Novemberaufstand 1830/31 Verhalten d. Deutschen / Zdunska Wola

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  • zdunskawola42
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    • 01.09.2015
    • 6

    Novemberaufstand 1830/31 Verhalten d. Deutschen / Zdunska Wola

    Liebe Mitforscher,

    im Übersetzungsforum bat ich vor wenigen Tagen um Übersetzung der Sterbeurkunde von

    Franz Siegert (Francisze Zygiert), katholisch, aus Zdunska Wola, 33 Jahre alt, der zu den Toten des Novemberaufstandes am 19.9.1831 in Zdunska Wola zählt.
    (http://forum.ahnenforschung.net/showthread.php?p=870498)

    Deshalb möchte ich hier einige Quellen vorstellen, die nicht nur für mich interessant zu sein scheinen.
    Denn während viele Deutsche sich dem Aufstande passiv gegenüber verhalten haben sollen, gab es wohl im Lodzer Raum (nicht nur in Zdunska Wola) viele Deutsche, die zu den Russen hielten. Dies soll wohl einer der Gründe für eine Verschlechterung des Verhälltnisses zwischen Deutschen und Polen ab dieser Zeit gewesen sein. Daher ist der Zdunska Wolaer Vorfall nicht unbedeutend für die Untersuchung der deutschen Minderheit im Lodzer Raum.

    Einige Quellen möchte ich daher hier anführen.

    Dazu ein Bericht aus DER WANDERER vom 13.08.1833:
    "Unter amtlicher Rubrik melden die hiesigen Zeitungen Folgendes: ,Als die siegreichen Truppen Sr. Majestät des Kaisers und Königs nach dem Uebergange auf das linke Weichselufer im Jahre 1831, mit der Unterdrückung des ausgebrochenen Aufruhrs und mit der Wiederherstellung der aufgelösten ordnung beschäftigt waren, gaben die Einwohner der Stadt Zdunska Wola, on der Wojewodschaft Kalisch, ihrerseits ein seltenes Beispiel von Treue und Aufopferung für den Thron. Kühn den Plänen der öffentlichen Ruhestörer Widerstand leistend, gehörten diese Einwohner nicht nur zu den ersten, die mit Dankbarkeit und Sehnsucht dieTruppen Sr. Majestät begrüßten, welche damit beauftragt waren, dem Aufstande unverweilt ein Ende zu machen, sondern ergriffen auch noch freiwillig die Waffen, um jene in ihren Unternehmungen zu unterstützen, und besiegelten ihre unverbrüchliche Anhänglichkeit an den Monarchen mitihrem eigenen Blute. Als sie am19. September 1831 von einem Insurgentencorps, das von Rache gegen sie brannte, blieben viele von ihnen als Opfer ihrer Hingebung auf dem Kampfplatz, viele trugen rühmliche Wunden davon. Dieser Umstand ist der Aufmerksamkeit des Monarchen nicht entgangen, und indem der Kauser und König nicht nur allen Denjenigen, die sich durch so rühmliche Aufopferung auszeichneten, einen deutlichen Beweis von seiner besonderen Huld gab, sondern auch das Andenken an diese That erhalten will, hat Sr. Majestät 1) für das Loos der Witwen und Waisen aller am 19. September 1831 gegen die Insurgenten unterlegenen Einwohner gesorgt, und ihnen entweder eine lebenslängliche Pension oder eine Unterstützung ein für allemal gewährt; 2) an sechs derselben, die sich am meisten auszeichneten, und die von der Gemeindeselbst als dieser Auszeichnung am würdigsten anerkannt wurden, Medaillen ertheilt, und zwar an WILHELM KNOLL eine goldene und an JULIAN HELMSCHROOT, GOTTHARD SCHIEFNER, CARL PUPE, ANTON LINKE und JOHANN FAUSTMANN silberne; 3) anbefohlen, dass zur Belohnung für alle Einwohner von Zdunska Wola, die am 19. September 1831 indieser Stadt ansässig waren, der Schatz des Königreiches zehn Jahre lang die Zinsen zahlen soll, welche diese von Grundstücken an die Eigenthümer derselben zu entrichten haben.'"

