Scheidung durch wen und warum? - Nachfrage: Wer verließ wen?

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  • iehu
    Erfahrener Benutzer
    • 06.10.2009
    • 772

    [gelöst] Scheidung durch wen und warum? - Nachfrage: Wer verließ wen?

    [edit: Nachfrage siehe Beitrag unten]

    Hallo Zusammen,
    ich habe bei meiner Ahnenforschung zur Abwechslung mal eine Scheidung gefunden. Leider kann ich nicht alle Worte im Familienregistereintrag lesen.

    Das ist der Eintrag, 1. Bild:
    Anna Barbara #
    wurde den 6ten Febr. 1811 von
    ihrem Mann durch das Lehngericht
    geschieden ob ???tionen maxi=
    ti
    + 14. Janr. 1817


    Bei "Lehngericht" bin ich mir nicht sicher. Den Scheidungsgrund kann ich nur zum Teil entziffern. Vermute, es ist Latein. Was steht da und was bedeutet es?

    Zum Vergleich (also muss nicht ergänzt werden), 2. Bild:
    Andreas Kipp
    Bürger und Bauer
    hat sich 1817 nach Fluorn ver-
    heyrathet.


    und 3. Bild:
    # war vorher Wittwe weil: Johannes
    Höhn B x Bauren allhier, mit wel=
    chem sie die hiernächst bemerkte
    Kinder zeugte.
    x geb. 26. XI. 1762


    Danke schonmal

    Gruß
    Uwe

    Quelle bzw. Art des Textes: Familienregistereintrag
    Jahr, aus dem der Text stammt: 1808, 1811, 1817
    Ort/Gegend der Text-Herkunft: Vöhringen, Württemberg
    Angehängte Dateien
    Zuletzt geändert von iehu; 30.05.2010, 15:24.
    Forschungsergebnisse und Hilfsmittel auf www.uwe-heizmann.de
    Quellen zur südwestdeutschen Militärgenealogie auf www.uwe-heizmann.de/militaer.html
    Quellen für die Biografien von Bergleuten in Baden-Württemberg auf www.uwe-heizmann.de/bergleute.html
  • Friederike
    Erfahrener Benutzer
    • 04.01.2010
    • 7902

    #2
    Hallo Uwe,

    geschieden wurde sie vom Ehegericht

    Liebe Grüße
    Friederike
    Viele Grüße
    Friederike
    ______________________________________________
    Gesucht wird das Sterbedatum und der Sterbeort des Urgroßvaters
    Gottlob Johannes Ottomar Hoffmeister geb. 16.11.185o in Havelberg
    __________________________________________________ ____

    Kommentar

    • Kögler Konrad
      Erfahrener Benutzer
      • 19.06.2009
      • 4847

      #3
      Bild 1

      Anna Barbara #
      wurde den 6ten Febr. 1811 von
      ihrem Mann durch das Ehegericht
      geschieden ob desertionen mari=
      ti
      + 14. Janr. 1817

      deserere = verlassen (vgl. Deserteur)
      desertio - das Verlassen
      maritus - der Ehemann
      ob wegen
      wegen Verlassen des Ehemannes, d.h. weil der Ehemann abgehauen ist.

      Gruß Konrad

      Kommentar

      • Kögler Konrad
        Erfahrener Benutzer
        • 19.06.2009
        • 4847

        #4
        Berichtigung zu 3

        weil(and) Johannes
        Höhn's x(= geb....) Bauren

        Nach Höhn kein B, sondern das s des Genitivs (2. Fall)

        Gruß Konrad

        Kommentar

        • iehu
          Erfahrener Benutzer
          • 06.10.2009
          • 772

          #5
          Nachfrage

          Hallo Friederike, Hallo Konrad,
          danke für eure Hilfe.
          Könnte "wegen Verlassen des Ehemannes" auch bedeuten, dass Anna Barbara ihren Ehenmann verlassen, im Sinne von "betrogen" hat?
          Gruß
          Uwe
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          Kommentar

          • Kögler Konrad
            Erfahrener Benutzer
            • 19.06.2009
            • 4847

            #6
            An sich ist desertio mehr eine Eigenbildung des Pfarrers und kommt im klassischen
            Latein kaum vor.
            Wenn man es etwa mit obsidio - Belagerung vergleicht, kann es sowohl den gen. subj.
            als obj. nach sich haben, d.h. es kann bedeuten, dass der Ehemann sie verlassen hat oder sie den Ehemann.

            Nur bei einer Entscheidung vor dem Ehegericht wäre es etwas seltsam, wenn sie
            geschieden würde, weil sie den Ehemann verlassen hat.
            Dann wäre unbedingt ein triftiger Grund notwendig, dass sie ihn verlassen darf und Recht bekommt.
            Im umgekehrten Fall erscheint mir der Fall plausibler. Der Mann hat sie verlassen, hat eine andere und sie ist damit unschuldig.

            Das ist meine Meinung.

