Uebersetzung eines Fruehneuhochdeutschen Textes (1470) in Hochdeutsch

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  • Rieke
    Erfahrener Benutzer
    • 13.02.2012
    • 1300

    [gelöst] Uebersetzung eines Fruehneuhochdeutschen Textes (1470) in Hochdeutsch

    Quelle bzw. Art des Textes: Transkript
    Jahr, aus dem der Text stammt: 1470
    Ort/Gegend der Text-Herkunft: Wien


    Liebe Lesehelfer,

    Dieses Transkript einer Quelle von 1470 habe ich heute gefunden.
    Koennte mir bitte jemand dies in Hochdeutsch uebersetzen, so dass ich verstehe, worum es geht zwischen der Kunigunde Hirsvogel[in] und dem Hanns Stettner?

    Schonmal herzlichen Dank fuer Eure Muehe!

    Rieke



    Ulreich Kerner, kirchmaister Allerheiligen tumbkirchen zu sand Steffan, Niclas Ernst, Hanns Heml, Hanns Inglsteter, Andre Glogauer und Steffan Stressl, all sechs des rats der stat zu Wienn, beurkunden, dass vor dem Rathe Kunigund, Ulreich Hirsvogel hausfrau, und Hanns Stettner, mitburger daselbs, um die Abordnung von Beschauern gebeten haben wegen ertlicher irer geprechen, so sie hieten von wegen dreyr venster, die aus der egenanten Hirsvoglin haus zenagst Procopen, des goltsmid, haus in der Walichstrass in des bemelten Hannsen Stettner hof seins hauss, zenagst Hannsen von Aich, des seidennater, haus daselbs gelegen, giengen, auch ander geprechen, die derselb Hanns Stettner an seiner maur hinden im hof, die zu erkloben wer, hietten. Im Einvernehmen mit der stat gesworn werchleut, maister Hannsen Retsch, dem stainmessen, und maister Partlme Perger, dem zimerman, nehmen sie die Beschau vor und entscheiden: Also dass die dreu venster, die aus der egenanten Hirsvoglin haus in des bemelten Hannsen Stettner hof geent, mit invallunden liechten gemacht, auch verneczt und verstengt werden sullen von der egenanten Hirsvoglin gut, auch sol und mag im der vorgenannt Hanns Stettner von dem tor und prunn ain gewelb uber den hof uncz an das venster zenagst des jeczgenanten prunns, als das ausgezaigt ist, machen und nach seinen notdurfften darauf paun, wes in verlust, doch dem liecht der egenanten venster an schaden, und darzu ain pogen von dem hindern egk seins hauss uber den hof von drein oder drithalben ziegl dikh in der bemelten Hirsvoglin egk irs hauss sliessen und machen lassen, alles von seinem gut an der Hirsvoglin und irer nachkomen schaden.
    Source Regest: Quellen zur Geschichte der Stadt Wien, Bd. II/3, Nr.
    Meine Spitzenahnen....
    waren arm aber reinlich. Ihr Motto? Lieber leere Taschen als volle Hosen.
  • henrywilh
    Erfahrener Benutzer
    • 13.04.2009
    • 11862

    #2
    Es scheinen ein paar wenige Worte falsch gelesen zu sein. Aber egal. I do my very best. Es war die Zeit, als der Rat der Stadt sozusagen das Zivilgericht war. Hier geht es um einen Streit im Rahmen des Nachbarschaftsrechtes. Der Rat der Stadt hat Fachleute als Gutachter beauftragt, in diesem Falle Bauhandwerker, und entscheidet aufgrund deren Gutachten:


    Ulrich Kerner, Kirchmeister (googlen!) der Allerheiligen Tumbkirche zu Sankt Steffan, Niclas Ernst, Hanns Heml, Hanns Inglsteter, Andre Glogauer und Steffan Stressl, alle sechs Ratsherren der Stadt zu Wienn, beurkunden, dass vor dem Rate die Kunigunde, des Ulrich Hirsvogls Ehefrau, und Hanns Stettner, Mitbürger hier, um die Abordnung von Gutachtern gebeten haben wegen einiger ihrer Beschwerden, die sie hätten wegen dreier Fenster, die aus dem Haus der genannten Frau Hirsvogl, neben dem Haus des Goldschmiedes Procop in der Walichstraße, in den Hof des Hauses des genannten Hanns Stettner, neben dem Haus des Hans von Aich, des Seidenwebers(?) dort gelegen, gingen, auch andere Schäden/Belästigungen, die derselbe Hanns Stettner an seiner Mauer hinten im Hof, die zu erkloben(???) wäre, hätte. Im Einvernehmen mit den vereidigten Handwerkern der Stadt, Meister Hanns Retsch, dem Steinmetzen und Meister Bartholomäus Berger, dem Zimmermann, nehmen sie die Beschau vor und entscheiden: Also dass die drei Fenster, die vom Haus der erwähnten Frau Hirsvogl auf den Hof des erwähnten Hanns Stettner gehen, mit einfallenden Lichtern gemacht, auch verneczt(??) und verstärkt(?) werden sollen auf Kosten der genannten Frau Hirsvogl, auch soll und darf ihm, dem genannten Hanns Stettner (erlaubt sein), vor dem Tor und Brunnen ein Gewölbe über den Hof und an das Fenster nahe dem soeben erwähnten Brunnen, wie gezeichnet, zu, machen und nach seinen Bedürfnissen darauf zu bauen, jedoch zum Ausgleich des Lichtverlustes der erwähnten Fenster einen Bogen von dem hinteren Eck seines Hauses über den Hof von drei oder dreieinhalb Steinen Stärke in die Ecke des Hauses der erwähnten Frau Hirsvogl anschließen und machen lassen, alles auf seine Kosten, ohne Nachteil der Frau Hirsvogl und ihrer Nachkommen.


