Kein Opfer des Nationalsozialismus?

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  • hionoxy
    Erfahrener Benutzer
    • 31.03.2021
    • 671

    Kein Opfer des Nationalsozialismus?

    Guten Tag Zusammen,

    ich wollte mich erkundigen, ob es eine Möglichkeit gibt eine Verwaltungsstelle eines Bundeslandes irgendwie eine Bewertung des Verfolgungsstatus im Dritten Reich einer Person neubewerten zu lassen.

    Mein Ururopa, der Schuster Richard Haug aus Esslingen, galt laut Land Baden-Württemberg nicht als politisch (oder religiös) verfolgte Person. Nur ist er während des Hitlerregimes mehrmals verurteilt worden:
    • Er war in Esslingen zwei Wochen im Zuchthaus
    • Zwei Jahre im Württembergischen Arbeitshaus für Männer auf Schloss Kaltenstein in Vaihingen an der Enz bei Ludwigsburg (1935-1937)
    • Er hat in der Öffentlichkeit gegen Hitler und sein Regime geschimpft (in Esslinger Lokals), nachweislich den Deutschen Gruß und "Heil..." verweigert und dann später noch den Volkssturm
      => Frühjahr 1945 8 Wochen im Arbeitserziehungslager Oberndorf-Aistaig, weil er wieder gesund genug sei nach Erkrankung an Fleckenfieber und Typhus bei seinem ersten Einzug ins Militär 1940/41

    Mein Ururopa ist wohl diesem Fall über ein Jahrzehnt nachgegangen. Das Land Baden-Württemberg hat ihn nicht als politisch verfolgt anerkannt. Er verstarb am 30. März 1985.

    Die Zunft der Schuhmacher sind bekannt dafür recht aufmümpferisch gewesen zu sein und eher klassenbewusst und gegen rechte Politik. Ich weiß nicht, ob Richard Sozialdemokrat, streng evangelisch (wohl eher nicht) oder gar Kommunist war (vermutlich auch eher nicht). Allerdings sehe ich schon, dass er ein positives Beispiel einer Alltagsperson war, die sich im Kleinen gegen das verbrecherische Regime aufgelehnt bzw. es offenkundig abgelehnt hat.

    Wie seht ihr das? Gibt es eine Möglichkeit auch diesen Fall neubewerten zu lassen? Er hat sich stark darum bemüht. Ich finde, ihm wurde unrecht getan. Mehr solcher Personen wie ihn und eventuell wäre in anderen württembergischen Städten der Nationalsozialismus nicht so ausgeprägt gewesen (z. B. in Ulm).

    Lieber Gruß
    Lukas
    Zuletzt geändert von hionoxy; 13.05.2023, 14:58.
    • Bernolsheim (Elsass): Johann Georg Higel(l)/Hügel/Heigel/Heichel (geb. 1726–1751)
    • Augsburg: Dil(l)baum/Tüllbaum/Thillbaum und Negges/Neggis/Neggiß/Neckhes (jeweils vor 1531)
    • Staufen/Pfalz-Neuburg: Brandl/Brandle/Brandlin
    • Ulm: Aitinger, Schilling, Hillmann (16. Jh.)
    • Nördlingen: Geißel, Moll, Krauß
    • Oberthulba: Kleinhenz, Schmitt, Veith, Hergenröther
    • Allgäu: Vagabundenfamilie Filler/Füller (18. Jh.)
  • Wolfg. G. Fischer
    Erfahrener Benutzer
    • 18.06.2007
    • 5382

    #2
    Neubewertung

    Zitat von hionoxy Beitrag anzeigen
    Mein Ururopa, der Schuster Richard Haug aus Esslingen, galt laut Land Baden-Württemberg nicht als politisch (oder religiös) verfolgte Person.

    Nur ist er während des Hitlerregimes mehrmals verurteilt worden:
    • Er war in Esslingen zwei Wochen im Zuchthaus.
    • Zwei Jahre im Württembergischen Arbeitshaus für Männer auf Schloss Kaltenstein in Vaihingen an der Enz bei Ludwigsburg (1935-1937).
    • Er hat in der Öffentlichkeit gegen Hitler und sein Regime geschimpft (in Esslinger Lokals), nachweislich den Deutschen Gruß und "Heil..." verweigert und dann später noch den Volkssturm.

