Hallo,
die im Titel gestellte Fragen werde ich nachfolgend beantworten.
erstmal eine kleine Einleitung:
Zu meinen Vorfahren gehört die Familie Lupin in Memmingen.
Diese erscheint ab Mitte des 15. Jh. unter den ehrbaren Geschlechtern in Ulm und gehören dort zu den wohlhabenden Kaufleuten der Stadt.
In der ersten Hälfte des 16. Jh. werden Mitglieder der Familie in Memmingen in das Patriziat aufgenommen.
1563 erhält der Memminger Ratsherr Wolf Dietrich Lupin (+1580) den Rittermäßigen Adelsstand.
Sein Sohn, der Memminger Ratsherr Matthäus Lupin (1545-1590) heiratet 1569 in Memmingen Anna Nachtrübin (1550-1592) von Babenhausen.
Diese Anna Nachtrüb/Nachtrueb ist die Tochter des Hans Nachtrueb (+1577), 1551-64 fürstbischöfl. Landrichter und Landschreiber des Amtes Rettenberg und ab etwa 1565 Pfleger der Herrschaft Babenhausen in fuggerischen Diensten.
Zur Ehefrau des Hans Nachtrüb gibt Buccelin (17. Jh.) ein Magdalena von Schwangau als Tochter des Ulrich von Schwangau an. Wer sich schon mit Buccelin beschäftig hat, der weiß, dass die Angaben mit großer Vorsicht zu genießen sind und viele Fehler beinhalten. Außerdem fehlen die Quellen.
In „Blätter des Bayerischen Landesvereins für Familienkunde, 40. Jg. (1977) Band XIII, Heft 5“ wird diese Magdalena von Schwangau als Enkelin des Ulrich von Schwangau und der Magdalena Rehlinger angegeben, auch ohne Quellen.
Es lässt sich noch eine zweite Ehefrau des Haus Nachrüb belegen. Dies ist Maria Heyß, gebürtig aus Augsburg, die noch 1566 als Witwe des Sixtus Heggenstaller, Kastner und Umgelter zu Aichach, genannt wird.
Wenn man dies nun erstmal auf Plausibilität prüft und sich einen kurzen Überblick zu der Familie der Herren von Schwangau macht, kommt man schnell zu der Erkenntnis, dass die Familie von Schwangau zu Hohenschwangau mit ihren beiden letzten Vertretern Georg und Heinrich 1536 ausstirbt. Und der angegebene Ulrich von Schwangau gehört sogar zur vorletzten Generation und stirbt im hohen Alter 1519. Ulrich von Schwangaus Anteil an der Herrschaft Hohenschwangau fällt nach seinem Tod an die Kinder seiner Cousins. Demnach hat er keine männlichen Nachkommen, also auch keine Enkelin Magdalena von Schwangau.
Damit was es für mich klar, die Magdalena von Schwangau als Ehefrau des Hans Nachrueb ist wohl einer der vielen fehlerhaften Angaben des Buccelin.
Fall erledigt!
Aber vor zwei Monaten bin ich über ein vermehrtes Wappen der Nachtrüb gestolpert; abgebildet in „Kemptner Wappen und Zeichen, Eduard Zimmermann 1961“.
Dies zeigt ein gevierteltes Wappen von 1565 mit dem Wappen der Nachtrueb und einem Wappen, welches denen von Schwangau gleicht. Dabei gibt es eine kleine Abweichung des Schwangauer Wappens. Im Gegensatz zum Original des Wappens der Herren von Schwangau, ist bei dieser Abbildung der Schwan mit einem Fisch im Schnabel dargestellt.
Dieses Wappen ist heute noch auf einem Kruzifix mit der Jahreszahl 1565 zu sehen, welches in einer Kapelle unweit von Bad Hindelang hängt.
Meine Neugier war geweckt und ich habe die letzten Wochen recherchiert und mir Urkunden aus dem Stadtarchiv Dillingen und den Staatsarchiven Augsburg, Stuttgart und Österreich bestellt.
Das Ergebnis war sehr überraschend:
Ich konnte nun nachweisen, dass Ulrich von Schwangau (+1519), aus der vorletzten Generation der Herren von Schwangau zu Hohenschwangau, doch Kinder hinterlassen hat.
Als seine Kinder erscheinen Sebastian und Georg, die jedoch unehelich geboren sind.
