Kindstötung 1790 in Rüdigsdorf - wie weiterforschen?

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  • Geschichtensucher
    Erfahrener Benutzer
    • 03.09.2021
    • 1045

    Kindstötung 1790 in Rüdigsdorf - wie weiterforschen?

    Die Suche betrifft das Jahr oder den Zeitraum: 1790
    Genaue Orts-/Gebietseingrenzung: Rüdigsdorf, Leipziger Land
    Konfession der gesuchten Person(en): ev
    Bisher selbst durchgeführte Internet-Recherche (Datenbanken): Sächsisches Staatsarchiv, Goggle
    Zur Antwortfindung bereits genutzte Anlaufstellen (Ämter, Archive): Landeskirchliches Archiv Sachsen



    Liebe Mitstreiter,


    auf der Suche nach meiner 4fachen Urgroßmutter im KB Rüdigsdorf machte ich diese schlimme Entdeckung:

    1790
    "Ein Kind männlichen Geschlechts, das von Johanna Elisabeth
    Dannhardin, einer Haußgenossin auf dem Pfluge, gebohren und getödet
    worden, ward den 6. Apr. auf dem Oberboden des Hauses, wohin es die
    Mutter versteckt hatte, nachdem sie zur Anzeige deßselben durch die Gerich-
    ten gedrungen worden, unter dem Strohdache gefunden, am 8. Apr. vom
    H.(errn) Amtsphysikus des Bornaischen Amtes seciret und nach der Verord-
    nung des Hn. Superintendens an eben diesem Tage Abends in der Stille
    ohne alle Cerimonien auf dem Gottesacker begraben."

    Zur Vorgeschichte:
    Johanna Elisabeth geb. Nebel bekam 1782 einen unehelichen Sohn, meinen 3xUGV. 3 Jahre später heiratete sie, hochschwanger, einen Schuhmacher. Das Kind wurde geboren und starb. Wenig später wurde das Paar geschieden, die Gründe habe ich noch nicht gefunden. Hanna Elisabeth zog aus Hopfgarten bei Lausigk nach Rüdigsdorf bei Sahlis, das ist nicht weit. Im dortigen KB hoffte ich nun mehr über ihr Leben zu erfahren. Die Eintragung der Kindstötung war das einzige, was ich fand.Sie starb nicht in Rüdigsdorf. Dass sie vor 1817 starb, weiß ich nur aus der Sterbeeintragung ihres Exmannes 1817 mit Hinweis auf verstorbene geschiedene Ehefrau.

    Nun interessiert mich natürlich:

    Was wurde aus Hanna? Welche Strafe bekam sie?
    Was wurde aus ihrem Kind, meinem Vorfahren? Wo lebte er, wer wurde sein Vormund? Ich weiß nur, dass er 18 Jahre später in Schlesien heiratete.

    Der Mitarbeiter im Landeskirchlichen Archiv meinte, er vermute in seinem Haus keine Archivalien, die mir weiterhelfen könnten. Er meint, dass eher in der Kirchgemeinde selbst oder an den weltlichen Stellen - Rittergut mit eigener Gerichtsbarkeit - etwas zu finden wäre.

    Im Sächsischen Staatsarchiv habe ich mir die Archivalien des Rittergutes Rüdigsdorf (mit Sahlis) online durchgeschaut. Bei den Strafgerichtssachen leider kein Treffer. In den Gerichtshandelsakten der betr. Jahre im Register kein Namenstreffer. Für Borna habe ich auch erstmal nichts Passendenes gesehen.

    Ich habe den Ortschronisten von Borna angeschrieben.

    Borna scheint ja das zuständige Amt gewesen zu sein, wie aus dem Sterbeeintrag hervorgeht. Deshalb schaue ich in diese Richtung. Mir fällt schwer, die Struktur zu verstehen. Wann war denn ein Fall zu schwerwiegend für das Patrominalgericht?

    Es gibt ja einigen Lesestoff zu Kindstötungen des 18. Jahrhunderts, und ich lese raus, dass es Bestrebungen zur Abschaffung der Todesstrafe für dieses Delikt gab. Aber eben auch noch Hinrichtungen.

