Deutsche mit polnischen Nachnamen

Einklappen
Dieses Thema ist geschlossen.
X
X
 
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • NicoS
    Benutzer
    • 30.11.2025
    • 8

    #1

    Deutsche mit polnischen Nachnamen

    Guten Tag,

    Ich bin bei meiner Ahnenforschung auf ein be Linie mit polnischen Nachnamen gestoßen. Diese konnte ich nun bis zu einem gewissen Martin Janek zurückverfolgen welcher 1768 aus Oppeln nach Karawukowo, Ungarn ausgewandert ist, als hier Deutsche angesiedelt wurden. Über seine Frau weiß ich leider nur, dass ihr Vorname Katharina ist. Alle Nachfahren von ihm heirateten Frauen mit deutschen Nachnamen. Daher gehe ich davon aus, dass auch Martin Janek Deutscher war. Nun ist aber meine Frage ob der Nachname auf einen polnischen Vorfahren zurückgeht oder ob auch Deutsche in Schlesien polnische Nachnamen erhalten haben. Vielleicht kann mir hier jemand weiterhelfen.

    Vielen Dank im vorraus und freundliche Grüße
    NicoS
  • Weltenwanderer
    Moderator

    • 10.05.2016
    • 4814

    #2
    Hallo NicoS,

    im Zuge der Kolonisation Schlesiens im Mittelalter siedelte sich eine große Anzahl Deutscher in Schlesien an. Die einheimische polnischstämmige Bevölkerung wurde seither mehr und mehr assimiliert; in vielen Ecken Schlesiens fanden sich bis 1945 komplett evangelische deutschsprachige Dörfer voller Personen mit ursprünglich polnischen Nachnamen. Man sollte die schlesische Bevölkerung nicht schwarz-weiß als deutsch oder polnisch ansehen, über die Jahrhunderte hat sich das deutlich vermischt.

    LG,
    Michael
    Kreis Militsch: Latzel, Gaertner, Meißner, Drupke, Mager
    Kreis Tarnowitz / Beuthen: Gebauer, Parusel, Michalski, Wilk, Olesch, Majer, Blondzik, Kretschmer, Wistal, Skrzypczyk, von Ziemietzky, von Manowsky
    Brieg: Parusel, Latzel, Wuttke, Königer, Franke
    Trebnitz: Stahr, Willenberg, Oelberg, Zimmermann, Bittermann, Meißner, Latzel
    Kreis Grünberg / Freystadt: Meißner

    Mein Stammbaum bei GEDBAS

    Kommentar

    • Ayglerius
      Benutzer
      • 19.12.2024
      • 35

      #3
      Nur weil Schlesien mal preußisch war, ändert sich nicht die Genetik der Bewohner des Landes.
      Was haben die Ehen seiner Nachfahren in Ungarn mit denen seiner Vorfahren in Schlesien zu tun?


      Und zu deiner Frage: Nachnamen werden für gewöhnlich väterlicherseits vererbt, uneheliche Kinder mal ausgenommen. Es gab keinen Grund als Deutscher einen polnischen Nachnamen anzunehmen. Germanisierung und Polonisierung waren zu anderen Zeiten. Ostdeutsche haben übrigens eine andere Genetik als Westdeutsche! Da gab es immer slawische Einflüsse.

      Rechenbeispiel - Wenn ein polnischerer Mann eine deutsche Frau heiratet:

      Sohn: Nachname 100% polnisch, Gene 50% polnisch

      dasselbe Spiel bei ihm:

      Sohn: Nachname 100% polnisch, Gene 25% polnisch

      dasselbe Spiel nochmal:

      Sohn: Nachname 100% polnisch, Gene 12,5% polnisch

      ergo:

      ein Nachname sagt rein gar nichts über die Genetik aus

      Kommentar

      • Schikwonneberg
        Erfahrener Benutzer
        • 22.03.2013
        • 317

        #4
        Zu #3
        ich kenne nachweislich durch StA Urkunden, geänderte, vermeidlich geglaubte polnische Nachnamen, die hauptsächlich zwischen 1930-1945, geändert wurden.
        Diese Nachfahren, soweit sie nicht Genealogie betreiben, wissen davon heute nichts.