    Source Regest: Quellen zur Geschichte der Stadt Wien, Bd. II/3, Nr.
    Schöne Grüße
    hnrywilhelm

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    • Rieke
      Erfahrener Benutzer
      • 13.02.2012
      • 1300

      #3
      Lieber Henry,

      Du bist ja Spitze!
      So macht das alles Sinn. War damals nicht anders als heute, wenn Nachbarn sich zu dicht auf die Pelle rueckten und Licht wegnahmen

      "Geprechen" sind hier also "Beschwerden" und "Beschauer" sind "Gutachter" ..... warum bin ich nicht darauf gekommen


      fuer diese schnelle Hilfe!

      Rieke
      Meine Spitzenahnen....
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      Kommentar

      • Xylander
        Erfahrener Benutzer
        • 30.10.2009
        • 6798

        #4
        Hallo Rieke, hallo Henry,

        bei der Tumbkirche handelt es sich um die Domkirche, also den Stefansdom. Aber das wusstet Ihr vielleicht längst.

        Viele Grüße
        Xylander

        Kommentar

        • henrywilh
          Erfahrener Benutzer
          • 13.04.2009
          • 11862

          #5
          Zitat von Xylander Beitrag anzeigen
          Hallo Rieke, hallo Henry,

          bei der Tumbkirche handelt es sich um die Domkirche, also den Stefansdom. Aber das wusstet Ihr vielleicht längst.

          Viele Grüße
          Xylander
          Nee, danke, wusste ich nicht. Klang mir nach "dumme" Kirche.
          Schöne Grüße
          hnrywilhelm

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          • Rieke
            Erfahrener Benutzer
            • 13.02.2012
            • 1300

            #6
            Hallo Xylander,

            Ich muss zugeben, dass ich das nicht wusste , aber habe das deduziert, nachdem ich nach dem Kirchmeister Kerner gegoogelt hab und auf dieses Buch gestossen bin

            Die Rechnungen des Kirchmeisteramtes von St. Stephan zu Wien


            Wenn jemand Steinmetze in seinen Ahnen vermutet, ist das sogar eine gute fruehe genealogische Fundstelle. Es ist auch von der Onomastik her sehr interessant, da es in die Anfangszeit der (Nach)namensgebung faellt und viele der Namen noch reine Herkunftsnamen sind.

            Wie immer: Ahnenforschung bildet, quasi im Voruebergehen

            Liebe Gruesse,
            Rieke
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            • Asphaltblume
              Erfahrener Benutzer
              • 04.09.2012
              • 1501

              #7
              Die "verneczten und verstengten" Fenster werden mit Gittern und Stangen gesichert. Ich nehme an, dass die maur hinden im hof, die zu erkloben wer, leicht zu erklimmen wäre, also als Einbruchshilfe dienen könnte - deshalb die Sicherungen.
              Das Wort nâtaere heißt soviel wie Schneider, ich würde daher den seidennater für einen Seidenschneider halten.

              Nur um noch ein paar unwichtige Details beizutragen...
              Gruß Asphaltblume

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              • henrywilh
                Erfahrener Benutzer
                • 13.04.2009
                • 11862

                #8
                Deine Ergänzungen sind sehr gut.
                Den "Seidennater" findet man bei booksgoogle mehrfach nachgewiesen, als Seidensticker und -näher. (Ich hatte das doch tatsächlich für einen Lesefehler gehalten.)
                Schöne Grüße
                hnrywilhelm

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                • Rieke
                  Erfahrener Benutzer
                  • 13.02.2012
                  • 1300

                  #9
                  Wie gesagt, Ahnenforschung bildet und ist wie Projektlernen. Diese Sachen bleiben viel besser haengen.

                  Ich danke Euch allen fuer die weiterfuehrenden Ergaenzungen.

                  Schoenes Wochenende!
                  Rieke
                  Meine Spitzenahnen....
                  waren arm aber reinlich. Ihr Motto? Lieber leere Taschen als volle Hosen.

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