Textstück um 1500

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  • Pommerellen
    Erfahrener Benutzer
    • 28.08.2018
    • 1817

    [ungelöst] Textstück um 1500

    Hallo werte Schriftkundige,

    ich hätte ein Textstück welches vom Zusammenhang um 1500 in Stettin entstanden ist aber so um 1650 aufgeschrieben wurde.
    Mit fehlen hier noch einige Worte nach meiner Lesung, bin aber auch Dankbar wenn sich noch andere Korrekturen ergeben.

    Meine Lesung:
    fruchtbrukingen, alse de güter in eren schaden und grentzen
    belegen zynth. Und zyn vader vorhen guitest [?] und frigst [?] ge
    bezeten und up em gelaten und geervet hefft, günden [?] und ligen


    Anschließend brauche ich dann wohl noch Hilfe bei der Wortdeutung.
    Fruchtbrukingen ? oder Frigst? günden?

    Herzlichen Dank für das mitdenken.
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  • Pommerellen
    Erfahrener Benutzer
    • 28.08.2018
    • 1817

    #2
    Hallo,

    ich hänge meinen Lesewunsch wieder nach vorne. Es wäre schön, wenn ich eine Rückmeldung bekommen könnte.

    Danke

    Kommentar

    • Scriptoria
      Erfahrener Benutzer
      • 16.11.2017
      • 2957

      #3
      Zitat von Pommerellen Beitrag anzeigen
      Anschließend brauche ich dann wohl noch Hilfe bei der Wortdeutung.
      Fruchtbrukingen ?
      [/FONT]
      Hallo,
      Die Beschreibung im Deutschen Rechtswörterbuch:
      fruchtbrukinge= Fruchtbrauchung
      Lehnübersetzung für usus fructus
      https://drw.hadw-bw.de/drw-cgi/zeige?index=lemmata&term=fruchtbrauchung#Fruchtbra uchung
      Wenn du die verschiedenen Varianten anklickst, gibt es weitere Beispiele.



      Artikel Nießbrauch (usus fructus
      umfasst auch den Begriff Niesbrauch).
      Das Eigentum an einer Sache verleiht dem Eigentümer im Wesentlichen mehrere Rechte: Nutzung (lateinisch ius utendi), Fruchtziehung (lat. ius fruendi), Abausnutzung und Zerstörung (lat. ius abutendi) und Verfügung (lat. ius disponendi). Durch die Begründung des Nießbrauchs überträgt der Eigentümer einer Sache das Recht zur Nutzung und zur Fruchtziehung an einen Dritten und behält nur das Verfügungsrecht für sich. Auf diese Weise wird die rechtliche Herrschaft über eine Sache sozusagen „aufgespalten“, und es entstehen die Rechtsfiguren des „bloßen Eigentümers“ (lat. nudus dominus, französisch nu-propriétaire, niederländisch bloot eigenaar), d. h. der Rechtsinhaber des nießbrauchbeschwerten Eigentums, und des „Nießbrauchers“. Ersterer behält das „bloße Eigentum“ (lat. nudum dominium, eine Form des nudum ius) an der Sache, deren umfassende Nutzung einschließlich der Fruchtziehung hingegen beim Nießbrauchsberechtigten („wirtschaftlicher Eigentümer“) liegt.

      Grüße
      Scriptoria
      Zuletzt geändert von Scriptoria; 16.12.2024, 23:19. Grund: Schreibfehler

      Kommentar

      • Pommerellen
        Erfahrener Benutzer
        • 28.08.2018
        • 1817

        #4
        Ganz herzlichen Dank Scriptoria,

        für die umfassende Erklärung.
        Mir wäre noch gelegen die Wörter guitest [gütigst?] und frigst [freudig ?] ge
        bezeten [besitzen, was heißt dann aber "gebezeten"?]
        zu erklären. Oder habe ich hier falsch gelesen.
        Deshalb hatte ich den Abschnitt zuerst unter Lesehilfe eingestellt.

