Erbitte Lesehilfe zu einem ungewöhnlichen Kirchenbucheintrag

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  • Retlaw
    Benutzer
    • 15.07.2013
    • 79

    [ungelöst] Erbitte Lesehilfe zu einem ungewöhnlichen Kirchenbucheintrag


    Quelle bzw. Art des Textes: Kirchenbuch bei Familysearch
    Jahr, aus dem der Text stammt: 1716
    Ort/Gegend der Text-Herkunft: DEU , BW, Knielingen (Karlsruhe)


    Hallo zusammen,

    in einem Kirchenbuch (1703-1738) von Knielingen bei Karlsruhe ist ein
    Bericht über Rheindammbrüche in dieser Region.
    Hier der Link zur Kirchbuchseite (oben rechts) bei Familysearch.
    Mit Unterstützung von Transkribus konnte ich den Text bis auf einige
    Lückenentziffern.

    Besten Dank bereits im Voraus für Eure Bemühungen.

    Rheinbruch 1716.
    Den 15. Juli mittachs nach dem 5. Sontag nach Trini-
    tatis bricht zu Dachsland der vor 7. Jahrn gemachte
    Haubbtdamm mitten entzwey, überschwemt alles biß nach
    Schrek, wobey die ........ ......... ersehen: Den winter vor-
    her war ein ungemein tiefer Schnee, den 11. Jul. reg-
    nete es 24. Stund an einander im gantzen Land sehr
    heftig, da vorher schon 14. tag regen wetter gewesen.
    Man sagt, es sey der Schnee in der Schwiz mit Zweyen
    wolken brüchen abgegangen. Die dämm zu linkenheim,
    Rußheim und lidolßheim sind ebenfalß gebrochen. Diese
    große ergießung ist gewißlich nur um gott wohl ver-
    diente strafe und vielleicht auch ein Vorbothe künf-
    tigen unglücke. Etliche wochen von der überschwem-
    mung fingen hisige fischer zwey gröse Stör, welche
    Sie vor eine böse bedeutung gehalten. Disem übel
    künftighin, so viel menschen können, zu wehren, solte
    billich gehalten werden. 1.) ein oberdamm inspector
    und in jedem fleken ein .......ydigter dammbesichtiger,
    der vor die ........ ........ alle tag, zu mahl bey regen-
    wetter, schuldig seyn soll, die dämm ....... zu besehn,
    und, so er einen geringen fehler sihet, solche zu verbessern,
    so es aber, was nahmhafter, dem ober inspectori zu
    hinterbringen, damit bey rechter zeit gewehret werde
    2.) in ...... rath, zu mahl in Knilingen, wo der haubt-
    dam ..... ........ Land am nächsten, eine bretter hütt
    mit ........ ........ , damit man sehr ........ gleich
    ........ kan. 3. ........ etwas schadhaft, nicht zu ........,
    biß ........ ........, ........, sondern bey guter Zeit hülf
    begehrt 4. ........ ........ zum ........ abgesandte ........
    unter ihren ……. zu ….. und an ........ ........
    arbeiten zu lassen, damit, ……. oberdaminspecor
    irgend ........ leuth haben muß, er gleich wissen kan, wo und
    wie viel er haben kan.

    Der Rhein ist unrein und nicht rein.
    Ein dieb kann nicht so unrein seyn.
    Er nimmt das Brod in einer Stund
    viel tausend armen auß dem mund
    komt seine ungestümme fluth
    entfällt dem Bauren Hertz und muth
    wer soll es tadlen, lieber Gott!
    wann man das heilig stüklein brod;
    das man mit sauren Schweiß gebaut
    im wasser untergehen schaut.
    Gott nehme sich der Armen an
    Er ist ein weiser Wunderman.

    Bey disem gewässer alle die ........ in der ........ er-
    soffen. der .. damm, zumahl im ........ erhielt sich,
    weil das wasser über 2. bis 3. tag nicht darüber
    gegangen.

    Wer noch einen weiteren interessanten Bericht des Pfarrers über einen
    Mordfall lesen möchte schaut noch hier (rechte Seite obere Hälfte) vorbei.
    Der Text ist bereits komplett entziffert.

