Todesbuch Eintrag von Georg Schönherr

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  • Christoph-Wal
    Benutzer
    • 04.04.2025
    • 13

    [gelöst] Todesbuch Eintrag von Georg Schönherr

    Guten Tag allerseits,

    Hier nun ein Beitrag, den der ein oder andere vielleicht schon als Teil eines anderen Beitrags von mir gesehen hat - ich hab die mittlerweile zur besseren Übersicht geteilt.

    Es geht um den Todesbucheintrag zu Georg Schönherr, gestorben am 16.8.1809 in Flaurling, Tirol.

    Matrikeneintrag: Flaurling, Totenbuch I, fol. 243 ( MF 0758-06_Flaurling, Polling - Priesterverz., TB I, TR I, TO I_1324-_1920_0126)

    Link: https://matriken.tirol.gv.at/portal/searchresult.php?searcharea=portal&category=1688&m c=781611

    Was ich erkennen kann, ist in agro Oberhofen exilatus …. Militi obcipet - was bedeuten könnte auf einem Feld/Platz vor Oberhofen hat er einen Deserteur zur Rede gestellt - oder ist er selber der Deserteur? Zeitlich passt das jedenfalls genau zu den Tiroler Aufstände gegen die bayrische Besatzung während der napoleonischen Kriege

    Im Anhang auch noch ein Screenshot des Eintrages.

    Vielen Dank schon einmal für jeden, der sich das anschaut!

    Beste Grüße,
    Christoph
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  • Christoph-Wal
    Benutzer
    • 04.04.2025
    • 13

    #2
    Mit den Tools, die hier empfohlen wurden (vorallem Enigma hat mir geholfen) kam ich zumindest ein wenig weiter, hier ist mein momentaner Lesevorschlag:

    Eodes die —
    in agro Oberhofen
    .rr.atus (erratus?) temerante
    Militi obstupet, —
    — incorp(b=p)…
    eodes dies 18 .. putres
    die in —
    moratus fuit, R.J.F

    Womit ich noch zu kämpfen hab, ist das sinnvoll zu Übersetzen.

    An diesem Tag —
    auf einem Feld/Platz bei Oberhofen
    hat er einen herumirrenden, rücksichtslosen/tapferen Soldat konfrontiert
    - incorp.. könnte irgendwas mit getötet heißen-
    und die letzten Zeilen würd ich so interpretieren, dass er erst 2 Tage nach dem 16. bestattet werden konnte

    Nun weiß ich nicht, ob ich durch meine eigene Vorstellung (der Todestag ist kurz nach der 3. Bergiselschlacht) zu den falschen Vokabeln tendiere. Georg Schönherr selbst zumindest schien kein Soldat gewesen zu sein, mit 63 Jahren wär dafür in einem stattlichen Alter gewesen.

    Was haltet ihr von dem was ich da erkannt/übersetzt habe?

    Beste Grüße,
    Christoph

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    • jebaer
      Erfahrener Benutzer
      • 22.01.2022
      • 3805

      #3
      Hallo Christoph,

      "eodes" wäre keine lateinische Form. Was Du als "s" liest, ist hier ein Zeichen, dass der Schreiber sich ein "m" gespart hat - ich würde lesen: "eadem die 9na".
      "obstupet" sehe ich überhaupt nicht, hier neige ich im Moment zu "objecisset".
      In den letzten Zeilen "lese" ich:

      "... per cæsaris alas
      vulneribus confossus,
      tandem(?) die 16ta putre-
      dine jam correptus
      inventus fuit. R.J.P."

      "... durch des Kaisers Berittene
      mit Lanzen niedergestochen,
      endlich(?) am 16. Tag von Fäul-
      nis schon befallen
      ist er gefunden worden. Er Ruhe In Frieden."

      "Eadem die" verweist offensichtlich auf den vorherigen Eintrag, und ich frage mich, ob die Übereinstimmung über das Datum hinausgeht. Wirklich lesen kann ich den auch noch nicht, dort ist aber ebenfalls von Milites die Rede, und es heißt, der Verstorbene 18jährige sei auf der Flucht gefangen und schwer verletzt worden.


