Zuchthaus Torgau um 1800 - im Schloss Hartenfels? + Fragen zum Tod von Häftlingen

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  • Geschichtensucher
    Erfahrener Benutzer
    • 03.09.2021
    • 1045

    Zuchthaus Torgau um 1800 - im Schloss Hartenfels? + Fragen zum Tod von Häftlingen

    Liebe Mitstreiter,
    diese Frage bezieht sich auf die umfassend in meinem Thread
    Die Suche betrifft das Jahr oder den Zeitraum: 1790 Genaue Orts-/Gebietseingrenzung: Rüdigsdorf, Leipziger Land Konfession der gesuchten Person(en): ev Bisher selbst durchgeführte Internet-Recherche (Datenbanken): Sächsisches Staatsarchiv, Goggle Zur Antwortfindung bereits genutzte Anlaufstellen (Ämter, Archive):

    besprochene Angelegenheit einer Kindstötung im Jahre 1790.

    Ich habe zuletzt herausgefunden, dass meine Vorfahrin in das Zuchthaus Torgau eingewiesen wurde zwischen 1790 und 1792. Meine Recherchen dazu ergaben, dass es einige Akten im Sächsischen Staatsarchiv gibt, die ich zum Teil schon sah und die unergiebig waren. Weitere werde ich demnächst in Dresden einsehen. Es ist aber weniger überliefert als z. B. für das Zuchthaus Waldheim.

    Es scheint so zu sein, dass in diesen Jahren sich das Zuchthaus Torgau direkt auf dem Schloss Hartenfels befunden hat. Kann das jemand bestätigen? Weiß jemand, ob es dazu eine Ausstellung, Chronik o. a. Quellen gibt?

    Ich habe gelesen, dass die Leichen der "Zuchthäusler" an die Pathologien der sächsischen Universitäten für anatomische Studien gegeben wurden. Weiß zufällig jemand mehr? Von Berlin weiß ich, dass in den letzten Jahren Beerdigungen von "Exponaten" gegeben hat, um die Würde der Verstorbenen zu sichern.
    .
    An einem Beispiel sah ich einmal, dass der Tod von Häftlingen im heimatlichen KB vermerkt wurde. Offenbar wurde der Todesfall vom Zuchthaus an die letzte Heimatadresse gemeldet. Deshalb wundere ich mich nicht, im KB von Torgau St. Marien den gesuchten Namen nicht zu finden. Hätten der christliche Gedanke/die religiöse Praxis zugelassen, dass Menschen ohne eine Zeremonie und ohne Beerdigung bleiben? Einen Anstaltsgeistlichen gab es, soweit ich weiß.
    Vielleicht hat jemand Lust, mitzudenken. Schöne Grüße, Iris
    Zuletzt geändert von Geschichtensucher; 25.01.2025, 18:10.
    Beste Grüße, Iris
  • DrDolittle
    Benutzer
    • 15.01.2025
    • 49

    #2
    Das mit dem Zuchthaus ist wohl richtig. Die Umnutzung setzte mit Ausbruch des Siebenjährigen Krieges ein, siehe dieser Auszug von der Webseite von Schloß Hartenfels:

    Die Geschichte von Schloss Hartenfels als eine der bedeutendsten Residenzen Sachsens endete schließlich gänzlich mit dem Ausbruch des 7-jährigen Krieges im Jahre 1756. Es folgte eine militärische Umnutzung der einstigen kurfürstlichen Räume. In den Folgejahren wurden Schloss und Kapelle in verschiedensten Formen genutzt, so z. B. als Waisen-, Zucht- und Arbeitshaus.

    Quelle: https://www.schloss-hartenfels.de/sc...ungsgeschichte

    Als Torgau zur Festung umgebaut wurde, wurde das Zuchthaus dann nach Prettin auf die Lichtenburg verlegt, siehe hier:

    Nach dem Entstehen des Königreich Sachsen 1806 musste das neue Königreich dem Rheinbund beitreten. Napoleon Bonaparte forderte von Sachsen den Bau einer Festung an der Elbe, um eine militärische Basis für seinen Russlandfeldzug zu erhalten. 1810 wurde die Entscheidung für den Ausbau der Festung Torgau getroffen, die 1811 begann. Dies machte eine Verlegung des dort auf Schloss Hartenfels seit 1771 befindlichen Zuchthauses notwendig. Als neuen Gefängnisstandort legte König Friedrich August im Februar 1811 Schloss Lichtenburg fest.​

    Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Lichtenburg

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    • Geschichtensucher
      Erfahrener Benutzer
      • 03.09.2021
      • 1045