    Ferner ein leider nicht ganz so zeitnaher Bericht Adolf Kargels aus der Litzmannstädter Zeitung vom 25.11.1943:
    "[...] Der polnische Aufstand von 1830/31 brachte den Deutschen in Zdunska Wola viel Leid. Am 19. September 1831 überfiel ein Aufständischentrupp die Stadt und ermordete acht deutsche Tuchmachermeister. Drei Meister wurden schwer und zwölf leicht verletzt. AUf Anregung des Kommandierenden Generals Lesowskij in Lodsch entstand daraufhin u. a. auch in Zdunska Wola eine Landsturmabteilung, die den Schutz der Stadt undder umliegenden deutschen Dörfer übernahm.
    In einer Eingabe des Tuchmachergewerks vom 30. September 1831 an die Regierung heißt es über die den Deutschenzugefügte Unbill (nach Breyer), dass diese ,auf alle möglichen Arten vom Volke gemisshandelt und gedrückt wurden, selbige in Lebensgefahr kamen und mehrere als Opfer der Rache fielen.'
    Nach Untersuchungen des blutigen Vorfalls im Jahr 1834 [offenbar eher 1833, s.o.] ordenete der Zar die zehnjährige Befreiung der Betroffenen von den Abgaben an den Statdbesitzer an, deren Entrichtung übernahm der Staatsschatz. Die Witwen und Waisen erhielten eine lebenslängliche Unterschützung von 100 bis 500 Gulden jährlich. Den an dem blutigen Ereignis beteiligten deutschen Handwerkern ließ der Kaiser Ehrenmedaillen und Geldgeschenkeüberreichen."

    Außerdem die Darstellung in Ludwig v. Mieroslawski: Kritische Darstellung des Feldzuges vom Jahre 1831 und hieraus abgeleitete Regeln für Nationalkriege, Berlin 1848:
    "Der General Lissowskoj war eben damit beschäftigt, in Lodz eine konterrevolutionäre Legion aus deutschen Kolonisten zu bilden [...]
    Piotrowski [...] brach dann mit dem beweglichen Theile seine Detaschements nach Lodz auf, wo sich alle, dort zahlreichen, deutschen Kolonisten um Lissowskoj in feindseliger Absicht gegen uns waffneten. Aber ein Haufen dieser Deutschen wird durch eine unser Kavalleriepatrouillen in Zdunska Wola angefallen, streckt die Waffen ohne Widerstand und schiebt die Schuld auf die Agenten einer benachbarten Macht; da trifft am 10. September die Nachricht von dem Falle Warschau's [...] ein."
    Nun zum Vorfalle am 19.9.:
    "Oberstlieutnant Piotrowksi entglitt unglücklich dieser Umfassung auf der Straße nach Sieradz. Die Empörung der deutschen Kolonisten nimmt nun eine drohendere Gestalt an. Die in der Umgegend von Lodz einmal schon beschwichtigten Kolonisten bewaffnen sich aufs Neue unter Hilfeleistung des General Lissowskoj. Ein von Sieradz aus detaschirter Zug polnischer Reiter nebst einem Detaschement Jäger muss bei Zdunska Wola wiederum einem Haufen von mehreren Hundert, durch die Russen in Stich gelassener, deutscher Aufrührer angreifen, worauf diese sich mit Zurücklassung von 30 Mann Toten zerstreuen; fünfzehn Gefangene und ihr Anführer Pope werden demOberstlieutnant vorgeführt, der eben in Lask eine Husarenschwadron zersprengt hatte."

    Leider ist in den Quellen von unterschiedlichen Zahlen von Toten die Rede. Einige Tote konnten die Forscher von Mittelpolen schon identifizieren, wie mir vor 3 Tagen mitgeteilt wurde. Daher verweise ich hier mal auf den Link:

    Ich hoffe, es ist in Ordnung, wenn ich diese Adresse hier veröffentliche. Ich tippe die Namen nicht noch einmal ab, da ihre Identifizierung nicht mein Verdienst ist und verweise deshalb auf den Link.