      LG Jens
      Zuletzt geändert von jebaer; 09.04.2025, 21:48.
      Am besde goar ned ersd ingnoriern!

      Kommentar

      • jebaer
        Erfahrener Benutzer
        • 22.01.2022
        • 3805

        #4
        So, meine abendliche Bastelstunde hat folgendes wackliges Konstrukt erbracht:

        eadem die 9na de-
        in agro Oberhofensis
        armatus temere se
        Militi objecisset glan-
        de per caesaris alas
        vulneribus confossus
        tandem(?) die 16ta putre-
        dine jam correptus
        inventus fuit. R.J.P.

        am selben Tag, dem 9ten, da-
        nach auf Oberhofischem Feld
        hätte er bewaffnet blindlings sich
        einem Soldaten entgegengestellt mit einer Schleu-
        der, durch des Kaisers Berittene
        mit Waffen niedergestreckt
        ist er endlich am 16. Tag von Fäul-
        nis schon befallen
        gefunden worden. Er Ruhe In Frieden.


        LG Jens
        Zuletzt geändert von jebaer; 09.04.2025, 23:44.
        Am besde goar ned ersd ingnoriern!

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        • Christoph-Wal
          Benutzer
          • 04.04.2025
          • 13

          #5
          Wow, vielen herzlichen Dank Jens!

          Für mich scheint das stimmig zu sein, und mit deiner Vorlage meine ich auch die Wörter im Original zu erkennen. Außer vulneribus, da erkenne ich nach wie vor nur Kritzelei

          Dürfte ich dir noch 2 Fragen zu deinem „Lese-Prozess“ stellen, damit ich meinen ein wenig verbessern kann?
          Benützt du digitale Hilfsmittel wie Transkribus (meiner Erfahrung nach sind die Online-Kirchenmatriken oft in zu schlechter Qualität) oder baust du eher auf Erfahrung und Wörterbücher?
          Und wie genau nahmen es die Priester früher mit lateinischer Grammatik und Rechtschreibung deiner Erfahrung nach - im deutschen zumindest tauschen die oft P-B, T-D, G-C-K, auch B-W hab ich schon gesehen - sind die im lateinischen strenger?

          Vielen Dank nochmal für die klasse Übersetzung, du bist einsame Spitze!

          Beste Grüße,
          Christoph

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          • jebaer
            Erfahrener Benutzer
            • 22.01.2022
            • 3805

            #6
            Zitat von Christoph-Wal Beitrag anzeigen
            Benützt du digitale Hilfsmittel wie Transkribus
            OCR und "Übersetzer" nutze ich nicht. Überlege ich mir vielleicht mal, wenn deepl Latein kann ...
            Viel wichtiger sind Geduld und ein wenig Vorstellungsvermögen. Hilfreich ist immer der Vergleich mit anderen Texten in der gleichen Handschrift - Blättern ist immer gut!
            Auch in Wörterbüchern, da habe ich mir ein paar heruntergeladen, und die deutsche Version des "Lexicon abbreviaturarum" von Adriano Cappelli!

            Und wie genau nahmen es die Priester früher mit lateinischer Grammatik und Rechtschreibung deiner Erfahrung nach
            Kann ich pauschal nicht beantworten. Ein Dorfpfarrer hatte sicher eine andere Ausbildung und war anderen Anforderungen unterworfen als der Schreiber in einer Dompfarrei.
            Latein galt zwar als "lingua franca" quasi als grenzenlos, aber vor kirchenlatenischen Texten etwa aus Italien steh ich wie der Ochs vorm Berg.


            LG Jens

            Am besde goar ned ersd ingnoriern!

