Namensänderung im Jahr 1916 (in NRW)

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  • Gwenhywar
    Neuer Benutzer
    • 07.07.2023
    • 2

    Namensänderung im Jahr 1916 (in NRW)

    Hallo,
    ich bin neu im Forum, das möchte ich gerne voranstellen. Ich suche selbst seit über 20 Jahren nach Informationen zu meinen Ahnen und bin diesbezüglich Selbstbewusst genug über die Namen im einzelnen zu sprechen. Ich werde hier meine Anfrage aber mit X und Z verklausulieren, weil ich diese Forschung für eine entfernte Verwandte mache und nicht weiß, ob ihr das Teilen der Daten recht wäre.


    Es geht um das Namensrecht im Jahr 1916 in Deutschland. Ein Ahne, nennen wir ihn Friedrich wurde wie seine Eltern unter dem Nachnamen X ins Stammbuch eingetragen. 1906 heiratete er eine Frau, die ebenfalls diesen Familiennamen annahm und auch deren kurz vorher unehelich geborener Sohn bekam Friedrich Xs Famliennamen im Jahr 1906.


    Im Jahr 1916 wird dann in das Stammbuch unter Besondere Vorkommnisse das folgende eingetragen: "Durch Verfügung des königlichen Regierungspräsidenten zu Düsseldorf vom 14. März 1916 ist dem Friedrich X sowie seiner Ehefrau gestattet worden, an Stelle des bisherigen Namens „X“ fortan den Familiennamen „Z“ zu führen." auch seinem Sohn wird dieser Name in einer weiteren Verfügung als neuer Familienname zugesprochen. Die Vornamen bleiben unverändert.


    Ich möchte gerne wissen, warum man im Jahr 1916 seinen Namen ändern konnte. War es einfach möglich? Brauchte man wichtige Gründe? Wenn ja, welche waren das? Ist jemandem ein solcher Fall bereits untergekommen? Oder hat einen Typ wo bzw wie ich Infos zum Namensrecht im Jahr 1916 finde? Ich lande bei jeder Suche immer bei dem Punkt, wo mir mitgeteilt wird, dass unseres heutiges Namensrecht im Jahr 1938 begründet wurde, aber nichts von vorher. Aus dem Studium GLAUBE ich, dass es bereits die Namensgebung eines eindeutigen Familiennamens im 19 Jh. gab. Da der Regierungsprsäsident es "gestattet" hat, musste man wohl in jedem Fall einen Antrag stellen.


    Ich möchte zusätzlich sagen, dass die Friedrichs Famile und auch die Familie seiner Frau ursprünglich aus Polen kam. Der "alte Name" X war aber weder kompliziert (wie die cz oder andere Laute) noch war er anstößig oder ich konnte berüchtigte andere Menschen aus der Zeit mit diesem Namen finden. Der "neue Name" Z war zugegebenermaßen "edler" und wirkte nahezu adelig, wenn auch kein Titel oder von/van dazugehörte. Die Heirat im Jahr 1906 erfolgte aber in einer Stadt in NRW, wo auch beide Elternpaare bereits wohnhaft waren zum Zeitpunkt der Hochzeit.


    Ich freue mich auf eure Antworten.
  • Andre_J
    Erfahrener Benutzer
    • 20.06.2019
    • 2115

    #2
    Zitat von Gwenhywar Beitrag anzeigen


    Ich möchte zusätzlich sagen, dass die Friedrichs Famile und auch die Familie seiner Frau ursprünglich aus Polen kam.
    DAS war vor dem ersten Weltkrieg ein wichtiger Grund, seinen Namen zu ändern. Damals trieb das Nationalgefühl erste seltsame Blüten.

    Das heutige Polen gehörte halb zu Preußen und halb zu Russland, und die Familien trugen dort polnische Namen, auch wenn man sich als Deutsch fühlte. Weil es dort weniger Arbeit als Arbeitssuchende gab, wanderten viele Polen in den Westen aus, vor allem ins Ruhrgebiet. Und weil man sich der polnischen Herkunft teilweise schämte, wurden die Familiennamne eingedeutscht. Gleiches passierte damals auch mit etlichen Siedlungsnamen im preußischen Teil Polens.
    Gruß,
    Andre

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    • sternap
      Erfahrener Benutzer
      • 25.04.2011
      • 4070

      #3
      das ist wie mit dem installateur engelbert ömer, der als mustafa geboren ist.
      er wählte bei der einbürgerung den neuen namen, seine behauptung ist, er habe dadurch neue kunden gewonnen.


      im krieg kann die loyaliät mit den deutschen dazu geführt haben, dass man keinen bei kriegsgegnern vorkommenden namen wollte.


      deutsche polen scheinen häufig eingedeutscht zu haben.
      freundliche grüße
      sternap
      ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
      wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




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      • BAHC
        Erfahrener Benutzer
        • 23.07.2007
        • 1360

