Kirchenbuße voreheliche Schwangerschaft 18 Jh

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  • Sigrun78
    Erfahrener Benutzer
    • 12.03.2021
    • 292

    Kirchenbuße voreheliche Schwangerschaft 18 Jh

    Einen schönen Sonntag allerseits,

    ich habe gestern nun endlich das Familienbuch Groß-Zimmern (Hessen) geschenkt bekommen, war echt nötig, weil ich doch ne ganze Reihe Ahnen aus dem Städtchen habe.
    Also hab ich jetzt begonnen, meine bisherigen Daten mit dem Familienbuch abzugleichen und freue mich, dass da immer wieder interessante Anmerkungen in dem Buch verzeichnet sind.

    Zur Heirat im Dezember 1765 meiner 6fach Urgroßeltern ist folgendes vermerkt "...thaten coram presbyteria d 3t xbr Kirchenbus und wurden sogleich copulirt"
    Die jungen Brautleute waren lutherisch, beide gerade 21 Jahre alt.
    Das erste Kind wurde 4 Monate später im April geboren, also gehe ich davon aus, dass die vorehlichen Schwangerschaft Grund für die Kirchenbuße war.
    Wie könnte das zur damaligen Zeit ausgesehen haben? Da ich selber als Ostkind nur sehr wenig über die Kirche weiß, würde mich das schon interessieren. War das einfach nur ein "strenges Gespräch" mit dem Pfarrer oder wie muss ich mir das vorstellen? Vermutlich hat das auch jeder Pfarrer etwas anders gehandhabt?

    Bin gespannt auf Eure Gedanken,

    viele Grüße
    Zuletzt geändert von Sigrun78; 21.11.2021, 14:47.
    Viele Grüße, Sigrun78

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  • Scriptoria
    Erfahrener Benutzer
    • 16.11.2017
    • 3239

    #2
    Hallo Sigrun,


    wie die Buße aussah, wird auch von der Konfession abhängig gewesen sein.
    Welches Bekenntis hatten Deine Vorfahren?

    Gruß
    Scriptoria

    Kommentar

    • Sigrun78
      Erfahrener Benutzer
      • 12.03.2021
      • 292

      #3
      Zitat von Scriptoria Beitrag anzeigen
      Hallo Sigrun,


      wie die Buße aussah, wird auch von der Konfession abhängig gewesen sein.
      Welches Bekenntis hatten Deine Vorfahren?

      Gruß
      Scriptoria

      ja, selbstverständlich Ich bin manchmal aber auch ein Drops
      Lutherisch waren beide Eheleute. Ich habs im Ausgangsposting noch ergänzt
      Zuletzt geändert von Sigrun78; 21.11.2021, 14:47.
      Viele Grüße, Sigrun78

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      Kommentar

      • sternap
        Erfahrener Benutzer
        • 25.04.2011
        • 4070

        #4
        an sich war die kirchenbuße aus den anfängen des christentums bekannt, meist als räumliche und optische sonderung von den "braven" christen.


        als erste stufe auf dem bauch liegen, in sacke und asche vor der kirchen, später kniend, weitere erleichterungsstufen konnten schlussendlich sein, wenn man schon fast wieder ganz zugelassen wurde, aber nur ganz hinten stehend dem gottesdienst beiwohnen und eingeschränkt am abendmahl teilnehmen durfte. es war eine stufenweise wiederaufnahme und körperliche wiederaufrichtung.


        das erzieherische ziel war dabei, verfehlungen gegen die gebote in der die gemeinde härtest zu sanktionieren, damit das ganze streng zusammenbleibt.


        im lutherischen ging man, anders als die katholiken, davon aus, dass christus für uns die erbsünde bzw. die grundsätzliche sündigkeit getilgt habe und die gläubigen sich nicht immer neu z.b. durch ablässe, beichten und leistungen nötigen lassen müssten, sich ihre weitere zugehörigkeit erkaufen zu müssen.