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            • Christoph-Wal
              Benutzer
              • 04.04.2025
              • 13

              #7
              Danke für die Tipps!
              Das Lexicon Abbreviaturarum sieht sehr nützlich aus, das kommt direkt auf die Wunschliste :-)
              Ansonsten heißt das für mich wohl erstmal üben, üben, üben

              Danke auch nochmal für die beiden Übersetzungen

              Beste Grüße,
              Christoph

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              • Christoph-Wal
                Benutzer
                • 04.04.2025
                • 13

                #8
                Noch ein kleiner Follow up, um dir zu zeigen wie treffend deine Übersetzung war 😉

                Ich hab aus einer anderen Quelle den Namen Georg Schönherr als Gefallenen entdeckt, während einer Kampfhandlung bei Telfs am 9. August

                Zitat:
                Einige am 9. August 1809 bei Telfs und in der Umgebung von getöteten Tiroler Landesverteidiger werden namentlich in diversen, nach dem Krieg erstellten Gefallenenlisten der Gerichte (mitgeteilt u. a. in der „Sammlung Fritz Kirchmair“) erwähnt. Folgende Namen scheinen dabei auf:

                Trenkwalder Josef, Schmied zu Oberhofen, wurde am 9. 8. 1809 zu Oberhofen erschossen
                Reitmayr Jakob, Bauer zu Flaurling, wurde am 9. 8. 1809 durch Säbelhieb getötet
                Schönherr Georg, Bauernsohn zu Flaurling, welcher am 9. 8. 1809 getötet wurde
                Kirchmayr Franz, Bauernsohn zu Pfaffenhofen, welcher am nämlichen Tag in Pfaffenhofen zu Tode gekommen ist
                Grünauer Josef, Bauernsohn zu Inzing, der am 9. 8. 1809 erschossen wurde …
                Mader Alexander, Bauer zu Barwies, wurde 1809 an der Telfser-Brücke erschossen …
                Gamper Josef, Schneider zu Morter (Gericht Schlanders, Südtirol, Anm.), wurde am 9. 8. 1809 zu Telfs erschossen

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                • jebaer
                  Erfahrener Benutzer
                  • 22.01.2022
                  • 3805

                  #9
                  Danke für's Feedback!
                  Der in dem Eintrag davor Verstorbene wird als Jacob Reutmayr benannt, das dürfte wohl der zweite auf der Liste sein.
                  Dort heißt es, der sei auf der Flucht abgefangen und schwer verletzt worden, hätte aber noch alle Sakramente empfangen, bevor er starb.


                  LG jens
                  Am besde goar ned ersd ingnoriern!

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                  • bamberg1708
                    Benutzer
                    • 04.03.2025
                    • 74

                    #10
                    Lieber Christoph,

                    ich glaube, dass es viel, viel Übung und Erfahrung braucht, bis man das Übertragen von Handschriften flüssig, zuverlässig und schnell kann. Und hervorragende Lateinkenntnisse, die auch kaum ein Hobbyforscher hat, ich jedenfalls leider nicht.
                    Ich bewundere Jens hierfür auch immer wieder.

                    Zu Deinem "vulneribus"-Problem möchte ich Dir einen Hinweis geben.
                    Hier ist eine Falle aufgestellt, um es metaphorisch zu sagen:
                    Und zwar die Buchstaben aus der Zeile davor oder danach mit Unter- bzw. Oberlänge.
                    Es manchmal unglaublich schwer, zu erkennen, ob ein Strich zu dem Wort gehört, in dem er sich befindet, oder zu der Zeile davor und danach.
                    In die Falle bin ich auch erst wieder getappt. Jens weiß, wovon ich rede ;-).
                    Im Fall von "vulneribus" ist diese Falle dreimal aufgestellt:
                    1. das "p" von per
                    2. das "s" von caesaris
                    3. und "tandem" vermischt von unten mit dem "er" von "vulneribus".

                    Daher der Tipp, bei unlesbaren Worten die Zeile davor und danach auf die Unter- bzw. Oberlängen kritisch zu analysieren.

                    Gruß
                    bamberg1708
                    Zuletzt geändert von bamberg1708; 15.04.2025, 17:58.

                    Kommentar

                    • Christoph-Wal
                      Benutzer
                      • 04.04.2025
                      • 13

                      #11
                      Hallo Bamberg,

                      Danke auch für deine Antwort!
                      Das hat mich tatsächlich auch in die Irre geführt, und einige Buchstaben bei denen ich mir nicht 100% sicher war haben sich nachträglich als falsch herausgestellt :-)

                      zB auch das ß von objecißet hab ich eindeutig als P identifiziert

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