    Wer hat eine Idee?
    Zuletzt geändert von Geschichtensucher; 22.07.2022, 16:16.
    Beste Grüße, Iris
  • Sbriglione
    Erfahrener Benutzer
    • 16.10.2004
    • 1489

    #2
    Hallo Iris,

    Kindstötungen und die so genannte "Halsgerichtsbarkeit" insgesamt wurden in vielen Regionen so behandelt, dass die Amtsgerichte nur die Beweisaufnahme, Zeugenbefragungen und dergleichen durchgeführt haben. Ansonsten war es zumindest noch um die Mitte des 18. Jahrhunderts meist so, dass die Prozessdurchführung und die Urteilsfindung durch - überwiegend an Universitäten angesiedelte - "Schöppenstühle" angeleitet und bestimmt wurde oder dass sie von auf Landesebene angesiedelten Gerichten erfolgte.
    In Sachsen und Thüringen wurden weit überwiegen die "Schöppenstühle" in Jena und Wittenberg für die Strukturierung und Urteilsfindung herangezogen, vereinzelt auch mal Halle, Helmstedt oder andere juristische Fakultäten an damals wichtigen Universitäten.

    Grüße
    Giacomo
    Suche und biete Vorfahren in folgenden Regionen:
    - rund um den Harz
    - im Thüringer Wald
    - im südlichen Sachsen-Anhalt
    - in Ostwestfalen
    - in der Main-Spessart-Region
    - im Württembergischen Amt Balingen
    - auf Sizilien
    - Vorfahren der Familie (v.) Zenge aus Thüringen (u.a. in Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und NRW)
    - Vorfahren der Familie v. Sandow aus dem Ruppinischen

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    • Rainer Zufall
      Erfahrener Benutzer
      • 25.11.2009
      • 667

      #3
      Um 1790 kann das schon wieder deutlich anders ausgesehen haben, aber 1707 ...
      Viele Grüße
      Rainer


      suche alles aus Szalatnak / Ungarn

      Kommentar

      • Geschichtensucher
        Erfahrener Benutzer
        • 03.09.2021
        • 1045

        #4
        Hallo Giacomo, danke für deine Antwort. Ich weiß, du hast schon enorm viel über deine Ahnen zusammengetragen - wo würdest du in diesem Fall suchen?


        Hallo RainerZufall, oh, auch ein schlimmer Fall, und ich denke, es ist 1790 noch genau so möglich. Die "berühmte" Hinrichtung von J.C. Höhn in Weimar war 1783.
        Beste Grüße, Iris

        Kommentar

        • Sbriglione
          Erfahrener Benutzer
          • 16.10.2004
          • 1489

          #5
          Zitat von Geschichtensucher Beitrag anzeigen
          Hallo Giacomo, danke für deine Antwort. Ich weiß, du hast schon enorm viel über deine Ahnen zusammengetragen - wo würdest du in diesem Fall suchen?
          .
          Da muss ich leider zugeben, dass ich selbst das noch nicht weiß...
          Das, was ich Dir geschrieben habe, habe ich aus der Sekundärliteratur, stehe aber gerade selbst vor der Frage, wie ich an Material von diesen Schöffenhöfen heran kommen kann:
          einmal, weil ich einen Mordfall unter meinen eigenen Vorfahren habe (eine Vorfahrin von mir wurde ermordet) und dann, weil einer meiner Vorfahren in einem eher privatrechtlichen, aber wohl doch etwas verzwickteren Fall das Gericht auf seinem Amt darum gebeten hat, sie mögen doch ein Rechtsgutachten aus Helmstedt einholen.

