Art des Textes: Brief
Jahr des Textes: 1899
Ort der Text-Herkunft: Rheinland (Siebengebirge)
Jahr des Textes: 1899
Ort der Text-Herkunft: Rheinland (Siebengebirge)
Hallo liebe Mitforscher,
ich habe einen Brief aus dem Familienbestand.
Ich finde den Brief interessant, gibt er doch einen Einblick in die Lebensumstände einer bäuerlichen Familie am Ende des 19. Jahrhunderts.
Zum Hintergrund: Der Vater ist schon früh gestorben und hat neun zum Teil halbwüchsige Kinder hinterlassen. Die Witwe und die Kinder versuchten die Landwirtschaft 'über die Runden zu bringen'.
Zum Zeitpunkt des Briefes sind die Söhne junge Erwachsene und versuchen sich neben der Landwirtschaft Einkommensquellen zu erschließen. Einer der Söhne ist zur Weiterqualifikation als Steinmetz nach Bayern gegangen, will später aber auf den elterlichen Hof zurückkehren und dort einen Steinbruch einrichten.
Das meiste konnte ich entziffern, aber wie so oft bleiben ein paar unsichere Stellen und einige Lücken.
Ich danke Euch für Eure Hilfe.
„Perlenhardt, den 1. November 1899
Lieber Heinrich,
ließ, doch Gleichgültigkeit ist es gewiß nicht gewesen, sondern haupt-
sächlich Zeitmangel und Schrecken vor dem Anfange eines
Briefes. Deiner freundlichen Einladung dorthin zu kommen
konnte ich auch nicht gut folgen, da in den Kirmestagen Wilhelm
mit Frau und Schwager hierhin kamen, zudem wird so eine
Reise immer kostspielig und das Geld hat man jetzt wo es bald Martini
ist gut zu gebrauchen. Wir haben bei der Kirmes und der Hochzeitsfeier
Dich und Josef) doch sehr vermißt doch werdet Ihr Weihnachten wohl zu-
sammen hierhin kommen. Josef hat Dier gewiß schon geschrieben
und wirst Du aus seinen Briefen wohl gesehen haben, daß er sich
ganz gut schickt wird auch ein tüchtiger Soldat werden, wie sein
Unterofizier Peter versicherte, welcher am vorigen Sonntage in
Coblenz war und dort auch erfahren hat, daß … Josef auch schon mit Gloria
… … … . Ich hätte immer gewünscht an seiner Stelle Soldat zu
werden. Doch mit Gottes Hülfe wird schon alles gut gehen. Vielleicht wird
er auch etwas beherzter, was ihm eigentlich nichts schaden könnte.
Du schriebst vor einiger Zeit, ich möchte Dir einmal schreiben, wie
es mit unseren Finanzen stünde. Darum will ich Dir mittheilen, wie
es in dieser Beziehung aussieht. …… Weizen haben wir gleich
gedroschen und verkauft zu 15,75 M[ark] per Sack. Das machte bei 250 M.
welche wir gleich Ohm Johann gegeben haben, dieser bekommt also noch
70 M. Dazu kommen noch 76 M. für Pacht, 60 M. für Zinsen und ungefähr 100 Mark
für Kunstdünger oder sonstige Kleinigkeiten.
Zur Deckung dieser Ausgaben haben wir eine Kuh zu
verkaufen für ungefähr 150M. und dazu den alten Fritz) der auch so ziemlich
abständig geworden ist wofür wir vielleicht 60-70 M. bekommen
werden. Dann haben wir wieder noch einige tausend
Pfund Kartoffeln vorräthig. Die hier einen sehr guten
Ertrag geliefert haben und nicht sehr hoch im Preise stehen
– 2,50 per Ctr. Anton hat jetzt wieder ein sehr gutes Verdienst,
da Bachems hier einen ziemlich großen Sockel machen
lassen, der vielfach aus zurückgelegtem Material verfertigt
werden kann. Nebenbei verdiene ich auch noch etwas daran,
da Joh. Jörres und ich das Abfahren besorgen. Wenn unser Pferd
so lange aushält, werden wir diesen Winter auch die alten
Tritte wegfahren, da Bachems darauf drängen dieselben
herunter zu bekommen. Du siehst also, daß wir auch noch etwas
dazu verdienen können. Ende dieser Woche ist Lohntag wir werden
zusammen 110-120 M verdient haben, womit sich schon etwas machen
läßt. Wir hatten hier eine ausgezeichnete Ernte, besser noch
als im vorigen Jahre. Soviel Hafer als dies Jahr haben wir
noch nie geerntet seit ich weiß, von der Hart …… haben wir
bei 25 Malter gedroschen, die andere liegt noch im Hof wird auch
noch bei 50 Malter ausmachen. Unsere ….. daran wollen wir
wenn so auszukommen ist nicht verkaufen bis Frühjahr …… … .