    Zu Franz Siegert möchte ich noch anführen, dass seine in seiner Sterbeurkunde ...
    "Es geschah in Zdunska Wola am 20.9.1831 um 8 uhr morgens
    Es erschien Wojciech Donart 46 Jahre alt und Jozef Borkart 28 Jahre alt , beide in Zdunska Wola wohnend und bezeugten uns , das am 19.9. um 5 am Vorabend verstarb Franciszek Zygert 33 Jahre alt und hinterlässt seine verwitwete Ehefrau Teresa und ein Kind .Nachdem wir uns vom Ableben überzeugt hatten wurde der Akt den Anwesenden vorgelesen und von uns nur unterschrieben , keiner der Zeugen konnte schreiben"
    (Dank an die freundliche Übersetzung von Robert/zula246)
    ...erwähnte Teresa meine vierfache Urgroßmutter ist. Sie war eine geborene Porsche aus Böhmen - wie ja viele Katholiken in Zdunska Wola -, dort geboren um 1807 (es existieren mehrere Geburtsdaten, aber um 1807 scheint am treffendsten zu sein).

    In zweiter Ehe heiratete sie am 13.11.1832 in Zdunska Wola meinen vierfachen (katholischen) Urgroßvater Vincent Jäger (gestorben am 22.05.1891 in Opiesin), dessen Herkunft noch nicht ganz geklärt ist (Maschwitz in Bayern oder Dorf Czechy?!). Bei ihm finden wir Geburtsdaten von 1790 bis 1811, doch um 1806 scheint mir am plausibelsten zu sein. Er war der Sohn von Jäger, Josef, Fleischer, Schuhmacher?, * 1782 (1830 48 Jahre), + Zdunska Wola 6.05.1830
    und Maria, geb. unbekannt.
    Der Ehe Jäger - Porsche entstammen viele Jäger aus Zdunska Wola.

    Das angesprochene Siegert-Kind konnte ich nicht finden, auch keine Ehe Siegert-Porsche. Vermutl. fanden Geburt und Eheschließung noch in Böhmen statt - in den dortigen Büchern muss ich noch suchen.

    Nach Teresas Tod am 24.03.1848 in Opiesin heiratete Vincent dann Maria Guhl 1850 in Zdunska Wola.

    So viel dazu.

    Gruß aus dem Urlaub
    Eduard
  • Sylvia53
    Erfahrener Benutzer
    • 12.12.2012
    • 1144

    #2
    Vincent Jäger & Novemberaufstand 1831 Zdunska Wola,

    Hallo Eduard,

    Danke für die guten Informationen bezüglich des Aufstandes in ZdunskaWola. "Unsere Toten " sind aber im September gestorben,- gefallen oder exekutiert worden.

    Nun zu VINCENT JÄGER °° Teresia Porsche: Konnte seinen Tod 22.5.1891 leider nicht im rk KB Zdunska Wola finden. Kannst Du mir bitte den Akt nennen!Eine Übersetzung wäre natürlich auch toll :-)
    Habe diesen wahrscheinlich im Reg. übersehen.Ich kann kein russisch- nur ein paar Namen lesen :-(



    Ich erfasse diese Familien aus Zdunska Wola bei "MITTELPOLEN.de" im eigenen KB Zdunska Wola unter Webtrees und in der Regel mit Quellangaben.

    Bin auch an anderen FN aus rk Zdunska Wola interessiert, da ich bisher hauptsächlich die evang.-augsb. erfasst habe.
    Zuletzt geändert von Sylvia53; 11.10.2015, 12:34. Grund: Ergänzung
    Gruß Sylvia


    NUR WER SEINE GESCHICHTE KENNT,HAT EINE ZUKUNFT.
    Wilhelm von Humboldt 1767-1835

    Kommentar

    • Sylvia53
      Erfahrener Benutzer
      • 12.12.2012
      • 1144

      #3
      Vincent Jäger & Novemberaufstand 1831 Zdunska Wola,

      Hallo Eduard- (oder wer sich sonst angesprochen fühlt),

      kannst Du mir auch Näheres zur 2. Heirat des VINCENT JÄGER am 13.1.1850 in Opiesin sagen?

      Fand unter H 1850-1 die Ehe mit Ww MARIA LANGE 41,
      Die Namen klingen so verwirrend- +Anton Landze????