          Auf jeden Fall muss man bei Gerichtssachen wohl mit eher lückenhafter Überlieferung rechnen und Glück haben, dass sich passendes Material entweder bei den Gerichten der Ämter (die ja eigentlich in der ausführenden Position waren, wenn sie auch in solchen Fällen nicht selbst Recht sprechen durften) oder unter überlieferten Akten der Schöppenstühle erhalten hat. Und was sich erhalten hat, soll eher bunt auf verschiedene Archive verteilt sein.
          Ich hoffe, dass ich mich zumindest teilweise an Quellenhinweisen aus einem recht dicken Buch über die Hexenverfolgung in Thüringen entlang hangeln kann, zu dem ich mir irgendwo Notizen gemacht habe, die ich gerade nicht wieder finde: da ging es mir eigentlich um einen speziellen Hexenprozess, an dem einer meiner Vorfahren als Belastungszeuge beteiligt gewesen sein soll. Die Autoren dieses Buches haben sich recht umfänglich mit ihrem Thema beschäftigt und sind dabei u.a. auch darauf eingegangen, wie in den von ihnen behandelten Territorien allgemein mit der "Halsgerichtsbarkeit" umgegangen wurde. Daher weiß ich auch, dass die Ämter Todesstrafen mindestens seit dem 17. Jahrhundert in diesen Regionen nicht selbst verhängen durften, sondern für jede Einzelheit Anweisungen der Schöppenstühle einholen mussten.

          Grüße!
          Suche und biete Vorfahren in folgenden Regionen:
          - rund um den Harz
          - im Thüringer Wald
          - im südlichen Sachsen-Anhalt
          - in Ostwestfalen
          - in der Main-Spessart-Region
          - im Württembergischen Amt Balingen
          - auf Sizilien
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          • Geschichtensucher
            Erfahrener Benutzer
            • 03.09.2021
            • 1045

            #6
            Danke für die ausführliche Antwort! Da sind doch wieder einige Puzzleteile dabei und "bunt auf die Archive verteilt" bestätigt meinen Eindruck.



            Im übrigen wird eine Hinrichtung wahrscheinlicher, wenn ich auch im Netz noch keine Quellen dazu gefunden habe. Aber im Gerichtshandelsbuch ist anlässlich des Todes der Mutter der Hanna 1791 sie nicht mehr als erbberechtigtes Kind aufgeführt.
            Beste Grüße, Iris

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            • Geschichtensucher
              Erfahrener Benutzer
              • 03.09.2021
              • 1045

              #7
              Ich gebe ein update für alle, die mitlesen:


              Im Sächsischen Staatsarchiv findet man die von dir, Giacomo, erwähnten Schöppenstühle und Universitäten mit Urteilsbüchern vieler Jahrgänge, keine Digitalisate, in Leipzig oder Dresden einsehbar.


              Ich hänge mal einen Beispielfall an, der deren Beteiligung bestätigt.


              Außerdem werde ich Kontakt zum Stadtarchiv Borna aufnehmen, die Bestände enthalten auch Gerichtsbarkeit/Strafgerichtssachen.


              Schritt für Schritt...
              Habt alle einen friedlichen Sonntag!
              Angehängte Dateien
              Beste Grüße, Iris

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              • Octavian Busch
                Erfahrener Benutzer
                • 16.03.2021
                • 1021

                #8
                Guten Morgen
                Da sind ja schon viele Hinweise zusammengekommen. Borna ist auch noch eine Idee, da Rüdigsdorf zum Amt Borna gehörte: https://hov.isgv.de/R%C3%BCdigsdorf
                Ave

                :vorfahren: gesucht in:
                Mutzscheroda: Hermsdorf; Neuschönefeld: Seidel; Seegel: Dietrich, Dieze; Grossbothen: Lange, Dietze; Mügeln: Vogtländer; Droßkau: Kretzschmar, Bergner; Noßwitz: Gleisberg; Sörnzig: Liebers; Wickershain: Steinert; Oelzschau: Lehmann; Hohnbach: Frentzel; Leupahn: Augustin; Erlln: Schöne; Schkortitz: Stein; Eschefeld: Spawborth; Schneeberg: Friede; Grossgörschen: Fickler; Söhesten: Zocher; Greitschütz: Staacke; Stadtroda: Kittel; Gelenau/Erzgeb.: Nestler

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                • Geschichtensucher
                  Erfahrener Benutzer
                  • 03.09.2021
                  • 1045

                  #9
                  Liebe Mit-Leser,


                  ich gebe ein Update meiner Bemühungen, vielleicht ja in ähnlichen Fällen interessant.

                  Das Stadtarchiv Borna konnte nichts finden.

                  Das Stadtmuseum Borna hat eine kleine Ausstellung überdie Gerichtsbarkeit im Turm des Reichtstores, wo auch Delinquenten eingesperrt waren. Eindrucksvoll. Keine Hinweise auf meinen konkreten Fall.

