Heinrich Vogels Tagebuch 1848 (147-150)

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • heidelerche
    Erfahrener Benutzer
    • 03.04.2012
    • 137

    [gelöst] Heinrich Vogels Tagebuch 1848 (147-150)

    Tagebuch aus Hof, Bayern kurz vor der Auswanderung


    Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Ein Namensvetter aus den USA bittet mich, ihm ein altes Tagebuch zu übersetzen. Leider reichen meine Fähigkeiten diese Handschrift zu entziffern nicht aus (sauberes Kurrent könnte ich schon). Ich bitte also um freundliche Mithilfe. Es werden nach und nach weitere Seiten hier eingestellt werden. Vielen Dank im Voraus und noch mehr Dank für die bisher geleisteten Arbeiten.



    Viele Grüße
    Peter Vogel
    mitten aus dem "Vogel-Nest" in der Nähe von Selbitz, Oberfranken
  • Baitzer
    Erfahrener Benutzer
    • 18.09.2011
    • 1242

    #2
    zu 1848 –147 – linke Seite

    Nebel 18 – 20 trübe Nordluft, 21 –
    29 Regen und Sturm, 1 Maerz
    Schneegestöber und großer Sturm
    Nordluft, 2 – 7 desg(leichen) 8 – 11 desg(leichen)
    12 – 17 schöne Frühlingstage, 18 – 31
    hell warm und Sonnenschein wie im
    Sommer, Ostluft.
    Die Gedreitpreise fallen 1 Mtz.
    Korn 2 (Gulden) 12 (Kreuzer), der Samen steht schön
    zu Felde.


    zu 1848 –147 – rechte Seite

    Vom 20 – 31 Maerz wurde
    der hintere Ecktheil von Hofsthore?
    aus an meinem Hause neu auf-
    geschüttet.
    Den 5ten April Mittags 1 Uhr kam
    das zweite Mädchen meines Bruders
    Namens Sophia mit Gottes Hilfe
    zur Welt.
    Den 28ten April geschah dahier die Wahl
    des Abgeordneten nach Frankfurth
    zu deutschen Parlament, und dieselbe
    fiel auf Professor Dr. Gebhardt dahier
    und als Ersatzmann wurde gewählt
    Graf Giech von Thornau.

    Den 18 Mai nachdem meine liebe
    Mutter schon Jahre an Durchfall litt
    legte sich aufs Krankenbette und be-
    kam die Darmschwindsucht.
    Den 21 Juni nachdem Tags zuvor
    die Waare? in die neue Wohnung ge-
    schafft war, führte ich und meine Schwester
    unsere liebe Mutter früh um 3? Uhr
    in das neue Quatier, wohin sie sich herz(lich)
    geseht hatte, und der Herr unser Gott
    nach einigen Monaten unter heftigen
    Schmerzen zu sich nahm.

    Kommentar

    • Baitzer
      Erfahrener Benutzer
      • 18.09.2011
      • 1242

      #3
      zu 1848 –148 – linke Seite

      Von 1 – 7 April schön aber immer
      zur Veränderung geneigt. 8 Sturm
      und etwas trübe; 9 – 11 immer geneigt
      zur Veränderung 12 – 13 Regen 14 Sturm
      und Schnee; 15 – 30 war gute Witterung
      und der Feldbau konnte größtentheils
      bestellt werden. 1 – 7 Mai klar trocken
      und kalt Nordluft; 8 – 13 beim Tage warm
      und zu Nachts Frost bis auf die letzte Nacht
      wo Regen eintrat, 1 – 30 Juni etwas
      trockene Witterung.

      Die Gedraitpreise sind bedeutend ge-
      fallen, Mtz. Korn 1 (Gulden) 30 – 1 (Gulden) 45 (Kreuzer)
      Waizen 2 (Gulden) 30 – 2 (Gulden) 34 (Kreuzer) alle Feld-
      früchte stehen herrlich nur im Politischen
      sieht es traurig aus, die Wirren wer-
      den immer größer, eine kleine Übersicht
      giebt der? Sammelkastenschreiben d. J.

      Kommentar

      • Baitzer
        Erfahrener Benutzer
        • 18.09.2011
        • 1242

        #4
        zu 1848 –148 – rechte Seite

        Den 2ten August wurde ich mit Freund
        Johann Trautner von BürgerMstr.
        Schrön zu Bürger und Meister auf
        den hießigen Rathause gesprochen.
        Der Herr segne meinen Ein- und Aus-
        tritt.

        Den 2ten Sept(ember) als an einen Sonnabend
        Abends 7 Uhr endigte das schwere und
        schmerzensvolle Lager meiner lieben
        Mutter, indem sie daselbst unter Gebet
        und Flehen selig in den Herrn entschlief,
        für mich ein harter Verlust.
        Den 5ten früh 10 Uhr wurde der Leich-
        nam christ(lich) zur Erde bestattet, woselbst
        er der fröhlichen Auferstehung entgegen
        harret. Meine liebe Mutter war
        geboren den 14 April 1783 und erhielt
        in der h. Taufe die Namen Elisabeth(e?)
        Barbara Friederika.