        Schilzki in SCHULZ, Bajenski in BACH, Szeplak in SCHEFFLER, usw, usw.
        In West- und Ostpreußen gab es Namensänderungen auch in die andere Richtung.
        Namen sind 'Schall und Rauch'
        Der Ostdeutsche ist vielleicht nicht nur in der Genetik etwas anders, Gott sei Dank auch anders sozialisiert
        Wobei es so über den Westdeutschen auch nicht stimmt. Mit der Industrialisierung in Deutschland kamen viele Ostdeutsche aus West- und Ostpreußen
        mit vermeindlich polnischen Namen in die Rheinischen und Saarländischen Kohlegruben und haben sich heute längst assimiliert.
        Aus Frau Slobinki wurde durch Hochzeit Frau Kunze, usw.


        Zuletzt geändert von Schikwonneberg; 04.12.2025, 15:29.
        Danke für eine kleine Rückmeldung!
        Gruß Gerd

        Kommentar

        • uwe-tbb
          Erfahrener Benutzer
          • 06.07.2010
          • 2901

          #5
          Namensänderungen gab es öfters schon während der Kaiserzeit und vor allem auch nach 1945 wurde deutsche Namen polonisiert.

          Kommentar

          • cpoeppelmann
            Benutzer
            • 07.12.2025
            • 16

            #6
            In den Dörfern rund um Oppeln trugen die meisten Menschen schlesisch-polnische Nachnamen. Nur bei einer Minderheit haben sich deutsche Nachnamen von deutschen Einwanderern gehalten. Ganz unabhängig davon verstand sich die Bevölkerung im 18. und 19. Jahrhundert als deutsch und sprach Deutsch, was schon seit dem Mittelalter die schlesische "Verkehrssprache" war. Daneben wurde noch ein regionaler schlesischer Dialekt gesprochen, der als oft abwertend als "wasserpolnisch" bezeichnet wurde. Ein Schlesier, der im 18. Jahrhundert nach Ungarn auswanderte, sprach also mit Sicherheit Deutsch und schloss sich deswegen in der neuen Heimat eher an die dortigen Deutschen als die Ungarn an, egal, wie sein Nachname war. Menschen, die sich selbst als Polen verstanden und auch Polnisch, nicht Schlesisch sprachen, kamen erst im 19. und frühen 20. Jahrhundert in größerem Umfang nach Schlesien, als den dortigen Gutsbesitzern scharenweise ihre schlesisch-stämmigen, deutschsprechenden, über Jahrhunderte als Leibeignene gehaltenen Arbeitskräfte wegliefen und ihr Heil im Ruhrgebiet, in Berlin und in einzelnen Fällen scheinbar auch in Ungarn suchten.

            Kommentar

            • goli
              Erfahrener Benutzer
              • 14.12.2008
              • 1107

              #7
              Ach was

              Kommentar

              • Dudas
                Erfahrener Benutzer
                • 25.04.2021
                • 1299

                #8
                Zitat von cpoeppelmann
                Ganz unabhängig davon verstand sich die Bevölkerung im 18. und 19. Jahrhundert als deutsch und sprach Deutsch, was schon seit dem Mittelalter die schlesische "Verkehrssprache" war.
                Das stimmt so nicht. Die Schlesier haben untereinander Polnisch in ihrer Mundart gesprochen, und mit den Deutschen Deutsch. Es ist falsch, dass ein Schlesier sich als Deutscher gesehen hat – sonst wäre er ja kein Schlesier mehr gewesen.



                Zitat von cpoeppelmann
                Daneben wurde noch ein regionaler schlesischer Dialekt gesprochen, der als oft abwertend als "wasserpolnisch" bezeichnet wurde.
                Von wem wurde Schlesisch pejorativ bezeichnet? Von den Deutschen, die sich nicht mit den Schlesiern identifizierten, also den ethnischen Polen.

                Kommentar

                • Geschichtensucher
                  Erfahrener Benutzer
                  • 03.09.2021
                  • 1098

                  #9
                  Es wird immer verwirrender. Ich werde nicht schlau aus den Beiträgen. Müsste man nicht auch Nieder- und Oberschlesien und die verschiedenen Epochen unterscheiden?
                  FG iris
                  Beste Grüße, Iris

                  Kommentar

                  • cpoeppelmann
                    Benutzer
                    • 07.12.2025
                    • 16