                  Das Archiv der Stadt Frohburg (heute gehört Rüdigsdorf dazu) hat keine passenden Unterlagen.

                  Im Kircharchiv Kohren-Sahlis, das die Rüdigsdorfer Akten bei Dazukommen übernahm, hat keine Unterlagen zum Fall.

                  Im Sächsischen Staatsarchiv konnte ich im Rittergut Rüdigsdorf und auch in den umliegenden Rittergütern unter "Gerichtsbarkeit" zwar andere konkrete Fälle, aber nicht meinen Fall finden.

                  im Stadtarchiv Leipzig keine Ergebnisse

                  Ein vor Ort sehr aktiver Historiker und Chronist hat mich unterstützt. Ihm sind auch noch keine Unterlagen unter die Augen gekommen.

                  Aber: ich habe bei allen Recherchen viel gelernt über die Gerichtsbarkeit, historischen Gegebenheiten und Ereignisse, um die Geschichte der Rechtsprechung bei Kindstötung etc. Es lohnt sich sowieso immer, zu forschen.

                  Ich werde noch:
                  im sächsischen Staatsarchiv in Dresden die Urteilsbücher der Schöppenstühle Wittenberg und Leipzig von 1790/91 einsehen

                  die Kirchenbücher der um Rüdigsdorf herumliegenden Orte nach dem vermutlich verwaisten Kind, meinem Urururgroßvater, durchsuchen (. B. als Paten)

                  mir die übrigen Bewohner des Ortsteils Pflug ansehen, wo das passierte - wer hatte vermutlich meine Vorfahrin aufgenommen - etwaige Beziehungen - evtl. Aufname des Kindes? Es waren 1791 nur 9 Häusler, das ist übersichtlich.

                  bekomme vom Historiker noch Bücher zur Verfügung gestellt, die ich hier dann auch nennen werde

                  werde mich mit einer Rechtsarchäologin, die sich auf Richtstätten spezialisiert hat, in Verbindung setzen

                  die Gerichtshandelsbücher Seite für Seite lesen (und nicht nur in die Namensliste gucken).

                  und bestimmt noch mehr!


                  Schritt für Schritt.
                  Zuletzt geändert von Geschichtensucher; 08.09.2022, 16:23.
                  Beste Grüße, Iris

                  Kommentar

                  • Octavian Busch
                    Erfahrener Benutzer
                    • 16.03.2021
                    • 1021

                    #10
                    Wow, da warst Du ja sehr aktiv in den letzten Wochen. Gratuliere dazu schon mal. Und bin natürlich weiter auf Deine Infos gespannt.
                    Wenn Du Unterstützung bei den GHB brauchst, melde Dich einfach.
                    LG
                    Ave

                    :vorfahren: gesucht in:
                    Mutzscheroda: Hermsdorf; Neuschönefeld: Seidel; Seegel: Dietrich, Dieze; Grossbothen: Lange, Dietze; Mügeln: Vogtländer; Droßkau: Kretzschmar, Bergner; Noßwitz: Gleisberg; Sörnzig: Liebers; Wickershain: Steinert; Oelzschau: Lehmann; Hohnbach: Frentzel; Leupahn: Augustin; Erlln: Schöne; Schkortitz: Stein; Eschefeld: Spawborth; Schneeberg: Friede; Grossgörschen: Fickler; Söhesten: Zocher; Greitschütz: Staacke; Stadtroda: Kittel; Gelenau/Erzgeb.: Nestler

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                    • Geschichtensucher
                      Erfahrener Benutzer
                      • 03.09.2021
                      • 1045

                      #11
                      Danke, Thomas! Ja, wir haben gegenseitig unsere Namen im Blick, vielleicht finde ich ja mal die Geburtseintragung deines David und du eine Vormundschaftsurkunde meines Gottlieb Ehregott Kretzschmar
                      LG
                      Beste Grüße, Iris

                      Kommentar

                      • Geschichtensucher
                        Erfahrener Benutzer
                        • 03.09.2021
                        • 1045

                        #12
                        Liebe Mitforscher,


                        als Beitrag zu unserer gemeinsamen großen Erfahrungssammlung ein update zu dieser Sache:

                        Habe gestern im Sächsichen Staatsarchiv ganz viel gelesen, zu viel nämlich die die Akten des Schöppengerichts Leipzig (endlos viele, unstrukturiert und üble Handschrift); Urteilsbücher der Juristenfakultäten Leipzig und Wittenberg. Ganz viel Material. Auch nicht viel leserlicher.

