[gelöst] Feldpostbrief 1 Oktober 1915 Frankreich

[Feldpost-Nachlass]

Quelle bzw. Art des Textes: Feldpostbrief
Jahr, aus dem der Text stammt: 1915
Ort/Gegend der Text-Herkunft: Frankreich
Namen um die es sich handeln sollte:

Ich habs hier nochmal selber versucht, ist aber stark verbesserungswürdig


Liebe Eltern!
Ich greife nun heute schon wieder zur Feder um Euch zu schreiben. Doch ist es auch notwendig, denn der Kaffee geht zu Ende und im letzten Briefe habe ich das vergessen.
Kann Euch auch mitteilen daß aus dem Urlaub wieder mal nichts wird. Wir Ihr aus den Zeitungen gelesen habt, haben die Engländer u. Franzosen von der Lorretohöhe bei Arras angegriffen. Furchtbare Kämpfe finden dort wieder statt. Auch das III. Bataillon des 16. Inf. Rgt. ist dorthin gekommen. Wer wird noch zurückkommen davon? Im Juni was das I Bat. dort. 2x bekam es Ersatz dort und kam doch bedeutend schwächer zurück als es vorher war. Wir sind also noch 2 Bat. Es gibt kein Bat in Ruhe mehr.

Nur noch Stellung oder Unterstützung. Unterstützung heisst Tag und Nacht schanzen. Die letzten Arbeiten für den Winterfeldzug werden jetzt gemacht. Der Urlaub heisst es ist bis (auf) weiteres eingestellt. Hätte man die Damen wie es gebuehrt fahren lassen, so waeren laengst alle draussen gewesen. Aber es musste ja auch da hergehen wie überall. Von einer Gerechtigkeit ist ja schon längst keine Rede mehr. Die seit Anfang im Felde sind haben auch scheinbar keinen Urlaub nötig. Als Kanonenfutter sind sie auch gut genug. Eine Portion Strafen konnte man viel eher haben. Dass ist eben das Traurige was einem die Lage noch Schlechter macht. Undank tut weh. So heisst schon immer. Und dass ist auch hier wa(h)r. Vor 3 Wochen war wieder Ordenverleihung. Hie bei? der Ref. Koenig 3 Unteroffiz. und 2 Gefr. mit dem Verdienstkreuz. Gebuehrt haett's blos einen. Gefreiten, welchervom Anfang an Soldat ist

und alles mitgemacht hat und diesem gab man bloss mit Schwertern. Die anderen 4 mit Krone u. Schwertern. Obwohl die 3/2 (?) Unteroffz. ein in die Stellung gehen da einer die Pferde hat, einer die Lebensmittel, einer d. ???

.....................

[StefOsi]

Hallo Feldpostler,

ein kleiner Tipp. Um den Helfenden die Arbeit zu erleichtern, formatiere doch bitte deinen bereits entzifferten Text so wie er im Original steht, also mit den entsprechenden Zeilenumbrüchen. So findet man leichter die Stellen wo es u.U. noch Probleme gibt.

[Feldpost-Nachlass]

Danke für den Tip! Werde ich machen!

[Herbstkind93]

Liebe Eltern!
Ich greife nun heute schon wieder zur Feder um Euch zu
schreiben. Doch ist es auch notwendig, den der Kaffee
geht zu Ende und im letzten Briefe habe ich vergessen.
Kann Euch auch mitteilen daß aus dem Urlaub wieder
einmal nichts wird. Wir Ihr aus den Zeitungen gelesen habt,
haben die Engländer u. Franzosen von der
Loretohöhe bei Arraß angegriffen. Furchtbare Kämpfe
finden dort wieder statt. Auch das III. Bataillon des 16. Inf. Rgt.
ist dorthin gekommen. Was wird noch zurückkommen davon?
Im Juni was das I Bat. dort. 2x bekam es Ersatz dort und
kam doch bedeutend schwächer zurück als es vorher war. Hier
sind also noch 2 Bat. Es gibt kein Bat in Ruhe ..... mehr.

[mawoi]

S.4:
Da jetzt die Komp. fort ist bekommen wir auch keine
Post mehr. Ich bitte Euch, schreibt jetzt wieder
fleißig auf die neue Adresse und sendet hi u.
da etwas besonderes, Kaffee. Gebt auch die
neue Adresse allen bekannt, welche immer geschrieben
haben, auch b.d. Zeitung. Ihr glaubt es kaum, wie
hart uns ist wenn wir keine Post mehr bekommen,
wie es jetzt wieder ist. Vielleicht könnt Ihr einmal
ein Pfund Mehl und eine Schachtel Eier schicken.
Zu Eier bekommt man eigene Schachteln zum schicken.
Mein Quartiergenosse kann nähmlich Pfannenkuchen
machen. Butter oder Schmalz felt? auch dazu. Er kocht immer
und ich kanns blos probieren. Also schickt mir auch
einmal was, wenn möglich. Vielleicht besorgts I. Rehl?

