Geldwert im 15. Jh.

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  • Jettchen
    Erfahrener Benutzer
    • 16.10.2011
    • 1763

    Geldwert im 15. Jh.

    Hallo in die Runde!

    Die Stadt Kemnath/Oberpfalz brannte 1572 so gut wie vollständig ab. Durch die Dokumente der Schäden habe ich in einem Buch interessante Hinweise zu einer Ahnenfamilie erhalten.

    Die Witwe des Erhart Fraunholz bewirtschaftete das Gasthaus "Rotes Rößl". Als ihr Schaden wird angegeben:
    "800 fl Schaden gelitten, 1200 fl noch vermögens"

    Die Behausung ihres einen Sohnes hatte den Wert von 600 fl. (Schaden 400 fl)

    Wenn ich das mit den Schäden bzw. dem Besitz der anderen Häuser vergleiche, gab es nur wenige andere, die etwa so viel hatten.

    Liege ich mit der Überlegung richtig, dass sie eine vermögende Frau gewesen sein muss?

    Danke fürs Mitdenken!
    Jettchen
  • consanguineus
    Erfahrener Benutzer
    • 15.05.2018
    • 7430

    #2
    Hallo Jettchen,

    ich habe mich vor Ewigkeiten mal mit dem Geldwert in genau dieser Zeit beschäftigt. Leider habe ich die Erkenntnisse nicht mehr en detail parat. Lass Dir dennoch gesagt sein, dass diese Geldbeträge schon auf ein recht hohes Vermögen hindeuten. Mir kommen 600 fl als Wert für ein Wohnhaus extrem viel vor.

    Viele Grüße
    consanguineus
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    • Anna Sara Weingart
      Erfahrener Benutzer
      • 23.10.2012
      • 16898

      #3
      Hallo,

      in einem bewirtschafteten Gasthaus, wie in Deinem Fall, erhöhen Gästemobiliar, Kücheneinrichtung, gefülltes Speiselager, bzw. große Bierfässer u. andere Alkoholika die Schadenssumme. Also all die Investitionen, die für den Gastbetrieb notwendig waren. Und natürlich war ein Gasthaus immer viel größer als ein normales Wohnhaus. Dadurch kommt die höhere Schadenssumme zustande.



      In diesen Beispielen aus Sulz am Neckar im Jahr 1581 haben Häuser folgende Werte:


      Jacob Mager, Kantengießer, verliert beim Stadtbrand 1581 2 Häuser und 1 Scheuen für 1500 fl.


      600 fl. --- Hans Friderich, Metzger, verliert beim Stadtbrand 1581 2 Häuser für 1200 fl., hat noch 3000 fl. übrig, bekommt 114 fl. Brandsteuer, will wieder bauen, nimmt noch 500 fl. Darlehen auf

      300 fl. --- Stefan Braun, Schweinehirt, verliert mit Martin Roth, Hufschmied beim Stadtbrand 1581 ½ Haus für 150 fl., hat noch 60 fl. übrig, bekommt 57 fl. Brandsteuer; sie wollen wieder bauen, nehmen noch 150 fl. Darlehen auf

      350 fl. & 100 fl. --- Bastian Eysenhardt, Fischer, Vater und Conrad Niesser, Schlosser, sein Sohn, verlieren beim Stadtbrand 1581 2 Häuser zu 350 bzw. 100 fl.

      300 fl. --- Anna, Hans Magers Witwe, verliert beim Stadtbrand 1581 ihr Haus für 300 fl., hat noch 300 fl. übrig

      600 fl. --- Leonhard Pistorius, Pfarrer, verliert beim Sulzer Stadtbrand 1581 1 Haus für 600 fl., bekommt 130 fl. Brandsteuer



      Quelle: Andreas Theurer: Familienregister Sulz/N. vor 1614
      Zuletzt geändert von Anna Sara Weingart; 03.07.2025, 12:14.
      Viele Grüße

      Kommentar

      • Jettchen
        Erfahrener Benutzer
        • 16.10.2011
        • 1763

        #4
        Vielen Dank euch Beiden für eure hilfreichen Antworten!

        Es bestätigt meine Vermutung, dass die Witwe zu den Wohlhabenden gehört hatte.
        Überrascht hat mich, dass sie nach dem Brand noch ein Vermögen von 1200 fl besaß. Evtl. war dies Grundbesitz?
        Im Jahr darauf war sie bereits wieder in der Lage, Bier zu brauen!

        Erstaunlich, wie rasch sich die Menschen nach solch einem verheerenden Stadtbrand wieder hochgerappelt haben.

        Aber der Sohn Jonas wirtschaftete nach ein paar Jahren das Rote Rößl herunter.
        Das sind die spannenden Verläufe bei den Ahnenfamilien!

