Wie nennt man so etwas?

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  • Horst von Linie 1
    Erfahrener Benutzer
    • 12.09.2017
    • 23423

    Wie nennt man so etwas?



    Ein Phänomen,das mir in vielen katholischen Kirchernbüchern aufgefallen ist, ist die Vergabe derselben Vornamen.
    Einige Seiten zuvor heißen alle männlichen Täuflinge Joseph und alle weiblichen Täuflinge Maria.

    Wie nennt man so etwas? Durchsetzungswillen des örtlichen Geistlichen?

    Und wie haben sich die Kinder auf dem Schulhof angesprochen?
    Falls im Eifer des Gefechts die Anrede mal wieder vergessen gegangen sein sollte, wird sie hiermit mit dem Ausdruck allergrößten Bedauerns in folgender Art und Weise nachgeholt:
    Guten Morgen/Mittag/Tag/Abend. Grüß Gott! Servus.
    Gude. Tach. Juten Tach. Hi. Hallo.

    Und zum Schluss:
    Freundliche Grüße.
  • Fr!tZ
    Benutzer
    • 17.07.2019
    • 76

    #2
    Das Phänomen, dass in vielen katholischen Taufregistern oder Kirchenbüchern wiederholt dieselben Vornamen wie „Josef“ und „Maria“ vergeben werden, hat verschiedene historische und kulturelle Gründe. Es ist weniger ein „Durchsetzungswillen des örtlichen Geistlichen“, sondern mehr ein Ausdruck der religiösen Tradition und des tief verwurzelten Glaubens an die Schutzkraft bestimmter Heiliger. Besonders in katholischen Regionen war es über Jahrhunderte hinweg weit verbreitet, dass Kinder nach heiligen oder biblischen Vorbildern benannt wurden.

    Auf dem Schulhof oder im Alltagsleben war es tatsächlich ein Problem, wenn viele Kinder denselben Namen trugen. In solchen Fällen gab es oft kreative Lösungen, um eine Unterscheidung zwischen den „Josephs“ oder „Marias“ zu finden:
    1. Spitznamen: Es war sehr üblich, dass Kinder auf dem Schulhof mit Spitznamen angesprochen wurden, die auf irgendwelche besonderen Merkmale oder Eigenheiten des Kindes hinwiesen. Zum Beispiel könnte ein „Joseph“ als „Sepp“, „Joschi“ oder „Pepi“ bezeichnet worden sein, während eine „Maria“ vielleicht als „Mia“ oder „Mari“ angesprochen wurde.
    2. Zahlreiche Varianten: Besonders in katholischen Regionen mit vielen ähnlichen Vornamen gab es oft viele Varianten oder zusätzliche Namen, die dazu beitrugen, dass man sich voneinander unterschied. Kinder könnten durch ihren „Zweitnamen“ oder durch die Angabe des Geburtsdatums („Josef der Ältere“, „Josef der Jüngere“) unterschieden werden.

    Insgesamt war die Namenswahl in früheren Zeiten stark durch religiöse und kulturelle Normen geprägt, und der Einfluss des Katholizismus führte zu einer Häufung bestimmter Namen, was im alltäglichen Leben kreative Lösungen und Anpassungen zur Folge hatte.

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    • Horst von Linie 1
      Erfahrener Benutzer
      • 12.09.2017
      • 23423

      #3
      Vielen Dank für die umfangreiche Antwort.

      Mich interessiert an dem Phänomen, warum man bei fünf Taufen die Buben immer wieder mit demselben Vornamen belegen muss.
      In einem zeitlichen Abstand von mehreren Wochen. Auf den Heiligentag kann man es also nicht schieben.
      Falls im Eifer des Gefechts die Anrede mal wieder vergessen gegangen sein sollte, wird sie hiermit mit dem Ausdruck allergrößten Bedauerns in folgender Art und Weise nachgeholt:
      Guten Morgen/Mittag/Tag/Abend. Grüß Gott! Servus.
      Gude. Tach. Juten Tach. Hi. Hallo.

      Und zum Schluss:
      Freundliche Grüße.

