STR-Matches kannst Du in der Ansicht der STR-Matches aufrufen, indem Du auf das Kalendersymbol klickst, das sich ganz rechts von jedem STR-Match befindet.

                            Wenn Du den Blocktree schon sehen kannst und die Zahl Deiner Private Variants kennst, dann kannst Du ausrechnen, ob überhaupt die Chance auf Big-Y-Matches besteht - denn Big-Y-Matches sind von FTDNA so definiert dass die Anzahl der Non-Matching Variants maximal 30 ist. Ich hatte z.B. zu meinem Big-Y-Test zunächst gar kein Big-Y-Match, habe dann ein STR-Match überredet zum Big-Y-Test upzugraden und nun habe ich diesen als mein einziges Big-Y-Match (und zwar mit 29 Non-Matching Variants).
                            Der Blocktree ist meiner Meinung nach die gelungenste Darstellung der Big-Y-Ergebnisse mit dem höchsten Informatioswert, er ist aber vielleicht am Anfang etwas schwieriger zu verstehen als die anderen interessanten Darstellungen (Time Tree, Classic Tree, Ancestral Path, Haplogroup Story). Wenn Dir zum Blocktree noch etwas unklar ist, dann empfehle ich, dass Du ein Bild des Blocktrees hochlädst.

                            Viele Grüße
                            Jürgen

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                            • consanguineus
                              Erfahrener Benutzer
                              • 15.05.2018
                              • 7467

                              #89
                              Guten Morgen Carl-Henry und Jürgen!

                              Eure Geduld mit mir und meinen unverständigen Fragen ist mindestens ebenso groß wie Eure Fähigkeit, die Hintergründe der Angelegenheit verständlich zu erklären. Habt vielen Dank! Ich muss aber zugeben, dass ich noch weit davon entfernt bin, ein umfassendes Verständnis zu haben. Es ist aber so spannend, was hier passiert! Ich hoffe sehr, dass noch viele andere interessierte User von Eurem Wissen profitieren können und wollen.

                              Jürgen, ein Bild des Blocktrees hochzuladen erscheint schwierig. Das Ding erstreckt sich über mehrere Bildschirme. Oder meinst Du einen speziellen Teil des Blocktrees, von dem ich einen Screenshot machen soll?

                              Ob ein Y-11-Match mit Genetic Distance 0 ein Hauptgewinn für mich wäre, weiß ich nicht. Meine Fragestrellung ist ja eine ganz konkrete. Ich möchte wissen, ob meine Familie mit einer gleichnamigen Familie aus der Nachbarschaft stammverwandt ist. Mein vermuteter gemeinsamer Vorfahre mit Vertretern der "anderen" Familie wurde definitiv vor 1600 geboren, spätestens um 1580. Ich habe die Familie mit den mir zu Gebote stehenden Mitteln sehr intensiv erforscht. Leider existiert eine wichtige Linie nach jetzigem Kenntnisstand nicht mehr, und zwar gerade diejenige Linie, von der ein Abzweig meiner Familie am wahrscheinlichsten erscheint. Da aber die anderen Linien definitiv denselben Ursprung haben wie die wohl ausgestorbene, wäre ein gemeinsamer Vorfahre mit Vetretern der anderen Linien zu erwarten, dann aber deutlich vor 1580. Vielleicht erweist sich meine Vermutung auch als falsch und ich stamme von einer ganz anderen Linie der Familie ab. Ich wäre schon froh, wenn ich meine Sippe überhaupt mit der anderen verknüpfen könnte, denn die Situation bei der Papierforschung lässt die gesicherte Anbindung an eine bestimmte Linie vermutlich kaum zu. Man kann dann nur mit Ausschluss arbeiten. Beispielsweise wurde mein Vorfahre Andreas err. 1603 geboren. Somit ist die Abstammung meiner Linie von einer ganz bestimmten Linie der anderen Familie unwahrscheinlich, in der es ebenfalls einen err. 1603 geborenen Andreas gibt. Mein gemeinsamer Vorfahre mit dieser Linie wäre dann eben nicht um 1560/80 geboren, weil die beiden gleichaltrigen Andreasse nämlich keine Brüder sind, sondern eine oder mehrere Generationen früher. Im Moment versuche ich Mitglieder der noch existierenden Linien von der Notwendigkeit des Big Y-Tests zu überzeugen. Das ist bei der angeborenen Sparsamkeit der Familie, bei dem generell etwas verkrampften Verhältnis der Deutschen zum Datenschutz und bei der seit Corona bei vielen zu beobachtenden Abneigung, sich Testgegenstände in den Mund zu stecken ein schwieriges Unterfangen. Wie gut, dass die Ahnenorschung in der Familie eine hohe Gunst genießt! So hat sich immerhin schon ein lieber Verwandter bereiterklärt, mitzumachen. Und ich hatte ihn noch nicht einmal gefragt!