                    #10
                    Schlesien war im Mittelalter politisch polnisch, ab dem 14. Jahrhundert böhmisch, ab 1740 preußisch und ab 1871 deutsch - und kulturell selbstverständlich auf sich immer wandelnde Weise schlesisch. Aber genauso wie sich Menschen irgendwann gleichzeitig als Bayer oder Sachse und als Deutsche sahen, war das bei den alteingesessenen, (auch) Deutsch sprechenden Schlesiern, egal ob mit deutschem oder schlesischem Nachnamen, auch so. Etwas anderes war es bei später zugewanderten Polen.
                    Im Kern aber geht es um die Frage von NicoS und da lautet die Antwort, dass es völlig normal war, dass ein Auswanderer mit slawischem Nachnamen aus der Gegend von Oppeln deutsch sprach und seine Nachkommen in Ungarn bevorzugt Menschen mit der gleichen Sprache heirateten, und es keinen Grund gibt, anzunehmen, da hätte sich ein Deutscher einen polnischen Namen zugelegt.

                    Kommentar

                    • NicoS
                      Benutzer
                      • 30.11.2025
                      • 8

                      #11
                      Soweit ich das herausfinden konnte, scheinen Anfang des 18. Jahrhunderts nur 20% der Einwohner Oppeln Deutsche gewesen zu sein. Desweiteren habe ich nun auch gelesen, dass als auch die einfache Bevölkerung im16. Jahrhundert Nachnamen erhielt, sich diese nach der Sprache der Mehrheit im Ort richteten. Inwieweit das aber korrekt ist, weiß ich nicht. Da ich mich mit der Region (Ober-)Schlesien nicht auskenne hat es mein Interesse geweckt als ich bei einem wohl allen Anschein nach Deutschem, einen polnischen Nachnamen entdeckt habe. Deswegen hat mich interessiert wie so etwas zu Stande kam. Vor allem die historische Situation, die dazu geführt hat. Ich gehe stark davon aus, dass Martin Janek Deutscher war, da er als Deutscher Siedler gelistet ist und ja auch nur Deutsche für Oppeln angeworben wurden. Nun vermute ich auch, dass seine Vorfahren Deutsche waren und in einem Ort mit polnischer Sprachmehrheit einen polnischen Nachnamen erhielten. Dies erscheint mir logischer als, dass ein männlicher Vorfahr die Sprache seiner deutschen Frau angenommen hatte. Aber wie gesagt kenne ich mich mit der historisch-ethnischen Situation nicht aus und weiß nur, dass Germanisierung und Polnisierung wohl erst viel später stattfanden? Bitte korrigiert mich wenn ich hier falsch liege.

                      Kommentar

                      • cpoeppelmann
                        Benutzer
                        • 07.12.2025
                        • 16

                        #12
                        Wenn Martin Janek tatsächlich als deutscher Siedler gelistet ist, dann besteht die Möglichkeit, dass der Name falsch gelesen oder geschrieben wurde und ursprünglich Janke lautete. Meine Schwiegerfamilie aus Schalkowitz im Kreis Oppeln hieß auch Janke, aber fast alle anderen Familien, mit denen sie versippt waren, hatten slawische, typisch schlesische Namen.



                        Aber auch der Janke-Opa mit dem deutschen Namen sprach noch im 20. Jahrhundert das slawische Schlesisch. Es gibt nämlich zwei Sprachen, die als Schlesisch bezeichnet werden. Den deutschen Dialekt, der dort gesprochen wurde (https://de.wikipedia.org/wiki/Schles...tscher_Dialekt)) und die ursprüngliche slawische Sprache, die eng mit dem Polnischen verwandt, aber mehr als ein polnischer Dialekt ist (https://de.wikipedia.org/wiki/Schlesisch_(Ethnolekt)).
                        Diese Zweisprachigkeit, wobei Deutsch immer die offiziellere der beiden Sprachen war, begann schon im MIttelalter. Zu dieser Zeit fand auch die Anwerbung der deutschen Siedler statt.
                        Spätestens im ausgehenden 16. Jahrhundert begannen sich dann die Verhältnisse zu drehen. Während im heutigen Deutschland die Leibeigenschaft gelockert wurde, wurde sie jenseits der Elbe, wo es früher mehr Freiheiten gegeben hatte, verschärft. Spätestens da gab es keinen Grund mehr, dort zu siedeln, dafür aber viele, der Knute der ostelbischen Gutsbesitzer zu entfliehen. Meine Schwiegerfamilie jedenfalls wurde nicht 1945 aus Schlesien vertrieben, sondern kam samt und sonders schon in der Weimarer Zeit auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen nach Berlin. Nur vergleichsweise wenige, meist die, die ein bisschen Land erbten (egal ob "deutschnamige" Jankes oder "schlesischnamige" Wallas, Kanias, Kupkas, Purkotts, Mladeks usw.) sind geblieben.