      Gruß Sylvia


      NUR WER SEINE GESCHICHTE KENNT,HAT EINE ZUKUNFT.
      Wilhelm von Humboldt 1767-1835

      Kommentar

      • Florek
        Erfahrener Benutzer
        • 24.10.2013
        • 293

        #4
        Zitat von zdunskawola42 Beitrag anzeigen
        Liebe Mitforscher,
        Deshalb möchte ich hier einige Quellen vorstellen, die nicht nur für mich interessant zu sein scheinen.
        Denn während viele Deutsche sich dem Aufstande passiv gegenüber verhalten haben sollen, gab es wohl im Lodzer Raum (nicht nur in Zdunska Wola) viele Deutsche, die zu den Russen hielten. Dies soll wohl einer der Gründe für eine Verschlechterung des Verhälltnisses zwischen Deutschen und Polen ab dieser Zeit gewesen sein. Daher ist der Zdunska Wolaer Vorfall nicht unbedeutend für die Untersuchung der deutschen Minderheit im Lodzer Raum.
        Das würde ich generell nicht so behaupten wollen. Ich habe zwar ähnliches bezüglich der deutschen Kolonisten und den polnischen Aufständischen gelesen (Vereinzelt soll es sogar zu Übergriffen an Deutsche gekommen sein), aber wie so oft ist die Realität wesentlich komplizierter und das deutsch-polnische Verhältnis damals durchaus ambivalent.

        Denn der November Aufstand 1831 führte in Deutschland zur sogenannten Polenbegeisterung der 1830er Jahren. Eine große Sympathiewelle der Deutschen für den polnischen Freiheitskampf, die ihr eigenes Streben nach natioaler Einheit auf den Freiheitskampf der Polen projezierten.: http://ieg-ego.eu/de/threads/europae...land-nach-1830

        In diesem Zusammenhang ist es meiner Meinung nach auch Erwähnenswert, dass der von dir zitierte Ludwik Miersolawski einen weiteren Aufstand in Posen anführte: https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3...and_%281848%29

        Auch dort ist es teilweise zu Spannungen zwischen Polen, Deutschen und Juden gekommen. In der Folge des sogenannten Polenprozess schlugen aber den polnischen Aufständischen um Mieroslawski zunehmend Sympatie entgegen: http://www.luise-berlin.de/bms/bmstext/9804proc.htm

        Im Folge der der Berliner Revolution 1848 wurden die polnischen Aufständischen um Ludwik Miersolawski befreit. Dieser wurde später zeitweise auch der Oberbefehlshaber der badischen Revolutionsarmee: http://www.deutscheundpolen.de/perso...roslawski.html

        In Raststatt im Schloss kämpfte eine 200 Mann starke polnsiche Legion unter Teofil Mniewski zusammen mit den badischen Truppen gegen die preußische Truppen. Heute findet sich dort ein Gedenkstein: http://www.varnhagen.info/gazzett10.html

        Abschließen will ich mit der Rede von Ludwik Mieroslawski an die Berliner:

        »O nehmt uns auf, ihr Völker des Westens in Euren Bund!« - Ludwig Mieroslawski: Ansprache an das Berliner Volk nach seiner Befreiung aus dem Gefängnis, 20. März 1848:

