Textstück um 1500

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  • M_Nagel
    Erfahrener Benutzer
    • 13.10.2020
    • 1952

    #16
    Es wäre vielleicht sinnvoller, gleich zu Beginn das ganze Originalbild/eine Kopie davon hier einzustellen, statt Interpretationen anzustellen (IMHO).
    Schöne Grüße
    Michael

    Kommentar

    • Pommerellen
      Erfahrener Benutzer
      • 28.08.2018
      • 1817

      #17
      Hallo,

      auf der einen Seite hat du Recht mit der Einstellung, nur diese Urkunde ist anders, da unvollständig und mir ging es um die Übertragung des aus meiner Meinung nach Kernstückes des Textes.

      Der Textteil, der wohl zur Lehnurkunde gehört, ist vollständig wie folgt:

      ..gunt vnd gnediglichen gelegen, myt Ackere, Wesen, Weyden, iacht, Vis(s)cherige, holten, mören, bröken, gerichte vnd allen anderen fruchtbrukingen, alse de
      güter in eren schaden vnd grentzen belegen zynth. Und zyn vader vorhen quitest vnd frigest ge[hat] bezeten und up em gelaten
      vnd geeruet hefft, günden vnd ligen em de Jagdwerdighen? in craft vnd macht desses unses breves.
      Vnd hebben des to tüchnisse Vnse ingesesell hiran laten hengen, Datum


      Das Ganze entspricht nun dem Mittelteil der Urkunde bei Cramer. Darauf hätte ich natürlich ehr kommen können, im Urkundenbuch nachzuschauen.
      Ich war ja mit einer Übertragung gestartet und wollte das dann in die Klärung geben. Wir sind halt immer mehr in die Interpretation abgerutscht, was natürlich mein eigentliches Ziel ist.
      Das haben wir ja fast erreicht ! Oder ? mit euerer Hilfe.
      Durch die ganzen Urkunden bei Cramer haben wir doch jetzt ein viel besseres Bild.
      Eigentlich hätte ich mir durch die gedruckten Urkunden, das Übertragen sparen können und direkt in die Interpretation gehen können.
      Der Inhalt der Texte ist meiner Ansicht nach fast identisch.

      Es wäre nett von euch, Scriptoria und M_Nagel, ein abschließendes Fazit zu ziehen. Dann könnte ich die Anfrage als gelöst melden. Zu der Urkunde bei Cramer habe ich natürlich noch Fragen die ich aber bei der Wortbedeutung einstellen würde.

      Viele Grüße und nochmals Danke
      Zuletzt geändert von Pommerellen; 21.12.2024, 21:35. Grund: Verbesserung

      Kommentar

      • Scriptoria
        Erfahrener Benutzer
        • 16.11.2017
        • 2970

        #18
        Hallo,
        hier habe ich noch einmal die Ergebnisse zusammengestellt, wie ich sie sehe.
        Zu meiner Interpretation des Inhaltes schrieb ich ja schon, dass es sich um die Überschreibung des Lehens, das der Vater innnehatte, auf den Sohn, der dessen Erbe ist, handelt. Zuerst wird genau beschrieben, was alles zum Lehen des Vaters gehört, welche Rechte und Pflichten er hatte. Danach wird bestätigt, dass ihm zu den genau gleichen Bedingungen dieses Lehen übertragen wird. Alles wird durch das Siegel der anwesenden Zuständigen beglaubigt.

        In älteren Sprachformen haben die Wörter im Vergleich zu heute ein sehr viel breiteres und vielfältigeres Bedeutungsspektrum. Welche das ist, lässt sich häufig nur erschließen, wenn man den inhaltlichen Zusammenhang kennt. Ein gutes Beispiel ist der Artikel bei Grimm für "also", das hier ja auch eine Rolle spielt.
        Ein einzelner Begriff für sich genommen, lässt sich ohne den Kontext oft nur schwer erschließen, und Wörter, die uns bekannt zu sein scheinen, wurden früher
        anders verstanden und eingesetzt.


        [ge]gunt vnd gnediglichen gelegen, myt Ackere, Wesen, Weyden, iacht, Vis(s)cherige, holten, mören, bröken, gerichte vnd allen anderen fruchtbrukingen, alse de
        güter in eren schaden vnd grentzen belegen zynth. Und zyn vader vorhen quitest vnd frigest ge[hat] bezeten und up em gelaten
        vnd geeruet hefft, günden vnd ligen em de Jagdwerdighen? in craft vnd macht desses unses breves.
        Vnd hebben des to tüchnisse Vnse ingesesell hiran laten hengen, Datum


        gegeben und gnädig geliehen, mit Äckern, Wiesen, Weiden, Jagd, Fischfang, Holz[ung], Mooren, Brüchen, Gerichten und allen anderen umfassenden Nutzungen, so [wie] die
        Güter in ihren Scheiden und Grenzen gelegen sind. Und sein Vater vorher unbelastet (oder: los, ledig) und frei [hatte] besessen und auf ihn übertragen und vererbt hat, geben und leihen ihm die Gegenwertigen in Kraft und Macht dieses unseres Briefs.
        Und haben dessen zum Zeugnis unsere Insiegel hieran hängen lassen


        "insiegel, siegelabdruck, siegelbild: sigillum insigel, insegel [...]
        des zu urkund habe ich mein insiegel [...] an diesen briefe gehangen.

        Bei Cramer:

        S.19, Ingesegel

        Was genau ist deine Fragestellung?

        Grüße
        Scriptoria
        Zuletzt geändert von Scriptoria; 21.12.2024, 23:21.

        Kommentar

        • Pommerellen
          Erfahrener Benutzer
          • 28.08.2018
          • 1817

          #19
          Hallo Scriptoria, und Danke

          Ich habe noch zwei Fragen in dem Zusammenhang:

          1. Es gibt immer diese Wortpaare wie gelaten vnd geeruet (übertragen und vererbt) oder erue vnd leen (Erbe und Lehn)
          Ist diese Ausdrucksweise typisch? So zusagen eine Bekräftigung? Wie gebrauchen heute auch solche Begriffe wie mit Rat und Tat.

          2. In dem Text von Cramer gibt es noch eine Stelle, die ich gerne besser verstehen möchte. Am Anfang des Textes, zweiter Satz steht: "Bekennen und tigen vor alß weme, dat vor vnß gewesen sind die Erbaren ..."
          Kann ich das so interpretieren wie: bekenne und ... vor mir, das [sie] vor uns erschienen (gewesen) sind die Erbahren...
          Im Rechtswörterbuch habe ich für tigen = taugen gefunden. Das passt aber weniger finde dich.

          Mit vielen Grüßen





          Kommentar

          • Anna Sara Weingart
            Erfahrener Benutzer
            • 23.10.2012
            • 15645

            #20
            Hallo, vielleicht

            tigen = [be-]zeugen


            Vergleiche:

            altfriesisch: bitiuga, bitioga = bezeugen

            mittelniederdeutsch: betuigen = bezeugen






            niedersächsisch: betügen

            Zuletzt geändert von Anna Sara Weingart; 22.12.2024, 16:30.
            Viele Grüße

            Kommentar

            • Anna Sara Weingart
              Erfahrener Benutzer
              • 23.10.2012
              • 15645

              #21
              In Deinem Fall gilt wohl das präfix Be- vom ersten Wort auch noch für das zweite, also:

              Bekennen und [be]tigen
              Viele Grüße

              Kommentar

              • Scriptoria
                Erfahrener Benutzer
                • 16.11.2017
                • 2970

                #22
                Zitat von Pommerellen Beitrag anzeigen
                [SIZE=12px][FONT=Verdana]
                Ich habe noch zwei Fragen in dem Zusammenhang:

                1. Es gibt immer diese Wortpaare wie gelaten vnd geeruet (übertragen und vererbt) oder erue vnd leen (Erbe und Lehn)
                Ist diese Ausdrucksweise typisch? So zusagen eine Bekräftigung? Wie gebrauchen heute auch solche Begriffe wie mit Rat und Tat.

                2. In dem Text von Cramer gibt es noch eine Stelle, die ich gerne besser verstehen möchte. Am Anfang des Textes, zweiter Satz steht: "Bekennen und tigen vor alß weme, dat vor vnß gewesen sind die Erbaren ..."
                Kann ich das so interpretieren wie: bekenne und ... vor mir, das [sie] vor uns erschienen (gewesen) sind die Erbahren...
                Im Rechtswörterbuch habe ich für tigen = taugen gefunden. Das passt aber weniger finde dich.
                Hallo,
                noch etwas Senf.

                Zu 1:
                Wenn die Wortbedeutungen der Formelkombinationen inhaltlich sehr nahe beieinander liegen, dienen sie eher der Bekräftigung. Doch es bleibt tückisch: Erbe und Lehen sind z.B. verschiedene Begriffe, in solch einem Fall sollte nachgesehen werden, welche Bedeutungen sie haben können. Aber Formeln sind insgesamt ein wichtiger Bestandteil von Urkunden.

                Zu 2:
                Wir Bugislaff von godeß gnaden [...] Bekenne[n]* vnnd tigen vor alß Weme, dat vor vnß gewesen sint die Erbaren
                Wir, Bugislaff von Gottes Gnaden [...] erklären und bezeugen vor jedermann, dass vor uns erschienen sind die Ehrbaren

                * hier wurde wohl das n vergessen, der Herr spricht von sich im Pluralis Majestatis


                bekennen: (im DRW)
                (förmlich) erklären, aussagen
                Als Aussteller einer Urkunden (geläufig in der Eingangsformel)

                bekennen und betughen


                zu tigen:
                tügen= bezeugen, als Zeuge auftreten
                Peter Hansen: Das digitale Wörterbuch Niederdeutsch - Schwerpunkt: niederdeutsche Literatur


                alß Weme: jedermann
                siehe alßwem
                https://www.google.de/books/edition/...=PA596&printse c=frontcover

                Grüße
                Scriptoria
                Zuletzt geändert von Scriptoria; 22.12.2024, 19:29. Grund: Schreibfehler

                Kommentar

                • Pommerellen
                  Erfahrener Benutzer
                  • 28.08.2018
                  • 1817

                  #23
                  Hallo ihr wirklich Kundigen,

                  Scriptoria, M Nagel und Anna Sara vielen, vielen herzlichen Dank, dass ihr für mich das alles hier zusammengetragen habt!!
                  Es hat mir auch sehr viel neues Wissen gebracht um so die alten Urkunden aus Hinterpommern nun besser zu verstehen bzw. die Hilfsmittel an die Hand bekommen.

                  Damit ist das Thema gelöst und ich wurde vorzeitig zu Weihnachten beschenkt.
                  Euch alles Gute zum Fest und

                  Viele Grüße

                  Kommentar

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