Jedoch werden Sebastian und Georg von Schwangau 1514 von Kaiser Maximilian auf Grund ihrer unehelichen Geburt legitimiert und erhalten ein Wappen. Dennoch werden sie vom Erbe des Vaters an der Herrschaft Schwangau ausgeschlossen, da dessen Reichslehen an der Herrschaft an die verbleibenden Mitglieder der Familie zurück fällt.
Zu dem Sohn Sebastian gibt es keine weiteren Informationen.
Der Sohn Georg von Schwangau verkauft am 17.06.1536 „an Hans Paumgartner zu Hohenschwangau (neuer Besitzer der Herrschaft) um 800 Gulden ein Haus und Hof nebst Gärten, dann eine Hoffstatt und mehrere Äcker, Änger und Mäder, weiters das Gütel zu Kreit, ein Fischwasser, die Ach genannt, und den halben Theil am Gütl auf dem Burkhof alles zu Niederhofen (Bayerniederhofen) gelegen, was er und seine Hausfrau in der Herrschaft haben und von Ihrem Vater und Schweher seel., Ulrich von Schwangau, ihnen zugestanden“
Weiter belegbar ist Georg von etwa 1536 bis 1567 als fürstbischöflich augsburgischer Vogt/Pfleger zu Zusmarshausen, 1564 als Obervogt zu Wollbach und ab 1536 als Pfleger des Spitals zu Zusmarshausen. Er stirbt 1567.
Als Georgs Kinder kann man einen Sohn Hans Jacob von Schwangau zuordnen, der ab 1554 in Ingolstadt studiert und 1575 als fürstbischöflich augsburgische Vogt zu Kreutt/Kreitt (Gabelbachergreut) verstirbt.
Außerdem sind noch zwei Töchter des Georg belegbar. Es sind Rosina von Schwangau, die in erster Ehe mit Dr. Christoph Heuberger (+1582), Arzt in Augsburg, gebürtig aus Wien, und in zweiter Ehe mit Sebastian Rollin, Ausbürger in Augsburg, 1588/93 Hauptmann zu Genua und 1596/99 Obrist der Herrschaft Genua, verehelicht war.
Aus Ihrem Testament vom 10.05.1604 in Genua lässt sich belegen, dass ihre Schwester Sabina von Schwangau die Ehefrau des Hans Nachtrüb war und eine Tochter Anna Nachtrüb hinterlassen hat, welche sich mit dem Memminger Ratsherren Matthäus Lupin verehelichte.
Weiter konnte ich noch folgende Familienmitglieder finden, ohne dass die genealogische Zuordnung klar ist:
1613 findet sich in den Steuerlisten der Stadt Augsburg ein Hans Jacob von Schwangau, „Herren Diener“, der als Ausbürger der Stadt seine Steuern im Voraus bezahlt. Dieser wird nochmals in den Steuerbüchern für 1617 genannt. Diesmal als Salzburgischer Hofdiener.
In Urkunden des Stifts Kempten wird 1631 ein Thomas Gazin als „Bischöfl. Hoff und Thumb organist“ genannt, der als seinen Stiefschwiegervater einen weiland Hans Jacob von Schwangau, „in Bayern Archibusier reider“ nennt.
Außerdem wird in den Kemptner Urkunden von 1631 noch eine Witwe Anna Maria von Schwangau mit Ihrem Schwager Marx Einßlin, Stift-Kemptner Landrichter, Amtsverwalter und Registrator, genannt.
Zuletzt findet sich für 1645 eine Adelsbestätigung und Wappenmehrung für Veit Rüdt von Collenberg und Schwangau. Hierbei wird das Wappen der Rüdt von Collenberg mit dem Wappen der Ehefrau des Veit vermehrt. Aus dem Stammbaum der Rüdt von Collenberg lässt sich entnehmen, dass Veit mit einer Barbara von Schwangau verehelicht war. Hier wird sie als Tochter des Georg von Schwangau und einer N.N. Beyer von Boppard angegeben, und soll die letzte ihres Geschlechts gewesen sein.
Die vermehrte Wappendarstellung des Collenberg/Schwangau Wappens von 1645 entspricht dem des vermehrten Nachtrueb/Schwangau Wappens von 1565.
Nach meiner Recherche kann man nun die Geschichte der Familie von Schwangau um ein Jahrhundert erweitern. Und für mich habe ich spannende neue Vorfahren entdeckt.