        Plötzlich hielten die Wagen der befreiten Polen, Mieroslawski erhob sich und sprach, die schwarz-rot-goldene Fahne schwingend, die begeisterten Worte1: »Nicht du, edles deutsches Volk, hast meinem unglücklichen Vaterlande Fesseln geschmiedet; deine Fürsten haben es getan; sie haben mit der Teilung Polens ewige Schmach auf sich geladen.Und wie es jüngst noch für Euch und uns als Verbrechen galt, nach des Vaterlandes Freiheit zu ringen, und wie sie uns darob, draußen im Kerker, in eiserne Bande schlugen, so warst du es, hochherziges Volk, dessen Blut in diesen Tagen der Befreiung auch für unsere Freiheit floß. Wir danken Euch! Eure Freiheit ist unsere Freiheit, und unsere Freiheit ist die Eure! Herr sein oder Sklave sein, eins wie das andere läuft gegen die heiligen Gesetze der Natur. Nur freie Menschen, nur freie Völker können sich achten. O nehmet uns auf, ihr Völker des Westens in Euren Bund, dessen Kreis sich von Stunde zu Stunde mit Riesenschritten erweitert! Freie Völker, wollt ihr gewiß nur freie Glieder der großen Einigung. Freie Völker nur sollen sitzen am heiligen Bundes-Nachtmahl vor dem blutigen Morgen der offenen Feldschlacht gegen die Barbarenhorden im Osten. Bewahrt, Brüder, die teuern mit tausend Leichen und noch offenen, blutenden Wunden erkauften Güter der Heimat! O helft sie uns in der eigenen Heimat erobern! O helft, daß zwischen den drei schwarzen Adlern2, die unsere Eingeweide zerfleischen, die unser Herzblut verspritzen, der weiße Adler unserer Freiheit sich erhebe!3 Ja deutsches Volk, wenn du willst, dann ist Polen noch nicht verloren4, und wir, Polens Jünglinge, Männer und Greise, wir werden nach unsern Kräften streiten und bluten für die höchsten Güter! Schaut auf die in Eurer Mitte gefallenen Opfer, denkt an Euern Sieg! - Aller Segen ist von der Völkerknechtung gewichen; fortan gib uns wieder den eigenen Herd, laß den Sonnenschein deiner Gnade herniederfallen auf ein einiges, freies, polnisches Vaterland!«
        Flugschrift »Die Öffnung des Polen-Kerkers in den blutigen Tagen in Berlin«, 1848, zit. nach Deutsche und Polen, S. 173f. Harald Boldt Verlag, Boppard am Rhein


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        • cyna1947
          Neuer Benutzer
          • 21.08.2013
          • 4

          #5
          Zitat von zdunskawola42 Beitrag anzeigen
          Liebe Mitforscher,

          im Übersetzungsforum bat ich vor wenigen Tagen um Übersetzung der Sterbeurkunde von

          Franz Siegert (Francisze Zygiert), katholisch, aus Zdunska Wola, 33 Jahre alt, der zu den Toten des Novemberaufstandes am 19.9.1831 in Zdunska Wola zählt.
          (http://forum.ahnenforschung.net/showthread.php?p=870498)

          Deshalb möchte ich hier einige Quellen vorstellen, die nicht nur für mich interessant zu sein scheinen.
          Denn während viele Deutsche sich dem Aufstande passiv gegenüber verhalten haben sollen, gab es wohl im Lodzer Raum (nicht nur in Zdunska Wola) viele Deutsche, die zu den Russen hielten. Dies soll wohl einer der Gründe für eine Verschlechterung des Verhälltnisses zwischen Deutschen und Polen ab dieser Zeit gewesen sein. Daher ist der Zdunska Wolaer Vorfall nicht unbedeutend für die Untersuchung der deutschen Minderheit im Lodzer Raum.

          Einige Quellen möchte ich daher hier anführen.