      Kommentar

      • gennix
        Benutzer
        • 15.03.2017
        • 66

        #4
        Zitat von Horst von Linie 1 Beitrag anzeigen
        Vielen Dank für die umfangreiche Antwort.

        warum
        .
        Heute Modeströmungen, Fernsehen (Kevin), Zeitgeist, polit. Orientierung (Adolf, Wolfgang). In meinen Schulzeiten wurde unter Schülern der Familienname gern mit verwendet. Gruß, Gennix

        Kommentar

        • mabelle
          Erfahrener Benutzer
          • 09.10.2017
          • 1044

          #5
          Zitat von Horst von Linie 1 Beitrag anzeigen
          https://www.xn--kirchenbcher-sdtirol-wecg.findbuch.net/php/view.php?link=4b425f53545f4c4f52454e5a454e5f535f4c 4f52454e5a4f5f53454241544fx3&force_html=1#&posX=0. 16793628808864267&posY=-0.06942520775623269&zoom=0.1&path=www.findbuch.net/a_pics/ks/W.._13_3._~ARCHIVALIEN_A._~AA6._~KIRCHENBUECHER._~ KB_ST_LORENZEN_S_LORENZO_SEBATO._~137_03._~137_03_ 022.jpg

          Ein Phänomen,das mir in vielen katholischen Kirchernbüchern aufgefallen ist, ist die Vergabe derselben Vornamen.
          Einige Seiten zuvor heißen alle männlichen Täuflinge Joseph und alle weiblichen Täuflinge Maria.

          Wie nennt man so etwas? Durchsetzungswillen des örtlichen Geistlichen?

          Und wie haben sich die Kinder auf dem Schulhof angesprochen?
          Hallo Horst,

          in vielen katholischen Taufbüchern in Bayern fand ich regelmäßig den Vornamen Maria abgekürzt mit "M.". Es hat eine Weile gedauert, bis ich verstanden habe, dass das für Maria steht. Der zweite Vorname wurde in der Regel nach dem Vornamen des Taufpaten vergeben. Das läßt sich durchgehend beobachten. Verstarb ein Kind, so bekam oft auch das nächstgeborene Kind gleichen Geschlechts den gleichen Namen wie das verstorbene Geschwisterkind. Es gab auch sehr oft die gleichen Taufpaten innerhalb einer Familie. Dann bekamen die Kinder auch mal drei Vornamen, statt zweien, oder der eine hieß Johann, der andere Hans.

          Johann Joseph ist daher eine gar nicht seltene Namenskombination für Buben, bei den Töchtern habe ich so einige, die Maria Johanna oder Maria Magdalena hießen, oder die Namen wurden getauscht in Johanna Maria etwa. In Mittelfranken hieß so ziemlich jeder meiner Vorfahren Johann, in der Oberpfalz Joseph. Für die Familienforscherin stets eine große Hürde, die es zu überwinden gilt. Der Joseph wurde üblicherweise Sepp oder Seppi gerufen. Unterscheiden konnte man sie, indem der eine der Meiersepp war, der andere der Hubersepp. Die Kombination mit dem Hofnamen ist auch denkbar. Und auch die Unterscheidung nach dem Alter ist eine Methode, indem der eine der Jüngere ist, der andere der Ältere.

          Bei den wohlhabenderen Familien habe ich beobachtet, dass ab dem späten 19. Jahrhundert zunehmend bürgerlich klingende Vornamen als Zugabe beliebt wurden, ohne auf die Tradition verzichten zu wollen.

          Soweit meine ganz subjektiven Beobachtungen ...

          Viele Grüße
          mabelle
          Zuletzt geändert von mabelle; 11.11.2024, 10:35.

          Kommentar

          • consanguineus
            Erfahrener Benutzer
            • 15.05.2018
            • 7438

            #6
            Zitat von Horst von Linie 1 Beitrag anzeigen
            Und wie haben sich die Kinder auf dem Schulhof angesprochen?
            Ey, Diggah
            Daten sortiert, formatiert und gespeichert!

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            • Geschichtensucher
              Erfahrener Benutzer
              • 03.09.2021
              • 1057

              #7
              "Und wie haben sich die Kinder auf dem Schulhof angesprochen?"

              Baaatzi

              Was mich interessieren würde: wurden dann auch mehrere Kinder EINER Familie Maria und Joseph genannt?

              Beste Grüße, Iris

              Kommentar

              • Horst von Linie 1
                Erfahrener Benutzer
                • 12.09.2017
                • 23423

                #8
                Zitat von Geschichtensucher Beitrag anzeigen
                Was mich interessieren würde: wurden dann auch mehrere Kinder EINER Familie Maria und Joseph genannt?
                Ist mir zumindest nicht untergekommen.