      => Frühjahr 1945 8 Wochen im Arbeitserziehungslager Oberndorf-Aistaig, weil er wieder gesund genug sei nach Erkrankung an Fleckenfieber und Typhus bei seinem ersten Einzug ins Militär 1940/41.


    Mein Ururopa ist wohl diesem Fall über ein Jahrzehnt nachgegangen. Das Land Baden-Württemberg hat ihn nicht als politisch verfolgt anerkannt. Er verstarb am 30. März 1985.
    Hallo Lukas,

    ich an Deiner Stelle würde mich da mal in Ba-Wü erkundigen. Der deutsche Gruß war übrigens "Heil....".

    LG Wolfgang

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    • sternap
      Erfahrener Benutzer
      • 25.04.2011
      • 4070

      #3
      die frage ist, welcher gruppe anerkannter opfer des regimes er zgezählt werden soll.


      als wehrkraftzersetzer
      kommunisten oder sozialisten
      ausländer bzw. zwangsarbeiter
      fahrende bzw. roma-zugehörige oder jenische
      kriminelles subjekte
      arbeitsscheue
      kz insassen
      juden
      homosexuelle



      wenn keine der inzwischen zur entschädigung anerkannten erklärungen im damaligen urteil stehen, fällt er untendurch.
      freundliche grüße
      sternap
      ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
      wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




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      • MarthaLU
        Erfahrener Benutzer
        • 13.02.2013
        • 510

        #4
        Hallo Lukas,

        Ich würde da unbedingt vorrangig klären,weshalb dein Uropa inhaftiert war und ob er tatsächlich politisch aktiv war. Allein aus den Tatsachen der Verurteilungen lässt sich sicherlich kein Widerstand ableiten, und geschimpft hat so mancher.

        Eine Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen war aber nicht entscheidend für Anerkennung. Mein Großvater ist in Baden-Württemberg anerkannt worden. Grund war sein Beruf als Richter, in dem er sich weigerte, bestimmte gewünschte Urteile zu sprechen. Dadurch wurde er beruflich massiv benachteiligt. In Haft war er nicht einmal. Dass er selber Jurist war, hat auch ganz sicher keine Vorteile bewirkt, eher im Gegenteil. Juristen, die nicht mitgemacht hatten, wurden zumindest im Westen nach 45 weiter nach unten gedrückt. Man weiss ja, die alten Seilschaften der NS-Juristen saßen schon in den Fünfzigern wieder in den Chefsesseln.

        Also, nur anhand dessen,was du hier berichtest, sehe ich noch nicht so klar, dass man ihm Unrecht tat. Kommst du an die alten Urteile noch ran? Ich habe mir letztes Jahr die Akte meines Großvaters bestellt über das Landesarchiv, sind so um die 20 Seiten. Das würde ich auch erst einmal machen.

        LG Martha
        Zuletzt geändert von MarthaLU; 14.05.2023, 08:48.

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        • Svenja
          Erfahrener Benutzer
          • 07.01.2007
          • 5110

          #5
          Hallo Lukas

          Ich sehe das genauso wie Martha. Nachdem was du erwähnt hast, vermute ich, dass er als sogenannter "Arbeitsscheuer" verurteilt worden ist, nicht als "Politischer". Was mir nicht klar ist, hast du deine Informationen nur aus Aufzeichnungen / gesammelten Dokumenten deines Ururopas oder hast du selber diese Informationen aus Dokumenten der Arolsen Archives Online oder von Archiven in Baden-Württemberg?

          Gruss
          Svenja
          Zuletzt geändert von Svenja; 14.05.2023, 13:48.
          Meine Website über meine Vorfahren inkl. Linkliste:
          https://iten-genealogie.jimdofree.com/

          Interessengemeinschaft Oberbayern http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=38

          Interessengemeinschat Unterfranken http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=37

          Interessengemeinschaft Sudetendeutsche http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=73

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          • Henry Jones
            Erfahrener Benutzer
            • 31.12.2008
            • 1702

            #6
            Hallo Lukas,

            welche Recherchen hast du denn bereits unternommen und welche Dokumente liegen dir vor? Gibt es eine Wiedergutmachungsakte zu deinem Urgroßvater?