          Dazu ein Bericht aus DER WANDERER vom 13.08.1833:
          "Unter amtlicher Rubrik melden die hiesigen Zeitungen Folgendes: ,Als die siegreichen Truppen Sr. Majestät des Kaisers und Königs nach dem Uebergange auf das linke Weichselufer im Jahre 1831, mit der Unterdrückung des ausgebrochenen Aufruhrs und mit der Wiederherstellung der aufgelösten ordnung beschäftigt waren, gaben die Einwohner der Stadt Zdunska Wola, on der Wojewodschaft Kalisch, ihrerseits ein seltenes Beispiel von Treue und Aufopferung für den Thron. Kühn den Plänen der öffentlichen Ruhestörer Widerstand leistend, gehörten diese Einwohner nicht nur zu den ersten, die mit Dankbarkeit und Sehnsucht dieTruppen Sr. Majestät begrüßten, welche damit beauftragt waren, dem Aufstande unverweilt ein Ende zu machen, sondern ergriffen auch noch freiwillig die Waffen, um jene in ihren Unternehmungen zu unterstützen, und besiegelten ihre unverbrüchliche Anhänglichkeit an den Monarchen mitihrem eigenen Blute. Als sie am19. September 1831 von einem Insurgentencorps, das von Rache gegen sie brannte, blieben viele von ihnen als Opfer ihrer Hingebung auf dem Kampfplatz, viele trugen rühmliche Wunden davon. Dieser Umstand ist der Aufmerksamkeit des Monarchen nicht entgangen, und indem der Kauser und König nicht nur allen Denjenigen, die sich durch so rühmliche Aufopferung auszeichneten, einen deutlichen Beweis von seiner besonderen Huld gab, sondern auch das Andenken an diese That erhalten will, hat Sr. Majestät 1) für das Loos der Witwen und Waisen aller am 19. September 1831 gegen die Insurgenten unterlegenen Einwohner gesorgt, und ihnen entweder eine lebenslängliche Pension oder eine Unterstützung ein für allemal gewährt; 2) an sechs derselben, die sich am meisten auszeichneten, und die von der Gemeindeselbst als dieser Auszeichnung am würdigsten anerkannt wurden, Medaillen ertheilt, und zwar an WILHELM KNOLL eine goldene und an JULIAN HELMSCHROOT, GOTTHARD SCHIEFNER, CARL PUPE, ANTON LINKE und JOHANN FAUSTMANN silberne; 3) anbefohlen, dass zur Belohnung für alle Einwohner von Zdunska Wola, die am 19. September 1831 indieser Stadt ansässig waren, der Schatz des Königreiches zehn Jahre lang die Zinsen zahlen soll, welche diese von Grundstücken an die Eigenthümer derselben zu entrichten haben.'"

          Ferner ein leider nicht ganz so zeitnaher Bericht Adolf Kargels aus der Litzmannstädter Zeitung vom 25.11.1943:
          "[...] Der polnische Aufstand von 1830/31 brachte den Deutschen in Zdunska Wola viel Leid. Am 19. September 1831 überfiel ein Aufständischentrupp die Stadt und ermordete acht deutsche Tuchmachermeister. Drei Meister wurden schwer und zwölf leicht verletzt. AUf Anregung des Kommandierenden Generals Lesowskij in Lodsch entstand daraufhin u. a. auch in Zdunska Wola eine Landsturmabteilung, die den Schutz der Stadt undder umliegenden deutschen Dörfer übernahm.
          In einer Eingabe des Tuchmachergewerks vom 30. September 1831 an die Regierung heißt es über die den Deutschenzugefügte Unbill (nach Breyer), dass diese ,auf alle möglichen Arten vom Volke gemisshandelt und gedrückt wurden, selbige in Lebensgefahr kamen und mehrere als Opfer der Rache fielen.'
          Nach Untersuchungen des blutigen Vorfalls im Jahr 1834 [offenbar eher 1833, s.o.] ordenete der Zar die zehnjährige Befreiung der Betroffenen von den Abgaben an den Statdbesitzer an, deren Entrichtung übernahm der Staatsschatz. Die Witwen und Waisen erhielten eine lebenslängliche Unterschützung von 100 bis 500 Gulden jährlich. Den an dem blutigen Ereignis beteiligten deutschen Handwerkern ließ der Kaiser Ehrenmedaillen und Geldgeschenkeüberreichen."

          Außerdem die Darstellung in Ludwig v. Mieroslawski: Kritische Darstellung des Feldzuges vom Jahre 1831 und hieraus abgeleitete Regeln für Nationalkriege, Berlin 1848:
          "Der General Lissowskoj war eben damit beschäftigt, in Lodz eine konterrevolutionäre Legion aus deutschen Kolonisten zu bilden [...]
          Piotrowski [...] brach dann mit dem beweglichen Theile seine Detaschements nach Lodz auf, wo sich alle, dort zahlreichen, deutschen Kolonisten um Lissowskoj in feindseliger Absicht gegen uns waffneten. Aber ein Haufen dieser Deutschen wird durch eine unser Kavalleriepatrouillen in Zdunska Wola angefallen, streckt die Waffen ohne Widerstand und schiebt die Schuld auf die Agenten einer benachbarten Macht; da trifft am 10. September die Nachricht von dem Falle Warschau's [...] ein."
          Nun zum Vorfalle am 19.9.:
          "Oberstlieutnant Piotrowksi entglitt unglücklich dieser Umfassung auf der Straße nach Sieradz. Die Empörung der deutschen Kolonisten nimmt nun eine drohendere Gestalt an. Die in der Umgegend von Lodz einmal schon beschwichtigten Kolonisten bewaffnen sich aufs Neue unter Hilfeleistung des General Lissowskoj. Ein von Sieradz aus detaschirter Zug polnischer Reiter nebst einem Detaschement Jäger muss bei Zdunska Wola wiederum einem Haufen von mehreren Hundert, durch die Russen in Stich gelassener, deutscher Aufrührer angreifen, worauf diese sich mit Zurücklassung von 30 Mann Toten zerstreuen; fünfzehn Gefangene und ihr Anführer Pope werden demOberstlieutnant vorgeführt, der eben in Lask eine Husarenschwadron zersprengt hatte."