VG
mawoi

[Herbstkind93]

Seite 2
Blos noch Stellung oder Unterstützung. Unterstützung heißt Tag
und Nacht schanzen. Die letzten Arbeiten für den Winter-
feldzug werden jetzt gemacht. Der Urlaub heißt es ist bis
weiteres eingestellt. Hätte man die dennen es gebührt
hätte fahren lassen, so wären längst alle draußen
gewesen. Aber es mußte ja auch da hergehen wie überall.
Von einer Gerechtigkeit ist ja schon längst keine Rede mehr.
Die seit Anfang im Felde sind haben auch scheins keinen
Urlaub nötig. Als Kanonenfutter sind so auch gut genug.
Eine Portion Strafen könte man viel eher haben. Daß
ist eben das Traurige was einem die Lage noch schlechter
macht. Undank tut weh. So heißt schon immer. Und daß
ist auch hier war. Vor 3 Wochen war wieder Ordenverleihung.
Hir bei der Res. Komp. 3 Unteroffz. und 2 Gefr. wurden
mit dem Verdienstkreuz. Gebührt hätts blos einen
Gefreiten, welcher vom Anfang an im Felde ist

[mawoi]

Hallo,
die letzte Seite:
Die Brief nicht allen lesen lassen, denn jeder
faßt es doch nicht, was man da schrieibt. Die
Leute daheim können sich ja das nicht so vorstellen.
Es gehört nur für Euch
In der Hoffnung auf ein Wiedersehen
grüßt Euch vielmalls
Euer Sohn Albert
Grüsse an Euch alle
I. bayr. Armeekorps
10.Inf.Div
16 bayr.Inf. Regt.
Rgt. Stab
Inf. Pioniere

VG
mawoi

[Herbstkind93]

Seite 3
und alles mitgemacht hat. Und diesem gab man es blos
mit Schwertern. Die anderen 4 mit Krone u. Schwertern.
Obwohl die 3 Unteroffz. ein in die Stellung gehen da einer
die Pferde hat, einer die Lebensmittel, einer d. Park.
Und der 2te Gefr, ist ein Ersatzreservist, einer der größten
Lumpen der Komp. hat vom Zw.....37 Vor-
strafen. Seit Nov. im Felde nichts mitgemacht und doch
hat man ihm zum Gefreiten befördert u noch dag.....
einen Orden gegeben. Nach dem Sturme b. Montauban
am 2. Okt. 1914 hatte die Komp blos noch 27 Mann.
So sah die Res. Kom. aus. Auch die Offitiere lagen tot
oder verwundet auf dem Feldern vor Mariakour. Und
heute nach einem Jahre laufen die meisten dieser tapfern
Leute noch als Pioniere umher ohne jede Auszeichnung.
So dankbar ist man im Felde den Kriegern. Wie
wirds nach dem Krieg werden. Wenigstens bei den

[mawoi]

S.4
Verwundeten wirds recht schwindelhaft hergehen. Es
scheind 1840 auch schon ein wenig so gewesen sein.
Ich denke mit immer, einer weiß es doch, was ich schon alles
tun mußte und noch tun muß fürs Vaterland.Und
dort wird es doch gerechter hergehen, wie hie auf dieser Welt.
Auf dieser Welt gibt es keine Gerechtigkeit mehr. Die größten
Lumpen sind meistens am besten dran. Ich werde jetzt
immer mehr satt an diesem Morden. Und gar kein Ende
ist zu ersehen. Hier ist es jetzt wieder ganz ruhig. Ver-
gangene Wochen wurde Tag u. Nacht gefeuert.
Und jetzt ist es ruhig. Man hat alles nach Arraß gezogen.
Uns gegenüber sind jetzt Engländer. Die Franzosen müssen
warscheinlich bei Arraß wieder am meisten dabei sein.
Gestern vor einem Jahr erreichten wir die Stellung von heute und
gruben uns über Nacht ein. Aus diesem kleinen Graben
wurde eine mächtige Feldbefestigung und jetzt sitzen
wir ein Jahr an gleicher Stelle.

VG
mawoi

[Feldpost-Nachlass]

Vielen, lieben Dank! Das ist ja ungeheuer interessant. Kann ich mich irgendwie revanchieren?

[mawoi]

Noch ein paar Kleinigkeiten.
Seite 3
und alles mitgemacht hat. Und diesem gab man es blos
mit Schwertern. Die anderen 4 mit Krone u. Schwertern.
Obwohl die 3 Unteroffz. nie in die Stellung gehen da einer
die Pferde hat, einer die Lebensmittel, einer d. Park.
Und der 2te Gefr, ist ein Ersatzreservist, einer der größten
Lumpen der Komp. hat vom Zivil hr 37 Vor-
strafen. Seit Nov. im Felde nichts mitgemacht und doch
hat man ihm zum Gefreiten befördert u noch dazu
einen Orden gegeben. Nach dem Sturme b. Montauban
am 2. Okt. 1914 hatte die Komp blos noch 27 Mann.
So sah die Res. Komp. aus. Auch die Offiziere lagen tot
oder verwundet auf dem Feldern vor Mariakour. Und
heute nach einem Jahre laufen die meisten dieser tapfern
Leute noch als Pioniere umher ohne jede Auszeichnung.
So dankbar ist man im Felde den Kriegern. Wie
wirds nach dem Krieg werden. Wenigstens bei den[/QUOTE]

[Feldpost-Nachlass]

Danke!

[Svenja]

Hallo

Mit Mariakour ist wohl das Dorf Maricourt gemeint, das ganz in der Nähe von Montauban im Département Somme in der Picardie liegt. Mein Urgrossonkel ist bei Montauban gefallen, einen Monat bevor dieser Brief hier geschrieben wurde. Ich war mal in der Gegend, habe aber nur Fotos vom deutschen Soldatenfriedhof in Fricourt gemacht.

Gruss
Svenja