Die beiden Pferde in der Zeit noch einen schönen Haufen vertilgen
da jetzt ziemlich ……. …. Werden muß. Mit der Ausaht
sind wir ungefähr fertig nur das Rübenfeld muß noch mit Weizen
gesäht werden. Es ist hier sehr schönes Wetter richtiger Allerheiligen-
sommer, wobei die Arbeiten rüstig voran gehen. Auch diesen Sommer
hatten wir fast immer günstiges Wetter. In der Ernte war es heiß …
…. so daß wir in 5 Wochen alles unter Dach hatten.
Herrn ….. haben wir auch aus der Noth geholfen indem wir ihm
Korn und Weizen gemäht haben, jedoch ist dies nicht umsonst geschehen,
einmahl haben wir an einem Tag zusammen 20 M. verdient. Sonst haben
wir 5 M. pro Mann und Tag gehabt. Mit meinen Bienen stehe ich
ziemlich wie voriges Jahr. Anfangs versprachen dieselben einen
Riesenertrag, doch bei dem schlechten Wetter des Vorsommers mit
seinen vielen Regentagen in …………. die armen Tiere in ihren
vollgetropften Wohnungen sogar erstickt sind gingen diese Hoffnung
zu Grunde. Zum …… …… nachhehr ….. spät nur so habe
ich auch keinen einzigen Schwarm erhalten. Von drei Kunst ……
die ich gemacht ist einer ….. geworden, doch habe ich mir von Wilhelm
….. noch einen gekauft. Infolgedessen bin ich jetzt auf 8 Stöcke
gekommen denen ich 60 (Pfund?) Zucker gefüttert habe. An Honig habe
ich bei 80 M (Pfund?) erhalten der ………….. abgegangen ist so daß ich
schon bei Wilhelm ……. gekauft habe. Hast Du auch im Siegbote
die Polizeiverordnung vom 26. Oktober betreffs des Siebengebirges
gelesen? Eine nette Geschichte das nicht mehr (nicht wahr?)? In der Hart
werden wir wohl sch…. anfangen dürfen. Wie es hier in
der Perlenhardt geht müßen wir einmal abwarten. Die Kerle (?).
sind fähig auch diesen gewaltsam …… ……. ….. , jedoch werden
sie ihn dann ….. müsse n. Ob wir aber den …….
…. dafür bekommen, ist …. fraglich . Die Arbeiten
am Ölberg werden in 14 Tagen auf ….. . Ob der Verschönerungs-
Verein der jetzt mit der Provinzialverwaltung verbunden ist
dies im Gütlichen oder auf ….. enteignungs …. zustande
gebracht hat, weiß man noch nicht. Ebenso habe ich bis jetzt noch
nicht über die Höhe der Entschädigungssumme … ….. Jedenfalls
werden in …. Zeit andere Betriebe folgen.
Daß so etwas im schönen deutschen Staat geschehen kann,
hätte man doch nicht für möglich gehalten. Es wird hier eine
arme Gegend geben. Dann wird sich nachher noch (gewundert?),
weshalb es Sozialdemokraten gibt.
Nun will ich Dir auch mitteihlen, was es sonst noch Neues gibt.
Deine alte Freundin (Theresyna Reuter?) ist schon einige
Wochen mit Franz verheiratet und wohnt …. Mai kö ….. Heuse wo sie
ein Spe ….. geschäft betreiben …. ein richtiger Winkel b.. wie
es hier hieß. Wilhelm hält sich immer noch … … …
wird schließlich doch ein Junggeselle bleiben.
… … …hn haben sich hier … … aufregende Fälle zugetragen.
Am Kirmes ……… hat sich Karl Dahm unvorsichtiger
Weise mit einer Pistole geschossen, doch ist die Sache so schlimm
nicht gewesen wie anfangs die Aufregung war. Die Kugel ist
schräch (?) über die Rippen gegangen und dann in der … … sitzen
geblieben. Die Alten haben natürlich einen Heidenlärm vollführt
ihr süßer Sprößling sei von anderen geschossen worden bis die Sache
sich herausstellte.
Am vorigen Samstag hat … … Schneider seinen Bruder
Christian in der Trunkenheit gest … … … so daß dieser
… mit H. Sackramenten versehen worden ist, doch ist er
jetzt auf der Besserung, der … … sch … Bandit ist … …
geflohen und so der Verhaftung entgangen. Wie man
hört ist er jetzt wieder hier und wird auch wohl …. der andere mit dem
Leben da … kamt auf freiem Fuß bleiben freihlig schade genug.
Ich muß nun schließen. Du wirst doch genug zu enträtseln haben
und wenn Du die Fehler alle finden wolltest so hättest Du einen
halben Tag Arbeit.
In der Hoffnung Dich Weihnachten wieder zu sehen grüßt Dich
Johann"
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