    Mit freundlichem Forschergruß
    Retlaw
  • jebaer
    Erfahrener Benutzer
    • 22.01.2022
    • 3740

    #2
    Beileibe nicht der Weisheit letzter Schluss:

    Rheinbruch 1716.
    Den 15. Juli mittachs nach dem 5. Sontag nach Trini-
    tatis bricht zu Dachsland der vor 7. Jahrn gemachte
    Haubbtdamm mitten entzwey, überschwemt alles biß nach
    Schrek, wobey die schönsten Früchte ersofen. Den winter vor-
    her war ein ungemein tiefer Schnee, den 11. Jul. reg-
    nete es 24. Stund an einander im gantzen Land sehr
    heftig, da vorher schon 14. tag regen wetter gewesen.
    Man sagt, es sey der Schnee in der Schwiz mit Zweyen
    wolken brüchen abgegangen. Die dämm zu linkenheim,
    Rußheim und lidolßheim sind ebenfalß gebrochen. Diese
    große ergießung ist gewißlich nur um gott wohl ver-
    diente strafe und vielleicht auch ein Vorbothe künf-
    tigen unglücke. Etliche wochen vor der überschwem-
    mung fingen hisige fischer zwey gröse Stör, welche
    Sie vor eine böse bedeutung gehalten. Disem übel
    künftighin, so viel menschen können, zu wehren, solte
    billich gehalten werden. 1.) ein oberdamm inspector
    und in jedem fleken ein beeydigter dammbesichtiger,
    der vor die Frohnfreyheit alle tag, zu mahl bey regen-
    wetter, schuldig seyn soll, die dämm .... rathet zu besehn,
    und, so er einen geringen fehler sihet, solche zu verbessern,
    so es aber, was nahmhafter, dem ober inspectori zu
    hinterbringen, damit bey rechter zeit gewehret werde
    2.) in ...... rath, zu mahl in Knilingen, wo der haubt-
    dam dem Durlach. Land am nächsten, eine bretter hütt
    mit etlich tausend Stickel(?), damit man ohne Verzug(?) gleich
    kämpfen(?) kann. 3. Wo etwas schadhaft, nicht zu warten,
    biß ........ ........, ........, sondern bey guter Zeit hülf
    begehrt 4. ........ ........ zum Frohne abgesandte beysammen
    unter ihren ……. zu halten und an ........ ........
    arbeiten zu lassen, damit, wann der oberdaminspector
    irgendwo leuth haben muß, er gleich wissen kan, wo und
    wie viel er haben kan.

    Der Rhein ist unrein und nicht rein.
    Ein dieb kann nicht so unrein seyn.
    Er nimmt das Brod in einer Stund
    viel tausend armen auß dem mund
    komt seine ungestümme fluth
    entfällt dem Bauren Hertz und muth
    wer soll es tadlen, lieber Gott!
    wann man das heilig stüklein brod;
    das man mit sauren Schweiß gebaut
    im wasser untergehen schaut.
    Gott nehme sich der Armen an
    Er ist ein weiser Wunderman.

    Bey disem gewässer aller Dinkel in der Kirhau(?) er-
    soffen. der im damm, zumahl im Gerlebischel(?) erhielt sich,
    weil das wasser über 2. bis 3. tag nicht darüber
    gegangen.


    LG Jens
    Zuletzt geändert von jebaer; 06.11.2023, 01:01.
    Am besde goar ned ersd ingnoriern!

    Kommentar

    • Retlaw
      Benutzer
      • 15.07.2013
      • 79

      #3
      Hallo Jens,

      vielen Dank Deine Entzifferungs-Hilfe.
      Frohnfreyheit bedeutete vermutlich, dass der Dammbesichtiger für diese Tätigkeit keinen Frohndienst leisten musste.
      Mit dem Durlach. Land ist sicherlich der Grenzbereich zum damaligen Ort Durlach heute ein Stadtteil von Karlsruhe gemeint.
      Was mit etlich tausend Stickel gemeint sein könnte konnte ich noch nicht "ergooglen" - es gibt zu viele Personen mit diesem Namen.
      Kirhau(?) = Kirchau und Gerlebischel(?) = Görlenbüschel - dabei handelt es sind um Gewannnamen in Knielingen.

      Viele Grüße
      Walter

      Kommentar

      • jebaer
        Erfahrener Benutzer
        • 22.01.2022
        • 3740

        #4
        Stickel:

        In der Form heißt der bei den Grimms Rebstickel, den "Stickel" ohne "Reb-" benennen sie ganz allgemein als "Pfahl, Stock".


        LG Jens
        Am besde goar ned ersd ingnoriern!

        Kommentar

        • Tinkerbell
          Erfahrener Benutzer
          • 15.01.2013
          • 10824

          #5
          Hallo.
          Zitat:

          "Wer noch einen weiteren interessanten Bericht des Pfarrers über einen
          Mordfall lesen möchte schaut noch hier (rechte Seite obere Hälfte) vorbei.
          Der Text ist bereits komplett entziffert."

          Habs gelesen einfach schrecklich der arme Mann.

          LG Marina

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