            Gruß Konrad

            Kommentar

            • j.steffen
              Erfahrener Benutzer
              • 18.04.2006
              • 1496

              #7
              Hallo,
              beim Stöbern im Internet habe ich gefunden, dass es kirchlicherweise als Gründe für eine Ehescheidung gab
              fornicatio = Ehebruch und
              desertio (malitiosa) = "bösliches" / böswilliges Verlassen.
              Das hilft hier aber nicht direkt weiter (wer hat wen verlassen?), ich denke jedoch, dass Konrad recht hat. Für einen Mann war es damals sicher "einfacher", eine Frau "sitzenzulassen", als umgekehrt.
              MfG,
              j.steffen

              Kommentar

              • iehu
                Erfahrener Benutzer
                • 06.10.2009
                • 772

                #8
                Hallo Konrad, Hallo Steffen,
                eure Ausführungen klingen plausibel, vielen Dank dafür!
                Gruß
                Uwe
                Forschungsergebnisse und Hilfsmittel auf www.uwe-heizmann.de
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                Kommentar

                • iehu
                  Erfahrener Benutzer
                  • 06.10.2009
                  • 772

                  #9
                  Nachtrag

                  Hallo Zusammen,
                  die Sache hat mich nicht losgelassen, weshalb ich nach dem Scheidungsurteil gesucht habe. Ich habe es gefunden. Für den Fall, dass es euch interessiert, hier die "wahre Geschichte" (Auszüge aus dem Gerichtsurteil):

                  In Sachen gebetener Ehescheidung Andreas Kipp Bürger und Bauren zu Vöhringen [...] Kläger an einem wider sein widerspenstiges Eheweib, Anna Barbara, gebohrene Schmid von da [...] Beklagtin am andern theil, erkennen Ehe-Richter und Räthe [...] durch Urthel zu Recht, daß Kläger von der Beklagtin ex Capite quasi Desertionis geschieden [...] seyn solle.

                  "ex Capite quasi Desertionis" habe ich mit "hauptsächlich wegen Nichterfüllung eines Versprechens" (des Eheversprechens) übersetzt.

                  Wenn ich so drüber nachdenke, wie die Pfarrer die "bösen" Leute damals bestraft haben, macht es Sinn, dass der Pfarrer den Kommentar zur Scheidung im Familienregister bei der Frau hingeschrieben hat, damit jeder sofort sieht, dass sie was ausgefressen hat.

                  Gruß
                  Uwe
                  Forschungsergebnisse und Hilfsmittel auf www.uwe-heizmann.de
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                  Kommentar

                  • Victoria
                    Erfahrener Benutzer
                    • 25.12.2009
                    • 702

                    #10
                    Hallo iehu,

                    ich habe gerade Deine spannende Familiengeschichte bzgl. der Scheidung gelesen. Mich würde interessieren, wie bist Du an das Scheidungsurteil gekommen?

                    Ich habe auch einen Vermerk im KB über eine Scheidung gefunden, aber wie komme ich an das Urteil?

                    Was hast Du gemacht?

                    LG Victoria

                    Kommentar

                    • iehu
                      Erfahrener Benutzer
                      • 06.10.2009
                      • 772

                      #11
                      Hallo Victoria,
                      frag am Besten mal bei dem zuständigen Landesarchiv nach, ob die möglicherweise Akten haben, die deinen Fall betreffen könnten und wo die liegen. Ich gehe davon aus, dass auch in deinem Fall eine staatliche Einrichtung (brandenburgisch? preußisch?) dafür zuständig war.

                      In meinem Fall war es erstmal unklar, wer eine Scheidung aussprechen durfte. Ich hab mich also erstmal eingelesen (Ehegerichtsordnung für das Königreich Württemberg aus dem 19. Jahrhundert) - zuständig war das königliche Ehegericht - und mich dann an das Landesarchiv von Baden-Württemberg gewandt. Schlussendlich lag das Urteil (leider nur das Urteil, nicht die Verfahrensakte) im Staatsarchiv Ludwigsburg im Bestand "Obertribunal Stuttgart: Ehescheidungen".

                      Wo du evtl. auch noch Informationen finden kannst (was in meinem Fall leider nicht der Fall war): im Herzogtum, später Königreich Württemberg gab es in den Pfarreien jeweils einen Kirchenkonvent, so eine Art "Moralgericht", vor das Eltern von Schulschwänzern, Säufer, Personen, die voreheliche Sex hatten, und eben auch Eheleute, bei denen es kriselte, vorgeladen wurden. Evtl. gab es bei "deiner" Pfarrei ähnliches.

                      Hoffe, das hilft dir etwas weiter.

                      Gruß
                      Uwe
                      Forschungsergebnisse und Hilfsmittel auf www.uwe-heizmann.de
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                      • j.steffen
                        Erfahrener Benutzer
                        • 18.04.2006
                        • 1496

                        #12
                        Hallo,
                        beim Suchen habe ich gefunden, dass es im kirchl. Scheidungsrecht den Begriff "ex capite desertionis et quasi desertionis (malitiosae)" gab, weiterhin, dass für "ex capite" auch gebraucht wurde "ex causa".
                        Daraus leite ich als Nicht-Kirchenrechtler meinen Übersetzungsversuch ab, dass die vorliegende Ehe "auf Grund (böswilligen) Quasi-Verlassens" seitens der Frau geschieden wurde. Was das "quasi" hier bedeutet, müsste ein Jurist herausfinden ...
                        Das ändert aber alles nichts daran, dass sie ihm tatsächlich davongelaufen ist.
                        MfG,
                        j.steffen

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                        • iehu
                          Erfahrener Benutzer
                          • 06.10.2009
                          • 772

                          #13
                          ich denke, das deckt sich. Wenn die Frau abgehauen ist, dann hat sie ihr Eheversprechen nicht eingehalten.
                          Das "böswillig" gehört aber auf jeden Fall dazu. In genannter Ehegerichtsordnung wird damit hervorgehoben, dass es auch ein Verlassen ohne böse Absicht gibt, z.B. Einberufung zur Armee oder aus Berufsgründen. Das war dann kein Scheidungsgrund.
                          Gruß
                          Uwe
                          Forschungsergebnisse und Hilfsmittel auf www.uwe-heizmann.de
                          Quellen zur südwestdeutschen Militärgenealogie auf www.uwe-heizmann.de/militaer.html
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