                        Grundsätzlich eine riesige Fundgrube, wenn man den Nerv hat, sich durchzukämpfen. Ein Index wäre ein Geschenk aber auch ne echte Strafarbeit.

                        Habe zu meiner Hanna Dennhardt nix gefunden.

                        Aber war heute noch einmal im Landeskirchlichen Archiv Sachsens und habe alle zutreffenden KB noch einmal durchsucht, mit einem Erfolg: ich habe nun auch im Taufregister einen Hinweis auf das tote Kind und das Geschehen gefunden, auch zu den Lebensumständen und Tätigkeiten der Kindesmutter und bei wem sie als Hausgenossin lebte.

                        Rüdigsdorf hat auch ein Namensregister mit allen Lebensereignissen der Zeitgenossen auf einen Blick, ich kann mir jetzt also ein Bild machen, mit wem Hanna D. damals im Haushalt lebte.

                        Als nächstes gucke ich mir die Rittergutsakten Rüdigsdorf im Leipziger Staatsarchiv gründlich an. Vielleicht versteckt sich in der Gerichtsbarkeit doch noch ein Hinweis oder ich finde zumindest etwas zu ihrer Anstellung als "Käsemutter" auf dem Gutshof.


                        Wer nix mehr zu suchen hat, ist ein armes Schwein
                        Zuletzt geändert von Geschichtensucher; 26.01.2023, 20:54.
                        Beste Grüße, Iris

                        Kommentar

                        • Geschichtensucher
                          Erfahrener Benutzer
                          • 03.09.2021
                          • 1045

                          #13
                          Liebe Mitleser, ein UPDATE zu dieser Suche:

                          war heute wieder im Hauptstaatsarchiv Dresden und fand endlich etwas!

                          Im Zucht- und Arbeitshaus in Waldheim wird geführt ein Kind Johann Gottlob Lehmann, "ohngefähr 4 Jahre alt", der Antrag auf Unterbringung wurde eingereicht "von der Gutshofsbesitzerin zu Rüdigsdorff, Christine Sophie von Rayska mitels Supp. vom 19. Dez. 1792"
                          "einschlagende besondere Umstände: die Mutter desselben, Johanna Elisabeth Dennhardtin kam wegen Kindesmordes in Untersuchung und in Gemäßheit des Urteils nach Torgau ins Zuchthaus."

                          Ich weiß jetzt also, dass meine 4fache Urgroßmutter nicht mit dem Tode bestraft, sondern ins Zuchthaus nach Torgau kam.
                          Das erwähnte Kind ist allerdings nicht mein 3facher UrGV Gottlieb Ehregott Kretschmer, außer des verschiedenen Namens stimmt auch das Alter gar nicht, mein Vorfahr war zu dieser Zeit 10 Jahre alt.

                          Offenbar hat also Hanna noch ein weiteres Kind bekommen. Nun hatte ich gerade am Vortag die KB von Rüdigsdorf durchgesehen - im Landeskirchlichen Archiv Dresden. Habe mir die unehelichen Geburten zu dieser Zeit angesehen, um den sozialen Verhältnissen vor Ort vertraut zu werden, die zu einer Kindstötung führen könnten. Es gab einige unehelichen Kinder in diesen Jahren, und zwar konzentriert auf die kleinen Ortsteile von Rüdigsdorf, (Goldener) Pflug und Neuhof. Vielleicht war das ein "Problemviertel", evtl bedingt durch das Gasthaus und die vielen dort durchreisenden und Quartier nehmenden Händler, Soldaten etc. Bei einem unehelichen Kind stand Hanna auch Patin.

                          Noch nicht wissend, dass ich am Tag später einen Johann Gottlob Lehmann finden würde, notierte ich mir folgende Geburt in Rüdigsdorf:
                          "1790 Johann Gottlob, ein unehelicher Sohn von Sibylla Kretzschmarin Jacob Kretzschmars, Hutmann allhier, dritter Tochter, ? den Bedienten des jüngsten ?Leutnant von Raysky, mit Nahmen Lehmann, zum Vater angab, wurde den 22. October nachmittags um 4 Uhr gebohren und am 24. getauft."

