Heinrich Vogels Tagebuch 1842 (85-87)

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  • heidelerche
    Erfahrener Benutzer
    • 03.04.2012
    • 137

    [gelöst] Heinrich Vogels Tagebuch 1842 (85-87)

    Tagebuch eines gottesfürchtigen jungen Mannes aus Hof, Bayern


    Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Ein Namensvetter aus den USA bittet mich, ihm ein altes Tagebuch zu übersetzen. Leider reichen meine Fähigkeiten diese Handschrift zu entziffern nicht aus (sauberes Kurrent könnte ich schon). Ich bitte also um freundliche Mithilfe. Es werden nach und nach weitere Seiten hier eingestellt werden. Vielen Dank im Voraus und noch mehr Dank für die bisher geleisteten Arbeiten.



    Viele Grüße
    Peter Vogel
    mitten aus dem "Vogel-Nest" in der Nähe von Selbitz, Oberfranken
  • Baitzer
    Erfahrener Benutzer
    • 18.09.2011
    • 1242

    #2
    zu 1842 – 85 – linke Seite

    gieng es nach Waidmannsheil,
    nehm(lich) so heißt das Jagdschloß,
    u. das Dorf heißt Saaldorf. Dieses
    Schloß ist sehenswert, gehört dem
    Fürsten von Ebersdorf zu und wurde
    vor 2 Jahren vollendet. Es ist im alt-
    gothischen Stiel? gebaut mit schönen
    Malereien u. Bildhauerarbeit.
    Auch sind manche Alterthümer in
    Waffen u. Rüstungen u. andern
    Sachen da zu sehen. In den Haus
    wo früher der Fürst sich jedesmal
    aufhielt sind die Hirschhorn-
    Arbeiten, und die vielen Geweihe
    der Hirschen u. andere Klauenfüß???
    sehenswerth. Die Lage ist sehr
    Jagdmäßig, romantisch. Von hier
    giengen wir auf den Heinrichsstein
    welcher eine ½ St. weiter gegen Ebersdorf
    ??? Eine Parthie wo? Luisenburg bei
    Wunsiedel, blos nicht so großartig;
    wo besonders der Felsen ???
    ist, u. auch mit einem Kreutz bezeichnet

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    • Baitzer
      Erfahrener Benutzer
      • 18.09.2011
      • 1242

      #3
      zu 1842 – 85 – rechte Seite

      woran? der sächsische Trompeter, welcher
      nach dem Treffen bei Saalfeld, von
      einen Franzosen verfolgt wurde,
      mit dem Pferd herunter sprang
      u. über die Saal setzte, u. am anderen
      Ufer angelangt den Choral anstimmte;
      „Nun danket alle Gott.“ Der Franzose
      noch hinterher schoß,
      so daß er todt vom Pferde stürtzte.
      Der Felsen liegt ganz fernerweg und?
      am Berge u. kann wohl eine Höhe von
      50 ??? nicht mehr Fuß haben. Weiter
      giengen wir wieder redour auf die`andere
      Seite der Saale auf einen hohen Berg
      worauf eine Kappelle von Holzrinden?
      steht. Der Berg wird wenn ich nicht irre
      Mariannenhöh- oder Berg genannt.
      Dann gieng nach Göritz, Hirschberg
      u. nach Hauß. Der Herr sey gelobt!

      Juni
      D. 5ten als am 2ten Sonntage nach Trinitatis wurde
      in den Residenzstädtchen Schleiz
      in den vorigen Jahr erst erbauten Opernhaus

