Wie verhielten sich unsere Vorfahren 1933 - 1945?

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  • Uwe

    #61
    Zitat von Silvio52 Beitrag anzeigen
    Nein, der Dienst in der (Waffen-) SS war bis zum Schluß für alle freiwillig.
    Grüß Dich,

    das stimmt so nicht. Die Reichspost unterlag damals zum Beispiel der Kontrolle des sogenannten Postschutzes, der 1937 durch eine Absprache zwischen der Reichspost und der Wehrmacht entstanden war und der im Kriegsfall kriegswichtige Einrichtungen der Reichspost schützen sollte. Jeder körperlich fähige Postbedienstete konnte freiwillig dem Postschutz beitreten; für alle neu eingestellten Postangehörigen unter 35 Jahren war eine Mitgliedschaft Pflicht. Neue Mitarbeiter wurden dabei in Postschutzschulen auf ihre Aufgabe vorbereitet. Im März 1942 wurde der Postschutz organisatorisch der Allgemeinen SS unterstellt und offiziell als SS-Postschutz bezeichnet. Durch die unmittelbare Unterstellung des Postschutzes war dieser den übrigen “Kampforganisationen” der NSDAP gleichgestellt und galt faktisch nun als Untergliederung der SS. Seit dem 1. Mai 1942 war der SS-Postschutz der Waffen-SS unterstellt.

    Gruß
    Uwe

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    • Georg_s
      Benutzer
      • 08.11.2025
      • 12

      #62
      Zitat von Silvio52 Beitrag anzeigen
      Nein, der Dienst in der (Waffen-) SS war bis zum Schluß für alle freiwillig. Daß es ggf. "Überzeugungsgespräche" gegeben haben wird, ist unstrittig. Aber alle haben brav ihren Aufnahme und Verpflichtungsschein ausgefüllt und unterschrieben.

      Ich weiß, daß bei Wikipedia was anderes steht, aber wer "nein" sagte und nicht unterschrieb, kam schlicht zur Wehrmacht.
      Es tut mir leid, aber das stimmt nicht. Nach 1943 konnte man ohne Freiwilligenmeldung zur Waffen-SS versetzt werden, da die Waffen-SS laut Wehrmacht damals ein wichtiger Teil der deutschen Armee war. Hinzu kommt, dass von 1943 bis Kriegsende viele Soldaten der Luftwaffe und der Kriegsmarine zur Waffen-SS versetzt wurden. Diese wurden als „Göringspende“ oder „Döringspende“ bezeichnet, da die Luftwaffe zu viele Soldaten hatte und die Waffen-SS dringend neue benötigte.

      MfG
      Georg

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      • Hracholusky
        Moderator

        • 17.03.2016
        • 1062

        #63
        Meine Eltern waren wärend dieser Zeit noch Kinder und mein väterlicher Großvater als Tscheche nicht gerade begeistert von der deutschen Besetzung seiner Heimat. Mein mütterlicher Großvater wurde einmal von NSDAP-Leuten zusammengeschlagen weil er die Fahne nicht gegrüßt hatte. Daher hatte er nicht viel für sie übrig. Er kam dann mit der Wehrmacht an die Westfront und war als Bäckermeister für die Versorgung eingeteilt. '44 kam er in britische Gefangenschaft und war dann im Lager auch für die Verpflegung eingeteilt. Erzählt haben beide nicht viel über diese Zeit.
        Mit besten Grüssen
        Gerd

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        • Silvio52
          Erfahrener Benutzer
          • 17.06.2021
          • 295

          #64
          Zitat von Georg_s Beitrag anzeigen
          Es tut mir leid, aber das stimmt nicht. Nach 1943 konnte man ohne Freiwilligenmeldung zur Waffen-SS versetzt werden, da die Waffen-SS laut Wehrmacht damals ein wichtiger Teil der deutschen Armee war. Hinzu kommt, dass von 1943 bis Kriegsende viele Soldaten der Luftwaffe und der Kriegsmarine zur Waffen-SS versetzt wurden. Diese wurden als „Göringspende“ oder „Döringspende“ bezeichnet, da die Luftwaffe zu viele Soldaten hatte und die Waffen-SS dringend neue benötigte.
          Nun, alles eine Definition von "freiwillig" und "Versetzung" unter den konkreten Bedingungen.