                        Kommentar

                        • Dudas
                          Erfahrener Benutzer
                          • 25.04.2021
                          • 1299

                          #13
                          Zitat von cpoeppelmann
                          Es gibt nämlich zwei Sprachen, die als Schlesisch bezeichnet werden. Den deutschen Dialekt, der dort gesprochen wurde (https://de.wikipedia.org/wiki/Schles...tscher_Dialekt))
                          Das ist ein Beispiel für kulturelle Aneignung durch die Deutschen. Was die Deutschen als "Schlesisch" bezeichnen, ist in Wirklichkeit Oberlausitzisch (Ostmitteldeutsch), das sich im Wortschatz und in der Aussprache kaum unterscheidet.
                          Es gibt keine Belege dafür, dass dieser Dialekt vor dem 17. Jahrhundert in Schlesien existierte.

                          Dieser Dialekt wurde stark durch Migration aus anderen Regionen Deutschlands geprägt, wie Meissen, Hessen oder Nassau, besonders aber aus Franken und Thüringen – ein deutlicher Einfluss auf Wortschatz und Grammatikformen.

                          In vielen Nachbarregionen sprach man fast genauso - wie in der Oberlausitz, im ganzen Königreich Sachsen, im Altenburger Land.

                          Der deutsche Dialekt war Teil eines größeren Gebiets der deutschen Ostsiedlung. Deutsche Siedler in Schlesien, an den böhmischen und mährischen Hängen der Sudeten sowie in den Regionen von der Saale bis zu den Karpaten sprachen diesen (Grund-)Dialekt.


                          Deutsche Schriften aus dem 14.–15. Jahrhundert in Schlesien wurden in Niederdeutsch verfasst – in den Urkunden war es schwer, Meißnisch von "Schlesisch" zu unterscheiden.


                          Es ist, als würde man einen türkischen Dialekt der in Bayern lebenden Nachkommen türkischer Gastarbeiter als Bairisch bezeichnen.




                          Zitat von cpoeppelmann
                          und die ursprüngliche slawische Sprache, die eng mit dem Polnischen verwandt, aber mehr als ein polnischer Dialekt ist (https://de.wikipedia.org/wiki/Schlesisch_(Ethnolekt)).
                          Das Schlesische ist doch nichts anderes als Polnisch mit ein paar tschechischen Lehnwörtern und Germanismen.

                          Kommentar

                          • goli
                            Erfahrener Benutzer
                            • 14.12.2008
                            • 1107

                            #14
                            Zitat von Dudas






                            Das Schlesische ist doch nichts anderes als Polnisch mit ein paar tschechischen Lehnwörtern und Germanismen.
                            Der einzige vernünftige Satz in dem gesamten Thread

                            Kommentar

                            • cpoeppelmann
                              Benutzer
                              • 07.12.2025
                              • 16

                              #15
                              Ich weiß nicht, wie nahe das Schlesische am Polnischen ist. Ich weiß, dass mein Schwiegeropa sich damit nach dem Zweiten Weltkrieg mit den Russen verständigen konnte. Worum es mir geht: Schlesier waren in der Regel zweisprachig. Egal, ob sie deutsche oder slawische Nachnamen hatten. Wenn der Vorfahr von NicoS in Ungarn auf einer Liste Deutscher Siedler stand, dann spricht nichts dagegen, dass er ein (auch) deutsch sprechender Schlesier mit slawischem Nachnamen und slawischen Wurzeln war. Nur, wenn er in Schlesien als deutscher Siedler bezeichnet wurde, drängt sich die Vermutung auf, dass er oder seine Vorfahren ursprünglich mal auch einen deutschen Namen wie Janke gehabt haben könnten.
                              Kleiner Hinweis noch an NicoS. 1768 war der Siebenjährige oder Dritte Schlesische Krieg, der die Eroberung Schlesiens durch die Preußen zulasten der Habsburger perfekt machte, gerade mal 5 Jahre vorbei. Ich weiß jetzt nicht genau, wie stark die Gegend um Oppeln in Mitleidenschaft gezogen wurde, aber es könnte durchaus einen Zusammenhang zur erfolgten Auswanderung gegeben haben.

                              Kommentar

                              Lädt...