      Kommentar

      • Baitzer
        Erfahrener Benutzer
        • 18.09.2011
        • 1242

        #4
        zu 1842 – 86 – linke Seite

        eine Komödie gegeben. Die Komö-
        die verwandelte sich aber in einer
        Tragödie; denn die Decke des Hauses
        brach herein, u. die Bestürzung wurde
        so groß daß 23 od. 24 Menschen so-
        gleich ihren Todt fan-
        den. Erschlagen hat es wenige oder gar-
        keine, sondern sie sind erdrückt u. zer-
        treten worden, denn jeder wollte in
        dieser Bestürzung zuerst sich retten, so
        daß die Menschen übereinander
        kamen, und wer unten zu liegen
        kam seinen Todt fand. Etlich. 30
        Persohnen wurden schwer verwundet,
        gegen 50 erhielten leichte Verletzungen.
        Unter den Todten befand sich ein
        Familienvater von 5 Kindern aus
        Saalburg oder Saalfeld welchen die
        Därmer vom Hintern heraushangen.
        Das Schauspiel wurde auf Veranlassung
        eines Fürst(lichen) Familienfestes,
        so viel wie ich weiß, gegeben, daher
        auch die fürst(liche) Familie zugegen war
        u. viele Einheimischen u. Fremde??s besuchten

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        • Baitzer
          Erfahrener Benutzer
          • 18.09.2011
          • 1242

          #5
          zu 1842 – 86 – rechte Seite

          wie? auch die Fürstin war unter den Verwun-
          deten mit. Die Ursache
          soll gewesen sein, daß die Balken
          der Decke zu kurz waren. Es wurde
          unter der Leitung des Architeckten
          Dörsch? aus Nürnberg erbaut.
          Mag immer die Ursache sein welche
          da will, es muß u. kann nicht, als
          ein Strafgericht Gottes angesehen
          werden, denn wer an einen allmächti-
          gen Schöpfer Himmels u. der Erden glaubt,
          der muß gewiß zugeben daß es dem
          lieben Gott eine Kleinigkeit wäre
          gewesen noch eine kurze Zeit die Decke
          zu erhalten bis daß das
          Spiel vorbei war, denn es fällt ja
          kein Sparling? ohne den Willen des
          himm(lischen) Vaters vom Dache.
          Darum wandle ein jeder in den Wegen
          des Herrn so wird er vielen Unglück
          entgehen. O daß die Menschen
          klug werden! etc.

          Kommentar

          • Baitzer
            Erfahrener Benutzer
            • 18.09.2011
            • 1242

            #6
            zu 1842 – 87 – linke Seite

            Witterungs-Notiz vom 22ten
            Maerz – 22ten Jun.

            Am 24 u. 25 Maerz gefror es stark,
            so daß man gefrorene Fenster zu früh
            hatte. Den 28ten regnete und schneite
            es, Den 31ten Nachts war es sehr
            stürmisch u. mit großen Regengüs-
            sen begleitet, den 1ten April ließ
            der Sturm etwas nach aber der
            Regen dauerte fort. Den 7 u. 8ten
            frohr u. stürmte es. Den 9ten hatte
            man wieder gefrorene Fenster Schnee-
            gestöber u. Sturm. Den 16ten
            völligen Winter. Es waren einige
            schöne Tage mitunter, aber immer
            kalt. Vom 17ten bis Ende war schöne
            Zeit. Von 1ten bis 6ten Mai windig
            7 u. 8ten regnerisch von 11 – 13ten ???
            von da bis 29ten schön den 30ten
            gewitterhaft. Am 31ten u. 1ten Juni
            kam ein erquickender Regen von
            da an – 22ten meistens trocken u.
            warm. Regen ???

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            • Baitzer
              Erfahrener Benutzer
              • 18.09.2011
              • 1242

              #7
              zu 1842 – 87 – rechte Seite

              Juli
              den 3ten als am 6ten Sonntage nach Trinitatis
              wurde der Zimmergeselle Friedrich
              Strobel zu frühe von meinem Bruder
              überm spatzieren bei den Hardt-
              mannsholz I: Rögners Holz??:I wo
              er Holz sammelte, und mit solchen?
              erschlagen gefunden. Wie er erschlagen
              wurde, aber
              vielleicht mit den großen Stücken Holz
              gefallen und dasselbe das Genik zer-
              brochen habe oder ob er muthwillig
              erschlagen wurde ist nicht ermittelt
              worden. Aber das ist bei ihm wahr
              geworden der Gottlose nimmt ein
              Ende mit Schrecken.

              9ten erschoß sich ein Jäger von Conradsreuther
              Schloß in Conradsreuth. Die Ursache
              war die Übertretung des 6ten Gebots.