        Kommentar

        • Baitzer
          Erfahrener Benutzer
          • 18.09.2011
          • 1242

          #5
          zu 1848 –149 – linke Seite

          Vom 1 – 2 Juli viel Regen, 3 – 9
          schöne Heuerndte, 10 – 16 regnerisch
          14 – 23 schönes Wetter, Ende Juli gieng
          schon die Gedreiterndte an und Mitte Aug.
          war sie schon vorüber, das Wetter war sehr
          günstig dazu. 24 – 31 August d. 1 Sept
          viel Regen 2 – 9 hitzige Tage 10 – 17 kühl
          regnerisch, 18 viel Regen 19 – 24 beim
          Tage hitzig zur Nachts Frost, 25 – 30 nebelig
          und regnerisch. Alle Feldfrüchte sind bis
          jetzt gut gerathen, nur die Menschen
          nicht, denn sie sind aufrührerisch, Korn
          kostet 1 (Gulden) 38 (Kreuzer) – 1 (Gulden 42. Erdäpfel 22 (Kreuzer)
          Was will noch daraus werden, wenn
          es sofort geht, alle Bande der mensch(lichen)
          Gesellschaft scheinen sich lösen zu wollen.
          Der Abfall von Gott wird immer größer
          und offenbarer und keck?, das Aus-
          wandern nach Amerika nimmt sehr zu,
          und wohl dem der noch fort kann.

          Kommentar

          • Baitzer
            Erfahrener Benutzer
            • 18.09.2011
            • 1242

            #6
            zu 1848 –149 – rechte Seite

            Den 1ten Oktober mußte ich das Haus-
            halten auf eigene Faust übernehmen
            und so fange ich nun daselbe im Auf-
            blick zu dem, der allein Segen und Ge-
            deihen geben kann, Dasselbe an, denn
            wenn mein Gott mir nicht hilft und
            gnädig ist, so bin ich in so schwierigen
            Verhältnissen, in denen ich mich befinde
            verloren, nun vor allen Dingen
            möge mir mein Herr und Heiland
            eine tüchtige Hausfrau schenken,
            und dazu verhelfe mir der Herr! Amen.

            Den 1 Ockt. als am Erndtefest hielten
            auch hier die Republikaner oder Wühler?
            Nachmittags 1 Uhr auf dem Anger
            beim gr(oßen) Schießhaus ein großes Volks-
            fest ab, wobei sich ohngefähr ein Marsch
            von 2000 Köpfen als Zuhörer einfanden.
            Die Redner waren Studenten, Hand-
            werksleute und zwar solche die ihren eigenen
            hauße nicht wohl vorstehen. Die Inhalt
            der Reden war „Gleichheit, Freiheit
            Brüderlichkeit.“
            Gott erbarme sich über solche Welt-
            verbesserer.

            Kommentar

            • Baitzer
              Erfahrener Benutzer
              • 18.09.2011
              • 1242

              #7
              zu 1848 –150 – linke Seite

              Witterungs Notiz

              Vom 1 – 15 Ocktober schöne Herbsttage
              16 – 22 Regen, 1 – 9 Nov(ember) regnerisch rauh
              10 gefror es, 11 – 14 völliger Winter Schnee
              und Sturm, von 17 auf 18 Nachts 10 – 10 ½
              Uhr war ein großer Mondschein, den
              18 ??? es; 19 – 26 veränder(lich) bald regnet
              und schneite bald fror es, 27 – 30 Regen
              1 – 3 Dez(ember) nebellicht, 7 – 10 ordent(liche) Frühlings-
              tage, 20 – 24 hell und klar starke Kälte, die
              Saale gefror fest zu. Alle Lebensmittel
              sind wohlfeil, wenn nur Ruhe im Lande wäre!

              Mit Gottes wunderbarer Hilfe
              ist nun wieder Jahr dahin, das für
              mich ein hartes war, aber doch unsern
              Herrn für seine Treue und Gnade nicht
              genug danken kann, die er mir um
              Christi willen erzeigt hat. Möge nur
              der treue Gott auch von mir armen
              Sünder seine Gnadenhand nicht abziehen
              sowie von unsern lieben deutschen
              Vaterlande.


              zu 1849 –150 – rechte Seite

              I. N. J.
              das
              Jahr nach Christi Geburt

              1849


              Viele Grüße aus dem verregneten Berlin
              Siegfried

              Kommentar

              • Wolfg. G. Fischer
                Erfahrener Benutzer
                • 18.06.2007
                • 5362

                #8
                1848 – 147 – rechte Seite

                Vom 20 – 31 Maerz wurde
                der hintere Ecktheil von Hofsthore
                aus an meinem Hause neu auf-
                geschüttet.
                Den 5ten April Mittags 1 Uhr kam
                das zweite Mädchen meines Bruders
                Namens Sophia mit Gottes Hilfe
                zur Welt.
                Den 28ten April geschah dahier die Wahl
                des Abgeordneten nach Frankfurth
                zu deutschen Parlament, und dieselbe
                fiel auf Professor Dr. Gebhardt dahier
                und als Ersatzmann wurde gewählt
                Graf Giech von Thornau.

                Den 18 Mai nachdem meine liebe
                Mutter schon Jahre an Durchfall litt
                legte sich aufs Krankenbette und be-
                kam die Darmschwindsucht.
                Den 21 Juni nachdem Tags zuvor
                die Waare in die neue Wohnung ge-
                schafft war, führte ich und meine Schwester
                unsere liebe Mutter früh um 3 Uhr
                in das neue Quatier, wohin sie sich herz(lich)
                gesehnt hatte, und der Herr unser Gott
                nach einigen Monaten unter heftigen
                Schmerzen zu sich nahm.


                Mit besten Grüßen
                Wolfgang

                Kommentar

                • Wolfg. G. Fischer
                  Erfahrener Benutzer
                  • 18.06.2007
                  • 5362

                  #9
                  Na, das war doch noch recht interessant.

                  LG Wolfgang

                  Kommentar

                  • heidelerche
                    Erfahrener Benutzer
                    • 03.04.2012
                    • 137

                    #10
                    Richtig hochinteressant.
                    Viele Grüße
                    Peter Vogel
                    mitten aus dem "Vogel-Nest" in der Nähe von Selbitz, Oberfranken

                    Kommentar

                    Lädt...
                    X