            Nach meinem Kenntnisstand gibt es außer für die ermordeten Juden und Euthanasie-Opfern keine zentrale Opferdatenbank. Das sind doch hauptsächlich lokale Initiativen, die hier bzgl. der verschiedenen Opfergruppen recherchieren und Gedenkprojekte umsetzen. Gerade für die politisch Verfolgten, Arbeitsscheuen, „Asoziale“ die überlebt haben, gibt es fast gar nichts. Daher frage ich mich welche „Anerkennung“ du hier festgesetzt haben willst. Sowas gibt es doch zentral für BaWü gar nicht bzw. wäre mir nicht bekannt.

            Mein Urgroßvater war selbst KZ Häftling (politisch, 1933 KZ Heuberg). Das wurde aber auch später nirgends mehr thematisiert oder anerkannt, außer bei der Wiedergutmachung. Derzeit erarbeite ich die Biografien der getöteten NS-Opfer aus unserem Dorf (3 T4, 1 Arbeitsscheu/Asozial)

            Ansonsten nimm doch Kontakt zur Esslinger Stolperstein Initiative auf.

            Erinnerung an Naziverbrechen in der Nachbarschaft


            Gruß Alex
            Zuletzt geändert von Henry Jones; 14.05.2023, 17:26.
            Mitglied im Verein zur Klärung von Schicksalen Vermisster & Gefallener (VKSVG e.V.)
            www.vermisst-gefallen.net (Homepage)
            www.vksvg.de (Forum)

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            • Svenja
              Erfahrener Benutzer
              • 07.01.2007
              • 5110

              #7
              Hallo

              Nach meinem Kenntnisstand gibt es außer für die ermordeten Juden und Euthanasie-Opfern keine zentrale Opferdatenbank.
              Das sehe ich anders, denn die Arolsen Archives Online enthalten auch Dokumente über diverse andere Kategorien von KZ-Häftlingen sowie über Zwangsarbeiter. Zudem enthalten sie nicht nur Dokumente von verstorbenen KZ-Häftlingen und Zwangsarbeitern, sondern auch von vielen Überlebenden.

              Für Euthanasie-Opfer kenne ich keine zentrale Datenbank, in der wirklich alle Opfer enthalten sind, zumal noch längst nicht alle bekannt sein dürften.

              Gruss
              Svenja
              Zuletzt geändert von Svenja; 14.05.2023, 18:10.
              Meine Website über meine Vorfahren inkl. Linkliste:
              https://iten-genealogie.jimdofree.com/

              Interessengemeinschaft Oberbayern http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=38

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              • MarthaLU
                Erfahrener Benutzer
                • 13.02.2013
                • 510

                #8
                Die zentrale Anerkennungsdatei ist doch gerade in diesen Wiedergutmachungsakten zu sehen. Für Baden-Württemberg existieren diese Akten, im Falle meines Großvaters ist z. B. sein Antrag zu lesen, die Stellungnahmen, Recherchen und Nachfragen,schließlich die Entscheidung.

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                • hionoxy
                  Erfahrener Benutzer
                  • 31.03.2021
                  • 671

                  #9
                  Zitat von Henry Jones Beitrag anzeigen
                  Gibt es eine Wiedergutmachungsakte zu deinem Urgroßvater
                  Um auch die Fragen der anderen zu beantworten: Genau, gibt es. Aus dieser stammen meine Informationen. Kontakt zu ihm hatte ich nicht und meine Uroma auch wenig, weil sie direkt nach dem Zweiten Weltkrieg nach Augsburg verzogen ist. Inmitten dieser Zeit war ja Richard vermutlich wenig zuhause. Davor war sie eventuell noch zu jung (Jahrgang 1927).

                  Zitat von Svenja Beitrag anzeigen
                  hast du selber diese Informationen aus Dokumenten der Arolsen Archives Online oder von Archiven in Baden-Württemberg
                  Das ist aus dem Landesarchiv in Stuttgart. Mir wurde sein Wiedergutmachungsakt freundlicherweise digital zugeschickt.

                  Was ich mir erhoffe: Nichts konkretes. Ich wollte erst einmal wissen, ob da überhaupt etwas geht; ob es Strukturen gibt, die solche Fälle neu bewerten.

                  Zitat von MarthaLU Beitrag anzeigen
                  schließlich die Entscheidung.
                  Ein Urteil wurde ja gefällt, nämlich dass dieser Verfolgtenstatus nicht auf ihn zuträfe. Es ist also eine klare Positionierung.
                  Die ist meiner Meinung nach falsch und liest sich ein wenig nach beamtlichen Strukturen, die eben so kurz nach dem Fall des NS-Regimes noch nicht genug aufgearbeitet haben (aka: tendenziell faschistisch).