        Viele Grüße

        Kommentar

        • M_Nagel
          Erfahrener Benutzer
          • 13.10.2020
          • 1947

          #5
          Hallo,

          betr. guitest/quitest vnd frigest:

          Angehängte Dateien
          Zuletzt geändert von M_Nagel; 17.12.2024, 23:05.
          Schöne Grüße
          Michael

          Kommentar

          • Pommerellen
            Erfahrener Benutzer
            • 28.08.2018
            • 1817

            #6
            Herzlich Dank M. Nagel,

            ich habe in dem Rechtswörterbuch gestöbert, doch wenn ich falsch die Buchstaben gelesen habe finde ich natürlich nichts. Deshalb "Lesehilfe"

            So ergibt sich:
            fruchtbrukingen, alse de güter in eren schaden vnd grentzen
            belegen zynth. Und zyn vader vorhen quitest vnd frigest ge
            bezeten vnd up em gelaten vnd geervet hefft, günden [?] und ligen


            Fehlt mir noch: ge bezeten und günden für eine Klärung des Sachverhaltes.
            Bei schaden und grentzen ist mir nicht ganz sicher ob das schaden sich evt. auf das oft gebrauchte "Scheid" als Grenze der Besitzung bezieht?

            Ergänzung: Schaden = Scheiden so in einem anderen Zusammenhang gefunden.

            Viele Grüße
            Zuletzt geändert von Pommerellen; 18.12.2024, 21:35.

            Kommentar

            • Scriptoria
              Erfahrener Benutzer
              • 16.11.2017
              • 2957

              #7
              Zitat von Pommerellen Beitrag anzeigen
              Fehlt mir noch: ge bezeten und günden für eine Klärung des Sachverhaltes.
              Hallo,
              die Sätze des Textabschnitts sind nicht vollständig, vielleicht lässt sich der Sinn besser erfassen, wenn du sie ergänzt.
              Was steht vor fruchtbrukingen und nach ligen​?

              Grüße
              Scriptoria

              Kommentar

              • M_Nagel
                Erfahrener Benutzer
                • 13.10.2020
                • 1947

                #8
                Mein Vorschlag wäre:

                Vnd zijn vader vorhen de ... ge?
                bezeten


                und welche sein Vater vorhin besessen (hat)

                günden/günnen vnd ligen

                [Wir... ....] gönnen und leihen; [wir] vergaben und geben zu Lehn

                ------------

                Mehr Text wäre auf jeden Fall hilfreich
                Zuletzt geändert von M_Nagel; 19.12.2024, 11:30.
                Schöne Grüße
                Michael

                Kommentar

                • Pommerellen
                  Erfahrener Benutzer
                  • 28.08.2018
                  • 1817

                  #9
                  Komme euerer Aufforderung Scriptoria und M Nagel gerne nach.

                  Ich war ja zunächst davon ausgegangen das erst das Lesen dann die Übertragung kommt.
                  Zunächst danke ich euch sehr für das Helfen an der Übertragung

                  myt Ackere, Wesen, Weyden, iacht[1], Vis(s)cherige[2], holten[3], mören[4], bröken, gerichte vnd allen
                  anderen fruchtbrukingen[5], alse de
                  güter in eren schaden[6] vnd grentzen belegen zynth. Und zyn vader vorhen quitest vnd frigest[7] ge[hat]
                  bezeten und up em gelaten vnd gereuet hefft, günnen vnd ligen em de Jagdwerdighen in craft vnd macht
                  desses unses breves.


                  [1] iacht = Jacht = Jagd
                  [2] Vis(s)cherige = Fischereien
                  [3] Holten = Holz = Holzungen
                  [4] Mören = Moore / bröken = Brüche
                  [5] Fruchtbrukingen = Vruchtbrukinge = Nutzung = umfassende Nutzung einschließlich der Fruchtziehung / Frucht = Getreide
                  [6] Schaden = Scheiden
                  [7] Quit vnd fri (quistet und frigest) = los (ledig “los sein”) und frei


                  Ich habe nochmal etwas den Text "geändert" da ich durch euere Tips, mich stärker in die Wörterbücher eingelesen habe.
                  Mir ist noch nicht ganz klar das "em geladen vnd gereut" hefft? Heißt das = auf ihn gelassen und bedauert hat?
                  Und das merkwürdige Wort Jagdwerdighen. Das habe ich in anderen Urkunden mit "gegenwertigen" in dem ähnlichen Zusammenhang gelesen.

                  Viele Grüße


                  Kommentar

                  • M_Nagel
                    Erfahrener Benutzer
                    • 13.10.2020
                    • 1947

                    #10
                    op em gelaten = auf ihn gelassen/übertragen
                    vnd geeruet hefft = und geerbt hat
                    Zuletzt geändert von M_Nagel; 19.12.2024, 23:02.
                    Schöne Grüße
                    Michael

                    Kommentar

                    • Scriptoria
                      Erfahrener Benutzer
                      • 16.11.2017
                      • 2957

                      #11
                      Hallo Pommerellen,

                      "Alse"; also; als" sind verstärkte Formen von "so". In der Sprache um 1500 wird das Wort auf vielfältige Weise eingesetzt, es entspricht nicht dem heutigen "also".