      #3
      Danke, DrDolittle! Ich habe inzwischen weitergesucht und rausgefunden, dass 1805 Dr. Gall mit seiner Schädellehre/Physiognomie viel Aufsehen erregte und auf einer Vortragsreise auch die Zuchtshäuser besuchte. Hier wird Torgau als Fundgrube beschrieben. Er interessierte sich auch für die Kindsmörderinnen, denen die Kindsliebe abgehen würde. Ein zweiter Vertreter dieser Lehre war ein Dr. Froriep, der wohl später eine Schädelsammlung von 1500 Stück besaß. Beide sind im Gespräch als "Vertauscher" des Schiller-Schädels, nachdem man in den letzen Jahren feststellte, dass der vermeintliche Schiller-Schädel der Hofdame von Göchhausen gehörte. Krimi.
      Beste Grüße, Iris

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      • TG23
        Erfahrener Benutzer
        • 03.11.2023
        • 223

        #4
        Hallo und guten Morgen,

        einer meiner Vorfahren war Strafanstaltsaufseher in Münster/ Westfalen. Dort gab es ein gesondertes Kirchenbuch (evang und katholisch zusammen) für die Häftlinge und das Personal.
        Gibt es vielleicht für das Zuchthaus Torgau ähnliches? Irgendwo müssen diese Ereignisse ja vermerkt sein und die Mühe jedesmal die Heimatgemeinde eines Häftlinge anzuschreiben hat man sich sicherlich nicht regelmäßig gemacht. Da war es doch bestimmt einfacher die wichtigsten Daten vor Ort zu erfassen. Wenn das Zuchthaus mehrmals den Standort gewechselt hat, ist es vielleicht auch "falsch" abgelegt?

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        • Geschichtensucher
          Erfahrener Benutzer
          • 03.09.2021
          • 1045

          #5
          Danke, TG 23, für Deine Nachricht! Noch habe ich kein KB vom Zuchthaus gefunden, vielleicht bin ich bald schlauer, wenn ich im Sächsischen Staatsarchiv und direkt auf Schloss Hartenfels war. Habe auch noch Akten vom Collegium Medico-Chirurgicum in Dresden, dass die Leichen der Sträflinge bekam, in Leipzig gefunden. LG IRis
          Beste Grüße, Iris

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          • Geschichtensucher
            Erfahrener Benutzer
            • 03.09.2021
            • 1045

            #6
            Hallo, ein update für die Mitleser:

            ich war inzwischen im Torgauer Schloß. In der Ausstellung dort wird die Zuchthausgeschichte kaum beachtet. Allerdings sollen im Lapidarium - nur im warmen Halbjahr geöffnet - noch Zuchthauszellen zu sehen sein.

            Außerdem habe ich im Sächsischen Staatsarchiv in Dresden etliche Akten eingesehen (unter Bestandsnummer 10 116). Darin fand ich zwar keine komplette Züchtlingsliste, aber immerhin Listen des Armen- und Waisenhauses. Das war deshalb interessant, weil meine Vorfahrin offenbar noch 2 Kinder im Zuchthaus bekam, die in den Listen unter "Aufnahmen" geführt wurden. Eins der Kinder wurde mit Namen genannt (einem anderen Nachnamen als der Mutter, offenbar hat man den Vater festgestellt) und "auf das Land" in Pflege gegeben. Die Pflegemütter in den umliegenden Orten - in unserem Fall Zinna - wurden regelmäßig eingeschätzt in ihrem Verhalten und die Kinder öfter begutachtet. Sehr interessant. Damit erfuhr ich auch, dass sie 1797 und 1804 noch in Torgau war. Wo sie nach der Schließung des Zuchthauses hinkam, bleibt zu erforschen. In Frage kommen außer Lichtenburg auch Colditz, Zwickau, Sonnenstein, Langendorf.

            Weitere Akten enthielten viel Verwaltungskram und Grundsätzliches zur Führung des Zuchthauses. Kann ich Listen noch gut lesen, ist mir dieser Fließtext doch zu viel. Immerhin konnte ich soviel sehen, dass die Züchtlinge nach Art des Verbrechens klassifiziert wurden. Eine Kindsmörderin kam in die 1. Klasse, weil ihr Verbrechen so schwer ist. Ich habe diese Verordnungen fotografiert, stelle ich gern zur Verfügung.

            Ich fand auch Entlassungen aus dem Waisenhaus, die erkennen ließen, dass man sich um eine Ausbildung (Jungen) und Anstellung (Mädchen) der Waisenkinder bemühte.

            Weiter las ich die Akte "Nachrichten über die an das Theatrum anatonicum abgelieferten Cadaver in den Jahren von 1754 - 1817. Dazu mache ich voraussichtlich einen extra Thread auf.

            Auch zu meiner Suche nach der neu gefundenen Tochter meiner Vorfahrin in Torgau/Zinna.

            LG iris
            Beste Grüße, Iris

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