                  Mein Anlass ist, weil ich ihn beeindruckend finde, unabhängig davon ob er mein Vorfahr ist. Damals am Gymnasium forderten insbesondere Geschichtslehrer*Innen Eigeninitative einzelner Personen gegen Rassismus, etc, eben weil dies im Nationalsozialismus zu kurz gekommen sein in der Masse. Er war eine Person, die eben genau das getan hat. Ob er faul war oder nicht, finde ich unerheblich. Darum geht es in diesen Akten auch nie, der Begriff "asozial" fällt auch nicht. Ich denke er war ein tüchtiger Schuster. Ich könnte mir vorstellen, dass er Erkrankungen schnell opportun wahrgenommen hat, aber wer hätte das nicht. Ich will auch nicht im Krieg sterben, egal ob das für "mein" Land ist, oder nicht.

                  Es geht bei ihm sicherlich nicht nur um Kriegsdienstverweigerung, denn er war im Krieg 1940/41, wenn auch nur kurz. Seine Äußerung gegen Hitler und Inhaftierung folgte ja auch schon vor seiner ersten Berufung, nämlich 1937. Etwa zu sagen, er wurde ja dann später für die zwei Monate ins KZ geworfen weil er nur den Kriegsdienst verweigert hätte, kommt meiner Meinung nach viel zu kurz. Da war ja schon nachweislich mehr bei ihm, was das NS-Regime an ihm auszusetzen haben konnte.

                  In jedem Fall: Der Vorschlag mit den Stolpersteinen ist gut.

                  Zitat von Svenja Beitrag anzeigen
                  Für Euthanasie-Opfer kenne ich keine zentrale Datenbank, in der wirklich alle Opfer enthalten sind, zumal noch längst nicht alle bekannt sein dürften.
                  Interessant. Auf meiner väterlichen Seite gab es Opfer der Euthanasie. Georg Stix aus Augsburg-Oberhausen. Die Stix wurden als Sippe tituliert und es gibt Unterredungen mit sämtlichen Stix: bspw. mit Georgs Frau oder seinem Sohn (ebenfalls Georg). Georg Stix (der ältere) wurde wohl als »schizoider Psychopath« mit »Eifersuchtswahn« in Kaufbeuren zwangssterilisiert (Stadtarchiv Augsburg, Akte Georg Stix).

                  Ich muss ergänzen, dass ich Widerstand schon auf kleinsten Ebenen sehe. Ich sehe keine Notwendigkeit erst ein Richter zu sein, der bestimmte Sachen verweigert. Richard war Schuster. Mit Verweigerung der Arbeit hätte er wenig gegen den Nationalsozialismus machen können. Und bzgl "Schimpfen kann so jeder": Das finde ich tatsächlich keine gute Aussage, denn das hat sich auch nicht jeder getraut. Und auch nicht das Verweigern eines Grußes.
                  Zuletzt geändert von hionoxy; 14.05.2023, 21:00.
                  • Bernolsheim (Elsass): Johann Georg Higel(l)/Hügel/Heigel/Heichel (geb. 1726–1751)
                  • Augsburg: Dil(l)baum/Tüllbaum/Thillbaum und Negges/Neggis/Neggiß/Neckhes (jeweils vor 1531)
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                  • Ulm: Aitinger, Schilling, Hillmann (16. Jh.)
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                  • Oberthulba: Kleinhenz, Schmitt, Veith, Hergenröther
                  • Allgäu: Vagabundenfamilie Filler/Füller (18. Jh.)

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                  • Henry Jones
                    Erfahrener Benutzer
                    • 31.12.2008
                    • 1702

                    #10
                    Hallo Lukas,

                    du bleibst leider etwas nebulös. Wenn ich dich richtig verstehe, gibt es eine Wiedergutmachungsakte, diese wurde aber abgelehnt? Welche Gründe wurden denn da vorgebracht? Lag evtl. eine strafrechtliche Veurteilung vor, so dass diese abgelehnt wurde?

                    Wenn du uns das Geburtsdatum noch nennst , dann kann man ggf. noch weiter recherchieren. Bei einem zweijährigen Arbeitshausaufenthalt müsste es evtl. noch ein Urteil o.ä. geben. Im Aufnahmebuch vom Arbeitshaus hast du nachgesehen? http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=2-2913747&a=fb

                    Ansonsten bleibt natürlich noch die Suche Vorort im Stadt-/Kreisarchiv Esslingen.
                    Bei uns im Kreisarchiv in Göppingen gibt es noch ganze Aktenbestände zu den Verhafteten, vielleicht ja auch in Esslingen.