                      Wenn der erste Satz auch vollständig wäre, ließe sich die Konstruktion logisch und vielleicht auch inhaltlich besser auflösen.
                      Welchen Titel hat der Text? Welchen Zweck soll er erfüllen?

                      Möglicherweise geht es um die Verleihung der Jagdrechte o.Ä., nachdem vorher aufgezählt wurde, dass alle Bedingungen dafür erfüllt sind?

                      günnen (=gewähren) vnd ligen (=leihen im Sinne von Lehen)
                      em de Jagdwerdighen in craft vnd macht
                      desses unses breves.

                      Unter Einbeziehung der Ideen von
                      M_Nagel mache ich einen groben Vorschlag, der vor allem auf den Sinn abzielt.


                      und sein Vater vorher*
                      unbelastet und frei [hat] besessen
                      und auf ihn übertragen und vererbt hat,
                      gewähren und verleihen wird ihm
                      die Jagdrechte???

                      in Kraft und Macht*1
                      dieses unseres Briefes.

                      *1 Vielleicht eine Doppelbezeichnung wie bei quitest und frigest.
                      geerben kann auch "vererben" heißen

                      *https://www.google.de/books/edition/...pg=PA469&print sec=frontcover


                      Grüße
                      Scriptoria




                      Zuletzt geändert von Scriptoria; 20.12.2024, 17:22. Grund: "hat" eingefügt

                      Kommentar

                      • Pommerellen
                        Erfahrener Benutzer
                        • 28.08.2018
                        • 1817

                        #12
                        Hallo,

                        Danke, M Nagel und Scriptoria für euere Hartnäckigkeit am Thema zu bleiben.

                        Mich freut es, sitze daran und knoble mit dem Grimm und der Rechtswörterbuch mit. Ist halt sehr spannend eine Übertragung in die Jetztzeit zu finden.
                        Bei mir fehlen in dem "Original", was eine deutlich spätere Abschrift ist, Textstücke.
                        Es ist eine Lehnurkunde.
                        Ich habe mittlerweile sehr ähnlich Lehnsurkunden gefunden. In den gedruckten Urkunden aus Stettin, dem Ausstellungsort, gibt es Beispiele, die ganz nahe an meinen Text kommen, Ich vermute das war ein Standard. Ein sehr schönes Beispiel ist bei Cramer auf Seite 238 'Cramer, Reinhold: Geschichte der Lande Lauenburg und Bütow. 2', Bild 242 von 354 | MDZ
                        und ff z.B. S. 242

                        Ich gehe sehr stark mit eueren Ansätzen mit. Besonders, weil ich jetzt weitere Beispielformulierungen habe. Aber es gibt auch Unterschiede.
                        Es wird kein Lehen erneuert. Hier stellt jemand sein Gut unter ein Lehen, was der Vater noch frei besessen hatte.

                        Meine derzeitige Übertragung:

                        mit Acker, Wiesen, Weiden, Jagd, Fischfang, Holz[ung], Mooren, Brüchen, Gerichten und allen anderen umfassenden Nutzungen, so die
                        Güter in ihren Scheiden und Grenzen gelegen sind. Und sein Vater vorher unbelastet und frei [hatte] besessen und auf ihn übertragen und geerbt hat, gönnen und leihen ihm die Gegenwertigen in Kraft und Macht dieses unseres Briefs


                        Das Wort "Jagdwerdighen" macht mir noch Probleme aus den anderen Urkunden wird dort "gegenwertigen" benutzt.
                        Habe das Wort nochmal angehängt. Leider ist mein Bild auch noch unscharf. Ich komme leider nicht so einfach an das Original, was vermutlich die Beste Lösung wäre.

                        Viele Grüße
                        Angehängte Dateien

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                        • Scriptoria
                          Erfahrener Benutzer
                          • 16.11.2017
                          • 2957

                          #13
                          Zitat von Pommerellen Beitrag anzeigen
                          Ich gehe sehr stark mit eueren Ansätzen mit. Besonders, weil ich jetzt weitere Beispielformulierungen habe. Aber es gibt auch Unterschiede.
                          Es wird kein Lehen erneuert. Hier stellt jemand sein Gut unter ein Lehen, was der Vater noch frei besessen hatte.