          Weil es mich selbst interessiert, im Folgenden etwas ausführlicher. Das Fachbuch scheint aktuell "Elite für Volk und Führer?" von Bastian Hein, herausgegeben vom Institut für Zeitgeschicht​e, Oldenbourg Verlag München 2012, zu sein. Dort heißt es:

          "Dabei wurde bereits vielfach mit Druck gearbeitet, wodurch die weiter behauptete reine Freiwilligkeit des SS-Dienstes im Rückblick schon für diesen Zeitraum fragwürdig erscheint. Beispielsweise ver schickten Dienststellen der Allgemeinen SS, der HJ, der NSDAP und sogar der Polizei schriftliche Aufforderungen, zu den Werbungsveranstaltungen und Muste rungen der Schutzstaffel zu erscheinen, inklusive vager, wenn auch rechtlich noch haltloser Strafandrohungen. Ungefähr ab Anfang 1943 wurden junge Männer in den neu eingerichteten Wehrertüchtigungslagern der HJ bzw. in den Lagern des Reichsarbeitsdienstes von den SS-Werbern derart in die Mangel genommen, dass selbst Heinrich Himmler von „unfreiwillig Freiwilligen“ sprach und Gottlob Berger einräumte, man habe mitunter „etwas gewaltsam geworben“. Als Himmler im Juli 1944 zum Chef des Ersatzheeres ernannt wurde, fiel der längst zur reinen Prätension verkommene Freiwilligkeitsanspruch dann endgültig weg, so dass im letzten Kriegsjahr noch einmal ungefähr 150 000 junge Männer der Jahrgänge 1927/28 zwangsweise zur Waffen-SS eingezogen wurden." (S. 278 f.)

          Als Quellen werden wiederum genannt: "REMPEL: Gottlob Berger and Waffen-SS-Recruitment, S. 114–116; REMPEL: Hitler’s Children, S. 184–201, 212–217 und 231. Vgl. zur „Durchbrechung des Freiwilligkeitsprinzips“ allgemein WEGNER: Politische Soldaten, S. 273–277." Den ersten Aufsatz findest Du hier:


          Im Original (REMPLER) heißt es lediglich: "Im Dezember verschwand dann der letzte Rest der Kontrolle durch das OKW, als Berger praktisch die Befugnis erhielt, zwanzig Prozent der Jahrgänge 1927 und 1928 direkt einzuziehen. Die meisten von ihnen wurden fast sofort einberufen, was bedeutete, dass die SS in den letzten sechs Monaten des Krieges wahrscheinlich mehr als 150.000 Jugendliche rekrutieren konnte." (S. 116) Das war es .... er bezieht sich nur auf ein Schreiben von Berger anHimmler. Geheim. December 18, 1944 (NA, T-175/18/2522482).

          Zur "Göringspende" kann ich direkt nichts sagen, nur das: "Ein Jahr später dienten 114 000, Mitte 1944 116 000 Angehörige der Schutzstaffel in Heer, Marine oder Luftwaffe." (HEIN, S. 276). Es läge nahe, daß auch Angehörige der Allgemeinen SS zur Waffen-SS versetzt wurden, ohne sich extra verpflichten zu müssen.

          Ja, in meiner Familie wird das auch anders erzählt.
          Suche FN: Dülge (Stettin, Lublin) / Streich und Hintz (Großpolen, Lublin) / Seeger (Elbing, Danzig und Berlin) / Havemann, Thiede und Stolz (Breslau, Bernau und Berlin).

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          • Dammwinkel
            Erfahrener Benutzer
            • 14.04.2025
            • 455

            #65
            Mein Vater wurde Mitglied in der NSDAP, weil er trotz bester Noten keine Lehrstelle bakam, nur in Sport eine 3, sonst nur 1 und 2.
            Er bekam dann auch eine Lehrstelle. Wurde dann später eingezogen und kam zunächst in amerikanische Gefangenschaft,
            wo ihn ein Arzt aus Texas am Magen operierte, danach kam er nach Stade in ein Lazarett. Dort waren die Engländer.

            Sein Vater stand der KPD nahe und hatte als Geschäftsmann guten Kontakt zu jüdischen Geschäftsleuten.

            Mein Opa mütterlicherseits, sowie dessen Vater waren schwer SPD-Anhänger.

            Er hatte sich das Buch "Mein Kampf" gekauft und wusste, was Hitler vorhatte.
            Viele Brautpaare bekamen bei der Hochzeit diese Buch geschenkt.
            Mein Opa sagte als ich noch Kind war, dass die wenigsten dieses Buch gelesen hätten, denn sonst hätten sie gewusst,
            was auf Deutschland und die anderen Länder zukommen würde.

            Seine Mutter, eine resolute Ostpreußin, legte sich mal mit einem Wachhabenden an.
            Gefangene aus dem Lager mussten den Schutt der ausgebombten Häuser beseitigen.
            Sie brachte ihnen eine Hühnersuppe. Der Wachhabende wollte dass verhindern.
            Worauf meine Uroma gesagt haben soll:
            Junger Mann, glauben Sie an den Endsieg ? Was dieser bejahte.
            Worauf meine Uroma erwidert haben soll:
            So wird das aber nichts, die Männer müssen was zu essen bekommen.
            Letzendlich durfte sie die Hühnersuppe an die Gefangenen verteilen.
            Diese Aktion hätte auch anders ausgehen können !