Viele Grüße
Christian
die im Titel gestellte Fragen werde ich nachfolgend beantworten.
erstmal eine kleine Einleitung:
Zu meinen Vorfahren gehört die Familie Lupin in Memmingen.
Diese erscheint ab Mitte des 15. Jh. unter den ehrbaren Geschlechtern in Ulm und gehören dort zu den wohlhabenden Kaufleuten der Stadt.
In der ersten Hälfte des 16. Jh. werden Mitglieder der Familie in Memmingen in das Patriziat aufgenommen.
1563 erhält der Memminger Ratsherr Wolf Dietrich Lupin (+1580) den Rittermäßigen Adelsstand.
Sein Sohn, der Memminger Ratsherr Matthäus Lupin (1545-1590) heiratet 1569 in Memmingen Anna Nachtrübin (1550-1592) von Babenhausen.
Diese Anna Nachtrüb/Nachtrueb ist die Tochter des Hans Nachtrueb (+1577), 1551-64 fürstbischöfl. Landrichter und Landschreiber des Amtes Rettenberg und ab etwa 1565 Pfleger der Herrschaft Babenhausen in fuggerischen Diensten.
Zur Ehefrau des Hans Nachtrüb gibt Buccelin (17. Jh.) ein Magdalena von Schwangau als Tochter des Ulrich von Schwangau an. Wer sich schon mit Buccelin beschäftig hat, der weiß, dass die Angaben mit großer Vorsicht zu genießen sind und viele Fehler beinhalten. Außerdem fehlen die Quellen.
In „Blätter des Bayerischen Landesvereins für Familienkunde, 40. Jg. (1977) Band XIII, Heft 5“ wird diese Magdalena von Schwangau als Enkelin des Ulrich von Schwangau und der Magdalena Rehlinger angegeben, auch ohne Quellen.
Es lässt sich noch eine zweite Ehefrau des Haus Nachrüb belegen. Dies ist Maria Heyß, gebürtig aus Augsburg, die noch 1566 als Witwe des Sixtus Heggenstaller, Kastner und Umgelter zu Aichach, genannt wird.
Wenn man dies nun erstmal auf Plausibilität prüft und sich einen kurzen Überblick zu der Familie der Herren von Schwangau macht, kommt man schnell zu der Erkenntnis, dass die Familie von Schwangau zu Hohenschwangau mit ihren beiden letzten Vertretern Georg und Heinrich 1536 ausstirbt. Und der angegebene Ulrich von Schwangau gehört sogar zur vorletzten Generation und stirbt im hohen Alter 1519. Ulrich von Schwangaus Anteil an der Herrschaft Hohenschwangau fällt nach seinem Tod an die Kinder seiner Cousins. Demnach hat er keine männlichen Nachkommen, also auch keine Enkelin Magdalena von Schwangau.
Damit was es für mich klar, die Magdalena von Schwangau als Ehefrau des Hans Nachrueb ist wohl einer der vielen fehlerhaften Angaben des Buccelin.
Fall erledigt!
Aber vor zwei Monaten bin ich über ein vermehrtes Wappen der Nachtrüb gestolpert; abgebildet in „Kemptner Wappen und Zeichen, Eduard Zimmermann 1961“.
Dies zeigt ein gevierteltes Wappen von 1565 mit dem Wappen der Nachtrueb und einem Wappen, welches denen von Schwangau gleicht. Dabei gibt es eine kleine Abweichung des Schwangauer Wappens. Im Gegensatz zum Original des Wappens der Herren von Schwangau, ist bei dieser Abbildung der Schwan mit einem Fisch im Schnabel dargestellt.
Dieses Wappen ist heute noch auf einem Kruzifix mit der Jahreszahl 1565 zu sehen, welches in einer Kapelle unweit von Bad Hindelang hängt.
Meine Neugier war geweckt und ich habe die letzten Wochen recherchiert und mir Urkunden aus dem Stadtarchiv Dillingen und den Staatsarchiven Augsburg, Stuttgart und Österreich bestellt.
Das Ergebnis war sehr überraschend:
Ich konnte nun nachweisen, dass Ulrich von Schwangau (+1519), aus der vorletzten Generation der Herren von Schwangau zu Hohenschwangau, doch Kinder hinterlassen hat.
Als seine Kinder erscheinen Sebastian und Georg, die jedoch unehelich geboren sind.