                          Meine derzeitige Übertragung:

                          mit Acker, Wiesen, Weiden, Jagd, Fischfang, Holz[ung], Mooren, Brüchen, Gerichten und allen anderen umfassenden Nutzungen, so die
                          Güter in ihren Scheiden und Grenzen gelegen sind. Und sein Vater vorher unbelastet und frei [hatte] besessen und auf ihn übertragen und geerbt hat, gönnen und leihen ihm die Gegenwertigen in Kraft und Macht dieses unseres Briefs


                          Das Wort "Jagdwerdighen" macht mir noch Probleme aus den anderen Urkunden wird dort "gegenwertigen" benutzt.
                          Hallo,
                          deine Funde sind toll, ein echter Treffer! Es wäre interessant, eine Übertragung in neuere Sprache zu finden, vielleicht gibt es so etwas.
                          Auf S. 238 (und auch in anderen Texten dort) steht die Form "Jegenwerdigen" in der 9. Textzeile von unten. In deinem Beispiel lese ich Je/agdwertighen, vielleicht auch mit einem schwachen c Je/agdwertigchen. Ich denke, das ist als "Gegenwärtigen" zu übertragen.

                          Formeln mit zwei Synonymen, die sich inhaltlich nicht unterscheiden, wie hier "quitest und frigest", die beide "frei" bedeuten, kommen in älteren Sprachformen häufiger vor und dienen lediglich der Betonung und Verstärkung des Inhaltes. Ich hatte zur besseren Unterscheidung "unbelastet" eingefügt. Es wäre auch möglich, "los" oder "ledig"zu schreiben.In deinem Buchbeispiel treten sie immer wieder auf. Da sie auch im Zusammenhang mit anderen Erbfällen vorkommen, und sich inhaltlich nicht von deinem Text unterscheiden, denke ich, dass es sich hier ebenfalls um die Übertragung des Lehens auf den Erben handelt, nachdem der Vater starb, und der Besitz schon vorher belehnt war.

                          So Grimm zu "quitt":
                          das wort wird oft mit sinnverwandten ausdrücken verbunden, auch mit einem derselben compositionsartig verstärkt (s. quittfrei, -ledig, -los).
                          https://woerterbuchnetz.de/?sigle=DWB&lemid=Q01061


                          Noch etwas zu einigen Wörtern:

                          alse= hier: ebenso (wie)
                          „I. [...] so, ebenso“


                          günnen: auch günden
                          „jm. etw. wohlwollend oder aus Gnade zugestehen, erlauben, gestatten; jm. etw. gewähren, zuerkennen, geben [...]“


                          geerben= vererben


                          Dann mein neuer Vorschlag.


                          mit Äckern, Wiesen, Weiden, Jagd, Fischfang, Holz[ung], Mooren, Brüchen, Gerichten und allen anderen umfassenden Nutzungen, so [wie] die
                          Güter in ihren Scheiden und Grenzen gelegen sind. Und sein Vater vorher unbelastet (oder: los, ledig) und frei [hatte] besessen und auf ihn übertragen und vererbt hat, geben und leihen ihm die Gegenwertigen in Kraft und Macht dieses unseres Briefs.


                          Nachtrag: in deinem Text lese ich "günden", das ändert nichts an der Bedeutung, weil sie mit günnen identisch ist.

                          Grüße
                          Scriptoria
                          Zuletzt geändert von Scriptoria; 20.12.2024, 21:45.

                          Kommentar

                          • Scriptoria
                            Erfahrener Benutzer
                            • 16.11.2017
                            • 2957

                            #14
                            Ein kleines Wort haben wir in der Übertragung noch nicht berücksichtigt.

                            Und zyn vader vorhen de? quitest vnd frigest
                            Zuletzt geändert von Scriptoria; 20.12.2024, 21:39. Grund: Schreibfehler

                            Kommentar

                            • Pommerellen
                              Erfahrener Benutzer
                              • 28.08.2018
                              • 1817

                              #15
                              Hallo,

                              Danke für die weiteren Interpretationen..
                              Bei dem kleinen Wort de oder ge vermute ich, das der Abschreiber hier ein "hat" ausgelassen hat.
                              In den anderen Urkunden die ja von Originalen abgeschrieben wurden findet sich "quitest vnd frigest gehat und beseten" (Seite 238)
                              Das fände ich logisch.

                              Viele Grüße
                              Zuletzt geändert von Pommerellen; 20.12.2024, 22:05.

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