        Viele Grüße
        Jettchen

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        • Anna Sara Weingart
          Erfahrener Benutzer
          • 23.10.2012
          • 16898

          #5
          Zitat von Jettchen Beitrag anzeigen
          ... sie nach dem Brand noch ein Vermögen von 1200 fl besaß. Evtl. war dies Grundbesitz? ...
          Schwer zu sagen. Ich vermute u.a. ein Steinhaus, welches eventuell nicht vollständig zerstört wurde u. dadurch Restwert hatte?
          Es könnte aber auch eine ganz andere Geldanlage sein, wie in diesem Sulzer Beispiel, blau markiert:


          Bartlin Fritz, Metzger, mehrmals Bürgermeister, Gerichtsverwandter, hat 1561 ein Haus, hat 1572 kleinen Besitzanteil an einer Salzsiederhalle, verliert beim Stadtbrand 1581 900 fl., hat nach eigenen Angaben noch 2000 fl. übrig, nach Meinung der Richter aber 3000 fl., hat 1581 Weib und 3 Kinder, 1 Knecht und 1 Magd. Er hat einen Schuldbrief der Landschaft über 2000 fl., an dem ihm die eine Hälfte gehört
          Zuletzt geändert von Anna Sara Weingart; 03.07.2025, 13:30.
          Viele Grüße

          Kommentar

          • eifeler
            Erfahrener Benutzer
            • 15.07.2011
            • 1358

            #6
            Guten Tag,

            hier die Möglichkeit, das Geldvermögen umzurechnen:

            Der Mittelalter-Rechner ermöglicht seit fast zwei Jahrzehnten die Online-Umrechnung von Gewichten, Münzen und Maßen des Mittelalters. Ein Projekt von Alf Leue und Thomas Weitzel.


            Maßgeblich ist allerdings die "Kaufkraft" in Kombination, wie lange für ein Produkt gearbeitet werden muß.. Dies drückt den "wahren Wert" aus:




            Gruß
            Der Eifeler

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            • Jettchen
              Erfahrener Benutzer
              • 16.10.2011
              • 1763

              #7
              Vielen Dank auch für die weiteren Ergänzungen!!!
              Ist schon interessant, wenn man versucht, sich dem Leben der Ahnen in früheren Zeiten anzunähern.

              Gruß
              Jettchen

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              • Friedrich
                Moderator
                • 02.12.2007
                • 11548

                #8
                Moin Jettchen,

                Zitat von Jettchen Beitrag anzeigen
                Erstaunlich, wie rasch sich die Menschen nach solch einem verheerenden Stadtbrand wieder hochgerappelt haben.
                man sollte dabei aber nicht übersehen, dass ein Hausbau damals gemessen an den heutigen Maßstäben ganz anders verlief. Sanitäre Anlagen, geringerer Platz für die Familie (2 Kinder pro Kinderzimmer dürften eher die Ausnahme gewesen sein, es waren wohl mehr), geringere Ausstattung der Räume, und nicht zu vergessen, erheblich weniger Bürokratie.

                Friedrich

                "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

                Kommentar

                • Jettchen
                  Erfahrener Benutzer
                  • 16.10.2011
                  • 1763

                  #9
                  Ja, die Bürokratie!!!
                  Und niemand fragte, wer für den Schaden aufkommen sollte. Jeder packte selber an!
                  Es kamen viele Spenden an. Aber ob das wohl gerecht verteilt wurde? Wer weiß!
                  Der Volkszorn suchte damals nach einem, der der Brandstiftung verdächtigt wurde. Aber es ist zweifelhaft, ob dieser Mann wirklich daran schuld war.

                  Gruß
                  Jettchen

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                  • consanguineus
                    Erfahrener Benutzer
                    • 15.05.2018
                    • 7430

                    #10
                    Hallo Jettchen,

                    kleine Anmerkung noch, betreffend das 15. Jahrhundert: 1426 kauften meine Vorfahren ein Lehnsgut, welches aus einem Burghof (also einem sog. "Festen Haus" aus Stein), elf Kothhöfen und 14 Hufen Ackerland (in diesem Fall rund 84 ha) bestand. Dazu kamen noch Holzanteile und ein Fischteich. Der Kaufpreis betrug 800 Rheinische Gulden.

                    Kann man selbstverständlich nicht mit den Häusern in Deinem Beispiel vergleichen. Aber grundsätzlich interessant, wie die Preise für derartige Immobilien waren.

                    Viele Grüße
                    consanguineus
                    Daten sortiert, formatiert und gespeichert!

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                    • Jettchen
                      Erfahrener Benutzer
                      • 16.10.2011
                      • 1763

                      #11
                      Guten Morgen, consanguineus,

                      habe erst jetzt deinen Beitrag gelesen. Danke, solche Vergleiche finde ich immer gut! Das ist noch ein Jahrhundert früher. Es war ein stattliches Gut!

                      Viele Grüße
                      Jettchen

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