                    Gruß Alex
                    Mitglied im Verein zur Klärung von Schicksalen Vermisster & Gefallener (VKSVG e.V.)
                    www.vermisst-gefallen.net (Homepage)
                    www.vksvg.de (Forum)

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                    • Svenja
                      Erfahrener Benutzer
                      • 07.01.2007
                      • 5110

                      #11
                      Hallo Lukas

                      Wenn das, was du anfangs aufgelistet hast, alles ist, was aus der Wiedergutmachungsakte hervorgeht, dann sehe ich da keinen Hinweis darauf, dass er in einem KZ war. Dafür spricht auch, dass ich nichts diesbezügliches in den Arolsen Archives gefunden habe.

                      Liegen dir nur die Unterlagen aus der Wiedergutmachungsakte vor, oder auch Unterlagen aus der Zeit des Nationalsozialismus? Es wäre wichtig zu wissen, was in diesen Unterlagen als Grund genannt wurde. Ich vermute dass er nicht wegen Wehrkraftzersetzung verurteilt wurde, denn dann wäre eine andere Strafe verhängt worden.

                      Gruss
                      Svenja
                      Meine Website über meine Vorfahren inkl. Linkliste:
                      https://iten-genealogie.jimdofree.com/

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                      • hionoxy
                        Erfahrener Benutzer
                        • 31.03.2021
                        • 671

                        #12
                        Zitat von Henry Jones Beitrag anzeigen
                        Wenn du uns das Geburtsdatum noch nennst , dann kann man ggf. noch weiter recherchieren.
                        12. Dezember 1907

                        Zitat von Henry Jones Beitrag anzeigen
                        Wiedergutmachungsakte, diese wurde aber abgelehnt? Welche Gründe wurden denn da vorgebracht? Lag evtl. eine strafrechtliche Veurteilung vor, so dass diese abgelehnt wurde?
                        Zu Beginn (also somit zum Abschluss der Akte) heißt es:

                        "Aus den Strafakten ergibt sich eindeutig, dass der Antragsteller lediglich wegen der aus seinem damaligen müssiggängerischen, unsteten und arbeitsscheuen Lebenswandel hervogehenden Zuwiderhandlungen gegen die genannten Bestimmungen verurteilt wurde"

                        Davor wurde schon einmal abgelehnt, aus den selben Gründen:

                        "Diese Ablehnung wurde damit begründet, dass Sie die geltend gemachte Freiheitsentziehung nicht wegen Ihrer politischen Überzeugung, wie Sie vorgaben, sondern wegen Müssiggangs und Arbeitsvertragsbruch erlitten haben und dass daher die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen für Entschädigungsleistungen nach dem Bundesentschädgiungsgesetz fehlen"

                        Gemeint ist hier übrigens – soweit ich das sehe – der Vertragsbruch nicht wieder in den Kriegsdienst zurückgekehrt zu sein.
                        • Bernolsheim (Elsass): Johann Georg Higel(l)/Hügel/Heigel/Heichel (geb. 1726–1751)
                        • Augsburg: Dil(l)baum/Tüllbaum/Thillbaum und Negges/Neggis/Neggiß/Neckhes (jeweils vor 1531)
                        • Staufen/Pfalz-Neuburg: Brandl/Brandle/Brandlin
                        • Ulm: Aitinger, Schilling, Hillmann (16. Jh.)
                        • Nördlingen: Geißel, Moll, Krauß
                        • Oberthulba: Kleinhenz, Schmitt, Veith, Hergenröther
                        • Allgäu: Vagabundenfamilie Filler/Füller (18. Jh.)

                        Kommentar

                        • hionoxy
                          Erfahrener Benutzer
                          • 31.03.2021
                          • 671

                          #13
                          Zitat von Svenja Beitrag anzeigen
                          Hallo Lukas

                          Wenn das, was du anfangs aufgelistet hast, alles ist, was aus der Wiedergutmachungsakte hervorgeht, dann sehe ich da keinen Hinweis darauf, dass er in einem KZ war. [...]