          Leider ist in den Quellen von unterschiedlichen Zahlen von Toten die Rede. Einige Tote konnten die Forscher von Mittelpolen schon identifizieren, wie mir vor 3 Tagen mitgeteilt wurde. Daher verweise ich hier mal auf den Link:

          Ich hoffe, es ist in Ordnung, wenn ich diese Adresse hier veröffentliche. Ich tippe die Namen nicht noch einmal ab, da ihre Identifizierung nicht mein Verdienst ist und verweise deshalb auf den Link.

          Zu Franz Siegert möchte ich noch anführen, dass seine in seiner Sterbeurkunde ...
          "Es geschah in Zdunska Wola am 20.9.1831 um 8 uhr morgens
          Es erschien Wojciech Donart 46 Jahre alt und Jozef Borkart 28 Jahre alt , beide in Zdunska Wola wohnend und bezeugten uns , das am 19.9. um 5 am Vorabend verstarb Franciszek Zygert 33 Jahre alt und hinterlässt seine verwitwete Ehefrau Teresa und ein Kind .Nachdem wir uns vom Ableben überzeugt hatten wurde der Akt den Anwesenden vorgelesen und von uns nur unterschrieben , keiner der Zeugen konnte schreiben"
          (Dank an die freundliche Übersetzung von Robert/zula246)
          ...erwähnte Teresa meine vierfache Urgroßmutter ist. Sie war eine geborene Porsche aus Böhmen - wie ja viele Katholiken in Zdunska Wola -, dort geboren um 1807 (es existieren mehrere Geburtsdaten, aber um 1807 scheint am treffendsten zu sein).

          In zweiter Ehe heiratete sie am 13.11.1832 in Zdunska Wola meinen vierfachen (katholischen) Urgroßvater Vincent Jäger (gestorben am 22.05.1891 in Opiesin), dessen Herkunft noch nicht ganz geklärt ist (Maschwitz in Bayern oder Dorf Czechy?!). Bei ihm finden wir Geburtsdaten von 1790 bis 1811, doch um 1806 scheint mir am plausibelsten zu sein. Er war der Sohn von Jäger, Josef, Fleischer, Schuhmacher?, * 1782 (1830 48 Jahre), + Zdunska Wola 6.05.1830
          und Maria, geb. unbekannt.
          Der Ehe Jäger - Porsche entstammen viele Jäger aus Zdunska Wola.

          Das angesprochene Siegert-Kind konnte ich nicht finden, auch keine Ehe Siegert-Porsche. Vermutl. fanden Geburt und Eheschließung noch in Böhmen statt - in den dortigen Büchern muss ich noch suchen.

          Nach Teresas Tod am 24.03.1848 in Opiesin heiratete Vincent dann Maria Guhl 1850 in Zdunska Wola.

          So viel dazu.

          Gruß aus dem Urlaub
          Eduard
          Hallo Eduard,
          leider kann ich erst jetzt antworten; In meiner Familienforschung (FN Zinapolt) taucht auch der Name Teresa Zygert/Siebert auf, sie war aber mit meinem Ur-Uropa Antoni Zinapolt um 1830 J. verheiratet. Auch der Name Porsche taucht dort auf. Angeblich stammten sie aus Kratzau in Böhmen, vielleicht ergeben sich dort Verbindungen.
          Gruß Peter

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