              12ten wurde eine Frau in Conradsreuth von
              ihrer Schwiegermutter vergiftet. Schreck-
              lich!!!




              Fürchterlich, fürchterlich!!!
              Siegfried

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              • Wolfg. G. Fischer
                Erfahrener Benutzer
                • 18.06.2007
                • 5334

                #8
                1842 – 85 – linke Seite

                gieng es nach Waidmannsheil,
                nehm(lich) so heißt das Jagdschloß,
                u. das Dorf heißt Saaldorf. Dieses
                Schloß ist sehenswert, gehört dem
                Fürsten von Ebersdorf zu und wurde
                vor 2 Jahren vollendet. Es ist im alt-
                gothischen Stiel gebaut mit schönen
                Malereien u. Bildhauerarbeit.
                Auch sind manche Alterthümer in
                Waffen u. Rüstungen u. andern
                Sachen da zu sehen. In den Haus,
                wo früher der Fürst sich jedesmal
                aufhielt, sind die Hirschhorn-
                Arbeiten, und die vielen Geweihe
                der Hirschen u. andere Klauenfüßler
                sehenswerth. Die Lage ist sehr
                Jagdmäßig, romantisch. Von hier
                giengen wir auf den Heinrichsstein,
                welcher eine ½ St. weiter gegen Ebersdorf
                ??? Eine Parthie, wo Luisenburg bei
                Wunsiedel, blos nicht so großartig;
                wo besonders der Felsen merkwürdig
                ist, u. auch mit einem Kreutz bezeichnet

                Kommentar

                • Wolfg. G. Fischer
                  Erfahrener Benutzer
                  • 18.06.2007
                  • 5334

                  #9
                  wovon der sächsische Trompeter, welcher
                  nach dem Treffen bei Saalfeld, von
                  einen Franzosen verfolgt wurde,
                  mit dem Pferd herunter sprang
                  u. über die Saal setzte, u. am anderen
                  Ufer angelangt den Choral anstimmte;
                  „Nun danket alle Gott.“ Der Franzose
                  noch hinterher schoß,
                  so daß er todt vom Pferde stürtzte.

                  Der Felsen liegt ganz hervorragend
                  am Berge u. kann wohl eine Höhe von
                  50, wenn nicht mehr Fuß haben. Weiter
                  giengen wir wieder redour auf die andere
                  Seite der Saale auf einen hohen Berg
                  worauf eine Kappelle von Holzrinden?
                  steht. Der Berg wird, wenn ich nicht irre
                  Mariannenhöh- oder Berg genannt.
                  Dann gieng nach Göritz, Hirschberg
                  u. nach Hauß. Der Herr sey gelobt!

                  Juni
                  D. 5ten als am 2ten Sonntage nach Trinitatis wurde
                  in den Residenzstädtchen Schleiz
                  in den vorigen Jahr erst erbauten Opernhaus


                  Mit besten Grüßen
                  Wolfgang

                  Kommentar

                  • Wolfg. G. Fischer
                    Erfahrener Benutzer
                    • 18.06.2007
                    • 5334

                    #10
                    eine Komödie gegeben. Die Komö-
                    die verwandelte sich aber in einer
                    Tragödie; denn die Decke des Hauses
                    brach herein, u. die Bestürzung wurde
                    so groß daß 23 od. 24 Menschen so-
                    gleich ihren Todt fan-
                    den. Erschlagen hat es wenige oder gar-
                    keine, sondern sie sind erdrückt u. zer-
                    treten worden, denn jeder wollte in
                    dieser Bestürzung zuerst sich retten, so
                    daß die Menschen übereinander
                    kamen, und wer unten zu liegen
                    kam seinen Todt fand. Etlich. 30
                    Persohnen wurden schwer verwundet,
                    gegen 50 erhielten leichte Verletzungen.
                    Unter den Todten befand sich ein
                    Familienvater von 5 Kindern aus
                    Saalburg oder Saalfeld welchen die
                    Därmer vom Hintern heraushangen.
                    Das Schauspiel wurde auf Veranlassung
                    eines Fürst(lichen) Familienfestes,
                    so viel wie ich weiß, gegeben, daher
                    auch die fürst(liche) Familie zugegen war
                    u. viele Einheimischen u. Fremden es besuchten

