Als jedoch einer von uns, ich will seinen Namen nicht nennen, ihren Kummer nicht länger mit ansehen konnte, opferte er sich. Als er zu mitternächtlicher Stunde der Frau in ihrer Hütte Trost spendete, klopfte es leicht an die Tür. Man kann sich den Schrecken unseres Freundes vorstellen als er merkte, daß noch ein zweiter Trostspender Einlaß begehrte. Als der Klopfende das ängstliche Geflüster der unvorsichtigen Frau hörte, änderte er seine Rolle und übernahm die des Tugendwächters. Er donnerte an die Tür und verlangte sofortigen Einlaß, da er der stellvertretende Starschena sei und sehen wolle, was hier getrieben würde. Unser Freund zögerte nun nicht länger, er sprang wie ein Akrobat aus dem Fenster und verschwand im Dunkel der Nacht. Um seine Spur zu verwischen irrte er längere Zeit außerhalb des Dorfes herum und kehrte erst nach Stunden auf Umwegen, über Zäune kletternd, in sein Quartier zurück. Der Frau muß es wohl gelungen sein, ihren zweiten Besucher zu besänftigen, denn wir haben von dieser Affäre nichts mehr gehört. In der Folge haben wir uns aber gehütet, der Frau in ihrer Liebesnot beizuspringen.
Drei Tage nach unserer Ankunft in Sermenewa erhielten die Damen Stiller und Mossak den Befehl, wieder nach Kaga zurück zu kehren. Da aber nach einer Verfügung des Gouverneurs den weiblichen Gefangenen ihr Aufenthaltsort nicht vorgeschrieben werden durfte, rieten wir ihnen, dem Befehl nicht Folge zu leisten. Es war ja auch undenkbar, wie sie ohne männlichen Schutz hätten in Kaga leben sollen. Der Urjadnik war in arger Verlegenheit. Von seinem nächsten Vorgesetzten hatte er den Befehl,, die beiden nach Kaga zu schicken und wir schüchterten ihn mit der Verfügung des Gouverneurs ein und drohten mit einer Beschwerde beim Minister. In seiner Not wählte er den Weg, sie als Abgereiste zu melden und so blieben sie bei uns. Ausschlaggebend war wohl für den Urjadnik, daß Vorländer wie schon in Kaga, auch diesem Hüter der Ordnung sein kleines Gehalt aufbesserte, wofür er natürlich auch Gegenleistungen aufbringen mußte.
Im Dezember erhielten die Damen Stiller und Mossak die Nachricht, daß ihr vor Jahresfrist gestelltes Gesuch um Genehmigung ihrer Ausreise nach Deutschland bewilligt worden sei. Innerhalb einer Woche mußten sie abreisen, was ihnen nicht schwerfiel. Die geldlichen Schwierigkeiten räumte wieder Vorländer aus dem Wege. Frl. Stiller wandte sich nach Berlin und durch sie erhielten meine Eltern die erste Nachricht über meinen Aufenthaltsort und mein Befinden.
Frl. Mossak suchte Verwandte Poleys in Stettin auf, wo sie dessen Rückkehr abwartete und wo sie von ihm – nach manchen Irrungen mit seinem inzwischen geborenen Sohn – geheiratet wurde.
Die Langeweile, die so oft die Ursache übler Taten ist, verleitete mich, die kleinen Schwächen und Fehler meiner Gefährten in Versen zu behandeln. Das Machwerk schmuggelte ich über Sperling ein, der verhältnismäßig gut darin abgeschnitten hatte, in der Erwartung, daß er es weitergeben würde. Er fand es auch am gleichen Tage und brachte es – mir mit der Aufforderung, es zu lesen und unauffällig weiter zu geben. Das geschah natürlich auch und so wanderte es von Hand zu Hand, Beifall, Schadenfreude, Ärger, gegenseitiges Mißtrauen und eine Flut von Antworten hervorrufend.
Als den Verfasser wurde fast allgemein auf Harlow getippt. Von der Tänzerin Anita, die in dem Gedicht arg gerupft worden war, erhielt er einen saugroben Brief, den er im Bewußtsein seiner Unschuld ebenfalls kursieren ließ, was ihren Zorn noch mehr entfachte. Da sich auf ihre energische Aufforderung ihrer Beschützer Amann einschaltete und dieser Harlow zur Rede stellte, blieb mir nichts anderes übrig, als mich als Verfasser zu melden. Aber man glaubte mir nicht und Harlow blieb das Karnickel nach wie vor. Hätte ich geahnt, welche Epidemie ich mit meinen Versen heraufbeschwören würde, so hätte ich sie nicht geschrieben. Fast jeder versuchte sich nun in mehr oder weniger gelungener Weise als Verseschmied. Manches dieser Erzeugnisse konnte man nur mit Bauchgrimmen verdauen, nur Johannsen machte eine rühmliche Ausnahme und wir haben uns so manchen gereimten Brief zugeschickt. Die meisten aber dichteten nach dem Rezept „Reim dich oder ich freß' dich“.
