Uneheliche Kinder von Verheirateten vor 1800

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  • gki
    Erfahrener Benutzer
    • 18.01.2012
    • 5132

    Uneheliche Kinder von Verheirateten vor 1800

    Hallo,

    ich frage mich wie häufig es zu der angegebenen Zeit vorkam, daß Verheiratet außerhalb ihrer Ehe Kinder zeugten oder empfingen. Mir geht es dabei nicht so sehr um die sog. Kuckuckskinder, sondern um anerkannte Kinder. Mir geht es auch nicht um irgendwelche Adlige, sondern normale Leute, vorzugweise Bauern oder Handwerker.

    Ich konnte bisher zwei Fälle finden:

    1) Eine verheiratete Frau bekam ein Kind von einem anderen. Im Taufbuch steht, daß sie das Kind vor der Ehe empfangen habe. Das war ca. 1680.

    2) Ein Mann hat offenbar neben der Ehe eine Liebschaft.

    2.1) 1. Hochzeit 1700, ab 1707 Kinder nachweisbar, davor vermutlich auch, aber es ist eine Lücke im Buch.

    2.2) Parallel zur Ehe ab 1710 zwei Kinder mit einer ledigen Frau aus der Nachbarschaft. Beim zweiten Mal hat der Pfarrer das Kind im Haus der Mutter getauft...

    2.3) 1712 stirbt die erste Ehefrau. Der Mann verheiratet sich wieder. Er heiratet allerdings nicht die Frau der unehelichen Kinder (am Leben scheint sie noch gewesen zu sein, ich fand keinen Totenbucheintrag), sondern eine Wittwe. Mit dieser hat er in den folgenden Jahren weitere Kinder.

    Es ist etwas ungewöhnlich, daß er eine Wittwe geheiratet hat. Ich habe den - nicht beweisbaren - Verdacht, daß die Väter heiratsfähiger Töchter diese ihm evtl. nicht zur Ehe geben wollten. Die Wittwe kam offenbar auch nicht aus der Nähe, ich konnte sie jedenfalls noch nicht finden.

    Habt ihr derartige Situationen auch gefunden?
    Gruß
    gki
  • karin-oö
    Erfahrener Benutzer
    • 01.04.2009
    • 2630

    #2
    Hallo gki!

    Ich habe z. B. zwei Fälle, in denen ein Mann kurz vor seiner Hochzeit noch mit einer anderen Frau ein uneheliches Kind hatte.
    Bei Hofbesitzern ging es in der Frage wen man heiratete meist darum, welche Frau die nötige Mitgift in die Hochzeit einbringen konnte. Das war dann nicht unbedingt die, mit der man schon ein Kind hatte. Wenn eine Ehefrau Mitbesitzerin des Hofes wurde, musste sie eine Mitgift in Höhe des halben Wertes des Hofes in die Ehe mitbringen. Nur so war ihr und ihren Kindern eine Übernahme des Besitzes im Fall des Todes des Ehemanns gesichert.
    Wenn ein Hof verschuldet war, musste sich ein verwitweter Bauer auch für die nächste Ehe jemanden suchen, der etwas mitbrachte.

    In deinem Fall, wo der Witwer schon vor dem Tod seiner Frau mit einer anderen Kinder hatte, kann ich mir vorstellen (ohne dass ich die genaue rechtliche Lage kenne) dass es unmöglich war, diese Kinder zu legitimieren, denn es waren ja keine vor der Ehe geborenen, sondern neben der ersten Ehe geborene Kinder. Somit hätten sie auch nie einen Erbanspruch gehabt.
    Nachdem klare Verhältnisse in der Erbfolge wichtig waren, war es wahrscheinlich die bessere Lösung, eine Witwe zu heiraten, deren evtl. vorhandene Kinder aus der ersten Ehe abgesichert waren.

    Viele dieser Zusammenhänge werden klar, wenn man die Übergabsprotokolle und Heiratsverträge einsehen kann.
    Da ergeben sich oft Hintergründe, an die man aus heutiger Sicht gar nicht denken würde, andererseits ist unsere heutige Logik auf viele Fälle aus dem 17. oder 18. Jahrhundert nicht anwendbar.

    Schöne Grüße
    Karin

    Kommentar

    • gki
      Erfahrener Benutzer
      • 18.01.2012
      • 5132

      #3
      Hallo Karin!

      Zitat von karin-oö Beitrag anzeigen
      Ich habe z. B. zwei Fälle, in denen ein Mann kurz vor seiner Hochzeit noch mit einer anderen Frau ein uneheliches Kind hatte.
      Von der Sorte hab ich auch mehrere.

      Bei Hofbesitzern ging es in der Frage wen man heiratete meist darum, welche Frau die nötige Mitgift in die Hochzeit einbringen konnte. Das war dann nicht unbedingt die, mit der man schon ein Kind hatte. Wenn eine Ehefrau Mitbesitzerin des Hofes wurde, musste sie eine Mitgift in Höhe des halben Wertes des Hofes in die Ehe mitbringen. Nur so war ihr und ihren Kindern eine Übernahme des Besitzes im Fall des Todes des Ehemanns gesichert.
      Soweit war mir das in etwa klar. Daß er die Mutter seiner unehelichen Kinder nicht geheiratet hat, war für mich weniger der überraschende Teil. Die Mutter war eine Häuslerstochter, er war Bauer mit einem halben Hof.