                Mir reicht bereits, dass der Bruder meiner Großmutter beim Standesamt die Vornamen "Wilhelm Rudolf Willy" verpasst bekam.
                Falls im Eifer des Gefechts die Anrede mal wieder vergessen gegangen sein sollte, wird sie hiermit mit dem Ausdruck allergrößten Bedauerns in folgender Art und Weise nachgeholt:
                Guten Morgen/Mittag/Tag/Abend. Grüß Gott! Servus.
                Gude. Tach. Juten Tach. Hi. Hallo.

                Und zum Schluss:
                Freundliche Grüße.

                Kommentar

                • Gudrid
                  Erfahrener Benutzer
                  • 22.04.2020
                  • 1357

                  #9
                  Ich denke mal, 1720 gabs noch keinen Schulhof, also ein Problem weniger
                  Liebe Grüße
                  Gudrid
                  Lieber barfuß als ohne Buch

                  Kommentar

                  • annalin
                    Benutzer
                    • 02.10.2023
                    • 92

                    #10
                    Individualität ist eine ziemlich neuzeitliche Mode....

                    eine Freundin erzählte mir, dass ihr Uromo zur Entbindung der Kinder extra in einen anderen Ort gegangen ist, weil der eigene Pfarrer als Patriarch die Namen der Täuflinge vorgegeben hat.
                    momentan gesucht:
                    BLAUFUSS Schwabach/Bayern 18./19.Jhdt
                    BENDZIULLI alle
                    SCHEERBARTH Bütow/Pommern 18.Jhdt
                    THELEMANN Heiligenstadt/Eichsfeld 18.Jhdt
                    RINDFLEISCH München/Bayern 19./20.Jhdt

                    Kommentar

                    • Xtine
                      Administrator

                      • 16.07.2006
                      • 29923

                      #11
                      Zitat von Geschichtensucher Beitrag anzeigen

                      Was mich interessieren würde: wurden dann auch mehrere Kinder EINER Familie Maria und Joseph genannt?
                      Hatte ich leider schon.

                      3x Johann, zu zweien habe ich auch eine Trauung gefunden. Beim dritten immerhin keinen frühen Sterbeeintrag.
                      Leider hatten sie keinen Zweitnamen eingetragen. Aber ich vermute doch, daß sie unterschiedliche Rufnamen hatten und wenn einer Hans und der andere Johann gerufen wurde.
                      Die Taufpaten waren auf jeden Fall verschiedene Herren mit Vornamen Johann. Da wäre wohl sonst einer beleidigt gewesen. Aber vielleicht wurde der eigentliche Name auch nur vom Pfarrer nicht eingetragen

                      Meistens allerdings, deutet eine erneute Namensvergabe daraufhin, daß der erste Namensträger früh verstarb.
                      Viele Grüße .................................. .
                      Christine

                      .. .............
                      Wer sich das Alte noch einmal vor Augen führt, um das Neue zu erkennen, der kann anderen ein Lehrer sein.
                      (Konfuzius)

                      Kommentar

                      • Scriptoria
                        Erfahrener Benutzer
                        • 16.11.2017
                        • 3114

                        #12
                        Zitat von Horst von Linie 1 Beitrag anzeigen
                        Vielen Dank für die umfangreiche Antwort.

                        Mich interessiert an dem Phänomen, warum man bei fünf Taufen die Buben immer wieder mit demselben Vornamen belegen muss.
                        In einem zeitlichen Abstand von mehreren Wochen. Auf den Heiligentag kann man es also nicht schieben.
                        Hallo,
                        möglicherweise hat nicht nur ein Heiligentag allein, sondern auch der Monat, in dem er liegt, eine Rolle gespielt.

                        In Deinem Beispiel gibt es im September 5x den Namen Michael, auch im 1. Eintrag vom Oktober und im letzten vom August auf der Seite vorher.
                        Am 29. September ist Michaelistag.

                        Ebenso auf der vorhergehenden Seite. 6x Bartholomäus im August 1720, Bartholomäustag ist der 24. August.
                        https://www.xn--kirchenbcher-sdtirol-wecg.findbuch.net/php/view.php?link=4b425f53545f4c4f52454e5a454e5f535f4c 4f52454e5a4f5f53454241544fx3&force_html=1#&zoom=6. 938893903907228e-18&path=www.findbuch.net/a_pics/ks/W.._13_3._~ARCHIVALIEN_A._~AA6._~KIRCHENBUECHER._~ KB_ST_LORENZEN_S_LORENZO_SEBATO._~137_03._~137_03_ 021.jpg