                          Liegen dir nur die Unterlagen aus der Wiedergutmachungsakte vor, oder auch Unterlagen aus der Zeit des Nationalsozialismus? [...]

                          Kein KZ im klassischen Sinne, Oberndorf/Neckar eben. Ein Arbeitslager. In der Wiedergutmachungsakte wird das als KZ gelistet.

                          Die aus der NS-Zeit leider nicht, nein. Wo wären die, wenn, zu finden? Du hast recht, dass diese helfen würden zu sehen, ob eventuell doch eine konkrete Verbindung zu seinen Äußerungen zu ziehen ist. Seine Aussagen wurden durch Zeugen unterstrichen, im Übrigen. Dass Zeugenaussagen forschungstechnisch eher nicht so aussagekräftig sind, ist mir bewusst.
                          Zuletzt geändert von hionoxy; 14.05.2023, 21:23.
                          • Bernolsheim (Elsass): Johann Georg Higel(l)/Hügel/Heigel/Heichel (geb. 1726–1751)
                          • Augsburg: Dil(l)baum/Tüllbaum/Thillbaum und Negges/Neggis/Neggiß/Neckhes (jeweils vor 1531)
                          • Staufen/Pfalz-Neuburg: Brandl/Brandle/Brandlin
                          • Ulm: Aitinger, Schilling, Hillmann (16. Jh.)
                          • Nördlingen: Geißel, Moll, Krauß
                          • Oberthulba: Kleinhenz, Schmitt, Veith, Hergenröther
                          • Allgäu: Vagabundenfamilie Filler/Füller (18. Jh.)

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                          • Svenja
                            Erfahrener Benutzer
                            • 07.01.2007
                            • 5110

                            #14
                            Hallo Lukas

                            Ist mit "seinem damaligen müssiggängerischen, unsteten und arbeitsscheuen Lebenswandel" sein Lebenswandel im Jahr 1935 gemeint oder in den 1940er Jahren?

                            Die wichtigste Frage in diesem Fall ist jedoch, ob sich "die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen für Entschädigungsleistungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz" in Bezug auf einen Fall wie den beschriebenen im Laufe der Zeit geändert haben.

                            Gruss
                            Svenja
                            Meine Website über meine Vorfahren inkl. Linkliste:
                            https://iten-genealogie.jimdofree.com/

                            Interessengemeinschaft Oberbayern http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=38

                            Interessengemeinschat Unterfranken http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=37

                            Interessengemeinschaft Sudetendeutsche http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=73

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                            • Gastonian
                              Moderator
                              • 20.09.2021
                              • 5442

                              #15
                              Hallo Lukas:


                              Es handelt sich hier also um eine spezifisch juristische Entscheidung (d.h., Berechtigung zur Entschädigung unter dem Bundesentschädigungsgesetz) und nicht eine generelle Einstufung als "Opfer des Nationalsozialismus".


                              Die Rahmenbedingungen zur Berechtigung unter dem Bundesentschädigungsgesetz werden im relevanten Wikipedia-Artikel erläutert (https://de.wikipedia.org/wiki/Bundes...4digungsgesetz). Relevant hier scheint der folgende Auszug zu sein:


                              "Zu den typischen politischen Gegnern zählten die verfolgten Mitglieder der KPD, der SPD, des Zentrums, der Gewerkschaften und ähnlicher Organisationen, die den Nationalsozialismus als solchen aus politischen, nicht nur aus persönlichen oder wirtschaftlichen Gründen, bewusst ablehnten.


                              „Asoziale“

                              Als „aus Gründen politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus“ verfolgt sind insbesondere Fälle ausgeschlossen, „in denen es sich lediglich um gelegentliche Unmutsäußerungen, um sittlich nicht gerechtfertigte Gewalttaten, um Asoziale sowie um solche Personen gehandelt hat, die jede staatliche Ordnung, welche es auch sei, zu bekämpfen entschlossen sind.“


                              Die Gruppe der sogenannten Asozialen ist deshalb nicht anspruchsberechtigt nach dem BEG. Sie können nach den Härterichtlinien des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes (AKG) aus einem Fonds seit 1988 unter bestimmten Umständen eine einmalige Beihilfe, laufende Leistungen sowie ergänzende laufende Leistungen in besonderen finanziellen Notlagen als Ermessensleistung erhalten.""





                              VG


                              --Carl-Henry
                              Wohnort USA - zur Zeit auf Archivreise in Deutschland

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