            Ich persönlich frage mich allerdings, ob ihnen die Suppe auch bekommen ist, da es ja in den Lagern nicht viel zu essen gab.

            Mein Opa versuchte so gut wie möglich, den Hilter-Gruß zu vermeiden.

            Auch die Familie meiner Oma mütterlicherseits wählten, bis Hitler mit seinen Leuten regierte, die SPD.

            Einige aus der Familie waren Anhänger der USPD

            Haben sich alle mehr oder weniger gut durch diese Zeit manövriert.

            Im engsten Familienkreis wurde offen gegen Hitler gesprochen ! Es durfte nur nichts nach außen dringen.

            Mein Opa mütterlicherseits hörte im Radio während des Krieges den Engländer ab.
            Dadurch waren sie schon bevor die Sirenen losgingen, bestens informiert, wann der nächste Angriff auf Kiel erfolgen würde.

            Das Radio musste natürlich sehr leise gestellt werden. Wenn es an der Tür klingelte, ging meine Oma hin.
            Da hatte dann mein Opa die Möglichkeit, das Radio -übrigens dieser schwarze Kasten-auszustellen.

            Meine Mutter erzählte, dass aus ihrer Klasse immer mal wieder Mitschülerinnen verschwanden.
            Als sie ihre Lehererin fragte, wo diese abgeblieben sind, anwortete diese, die seien verreist.
            Worauf meine Mutter sagte, sie würde auch gerne mal verreisen.
            Das wiederum hatte zur Folge, dass meine Oma in die Schule kommen musste, und die Lehrerin sie inständig bat, dafür zu sorgen,
            dass meine Mutter nicht mehr weiter fragen sollte.

            Außerdem wurde meine Oma des öfteren zum Rektor der Schule zitiert. Er bearbeitete sie, doch dafür zu sorgen, dass meine Mutter
            und ihre Schwester dem BDM beitreten sollten. Sie hätten dann auch später bessere Berufschanchen.
            Meine Oma argomentierte immer mit pädagogischen Gesichtspunkten dagegen.

            Später erzählte meine Mutter, dass sie und ihre Schwester gerne dem BDM beigetreten wären.
            Es gab für die Lehrlinge, die dem BDM angehörten 3 Wochen Urlaub anstatt der üblichen 14 Tage.

            Es grüßt Dammwinkel


            Zuletzt geändert von Dammwinkel; 09.11.2025, 22:44.

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            • eifeler
              Erfahrener Benutzer
              • 15.07.2011
              • 1509

              #66
              Als während der sog. Corona-Pandemie hierzulande alle Stricke rissen, als grundgesetzliche Freiheiten außer Kraft gesetzt und Ungeimpfte angefeindet wurden, schrieb der JÜDISCHE Journalist + Publizist Henryk M. Broder:

              " «Wenn ihr euch fragt, wie es damals passieren konnte: weil sie damals so waren, wie ihr heute seid»

              Ich persönlich habe kein Verständnis dafür, das damalige Verhalten des Gros der Bevölkerung zu bewerten, zumal die Lebensumstände für uns heute nicht mehr vorstellbar sind.

              Was geschieht eigentlich heutzutage?
              Wird nicht auch dem aktuellen Zeitgeist hinterher gelaufen? Unkritisch und blind?

              Gruß
              Der Eifeler
              Zuletzt geändert von eifeler; Gestern, 08:34.

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              • hessischesteirerin
                Erfahrener Benutzer
                • 08.06.2019
                • 1622

                #67
                Zitat von eifeler Beitrag anzeigen
                Als während der sog. Corona-Pandemie hierzulande alle Stricke rissen, als grundgesetzliche Freiheiten außer Kraft gesetzt und Ungeimpfte angefeindet wurden, schrieb der JÜDISCHE Journalist + Publizist Henryk M. Broder:
                r
                Hierzulande? Weltweit hatten wir strenge Verordnungen, in manchen Ländern schlimmer wie hier und ich würde eine Pandemie nicht nimmt der Nazi-Zeit vergleichen.

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                • consanguineus
                  Erfahrener Benutzer
                  • 15.05.2018
                  • 7589

                  #68
                  Zitat von hessischesteirerin Beitrag anzeigen
                  und ich würde eine Pandemie nicht nimmt der Nazi-Zeit vergleichen.
                  Wer hat die Pandemie mit der Nazi-Zeit verglichen? Es wurde lediglich Henryk M. Broder zitiert, der sich meiner Meinung nach recht zutreffende Gedanken gemacht hat um die fatale Neigung der Deutschen, sich kollektiv beeinflussen zu lassen.