        dennoch erkannte man die methoden einer "schwarzen pädagogik" (=fachbegriff) auch unter den reformierten gläubigen als notwendig und nützlich für die erzielung von zucht und ordnung.

        sonst hätte es nur mehr finanziell ungeschützte mütter und ungeplante schwangerschaften gegeben. also kirchenzucht oder kirchenbuße, die der bischof festlegen konnte, beispielsweise als öffentliches bekenntnis der schuld, almosenpflicht oder unfeierliche trauung usw.


        wikipedia fasst zusammen:
        "Obwohl die Kirchenbuße gegen Ende des 16. Jahrhunderts vielerorts abgeschafft wurde, wurde sie zu Teilen im 18. Jahrhundert wieder eingeführt. Aufgrund von steigenden Kindstötungsdelikten wurde sie dann jedoch wieder abgeschafft, so z. B. 1786 in Weimar durch Goethe."
        freundliche grüße
        sternap
        ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
        wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




        Kommentar

        • Scriptoria
          Erfahrener Benutzer
          • 16.11.2017
          • 3239

          #5
          Hallo,
          ganz so schlimm war es nicht mehr.

          In der lutherischen Vorstellung können auch Laien bestimmte priesterliche Aufgaben in der Kirche übernehmen. Neben dem Amt des Pfarrers gibt es das Ältestenamt, das Presbyteramt.
          Das Presbyterium (= Kirchenvorstand, bestand 1765 nur aus Männern) überwacht das religiöse und sittliche Leben in der Gemeinde und kontrolliert auch die Amtsführung des Pfarrers. Dein Paar tat Buße „coram presbyteria“, also vor dem Presbyterium und dem Pfarrer. Da nicht von der Gemeinde die Rede ist, handelte es sich wahrscheinlich um keine öffentliche Buße sondern eine sog. Privatzensur. Wenn eine Heirat bevorstand, wurde das „Vergehen“ der Schwangerschaft eher milde beurteilt. Wahrscheinlich haben beide ihre Reue bekundet und die Absolution erhalten.

          In den Presbyterprotokollen wurden die entsprechenden Fälle festgehalten. Vielleicht gibt es die auch für Groß-Zimmern, da könntest Du es genauer erfahren.

          Zu den Aufgaben des Presbyteriums (u.a. zu unehelichen Geburten):

          S.36

          „…durch Vermahnung aus den Sünden aufmuntern, durch den Hammer des göttlichen Gesetzes zerknirschen und zu Gott führen und die Gnadenverheißung der Evangelii wiederum aufrichten und trösten“

          Einige Quellen nennen auch zusätzliche Geldzahlungen.




          Gruß
          Scriptoria
          Zuletzt geändert von Scriptoria; 21.11.2021, 20:15.

          Kommentar

          • Friedrich
            Moderator

            • 02.12.2007
            • 11575

            #6
            Moin Scriptoria,


            Zitat von Scriptoria Beitrag anzeigen
            Das Presbyterium (= Kirchenvorstand, besteht nur aus Männern)

            das ist falsch. Die meisten Presbyterien bestehen heutzutage eher aus mehr Frauen als Männern.


            Friedrich, der einem überwiegend weiblich zusammengesetzten Presbyterium angehört
            "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
            (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

            Kommentar

            • Scriptoria
              Erfahrener Benutzer
              • 16.11.2017
              • 3239

              #7
              Hallo Friedrich,

              die Aussage bezieht sich auf das 18. Jahrhundert. Aber sie ist missverständlich, deshalb habe ich sie geändert.
              Es wird wohl auch heute kein Mensch mehr zur Buße vorgeladen.

              Gruß
              Scriptoria
              Zuletzt geändert von Scriptoria; 21.11.2021, 20:04.

              Kommentar

              • Friedrich
                Moderator

                • 02.12.2007
                • 11575

                #8
                Alles gut.



                Friedrich
                "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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