Jedoch werden Sebastian und Georg von Schwangau 1514 von Kaiser Maximilian auf Grund ihrer unehelichen Geburt legitimiert und erhalten ein Wappen. Dennoch werden sie vom Erbe des Vaters an der Herrschaft Schwangau ausgeschlossen, da dessen Reichslehen an der Herrschaft an die verbleibenden Mitglieder der Familie zurück fällt.
Zu dem Sohn Sebastian gibt es keine weiteren Informationen.
Der Sohn Georg von Schwangau verkauft am 17.06.1536 „an Hans Paumgartner zu Hohenschwangau (neuer Besitzer der Herrschaft) um 800 Gulden ein Haus und Hof nebst Gärten, dann eine Hoffstatt und mehrere Äcker, Änger und Mäder, weiters das Gütel zu Kreit, ein Fischwasser, die Ach genannt, und den halben Theil am Gütl auf dem Burkhof alles zu Niederhofen (Bayerniederhofen) gelegen, was er und seine Hausfrau in der Herrschaft haben und von Ihrem Vater und Schweher seel., Ulrich von Schwangau, ihnen zugestanden“
Weiter belegbar ist Georg von etwa 1536 bis 1567 als fürstbischöflich augsburgischer Vogt/Pfleger zu Zusmarshausen, 1564 als Obervogt zu Wollbach und ab 1536 als Pfleger des Spitals zu Zusmarshausen. Er stirbt 1567.
Als Georgs Kinder kann man einen Sohn Hans Jacob von Schwangau zuordnen, der ab 1554 in Ingolstadt studiert und 1575 als fürstbischöflich augsburgische Vogt zu Kreutt/Kreitt (Gabelbachergreut) verstirbt.
Außerdem sind noch zwei Töchter des Georg belegbar. Es sind Rosina von Schwangau, die in erster Ehe mit Dr. Christoph Heuberger (+1582), Arzt in Augsburg, gebürtig aus Wien, und in zweiter Ehe mit Sebastian Rollin, Ausbürger in Augsburg, 1588/93 Hauptmann zu Genua und 1596/99 Obrist der Herrschaft Genua, verehelicht war.
Aus Ihrem Testament vom 10.05.1604 in Genua lässt sich belegen, dass ihre Schwester Sabina von Schwangau die Ehefrau des Hans Nachtrüb war und eine Tochter Anna Nachtrüb hinterlassen hat, welche sich mit dem Memminger Ratsherren Matthäus Lupin verehelichte.
Weiter konnte ich noch folgende Familienmitglieder finden, ohne dass die genealogische Zuordnung klar ist:
1613 findet sich in den Steuerlisten der Stadt Augsburg ein Hans Jacob von Schwangau, „Herren Diener“, der als Ausbürger der Stadt seine Steuern im Voraus bezahlt. Dieser wird nochmals in den Steuerbüchern für 1617 genannt. Diesmal als Salzburgischer Hofdiener.
In Urkunden des Stifts Kempten wird 1631 ein Thomas Gazin als „Bischöfl. Hoff und Thumb organist“ genannt, der als seinen Stiefschwiegervater einen weiland Hans Jacob von Schwangau, „in Bayern Archibusier reider“ nennt.
Außerdem wird in den Kemptner Urkunden von 1631 noch eine Witwe Anna Maria von Schwangau mit Ihrem Schwager Marx Einßlin, Stift-Kemptner Landrichter, Amtsverwalter und Registrator, genannt.
Zuletzt findet sich für 1645 eine Adelsbestätigung und Wappenmehrung für Veit Rüdt von Collenberg und Schwangau. Hierbei wird das Wappen der Rüdt von Collenberg mit dem Wappen der Ehefrau des Veit vermehrt. Aus dem Stammbaum der Rüdt von Collenberg lässt sich entnehmen, dass Veit mit einer Barbara von Schwangau verehelicht war. Hier wird sie als Tochter des Georg von Schwangau und einer N.N. Beyer von Boppard angegeben, und soll die letzte ihres Geschlechts gewesen sein.
Die vermehrte Wappendarstellung des Collenberg/Schwangau Wappens von 1645 entspricht dem des vermehrten Nachtrueb/Schwangau Wappens von 1565.
Nach meiner Recherche kann man nun die Geschichte der Familie von Schwangau um ein Jahrhundert erweitern. Und für mich habe ich spannende neue Vorfahren entdeckt.
Viele Grüße
Christian
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