      Wenn ein Hof verschuldet war, musste sich ein verwitweter Bauer auch für die nächste Ehe jemanden suchen, der etwas mitbrachte.
      Aber warum hätte die Wittwe ihren Hof (ich nehme an sie hatte einen) verlassen sollen wenn sie diesen selber geerbt hatte?

      Leider weiß ich nicht wo sie herkam, Hochwürden hielten das nicht für erwähnenswert...

      In deinem Fall, wo der Witwer schon vor dem Tod seiner Frau mit einer anderen Kinder hatte, kann ich mir vorstellen (ohne dass ich die genaue rechtliche Lage kenne) dass es unmöglich war, diese Kinder zu legitimieren, denn es waren ja keine vor der Ehe geborenen, sondern neben der ersten Ehe geborene Kinder. Somit hätten sie auch nie einen Erbanspruch gehabt.
      Das hört sich schlüssig an.

      Nachdem klare Verhältnisse in der Erbfolge wichtig waren, war es wahrscheinlich die bessere Lösung, eine Witwe zu heiraten, deren evtl. vorhandene Kinder aus der ersten Ehe abgesichert waren.
      Für den Bauern ist das ein logischer Gedanke. Aber die Frau hätte ja einfach einen anderen heiraten können der dann zu ihr auf den Hof gezogen wäre.

      Ob sie überlebende Kinder aus der ersten Ehe hatte weiß ich nicht.

      Viele dieser Zusammenhänge werden klar, wenn man die Übergabsprotokolle und Heiratsverträge einsehen kann.
      Das Staatsarchiv Landshut hat evtl. etwas aus der Hofmark Schönburg zu der dieser Hof gehörte. Ob sie aber genau die Briefprotokolle haben, die ich bräuchte... Und da war ja noch das Ding mit der Trausnitz...

      Da ergeben sich oft Hintergründe, an die man aus heutiger Sicht gar nicht denken würde, andererseits ist unsere heutige Logik auf viele Fälle aus dem 17. oder 18. Jahrhundert nicht anwendbar.
      Ja, das glaub ich.

      Dieser Fall ist eben nicht nur wg der unehelichen Kinder ungewöhnlich, sondern auch deswegen, daß ein Wittwer eine Wittwe heiratet (und umgekehrt). Bei allen anderen ähnlich gelagerten Fällen (minus die Extra-Kinder) haben die Verwittweten jeweils Ledige geheiratet und sind auf ihren jeweiligen Höfen geblieben.

      Bei den seltenen Fällen in denen zwei Verwittwete heiraten sind sie meist schon Auszügler.

      Ich denke daher, daß die Wittwe finanziell gesehen vielleicht doch nicht die allerbeste Partie war.

      Den Hof übernahm iÜ der Sohn aus der ersten Ehe. Das muß aber nichts mit den Finanzen zu tun gehabt haben, der Sohn aus der zweiten Ehe war beim Tod des Vaters erst 17.
      Gruß
      gki

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      • zimba123
        Erfahrener Benutzer
        • 01.02.2011
        • 744

        #4
        Zitat von karin-oö Beitrag anzeigen
        Wenn eine Ehefrau Mitbesitzerin des Hofes wurde, musste sie eine Mitgift in Höhe des halben Wertes des Hofes in die Ehe mitbringen. Nur so war ihr und ihren Kindern eine Übernahme des Besitzes im Fall des Todes des Ehemanns gesichert.
        Hallo Karin,

        war das überall so oder nur in einer bestimmten Region zu einer bestimmten Zeit?

        Viele Grüße
        Simone
        Viele Grüße
        Simone

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        • karin-oö
          Erfahrener Benutzer
          • 01.04.2009
          • 2630

          #5
          Hallo Simone!

          Ob das überall so war, kann ich leider nicht sagen. Bei uns in Oberösterreich war es allerdings bis Ende des 19. Jahrhunderts so üblich, dass sich der einheiratende Ehepartner quasi in den Hof einkaufte.
          Meist war das dadurch nötig, weil derjenige, der den Hof von seinen Eltern übernahm, alle seine Geschwister zu gleichen Teilen ausbezahlen musste, wozu er meist ohne eine ordentliche Mitgift nicht im Stande gewesen wäre.
          Oft waren das aber auch rein rechnerische Werte, die über lange Zeiträume hinweg in den Grundbüchern immer weitergeführt wurden, ohne jemals gänzlich zur Auszahlung zu kommen. Diese grundbücherlichen Lasten mussten aber bei jeder Übergabe wieder ausgeglichen werden, und das ging dann oft nur durch eine entsprechende Mitgift vom einheiratenden Partner. Dieser bekam dafür das Hälfteeigentum überschrieben und konnte beim Tod des Partners den ungeteilten Hof übernehmen.

          Schöne Grüße
          Karin

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