                        Zu Maria und Joseph:
                        März 1718
                        https://www.xn--kirchenbcher-sdtirol-wecg.findbuch.net/php/view.php?link=4b425f53545f4c4f52454e5a454e5f535f4c 4f52454e5a4f5f53454241544fx3&force_html=1#&zoom=6. 938893903907228e-18&path=www.findbuch.net/a_pics/ks/W.._13_3._~ARCHIVALIEN_A._~AA6._~KIRCHENBUECHER._~ KB_ST_LORENZEN_S_LORENZO_SEBATO._~137_03._~137_03_ 007.jpg
                        Es wurden nur 6 Kinder geboren, 4x Joseph sowie Maria und Elisabeth, Zwillinge.

                        März 1719
                        https://www.xn--kirchenbcher-sdtirol-wecg.findbuch.net/php/view.php?link=4b425f53545f4c4f52454e5a454e5f535f4c 4f52454e5a4f5f53454241544fx3&force_html=1#&zoom=6. 938893903907228e-18&path=www.findbuch.net/a_pics/ks/W.._13_3._~ARCHIVALIEN_A._~AA6._~KIRCHENBUECHER._~ KB_ST_LORENZEN_S_LORENZO_SEBATO._~137_03._~137_03_ 012.jpg
                        5x Maria, 3x Joseph.

                        Der 19. März ist Josefstag, der 25. März Mariäe Verkündigung.
                        Vielleicht sollte diese Bennennung in schwierigen Zeiten besonderen Schutz bieten.


                        Grüße
                        Scriptoria
                        Zuletzt geändert von Scriptoria; 12.11.2024, 13:59.

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                        • Horst von Linie 1
                          Erfahrener Benutzer
                          • 12.09.2017
                          • 23423

                          #13
                          Vielen Dank für alle bisherigen Beiträge.
                          Besonderen Dank an Scriptoria für den Hinweis auf die "Heiligenmonate".
                          Falls im Eifer des Gefechts die Anrede mal wieder vergessen gegangen sein sollte, wird sie hiermit mit dem Ausdruck allergrößten Bedauerns in folgender Art und Weise nachgeholt:
                          Guten Morgen/Mittag/Tag/Abend. Grüß Gott! Servus.
                          Gude. Tach. Juten Tach. Hi. Hallo.

                          Und zum Schluss:
                          Freundliche Grüße.

                          Kommentar

                          • HelenHope
                            Erfahrener Benutzer
                            • 10.05.2021
                            • 1050

                            #14
                            Ich bin inzwischen mit der Annahme, dass der erste Namensträger in der Familie verstorben sei, wenn ein Kind mit gleichem Namen getauft wird, sehr vorsichtig, weil das meiner Beobachtung nach gar nicht immer stimmt, und häufiger das ältere Kind noch lebt, als man annehmen würde.
                            Zudem beobachte ich, dass Anna und Maria, manchmal auch Catharina, ziemlich austauschbar sind, und man sehr genau hinsehen muss.
                            Ich bin einmal ein wenig verzweifelt, als ich zu meiner Familie Braband eine Ehe einer Maria Braband fand, die nicht sein konnte, da die ANNA Maria noch quicklebendig war zu dem Zeitpunkt. Anna Maria wurde auch nicht in jedem Taufeintrag ihrer Kinder mit beiden Namen genannt.
                            Es stellte sich heraus, dass Maria die 19-Jahre jüngere Schwester von Anna Maria war, und mir die Taufe entgangen war, weil zwischen dem letzten (verstorbenen) Bruder und Maria auch eine 10 Jahres Lücke liegt. Maria war eine echte Nachzüglerin. Die einzig lebenden Kinder der Familie Braband waren tatsächlich Anna Maria und Maria.

                            Kommentar

                            • schulkindel
                              Erfahrener Benutzer
                              • 28.02.2018
                              • 965

                              #15
                              Vornamenshäufungen gab es auch in neuerer Zeit und unabhängig von der Religion.
                              Ich zähle zu den Babyboomer-Jahrgängen.
                              In meiner kleinen Stadt gab es zu meiner Einschulung 5 erste Klassen.
                              In meiner Klasse gab es bei 40 Schülern z. B. 2 mal Renate, 2 mal Brigitte, 2 mal Inge, 2 mal Joachim, 3 mal Günter. Die Religionszugehörigkeit spielte keine Rolle, da viele nicht getauft waren.
                              Alle wurden von den Lehrern mit Vornamen angesprochen.

                              Renate


                              Kommentar

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