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                  • Rügenforscher
                    Benutzer
                    • 18.05.2022
                    • 51

                    #69
                    Mein Ururopa Franciszek Trabalski war in der PPS und sehr eng mit Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht, Feliks Dzierżyński und Lenin befreundet. Mein Uropa Stanislaw Bronislaw Boleslaw Trabalski war im Spartakusbund. Während der Nazizeit waren beide im Widerstand. Mein Ururopa hatte einen gefälschten Pass unter dem Namen Müller oder Maier, da die Polen als Slawen als Untermenschen galten. Mein Uropa hat das KZ Sachsenhausen überlebt.
                    Zuletzt geändert von Rügenforscher; Gestern, 18:20.

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                    • OlliL
                      Erfahrener Benutzer
                      • 11.02.2017
                      • 5913

                      #70
                      Mein einer Großvater war tauber Friseurmeister in Pasewalk. Sein Friseursalon befand sich direkt neben dem Rathaus wo die Hakenkreuzflagge hing. Er war bei Kriegsausbruch Anfang 40. Er starb vor meiner Geburt - fragen konnte ich ihn nicht mehr. Durch seine Taubheit wurde er zumindest mal nicht eingezogen. Wie er über all das dachte bleibt unbekannt.

                      Mein anderer Großvater war der jüngste von 3 Söhnen. Er war 1925 geboren. Seine Brüder wurden alle gezogen und geraten auch in Kriegsgefangenschaft. Einer der beiden befand sich bis 1949 in russischer Kriegsgefangenschaft. Alle haben den Krieg überlebt. Mein Großvater hat nie darüber gesprochen - ich habe aber auch nie gefragt! Es existiert ein Foto welches ihn in Glatz beim Reichsarbeitsdienst zeigt.
                      Sein Vater - mein Urgroßvater - war Lehrer für Latein und Französisch in Glogau und war im 1. WK vier Jahre lang in französischer Kriegsgefangenschaft bis 1920. Meine Oma schrieb dazu in der von ihr angelegten Familenchronik über ihren Schwiegervater:


                      (es wird die Geburt seines ersten Sohnen beschrieben).... Doch die Freude sollte nur kurz dauern. Denn Dein Urgroßvater erhielt den Einberufungsbescheid und kam an der französischen Front zum Einsatz.
                      Kurze Zeit danach geriet er bei heftigen Kämpfen in französische Kriegsgefangenschaft. Er hatte das große Glück, dass er auf Grund seiner französischen Sprachkenntnisse als Dolmentscher eingesetzt wurde. Dadurch hatte er doch einige persönliche Erleichterungen, und er hatte die Möglichkeit, vielen seiner Kameraden das Leben zu erleichtern.
                      Gleichzeitig konnte er seine Sprachkenntnisse wesentlich erweitern.
                      Vier Jahre dauerte seine Gefangenschaft. 1920 wurde er endlich entlassen. Er sprach später weinig über seine Erlebnisse in dieser langen Zeit. Doch er betonte immer wieder, dass man das Leid und das Elend der täglichen Kriegserlebnisse nicht vergessen kann. Seine Devise war: „Nie wieder Krieg!“ Er versuchte das auch seinen Schülern zu vermitteln.
                      Das Glück der jungen Familie war groß, als der Vater und Ehemann wieder zu Hause war.
                      Endlich lernte er seinen Sohn kennen und konnte sich mit ihm beschäftigen.
                      Die Arbeit, an seiner alten Schule, nahm er wieder auf. Schnell arbeitete er sich ein und war nach wie vor bei den Schülern beliebt.
                      zu meinem Opa selbst schrieb sie:
                      1942 hat Opi, mit dem Abschluss der mittleren Reife die Schule beendet.
                      Sein Berufswunsch war, Farmer in Afrika zu werden. Deshalb wollte Opi erst eine landwirtschaftliche Lehre abschließen und danach eine entsprechende Fachschule besuchen.

                      1942
                      Mit siebzehn Jahren hat Opi dann die landwirtschaftliche Lehre bei Herrn Halfter in Groß Merzdorf begonnen. Er hatte ein größeres Lehrgut und beschäftigte sich mit der Tier- und Pflanzenzucht. Nach kurzer Zeit übertrug er Opi die Anleitung der polnischen Kriegsgefangenen, die auf dem Gut in der Landwirtschaft eingesetzt waren. Das war natürlich eine verantwortungsvolle Aufgabe, die Opi aber gut bewältigt hat. Es hat ihm dort sehr gut gefallen, und er hat in kurzer Zeit viel gelernt. