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  • Friedrich
    Moderator
    • 02.12.2007
    • 11338

    Plankammerverwalter, Stromaufseher

    GertrudF

    Beim Abschreiben des Adressbuch Oldenburg sind mir 2 Berufsbezeichnungen aufgefallen, deren Bedeutung ich nicht kenne:
    Plankammerverwalter
    Stromaufseher
    Weiß jemand, was sich dahinter verbirgt?

    Gast Regine G.

    laut Brockhaus ist die Plankammer:
    [418⇒] Plankammer, Sammlung der für dienstliche Zwecke gebrauchten Karten bei Behörden; auch Bezeichnung der zu ihrer Anfertigung bestimmten Institute. [⇐418]
    ich schätze der Plankammerverwalter verwaltet eben die Sammlung.

    niederrheinbaum

    Bei Städten an Flüssen war die Stromaufseher für die Überwachung des Flusses zuständig, z.B. Wasserstände usw..
    Sie wohnten in Häusern direkt an dem jeweiligen Fluß und meldeten die gemessenen Wasserstände an den Magistrat und die Zeitungen usw. weiter, die diese dann veröffentlichten.
    Schiffahrt konnte so geregelt und in bestimmten Bereichen erlaubt oder verboten werden, Warnungen vor Untiefen oder seichten Stellen wurden von Stromaufsehern mitgeteilt.
    Sie kannten den jeweiligen Fluß oder eben Strom meistens am allerbesten, neben den Schiffern oder Fischern.

    GertrudF

    Der Stromaufseher wohnte tatsächlich in der Uferstraße.
    "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
    (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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    • Friedrich
      Moderator
      • 02.12.2007
      • 11338

      Privatbeamter

      emma2412

      Ich habe bei einer Taufe in Graz im Jahr 1920 einen Vater, dessen Beruf als "Privatbeamter" angegeben ist.
      Darunter kann ich mir nun so gar nichts vorstellen, widersprechen sich privat und Beamter ja in meinen Augen.
      Könnt ihr mich aufklären, worum es sich bei diesem Beruf handelt?

      Gast Regine G.

      Mit der Industrialisierung wurde der "Privatbeamte" geboren, wie die Angehörigen des neuen Mittelstandes zunächst hießen. Zählten 1895 600 000 Menschen zu dieser neuen Schicht der Bürojobber, so waren es hundert Jahre später knapp neunzehn Millionen. Die Zahlen lassen freilich nur ahnen, wie sagenhaft der Sieg der Angestellten- über die Arbeiterkultur ausfiel: Von der Abfindung über die Eigenheimzulage bis zum Zeitkonto reichen ihre - also unsere - sozialen Errungenschaften, von Bonusmeilen über … aus dem Buch von Günter Ogger "Die Angestellten"
      Privatbeamte waren Angestellte im öffentlichen Dienst, Schulwesen, Handel, Industrie u.s.w.
      Von mir selber weiß ich als ich 1970 den Beruf des Bankkaufmannes (damals gab es die Berufsbezeichnung Bankkauffrau noch nicht) erlernte, stand in meinem Arbeitsvertrag: Status Bankbeamte
      "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
      (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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      • Friedrich
        Moderator
        • 02.12.2007
        • 11338

        Leichenprokurator

        Marlies

        ich kenne zwar den Beruf eines Leichenpräparotors, aber einen Leichenprokurator leider nicht kann mir jemand auf die Sprünge helfen?
        Basemann Karl Leichenprokurator, Kronenstr. 34 Karslruhe, (1891)

        Gast Regine G.

        < K-LRA 10 Nr. 1150
        Mitnutzung der Leichenhalle des Hospitals durch die Stadt Tauberbischofsheim
        Enthält v.a.: Erhebung einer Nutzungsgebühr; Provisionszahlung an den Leichenprokurator für den Einzug der Gebühr >
        hab ich im Staatsarchiv Wertheim Findbuch unter Landkreisselbstverwaltung 5. Gesundheit, Sport, Erholung gefunden.
        Würde sagen der Mensch war in der Verwaltung des Hospitals tätig und für die Bearbeitung und Kosten der Leichenhalle zuständig.
        "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
        (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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        • Friedrich
          Moderator
          • 02.12.2007
          • 11338

          Samtrichter

          Hintiberi

          Weiß zufällig jemand von Euch, was genau ein "Samtrichter" ist?
          Einer meiner Vorfahren war vermutlich einer - aber ich finde leider keine Informationen zu diesem Beruf...

          foxburr

          ..vielleicht kann Dir das helfen?--> http://www.historische-berufe.de/

          niederrheinbaum

          Ein Samtrichter übte die Gerichtsbarkeit über die Untertanen eines herrschaftlichen Hauses aus.
          Er wurde vom Landesherren, also bspw. dem Herzog, Grafen usw., in seine Funktion eingesetzt und
          sprach Recht für die im Herrschaftsbereich wohnenden und arbeitenden Leute.
          Normalerweise mußte derjenige damals die Jurisprudenz studiert haben, zunächst als Advocat
          oder Referendar gearbeitet haben, um Erfahrung zu sammeln.
          Meistens umfaßte der Gerichtsbezirk eines Samtrichters mehrere Gemeinden oder Städte, je nach Herrschaftsbereich des herzoglichen, fürstlichen usw. Hauses.
          Es war also ein höherer Posten, den Dein Vorfahr innehatte, was Du Dir aber sicherlich schon gedacht hattest....
          "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
          (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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          • Friedrich
            Moderator
            • 02.12.2007
            • 11338

            Berufsbedeutung Leincklecker und Tucheinsetzer gesucht

            renegraenz

            für unser kostenfreies Gemeinschaftsprojekt webgenealogie benötigen wir für eine Quelle aus dem Jahr 1531 noch die Bedeutung folgender Berufe, die wir bislang nicht klären konnten. Die Bedeutung ist wichtig, da wir diese für die englische Übersetzung benötigen. Hier die Berufe aus Zwickau 1531:
            Leincklecker und
            Tucheinsetzer (nicht Tuchmacher).

            niederrheinbaum

            Soweit ich weiß, ist der Tucheinsetzer gleichbedeutend mit dem Tuchbereiter.
            Nachdem Tücher gewalkt, also sauber gewaschen, worden waren, begann der Tuchbereiter seine Arbeit.
            Er setzte die feuchten Tuche in fertige, hölzerne Rahmen ein, d.h. er spannte sie darin ein.
            Dabei zog er die zunächst oftmals "krummen" Tücher gerade und dehnte sie, soweit dies
            nötig und erwünscht war.
            Ich las den Ausdruck in einem alten Text über Tuchherstellung im Bergischen Land.
            Dort wurde zwischen dem Tuchmacher, dem Tuchscherer und dem Tuchbereiter bzw. Tucheinsetzer unterschieden.

            Zum Ausdruck Leincklecker habe ich bisher leider nichts finden können.
            Der Beruf könnte nicht zufälligerweise Lehmklicker geheißen haben?
            Falls möglich: Der Lehmklicker, teilweise auch Leihmklicker oder -klecker genannt,
            war ein Fachmann für Fachwerkbauten, ein Werkmeister in diesem Bereich.
            Du meintest aber ja, es müßte etwas mit der Tuchherstellung zu tun haben.
            Hast Du denn noch irgendeine nähere Information?
            "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
            (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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            • Friedrich
              Moderator
              • 02.12.2007
              • 11338

              Kuhmahlungsgeld / Schaafmahlungspflicht

              pfleger

              In alten Unterlagen aus dem Jahre 1816 habe ich die Begriffe Kuhmalungsgeld und Schaafmahlungspflicht gefunden. Es handelt sich dabei um Abgaben, die von einem Hof geleistet werden mussten. Allerdings kann ich mir darunter nichts vorstellen. Vielleicht kann mir jemand weiterhelfen. Die Unterlagen betreffen den Regierungsbezirk Minden.

              Marlies

              Keine einfache Frage, die Du da stellst, ich kenne Mahlgeld einmal als finanziellen Beitrag der Hochzeitsgäste zum Hochzeitsmahl, und als Geld das der Müller als Lohn für seine Arbeit bekommt.
              Wenn man jedoch den Begriff "mahlen" näher betrachtet, kommt man auch auf den Mahlmann: er war Beisitzer in einer gerichtlichen Verhandlung, wenn es um den Markbruch ging, man kommt auf die Mahljahre: die vom Gericht festgesetzten und nach Volljährigkeit des Anerben bemessenen Jahre einer Interimswirtschaft....
              Aber wahrscheinlich geht das alles an den von Dir gesuchten Begriffen vorbei, deshalb mein Tipp: stelle einmal bitte die Schriftstücke in die Lesehilfe und zum zweiten: frage doch mal in dem Arciv nach, aus dem die Schriftstücke stammen (und mache uns dann bitte auch "schlau"

              Hibbeln

              Im Zusammenhang mit Abgaben, die früher die Bauern zu leisten hatten, gibt es den Begriff Mahlvieh als Naturalleistung.
              Das bezog sich u. a. auf Schafe und Kühe.
              Gibt man den Begriff Malvieh bei Google ein, dann finden sich einige Fundstellen (u.a. aus Lippe).
              Ich vermute, dass der Begriff Kuhmahlungsgeld bedeuten soll, dass statt der Naturalabgabe (Mahlvieh = Kuh) ersatzweise Geld gezahlt wurde.
              "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
              (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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              • Friedrich
                Moderator
                • 02.12.2007
                • 11338

                Tagebucheintag von 1567

                lebuin

                Tagebuch Eintrag 1567 Nikolaus Gentzkow
                ich bin auf eine Stelle im Tagebuch von Nikolaus Gentzkow gestossen die für mich interessant wäre. Leider verstehe ich sie nicht. Könnte sie mir evtl. jemand "übersetzen" ? Ich hoffe ich bin im richtigen Unterforum, falls nicht bitte ich dies zu entschuldigen. Die Stelle lautet:
                "17. [September 1567] qwemen hier die olde hertzogin mit dren frewlin und hertzog Casimir dem jungsten landsfursten und togen to Hinrich Tetzken huse hin. Darnach qwemen hertzog Johan Friederich, h. (= Herr) Bugslaff, h. Ernst Ludewig und h. Barnim mit 4 oder 500 perden, nemen vort des volgenden dags die huldung und vorharden hier bet des mandags; do sie wat gegeten hadden, do togen sie daruan, lieten auerst e.f.g. afftage ein Rugianer, der up einen upn konig Artushoff losgeschaten, up dem olden markede affhown."

                rudi

                will es mal versuchen (ähnelt sehr dem plattdeutschen)
                am 17.sept. kamen hier die alte Herzogin mit drei Freiwilligen und Herzog Caimir dem jüngsten Landesfürsten und zogen zu Hinrich Tetzkens Haus. Danach kamen Herzog Johan Firedrich, Herr Burgslaff, Herr Ernst Ludewig und Herr Barnim mit 4 oder 500 Pferden. nahmen dort am folgenden Tage die Huligung (entgegen) und verharrten hier bis Montag, nachdem sie etwas gegessen hatten, zogen Sie davon (oder weiter), ließen zuerst e.f.g. ....... (da verließen sie mich)

                habe mal Rugianer gegoogelt. Ist einer der von der Insel Rügen stammt.

                Joachim v. Roy

                Zu verstehen ist:
                Am 17. September 1567 kamen hier die alte Herzogin mit drei Fräulein und Herzog KASIMIR, dem jüngsten Landesfürsten, und zogen zum Haus des HINRICH TETZKE. Danach kamen Herzog JOHANN FRIEDRICH (Herr zu Stettin, + 1600), Herzog BOGISLAV (Herr zu Barth, + 1606), Herzog ERNST LUDWIG (Herr zu Wolgast) und Herzog BARNIM (Herr zu Rügenwalde) mit 400 oder 500 Pferden, nahmen am folgenden Tage die Huldigung entgegen und blieben hier bis zum Montag. Nachdem sie etwas gegessen hatten, zogen sie vondannen, ließen jedoch e.f.g. einen Mann aus Rügen, der auf einen (wohl: auf einen Mann) auf dem König-Artushof geschossen, auf dem alten Markt abhaun (wohl: enthaupten).
                Da das ehemalige Fürstentum Rügen sowohl die Insel Rügen als auch die südllich der Insel gelegenen Gebiete umfaßte, so kann der "Rugianer" auch auf dem Festland beheimatet gewesen sein.
                Nachtrag: e.f.g. = wohl "Euer Fürstliche Gnaden" (richtiger wäre hier "Seine Fürstliche Gnaden") - Zur Vollstreckung der Todesstrafe war nur der Landesherr befugt.

                lebuin

                ich hätte hierzu noch ein Frage: wo könnte man eine Akte oder weitere Informationen zu diesem Vorgang finden ?

                Joachim v. Roy

                Zu welchem „Vorgang“, bitte schön?
                Aus Ihren Anfragen wird leider nicht deutlich, woran Sie eigentlich interessiert sind.

                lebuin

                Wir haben einen alten Familienstammbaum auf dem diese Enthauptung vermerkt ist. Es handelt sich bei besagtem Rugianer wohl um einen Vorfahren von uns über den wir jetzt versuchen näheres herauszufinden. Nun wäre es sehr hilfreich eine Art "Akte" oder so etwas zu finden zu dieser Enthauptung 1567. Auch ein Gerichtsurteil wäre sehr interessant. Nur habe ich gar keine Ahnung wo ich anfangen könnte zu suchen.
                "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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                • Friedrich
                  Moderator
                  • 02.12.2007
                  • 11338

                  i.R. und a.D.

                  schaefera

                  gibt es eigentlich eine feste Regel bei welchen Berufen die folgenden Abkürzungen eingesetzt werden.
                  i.R. und a.D.

                  Hintiberi

                  vermutlich ist "a.D." ist für Beamte, Politiker usw. reserviert, während "i.R." auch für alle anderen Berufsgruppen verwendet wird.
                  Möglicherweise so ein Unterschied wie "Pension" und "Rente"?!

                  Uli

                  Beamte werden ausser Dienst (A.D.) gesetzt da sie auch dann weiterhin auch der Schweigepflicht unterliegen und keine Geheimnisse ausplaudern dürfen.
                  Genauer kann man das hier nachlesen http://de.wikipedia.org/wiki/Au%C3%9Fer_Dienst

                  menestrel

                  Also: Das "a.D." muß man grundsätzlich dienstrechtlich sehen (meist aus dem Staatsdienst), dagegen "i.R." funktional.
                  Ich bin "Amtrat a.D.", aber mein Nachbar war privatwirtschaftlich als Versicherungsrevisor tätig, also "Revisor i.R." - alles verstanden?

                  Hintiberi

                  Ich habe, als ich noch ein kleiner Knirps war, und a.D. nicht kannte, immer "adé" da rausgehört...
                  ein Amtsrat a.D. war für mich dann immer ein "Amtsrat adé" - also: weg vom Fenster! :P
                  Immer noch denke ich sofort an "adé", wenn ich a.D. höre und auch sehe...

                  Hibbeln

                  nimm das mit dem a.D. und dem i.R. nicht ganz so todernst.
                  Heute ist zwar im Beamtenrecht das a.D. für die Beamten, Soldaten und Richter als bindender Begriff für den Ruhestand festgelegt, das war aber nicht immer so. Die Aussage beider Begriffe ist ja letztlich völlig identisch, eben nicht mehr im aktiven Berufsleben.
                  Du findest heute in alten Schriftstücken immer noch die Begriffe a.D. oder i.R. nicht so förmlich getrennt. Bei Pfarrern wirst du sehr häufig die Bezeichnung i.R. und sicherlich niemals a.D. finden.
                  In meinem näherene Bekanntenkreis wohnt eine pensionierte Lehrerin.
                  Dienstrechtlich ist sie als Beamtin natürlich "a.D."
                  Im Telefonbuch hat sie sich allerdings für die Bezeichnung "Lehrerin i.R." entschieden.
                  Übirgens, die Verwirrung wird noch größer, wenn ich in meine eigene Urkunde zur Pensionierung schaue. Dort steht nicht, dass ich "außer Dienst" gestellt werde, sondern "tritt nach dem Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand".

                  menestrel

                  Oh, habe auch nachgesehen. Bei mir steht "...wurde auf eigenen Antrag in den Ruhestand versetzt" (= S-H)!
                  Ich sagte mir damals, dass fast 49 Jahre berufsleben genug seien - jetzt geniesse ich das mit meiner Familie. Und es ist ja egal, ob es "a.D." oder "ade" heißt, gelle?

                  Dorothea

                  Ich bin auch adé (aus gesundheitlichen Gründen), nun habe ich die Familienforschung entdeckt und habe keine Zeit mehr für meine Schmerzen!
                  "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                  (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

                  Kommentar

                  • Friedrich
                    Moderator
                    • 02.12.2007
                    • 11338

                    Starchant

                    sb_2004

                    habe nur folgende mündliche (wurde mir buchstabiert) Auskunft:
                    "Starchant et Henricus de Hüttenberge" waren Zeugen bei einem Hausverkauf.
                    Jahr: ca. 1800
                    Region: Altötting
                    Meine Interpretation: Henricus de Hüttenberge heisst auf Deutsch Heinrich aus Hüttenberg.
                    Aber was bedeutet "Starchant"? War das ein damals gebräuchlicher Vorname, sodass der 2. Zeuge Starchant aus Hüttenberg geheissen hat? Oder war das eine Berufsbezeichnung?

                    Marlies

                    weißt Du, welches Wort vor dem "Starchant"? steht? (Google spuckt "nur" eine Ortsbezeichnung Starchant aus)

                    Xtine

                    könnte es der Nachname des 2. Zeugen sein???
                    ..... Starchant et(=und) Heinrich aus Hüttenberge waren Zeugen ...

                    sb_2004

                    Meine Tante hat selbst auch nur eine inhaltliche Zusammenfassung aus einer Urkunde erhalten.
                    Vor dem Wort "Starchant" steht nichts - kein Vorname oder sonst was. Es ist der Anfang eines neuen Satzes.
                    Kann es sich nicht doch evtl. um einen uralten Beruf oder um einen Titel (vielleicht Kirchenlatein?) handeln?

                    Gast Regine G.

                    habe null Ahnung, aber gerade diese Interpretation bei GOOGLE gefunden
                    "Starchant":
                    Der Name Starchant stammt vermutlich von den Herren von Starichant als frühere Grundbesitzer des Grün-Gebietes am Gallitzinberg in Wien XVI.

                    niederrheinbaum

                    In Quellenmaterialien aus Niederösterreich und Wien wird eine alte Wiener Familie namens Starchant genannt, ab 1450.
                    Sie stellten Ratsmitglieder und höhere Beamte.
                    Diese Familie Starchant hatte Verzweigungen und Verbindungen auch in den Bereich München und heutiges südliches Bayern.
                    "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                    (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

                    Kommentar

                    • Friedrich
                      Moderator
                      • 02.12.2007
                      • 11338

                      Erbzins und Kapitalzinsen

                      Luise

                      Ich habe für meine Ahnen die Begriffe Erbzins und Kapitalzinsen in den Jahren 1694 bis 1711 gefunden. Was muss ich darunter verstehen. Erbzins scheint ins diesem Falle nichts mit einer Erbschaft zu tun haben, da diese Zinsen jährlich von der gleichen Person entrichtet wurden.

                      Sycow

                      Zum Erbzins: http://de.wikipedia.org/wiki/Erbzins

                      niederrheinbaum

                      Der Erbzins ist direkt mit einem Grundstück verbunden gewesen und wurde auch als sogenannte "ewige" Abgabe bezeichnet.
                      Wie der Name sagt, ist er vererbbar, zusammen mit dem Nutzungsrecht an einem Grundstück, auf das er sich bezieht.
                      Lehnsherren vergaben Grund und Boden an Personen, denen, je nach genauer Ausgestaltung der Lehensbedingungen, die lebenslange Nutzung eines Grundstückes übergeben wurde, mit der Möglichkeit, dieses Recht zu vererben.
                      Dieses lebenslange Nutzungsrecht wurde mit dem sogenannten Erbzins entgolten.
                      "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                      (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

                      Kommentar

                      • Friedrich
                        Moderator
                        • 02.12.2007
                        • 11338

                        Legatzinsen

                        Luise

                        Es ist doch augenblicklich zum Haare raufen, ich habe mit allen möglichen Zinsen zu tun und keine Erklärungen dafür.
                        Was sind Legatzinsen und wer musste sie zahlen?
                        Dass ein Legat eine Stiftung ist, dass ist mir klar, aber das ein Bauer Legatzinsen zahlen muss ist mir nicht klar. Oder hat er aus einem Legat ein Darlehn erhalten? Keine Ahnunge. Es geht jedenfalls wieder einmal um das Erfurt Gebiet zu Anfang des 18. Jh.

                        Irmgard

                        ein Legat ist ein Vermächtnis.
                        Etwas zu vermachen ist etwas anders, als etwas zu vererben.
                        Ein Vermächtnis ist im Wert festgelegt. Ein Erbe variiert im Wert beim Todesfall.
                        Ist in einem Testament also ein Legat=Vermächtnis benannt, dann muß der Erbe dieses Legat auszahlen. Die Frage ist: zahlt er in Raten = Legatzins oder zahlt er eine festgelegte Rente als Abfindung? Das steht im Testament.

                        Irmgard

                        Aber sind es Legat=Vermächtnis-Zinsen als eine Rendite/ Gewinn (wie Kapitalzinsen) aus einem Vermächtnis -
                        oder ist es eine Art Rente, die als feste Summe vermacht wurde und nun in Raten ausgezahlt wird, die der Erbe auszahlen muß? Das steht im Testament. Denn es kommt darauf an, woraus das Vermächtnis besteht : Geld oder Land/ Haus, welches aber nicht verkauft werden darf.
                        Dein Bauer hat geerbt und dieses Testament beinhaltet ein Vermächtnis=Legat mit einem festgelegten Wert, Dieser Wert wird in Form von "Zins" ausbezahlt.

                        niederrheinbaum

                        Ein Legat ist, wie Irmgard bereits schrieb, ein Vermächtnis.
                        Es kann aus einer Geldsumme, beweglichen und unbeweglichen Gütern, lebenslangem Unterhalt u.a. bestehen.
                        Im Allgemeinen gibt es einen oder mehrere Haupterben, dazu Legate an bestimmte Personen, wie Dienstpersonal, entferntere Verwandte, Patenkinder usw..
                        Der oder die Haupterbe/n haben die Legate, wenn sie aus einer Geldsumme bestehen, auszuzahlen, mit Zinsen vom Tage des Todes des Erblassers an. Diese werden als Legatzinsen bezeichnet.
                        Zugleich ist es möglich, dass der Erblasser, also der Vererbende, eine Geldsumme in eine Unternehmung, Immobilie usw. investiert hat, die er als Legat hinterläßt, inklusive der aus der Investition entstehenden Zinsen. Auch diese werden als Legatzinsen bezeichnet und stehen dem Legatar, also dem Vermächtnisnehmer, zu.
                        Es wäre sehr interessant, den genauen Wortlaut zu lesen. Dann kann man genau erkennen, was gemeint ist.
                        Vielleicht könntest Du einen kleinen Auszug des Testaments hier als Scan beifügen?

                        Luise

                        Tja, leider gibt es da nur eine kurze Liste. Oben steht halt "Legatzinsen" und dann sind nur drei Namen erwähnt. Die Liste selbst gehört in den Bereich "Kirchenrechnungen - Einnahmen der Kirche". Da wird wohl nichts mehr zu klären sein, ob das Legat eine Geldsumme oder Ländereien waren - schade.

                        niederrheinbaum

                        Wenn es sich um Kirchenrechnungen handelt, ist eher davon auszugehen, dass die Legate aus Geldsummen bestanden.
                        Diese Geldsummen wurden dann oftmals angelegt, um Zinserträge zu erwirtschaften.
                        Diese Zinserträge wurden für kirchliche Zwecke, meist Armenunterstützung, Schulfinanzierung u.a., verwendet, während das Kapital an sich, also die Legatsumme, nicht angebrochen wurde.
                        Ich habe hier im ländlichen Bereich eher festgestellt, dass der Grundbesitz inklusive aller Äcker, Wiesen usw. an eine oder mehrere direkte Nachkommen vermacht wurde, während Legate dann aus Geldsummen bestanden.
                        "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                        (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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                        • Friedrich
                          Moderator
                          • 02.12.2007
                          • 11338

                          Übersetzung

                          eheeg

                          Bei einem Heiratseintrag im Martrikelbuch von Mömbris steht:
                          abhibitis festibus ludimagisto et Adam Heeg pasente sponsea
                          Wer kann mir bei der Übersetzung helfen, im Voraus vielen Dank.

                          Alex71

                          der Text ergibt wenig Sinn.

                          ahibitis ist Dativ oder Ablativ Plural des Partizip Perfekt Passiv von adhibere = hinzuziehen, anwenden, also "den hinzugezogenen", "den angewandten"
                          festibus ist von der Endung her ebenfalls Dativ oder Ablativ Plural, nur von welchem Stammwort, ist mir völlig unklar.
                          ludimagister ist der Schulmeister, aber die Form "ludimagisto" gibt es nicht. "ludimagistro" wäre Dativ oder Ablativ Singular, also "dem Schulmeister"
                          et = und
                          "pasente sponsea" gibt es nicht. Vielleicht soll das "praesente sponsa" heißen, also "durch die anwesende Braut" (Ablativ).

                          niederrheinbaum

                          Könnte es statt festibus womöglich testibus heißen?
                          testis = Zeuge, Zeugin
                          Bei einem Traueintrag würde das Sinn machen, weil damit die Trauzeugen gemeint wären.

                          Alex71

                          Ja sicher! Das ist es!
                          "mit den hinzugezogenen Zeugen"
                          Aber die Position von dem "et" mutet merkwürdig an, oder?
                          "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                          (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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                          • Friedrich
                            Moderator
                            • 02.12.2007
                            • 11338

                            Beruf: Dränglier?

                            Micki

                            Ich suche die Begriffserklärung des Berufes "Dränglier" er wird in einer Urkunde aus dem Jahre 1863 in Märzdorf/Schlesien erwähnt, leider waren meine Bemühungen bisher erfolglos.

                            niederrheinbaum

                            Spontan fällt mir da der Dengler ein, Schreibvarianten Dängler, Denglier und Dänglier.
                            Damit bezeichnete man Sensenschmiede, auch Helmschmiede.
                            "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                            (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

                            Kommentar

                            • Friedrich
                              Moderator
                              • 02.12.2007
                              • 11338

                              1760: In der Kirche beigesetzt.

                              Hintiberi

                              Ich bin heute auf einen lat. Sterbeeintrag gestoßen, bei dessen Übersetzung ich Eure Hilfe bräuchte!
                              Mir ist soviel klar, als daß da steht, daß der ehrwürdige Herr in der Kirche beigesetzt wurde.
                              Zu schade, daß der Ort, so wie mir gesagt wurde, vor einigen Jahrzehnten ein neues Gotteshaus bekam. Verdammt... das Grab hätte ich schon gerne gesehen!
                              Der Text lautet folgendermaßen:
                              "3. febr. 1760
                              Obiit oibus Sacramentis sat Mature provisus
                              Dnus Bernardus Georgiuse Höischen.
                              Plenâ resignatione cum divinâ voluntate postqmhuic Communitati tqm judex bene profuit per 34 annos aetat. 55.
                              R.I.P.
                              Sepultus jacet in horo á parte sinistrâ pro cujus Sepulturâ Ecclesia accepit.
                              "

                              Xtine

                              so was Ähnliches hatten wir schon Mal.
                              Begraben in der Kirche?
                              Auch hier wurde jemand in der Kirche begraben.

                              Hintiberi

                              die Diskussion habe ich natürlich schon gesehen; daß der Hoischen in der Kirche liegt, habe ich ja auch schon herauslesen können, nur der Rest des Eintrags... da steht ja noch mehr - und das kann ich nicht übersetzen!

                              GiselaR

                              Also ich versuchs mal, obwohl mir der Sinn z.T nicht klar ist. (die Wörter schon)
                              "am 3. Februar 1760
                              ging dahin mit allen Sakramenten früh genug versehen
                              der Herr Bernardus Georgius Höischen
                              in volle(m/r) (Verzicht/Amtsniederlegung/Resignation) mit dem göttlichen Willen nachdem er dieser Gemeinde über 34 Jahre als Richter wohl gedient (genützt) hat, im alter von 55 (Jahren)
                              er Ruhe in Frieden
                              Er liegt begraben im Garten (müßte horto heißen, horo gibts nicht) auf der linken Seite, als dessen Begräbnisstätte (es) die Kirche akzeptierte"
                              Also: in der Mitte ist der Sinn meiner Meinung nach: "im Einklang mit dem göttlichen Willen"
                              Beim letzten Satz sind die Vokabeln klar, aber der Satzbau
                              Mir ist nicht wirklich klar, wo der Gute jetzt ruht.

                              liseboettcher

                              Bei einem Stadtrundgang in Freiburg/ Breisgau wurde uns erzählt, dass es immer wieder Anbauten? gab, weil die reichen Bürger in der Kirche begraben werden wollten. Sicherlich gab es das nur für "VIP"s, da würde ja ein Richter unbedingt dazu gehören. Vielleicht hat man ihn später umgebettet, ich kann mir nicht vorstellen, dass man ein Grab und Gebeine einfach beseitigt hat beim Neubau der Kirche. Solchen Frevel gab es selten. In welchem Ort war es denn, kannst Du da beim Pfarrer nachfragen?

                              Friedrich

                              eine kleine Anmerkung zu lises Beitrag: Bei dem Begriff Richter handelt es sich nicht unbedingt um einen juristischen. Auch die Vorsteher der Dörfer wurden oft als Richter bezeichnet. Ob diese dann unbedingt so "prominent" waren, daß man sie in den Kirchen beisetzte, sei dahingestellt. Wohl ist davon auszugehen, daß diese Richter meist den höheren sozialen Schichten angehörten.

                              GiselaR

                              Wo auch immer der Tote beerdigt war (vielleicht kann sich ja mal noch ein Lateiner zu Wort melden) es ist ganz und gar üblich, daß vor einigen Jahrzehnten Gräber beseitigt wurden. seit ca. den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts verschwanden ganze Friedhöfe, die um Kirchen herum noch bestanden. Zuvor hatte es im 19. Jahrhundert eine solche "Säuberungswelle" gegeben, als im Zuge der Aufklärung und besonders nach der Napoleonischen Zeit in deutschen Ländern die Zuständigkeit für Beerdigungen mehr und mehr den Kommunen übertragen wurde (statt wie bis dahin bei den Kirchen zu bleiben>).
                              Ich habe solche Beispiele bei meinen eigenen Ahnen. Einer der Pastoren wurde in der (Mini-)Kirche, in der er etwa 40 Jahre lang gepredigt hatte, beerdigt (ca 1835). Davon ist nichts mehr zu sehen, auch als vor ca. 40 Jahren die Kirche eine Fußbodenheizung bekam, wurde nichts entdeckt.
                              Dessen Sohn, der ihm im Amt nachfolgte undebenfalls sogar ca. 50 Jahre dort tätig war , wurde auf dem dortigen Kirchhof 1888 mit seiner Frau begraben. Dieser Kirchhof wurde in den 60er Jahren beseitigt und einige Grabsteine erhalten und in Reih und Glied auf dem Rasen aufgestellt. Ratet mal, wessen Ur-Ur-Großeltern NICHT dabei sind.

                              Hintiberi

                              @Gisela: Möglicherweise stand im KB tatsächlich "horto" und ich habe es falsch abgeschrieben. Naja... Latein eben! Also dann liegt er doch nicht in der Kirche, sondern daneben. Schade...
                              Für diese "Säuberungswelle" könnte ich die Kommunen...
                              Ich weiß, daß in manchen Orten meiner Vorfahren auch in den 80ern noch Kirchhöfe beseitigt und neue Friedhöfe außerhalb des Kirchbereichs angelegt. Die alten Grabsteine, tw. noch aus dem 17. oder 18. Jahrhundert wurden zerstört; die einiger Pfarrer, aber nicht aller, zu Restaurationszwecken als Platten in den Kirchenboden eingelassen. Allerdings mit der Schriftseite nach unten. Ganz toll, wenn man die mal lesen möchte...
                              Schade, daß nicht wenigstens die Grabsteine aufbewahrt werden bzw. wurden. Sie sind ja nicht nur genealogisch von Bedeutung, sondern überhaupt wissenschaftlich: Kulturell, sprachlich, geschichtlich, religiös, philosophisch...
                              Also ich hätte gern gewußt, wie die Grabsteine meiner Vorfahren ausgesehen haben...
                              @Friedrich: Das mit dem Ortsvorsteher mag gut sein, und in einer Gemeinde mit heute ca. 300 Einwohnern relativiert sich das Bild eines "prominenten" Vorfahren dieser Art natürlich sehr schnell wieder.

                              Luise

                              Mit 55 Jahren ist der Herr gestorben und war 34 Jahre lang als Richter tätig. Und ich dachte immer, für solche Ämter wurden nur erfahrene Männer ernannt/gewählt?

                              niederrheinbaum

                              In früheren Zeiten war die notwendige Ausbildung für ein solches Amt durchaus schon mit etwas über 20 Jahren geschafft.
                              Die Schulzeit endete früher, danach schloss sich ein Studium an, wobei die Studenten teilweise erst 16 oder 17 Jahre alt waren.
                              Mit 21, 22 Jahren konnte man dann schon in staatlichen bzw. herrschaftlichen Diensten stehen.
                              Mir ist in den alten Schriften um 1680 ein Richter begegnet, der sein Amt mit satten 20(!) Jahren angetreten hatte.
                              Voll ausgebildet wohlgemerkt, wie die Anmerkungen zeigten, also mit Oberschulbildung und Studium an einer Universität. Klasse, was?
                              Die Befähigung zum Lehramt hatte man oftmals auch schon mit 20 bis 22 Jahren.
                              Die als notwendig angesehene Ausbildung und die Ausgestaltung der Ämter unterscheiden sich aber teilweise auch etwas von den heutigen Bedingungen, muß man sagen.

                              Hintiberi

                              Zitat:
                              Original von Luise
                              Habe dazu mal eine andere Frage:

                              Mit 55 Jahren ist der Herr gestorben und war 34 Jahre lang als Richter tätig. Und ich dachte immer, für solche Ämter wurden nur erfahrene Männer ernannt/gewählt?

                              Das hatte mich auch gewundert, ehrlich gesagt. Aber es stimmt wohl, im Taufregister taucht er am 1. Februar 1705 auf.

                              liseboettcher

                              Den Äußerungen von niederrheinbaum kann ich mich nur anschließen, man war sicherlich überhaupt froh, wenn jemand eine Ausbildung hatte. Zu dieser Zeit konnten noch nicht alle Menschen lesen und schreiben, noch nach 1809 fand ich bei Heiratseinträgen XXX! Und dann kommt noch hinzu, daß man mit 55 Jahren für damalige Zeiten schon "alt" war. Da gab es keine neue Hüfte und andere Sachen.

                              MartinM

                              könnte es statt "in horo" nicht auch "in choro" = im Chor heißen. Dann wäre es doch in der Kirche.

                              GiselaR

                              Gute Idee!
                              "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                              (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

                              Kommentar

                              • Friedrich
                                Moderator
                                • 02.12.2007
                                • 11338

                                Frage zur Logik eines Heiratsvertrages von 1644

                                Joahnen

                                ich verstehe die Logik eines Heiratsvertrages von 1644 nicht:
                                Wilhelm heiratet Catharina 1644 in Trittenheim an der Mosel. Beide sind jung, kinderlos und die Eltern leben noch.
                                Sie machen einen Vertrag: So eins dem anderen binnen Jahresfrist ohn leibserben verstürb, soll der Überlebend ein Abstandsgeld von 50 Reichstaler bekommen, um nach dem Landbrauch leben zu können.
                                Dann nennt der Bräutigam als Pfand sein väterliches und mütterliches Erbe, mobil und immobil, die Mutter der Braut nennt als Pfand Weingärten, Wiesen, ein Bett und Hausrat.
                                Was gibt das für einen Sinn?
                                Wenn Braut oder Bräutigam bald sterben, haben sie wahrscheinlich noch nichts geerbt, werden dann die Eltern des verstorbenen Kindes dem Schwiegerkind die 50 Taler geben und wofür ? Gemeinsame Kinder gibts ja nicht, sie sind ja genau ausgenommen, oder was sind leibserben ?
                                Sind 50 Reichstaler in 1644 viel Geld ?
                                Kann jemand was dazu anmerken ? (der Vertrag steht unter Lesehilfe)

                                liseboettcher

                                Wegen der Jahreszahl 1644, wo der 30jährige Krieg noch nicht beendet ist, würde es mir einleuchten, dass sie einen Vertrag machen. Sie haben ja vielleicht auch schon eigenen Besitz? Und wissen sie denn in diesen Zeiten was in der nächsten Zeit auf sie zukommt?

                                Friedrich

                                schau mal bitte in Deinen Beitrag in der Lesehilfe. Bei den genannten Brautleuten handelt es sich in beiden Fällen um hinterlassene Kinder, d.h. die Väter waren auf jeden Fall beide nicht mehr am Leben!

                                niederrheinbaum

                                50 Reichstaler waren viel Geld um 1644 herum.
                                Als Beispiele:
                                Eine mittlere Stadt am Niederrhein oder in Westfalen hatte zu dieser Zeit Einnahmen an Steuern, Verkäufen usw. von 1.200 bis 1.800 Talern.
                                Die Stadt München besaß 1635 ein Barvermögen von 21.900 Reichstalern.
                                Eine Kuh kostete etwa 6 bis 7 Taler. Dies entsprach etwa 34 Tagesverdiensten eines Meisters im Handwerk zur damaligen Zeit.

                                gudrun

                                zu der damaligen Zeit sind viele Leute früh verstorben. Und die Leute haben mit einem Ehevertrag vorgesorgt. Falls keine Kinder gekommen sind und ein Partner gestorben ist, sollte die Erbschaft geregelt sein.
                                Auch heute versteht man oft das Juristische Gefasel nicht, damals genau so wenig und wir Heutigen verstehen das auch nicht mehr.

                                Ursula

                                Zitat:
                                Original von Joahnenoder was sind leibserben ?
                                Leibserben sind leibliche Kinder.

                                Ich verstehe den Satz nicht so, dass er Hinterbliebene nach dem Landesbrauch leben kann, sondern dass man mit dieser Maßnahme nach dem Landesbrauch lebt (handelt).

                                Joahnen

                                Den entsprechenden Eintrag mit der Kopie des Vertrages in den Lesehilfen habe ich geschlossen.
                                Dort habe ich auch einen Hinweis geschrieben auf
                                die Krünitz-Encyklopädie, in der unter dem Stichwort - Sponsalia -
                                etwas über den tieferen Sinn eines solchen Vertrages zu finden war.
                                "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                                (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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