        #4
        in der Regel betraf das evangelische Masuren, die sich deutsch fühlten, im Gegensatz zu den Ruhrpolen, die stolz auf ihre polnische Herkunft waren.
        Wenn Du Glück hast, findest Du das Antragsformular auf Namensänderung im entsprechenden Stadt- oder Landesarchiv. Es mußten Familienangehörige befragt werden zu der Namensänderung. Ich habe entsprechende Formulare in den Stadtarchiven Gelsenkirchen und Bochum gesehen. In der Regel wurde als Grund für die Namensänderung Diskriminierung angegeben.
        Das trieb auch merkwürdige Blüten, dass Geschwister nach der Namensänderung für sich und ihre Familien unterschiedliche Namen erhielten.

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        • Ralf-I-vonderMark
          Super-Moderator
          • 02.01.2015
          • 3079

          #5
          Hallo Gwenhywar,

          zur Formalität einer Namensänderung im Rheinland im Jahr 1916 ist dieser Artikel aufschlussreich.

          Hörder Volksblatt vom 29.05.1916:
          „Rheinland. Für Aenderung des Familiennamens ist die Erlaubnis des Regierungspräsidenten erforderlich. Dem Gesuch ist die Geburtsurkunde sowie die Begründung der Namensänderung beizufügen. Auch zur Annahme eines im Standesamtsregister nicht eingetragenen Vornamens ist dieselbe Genehmigung nötig. Der Stempel auf Namensänderung beträgt nach dem neuen Stempelsteuergesetz 150 Mk., kann aber aus Billigkeitsgründen bis auf 5 Mk. ermäßigt werden.“
          vgl. https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/8689502?query=Namens%C3%A4nderung

          Mit dem Suchwort „Namensänderung“ sind bei zeit.punktNRW eine Vielzahl von Beispielen finden, welche ich zur Veranschaulichung der Formulierung und der Gründe aber auf drei nachfolgend dargestellte Beispielsfälle beschränkt habe.

          Dortmunder Zeitung vom 29.03.1893:
          „Namensänderung. Durch Urkunde des Herrn Regierungs=Präsidenten in Arnsberg ist dem Maschinisten August Michalski von hier gestattet worden, fortan den Familiennamen Zindel (seines Stiefvaters) zu führen. Der Genannte steht mit dem hingerichteten Michalski sowenig als dem Brudermörder gleichen Namens in irgend welchen verwandschaftlichen Beziehungen und hat deshalb gebeten, diesen Namen mit einem anderen vertauschen zu dürfen.“
          vgl. https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/1415932?query=Namens%C3%A4nderung

          Dortmunder Zeitung vom 01.05.1902:
          „Namensänderung. Dem Bergmann Friedr. Janowski ist zur Annahme und Führung des Familiennamens „Heimrich“ die behördliche Erlaubnis erteilt worden.“
          vgl. https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/941316?query=Namens%C3%A4nderung

          Dortmunder Zeitung vom 22.04.1903:
          „Hombruch, 21. April. Namensänderung. Dem Maschinensteiger Gottlieb Dreckmann von hier ist zur Annahme und Führung des Familiennamens „Gohsmann“ die behördliche Genehmigung erteilt.“
          vgl. https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/943582?query=Namens%C3%A4nderung

          Einen auf das Jahr 1916 bezogenen Fall für Düsseldorf habe ich leider nicht gefunden.

          Viele Grüße
          Ralf

          Kommentar

          • hmw
            Erfahrener Benutzer
            • 16.06.2016
            • 1810

            #6
            Guten Abend,

            haben der polnische und der deutsche Name denn dieselbe Bedeutung? Falls ja, dürfte das ein eindeutiger Fall des oben beschriebenen Prozederes sein.

            Gruß
            Martin

            Kommentar

            • Ingenieur
              Erfahrener Benutzer
              • 20.03.2012
              • 325

              #7
              Ich möchte einen weiteren Grund zur Namensänderung anführen, der mir persönlich bekannt ist:
              Eine sehr christliche Familie hieß "Teufel" mit Nachnamen und hat sich, in dem fraglichen Zeitraum, auch einen neuen Nachnamen geben lassen.

              Kommentar

              • XodoX
                Erfahrener Benutzer
                • 03.07.2022
                • 231

                #8
                Die Gesetzeslage von damals kenne ich nicht, aber vermute mal, dass man das damals nicht so verklemmt gesehen hat, wie heute.
                Habe das auch in meiner Familie. Haben den Namen 1911 geändert (Namensänderung wurde in Liegnitz gemacht). Der Name kam von der Mutter (Vater unbekannt) und war Kastura, bei Geburt der Mutter noch "Kazstura", also wahrscheinlich ein polnischer Name. Ihr Sohn hat dann ein Monat nach Geburt seines Sohnes den Namen auf den Mann geändert, den die Mutter später geheiratet hatte. Was der genaue Grund für die Änderung war, weiß ich leider nicht.