                              Carl-Henry, bei "37 Markers" und "67 Markers" sind die Schotten verschwunden, aber es gibt auch keine zwingend deutsch klingenden Namen.

                              Viele Grüße
                              consanguineus
                              Daten sortiert, formatiert und gespeichert!

                              Kommentar

                              • Gastonian
                                Moderator

                                • 20.09.2021
                                • 5613

                                #90
                                Hallo consanguineus:

                                Der für dich relevante Teil des Block Trees ist jener im Anhang.

                                Alle 14 getesten Männer hier haben die Mutationen R-JFS2006 und FT83559 (im dunkelblauen Kasten oben). Es gibt dann 4 Männer, die zusätzlich die Mutation R-FT272576 haben (mitte rechts direkt unter dem dunkelblauen Kasten); diese Männer sind aus Tschechien, Polen, Deutschland, und Schweden - also grob Mitteleuropa. 9 andere Männer haben nicht diese Mutation, sondern die 5 Mutationen R-BY54956, BY53929, BY54231, Y317223, und Y53857 (links direkt unter dem dunkelblauen Kasten); unter diesen sind 6 US-Amerikaner, 1 Engländer, und 2 Personen mit unbekannter Herkunft. Die 5 Amerikaner ganz links haben 18 Mutationen gemeinsam, die jünger als R-JFS2006 sind (und 3 von ihnen haben noch eine 19. Mutation gemeinsam); das sind also Nachfahren eines gemeinsamen Vorfahren der letzten paar Jahrhunderte (durch Tante Gugl erfährt man, dass dies Nachfahren eines Thomas D. Wallis sind, der im Jahr 1800 in North Carolina gestorben ist). Und du bist ganz rechts, da Du weder die Mutation R-FT272576 noch die Mutation R-BY54956 hast. Diese drei Stammlinien - die englisch-amerikanische, die mitteleuropäische, und deine - sind vor rund 1900 Jahren entstanden und haben sich seit der Zeit selbstständig entwickelt. Falls dein vermuteter Verwandter tatsächlich einen gemeinsamen Vorfahren mit dir im Spätmittelalter hat, wird es dann eine dritte Gruppe rechts geben, in der Du und er vermutlich an die 10 bis 15 Mutationen gemeinsam haben wirst, die nicht mit den zwei anderen Stammlinien R-BY54956 und R-FT272576 geteilt werden.

                                VG

                                --Carl-Henry

                                Nachtrag: Es ist etwas beunruhigend, dass unter den "67 Markers" mit "genetic distance" 0 oder 1 die Namen nicht zwingend deutsch klingen. Da allerdings auch die Y-DNA-Teste, wie DNA-Teste allgemein, viel beliebter in den USA als in Europa sind, kann es auch sein, dass die Namen bei der Einwanderung nach Amerika anglisiert wurden (in meinem Fall wurde aus "Schw...d" "Sw...t"). Sind deine Matches in dieser Gruppe zumindest plausibel anglisierte deutsche Namen?
                                Angehängte Dateien
                                Wohnort USA

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