                    wie? auch die Fürstin war unter den Verwun-
                    deten mit. Die Ursache
                    soll gewesen sein, daß die Balken
                    der Decke zu kurz waren. Es wurde
                    unter der Leitung des Architeckten
                    Dörsch? (oder Dersch?)aus Nürnberg erbaut.
                    Mag immer die Ursache sein, welche
                    da will, es muß u. kann nicht, als
                    ein Strafgericht Gottes angesehen
                    werden, denn wer an einen allmächti-
                    gen Schöpfer Himmels u. der Erden glaubt,
                    der muß gewiß zugeben, daß es dem
                    lieben Gott eine Kleinigkeit wäre
                    gewesen, noch eine kurze Zeit die Decke
                    zu erhalten bis daß das
                    Spiel vorbei war, denn es fällt ja
                    kein Sperling ohne den Willen des
                    himm(lischen) Vaters vom Dache.
                    Darum wandle ein jeder in den Wegen
                    des Herrn, so wird er vielen Unglück
                    entgehen. O daß die Menschen
                    klug werden! etc.

                    Kommentar

                    • Wolfg. G. Fischer
                      Erfahrener Benutzer
                      • 18.06.2007
                      • 5334

                      #11
                      1842 – 87 – linke Seite

                      Witterungs-Notiz vom 22ten
                      Maerz – 22ten Jun.

                      Am 24 u. 25 Maerz gefror es stark,
                      so daß man gefrorene Fenster zu früh
                      hatte. Den 28ten regnete und schneite
                      es, Den 31ten Nachts war es sehr
                      stürmisch u. mit großen Regengüs-
                      sen begleitet, den 1ten April ließ
                      der Sturm etwas nach aber der
                      Regen dauerte fort. Den 7 u. 8ten
                      frohr u. stürmte es. Den 9ten hatte
                      man wieder gefrorene Fenster Schnee-
                      gestöber u. Sturm. Den 16ten
                      völligen Winter. Es waren einige
                      schöne Tage mitunter, aber immer
                      kalt. Vom 17ten bis Ende war schöne
                      Zeit. Von 1ten bis 6ten Mai windig
                      7 u. 8ten regnerisch von 11 – 13ten vermischt?
                      von da bis 29ten schön, den 30ten
                      gewitterhaft. Am 31ten u. 1ten Juni
                      kam ein erquickender Regen von
                      da an – 22ten meistens trocken u.
                      warm. Regen wäre zu wünschen.

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                      • Wolfg. G. Fischer
                        Erfahrener Benutzer
                        • 18.06.2007
                        • 5334

                        #12
                        1842 – 87 – rechte Seite

                        Juli
                        den 3ten, als am 6ten Sonntage nach Trinitatis
                        wurde der Zimmergeselle Friedrich
                        Strobel zu frühe von meinem Bruder
                        überm spatzieren bei den Hardt-
                        mannsholz ("Rögners Hölzchen"), wo
                        er Holz frevelte, und mit solchen
                        erschlagen gefunden. Wie er erschlagen
                        wurde, aber
                        vielleicht mit den großen Stücken Holz
                        gefallen und dasselbe das Genik zer-
                        brochen habe oder ob er muthwillig
                        erschlagen wurde, ist nicht ermittelt
                        worden. Aber das ist bei ihm wahr
                        geworden, der Gottlose nimmt ein
                        Ende mit Schrecken.

                        9ten erschoß sich ein Jäger von Conradsreuther
                        Schloß in Conradsreuth. Die Ursache
                        war die Übertretung des 6ten Gebots.

                        12ten wurde eine Frau in Conradsreuth von
                        ihrer Schwiegermutter vergiftet. Schreck-
                        lich!!!


                        Mord und Totschlag in der sog. guten alten Zeit.

                        Einen sonnigen Tag wünscht Euch Wolfgang

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