                          Das könnte ein Johann Gottlob Lehrmann sein, aber mit einer anderen Mutter. Ich muss dazu sagen, dass Rüdigsdorf mit Neuhof und dem "Pflug" eine sehr überschaubare Gemeinde war und es keine ansässige Familie Lehmann gab. (Um 1764 lebten hier 14 besessene Mann und 11 Häusler) Hier werde ich also weiterforschen. Blickrichtung: Kann es so etwas geben, dass eine Frau sich als die Mutter des Kindes einer anderen ausgibt und das dann wiederruft? Außerdem werde ich die Umgebung nach etwaiger Geburt von Johann Gottlob Lehmann absuchen.

                          Klar scheint zu sein, dass Gottlieb Ehregott nicht wie der kleine Bruder nach Waldheim bebracht wurde. Ich forsche daran, wer ihn aufnahm. Als Taufpaten fand ich ihn nicht in den infragekommenden Orten.

                          Außerdem muss ich nun zu Torgau forschen - habe mir im Hauptstaatsarchiv gleich Akten dazu bestellt, die aber ihre Beschreibung nicht ganz erfüllten, so waren die vermeintlichen Namenslisten eine dicke Akte von Bittgesuchen, sehr interessant, doch für meine Hanna hat sich niemand verwendet.

                          Las heute in diesen Quellen soviel interessantes zu der Sozialgeschichte des 18./frühen 19. Jahrhunderts, vielleicht mache ich dazu noch neue Themen auf.

                          Hat jemand Ideen/Expertise zu den neuen Erkenntnissen?

                          Im übrigen: weiter gehts

                          LG Iris


                          Zuletzt geändert von Geschichtensucher; 14.01.2025, 21:17.
                          Beste Grüße, Iris

                          Kommentar

                          • TG23
                            Erfahrener Benutzer
                            • 03.11.2023
                            • 223

                            #14
                            Hallo,

                            Ist denn sicher dass dein Vorfahre nicht bei seinen Großeltern oder anderen Verwandten im Heimatort verblieben ist? Er war ja, als die Mutter wegzog, kein Kleinkind mehr und "durfte" vielleicht zurück bleiben als Arbeitskraft oÄ.
                            Gibt es vielleicht einen Konfirmationseintrag zu ihm? Was sagt denn der schlesische Heiratseintrag wo dein Vorfahre her kam?

                            Kommentar

                            • Geschichtensucher
                              Erfahrener Benutzer
                              • 03.09.2021
                              • 1045

                              #15
                              Hallo und danke für Deine Fragen,

                              doch, ich hoffe, dass mein Vorfahr von jemandem in seinen Heimatorten - Elbisbach und Hopfgarten liegen nur Hundert Schritte auseinander - aufgenommen worden war, vielleicht schon bevor die Mutter in ihre Wirrnisse kam.
                              Vor Ort waren:
                              der Erzeuger, der dazu zumindest stand, der Taufe beiwohnte und seinen Nachnamen gab
                              die Großmutter mütterlicherseits, die zumindest bis 1791 lebte
                              der Stiefvater
                              die Onkel und Tanten mütterlicherseits
                              die Halbschwester
                              die Taufpaten
                              der Vormund, der für den 2jährigen eingesetzt worden war.

                              Allerdings gibt es keinen Hinweis, dass dies geschehen ist. Ich habe einige Gerichtsprotokollen gelesen - weder im Testament und der Erbabwicklung der Großmutter noch später des Vaters wird er erwähnt, noch steht er Pate für die Kinder von irgendwem. Positiv ist nur, dass er als junger Mann Schneider ist und Meister genannt wird. Es muss also eine Ausbildung gegeben haben.

                              Es gibt leider noch keine Konfirmandenlisten.

                              Im Traueintrag 1809 in Schlesien gibt der Bräutigam an, in Elbisbach/Sachsen geboren zu sein und nennt sich Sohn seines Erzeugers, als wäre er ehelich geboren und sei von ihm anerkannt.
                              LG
                              Beste Grüße, Iris

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