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                • gofanne
                  Benutzer
                  • 22.04.2018
                  • 43

                  #9
                  Wirklich interessanter Thread!

                  Wann haben sich die Nachnamen denn überhaupt verfestigt? Ich habe so einige Vorfahren aus dem Rheinland welche auch noch zu Napoleons Zeiten mal den einen und mal den anderen Nachnamen trugen. Das hing dann auch vom Hofnamen ab oder es wurde der Name der Frau gewählt.

                  Kommentar

                  • Gwenhywar
                    Neuer Benutzer
                    • 07.07.2023
                    • 2

                    #10
                    Zitat von BAHC Beitrag anzeigen
                    in der Regel betraf das evangelische Masuren, die sich deutsch fühlten, im Gegensatz zu den Ruhrpolen, die stolz auf ihre polnische Herkunft waren.
                    Wenn Du Glück hast, findest Du das Antragsformular auf Namensänderung im entsprechenden Stadt- oder Landesarchiv. Es mußten Familienangehörige befragt werden zu der Namensänderung. Ich habe entsprechende Formulare in den Stadtarchiven Gelsenkirchen und Bochum gesehen. In der Regel wurde als Grund für die Namensänderung Diskriminierung angegeben.
                    Das trieb auch merkwürdige Blüten, dass Geschwister nach der Namensänderung für sich und ihre Familien unterschiedliche Namen erhielten.
                    Zunächst möchte ich mich für die redliche Beteiligung recht herzlich bedanken. Tatsächlich scheint mir die Erklärung mit den Masuren für sehr wahrscheinlich. Der polnische Name, klingt für meine heutigen Ohren nicht sehr polnisch. Da ich Polnisch studiert habe, kenne ich mich zumindest mit der Geschichte und dem heutigen Polnisch gut aus, so dass ich eine tiefere Bedeutung des polnischen Namens auch ausschließen möchte. Ich konnte bisher auch keine Verbindung irgendeiner Art zu dem neuen, deutschen FAmiliennamen herstellen. Den Hinweis auf die Archive werde ich meiner entfernten Verwandten geben bzw. sie fragen, ob sie möchte, dass ich dieses Thema in Ihrem Namen weiterverfolge. Die Erklärung scheint mir aber bisher tatsächlich schlüssig. Vor allem, da ich nur von "Ostpreussen" und nichts zur Konfession gesagt habe, und direkt Masuren (damals im Stammbaum sogar noch "Masuhren") genannt wurden und die richtige Konfession zu der ich mich gar nicht geäußert hatte.


                    Trotzdem herzlichen Dank für jedwede Beteiligung, manchmal hängt man bei der Ahnenforschung im Kopf einfach, da können auch Vermutungen und Ideen anderer helfen, die Hirnwindungen wieder in Gang zu bringen.



                    Ich werde jetzt definitiv öfter vorbeischauen.

                    Kommentar

                    • BAHC
                      Erfahrener Benutzer
                      • 23.07.2007
                      • 1360

                      #11
                      Hallo Gwenhywar,

                      ich kenne unterschiedliche Fälle:
                      1. es wurde versucht den Namen aus dem Polnischen ins Deutsche zu übersetzen
                      2. der neue Name mußte mit dem gleichen Anfangsbuchstaben anfangen (und sollte so ähnlich sein wie der ursprüngliche)
                      3. es wurden Namen aus der Familie übernommen (z.B. Geburtsname der Mutter)
                      Es mag aber zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlichen Regionen auch unterschiedliche Vorgaben gegeben haben.

                      Ralph-I-vonderMark hat in #5 bereits Beispiele gebracht.

                      Ich kann noch aus der Auswertung der Westpreußischen Zeitung (Elbing) aus dem Jahre 1940 folgende Beispiele beisteuern:
                      Szypniewski => Süpner
                      Musowski => Stein
                      Ludwichowski = Ludwig
                      Jaschinowski => Jasching
                      Kleszczynski => Klessen
                      Kreowski => Kröner
                      Sczarnowski => Schar
                      Ruttkowski => Rutter
                      Wittkowski => Witt
                      Gregorek => Grenz
                      Rinowitzki => Rinke
                      Penkowski => Schönfeld
                      Butzkowski => Burger
                      Trepczinski => Trapp
                      Kukowski => Kukert
                      Omniezynski => Ommler
                      Dombrowski => Dombert
                      Kaszubowski => Kassner
                      Zielinski => Dockendorf
                      Wischewski => Wiesner
                      Nawrotzki => Nauroth
                      Nowitzki => Nordwich
                      Samerski => Sanders
                      Brosowski => Brose
                      Baranowski => Bar
                      Borkowski => Bork


                      Viele Grüße
                      Birgit

                      Kommentar

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