Auch Poley versuchte sich in diesem Metier und griff Johannsen scharf an. Dieser vermutete mich als Verfasser und erboßt darüber schickte er mir ein geharnischtes Sonett, dessen erster Vers begann:
„Blitzhund nennt man dich zu Hause,
Witzbund willst du hier wohl sein,
Was du sinnst in stiller Klause
Ist nicht witzig und nicht fein.“
Im Gefühl meiner Unschuld blieb ich ihm die Antwort nicht schuldig, diese begann mit dem Vers:
„ Blitzhund war nicht zu verkennen,
Damit kannst du mich nur meinen,
Daß die Leute mich so nennen
Will ich sicher nicht verneinen.“
Hieraus entwickelte sich zwischen uns ein reges Versturnier, das aber in einer durchaus freundschaftlichen Weise ausklang. Wie alles im Leben so nahmen auch diese Hanseleien ein Ende und Frieden kehrte wieder in unsere Kolonie ein.
Drei Tage nach unserer Ankunft in Sermenewa erhielten die Damen Stiller und Mossak den Befehl, wieder nach Kaga zurück zu kehren. Da aber nach einer Verfügung des Gouverneurs den weiblichen Gefangenen ihr Aufenthaltsort nicht vorgeschrieben werden durfte, rieten wir ihnen, dem Befehl nicht Folge zu leisten. Es war ja auch undenkbar, wie sie ohne männlichen Schutz hätten in Kaga leben sollen. Der Urjadnik war in arger Verlegenheit. Von seinem nächsten Vorgesetzten hatte er den Befehl,, die beiden nach Kaga zu schicken und wir schüchterten ihn mit der Verfügung des Gouverneurs ein und drohten mit einer Beschwerde beim Minister. In seiner Not wählte er den Weg, sie als Abgereiste zu melden und so blieben sie bei uns. Ausschlaggebend war wohl für den Urjadnik, daß Vorländer wie schon in Kaga, auch diesem Hüter der Ordnung sein kleines Gehalt aufbesserte, wofür er natürlich auch Gegenleistungen aufbringen mußte.
Im Dezember erhielten die Damen Stiller und Mossak die Nachricht, daß ihr vor Jahresfrist gestelltes Gesuch um Genehmigung ihrer Ausreise nach Deutschland bewilligt worden sei. Innerhalb einer Woche mußten sie abreisen, was ihnen nicht schwerfiel. Die geldlichen Schwierigkeiten räumte wieder Vorländer aus dem Wege. Frl. Stiller wandte sich nach Berlin und durch sie erhielten meine Eltern die erste Nachricht über meinen Aufenthaltsort und mein Befinden.
Frl. Mossak suchte Verwandte Poleys in Stettin auf, wo sie dessen Rückkehr abwartete und wo sie von ihm – nach manchen Irrungen mit seinem inzwischen geborenen Sohn – geheiratet wurde.
Die Langeweile, die so oft die Ursache übler Taten ist, verleitete mich, die kleinen Schwächen und Fehler meiner Gefährten in Versen zu behandeln. Das Machwerk schmuggelte ich über Sperling ein, der verhältnismäßig gut darin abgeschnitten hatte, in der Erwartung, daß er es weitergeben würde. Er fand es auch am gleichen Tage und brachte es – mir mit der Aufforderung, es zu lesen und unauffällig weiter zu geben. Das geschah natürlich auch und so wanderte es von Hand zu Hand, Beifall, Schadenfreude, Ärger, gegenseitiges Mißtrauen und eine Flut von Antworten hervorrufend.
Als den Verfasser wurde fast allgemein auf Harlow getippt. Von der Tänzerin Anita, die in dem Gedicht arg gerupft worden war, erhielt er einen saugroben Brief, den er im Bewußtsein seiner Unschuld ebenfalls kursieren ließ, was ihren Zorn noch mehr entfachte. Da sich auf ihre energische Aufforderung ihrer Beschützer Amann einschaltete und dieser Harlow zur Rede stellte, blieb mir nichts anderes übrig, als mich als Verfasser zu melden. Aber man glaubte mir nicht und Harlow blieb das Karnickel nach wie vor. Hätte ich geahnt, welche Epidemie ich mit meinen Versen heraufbeschwören würde, so hätte ich sie nicht geschrieben. Fast jeder versuchte sich nun in mehr oder weniger gelungener Weise als Verseschmied. Manches dieser Erzeugnisse konnte man nur mit Bauchgrimmen verdauen, nur Johannsen machte eine rühmliche Ausnahme und wir haben uns so manchen gereimten Brief zugeschickt. Die meisten aber dichteten nach dem Rezept „Reim dich oder ich freß' dich“.
Auch Poley versuchte sich in diesem Metier und griff Johannsen scharf an. Dieser vermutete mich als Verfasser und erboßt darüber schickte er mir ein geharnischtes Sonett, dessen erster Vers begann:
„Blitzhund nennt man dich zu Hause,
Witzbund willst du hier wohl sein,
Was du sinnst in stiller Klause
Ist nicht witzig und nicht fein.“
Im Gefühl meiner Unschuld blieb ich ihm die Antwort nicht schuldig, diese begann mit dem Vers:
„ Blitzhund war nicht zu verkennen,
Damit kannst du mich nur meinen,
Daß die Leute mich so nennen
Will ich sicher nicht verneinen.“
Hieraus entwickelte sich zwischen uns ein reges Versturnier, das aber in einer durchaus freundschaftlichen Weise ausklang. Wie alles im Leben so nahmen auch diese Hanseleien ein Ende und Frieden kehrte wieder in unsere Kolonie ein.
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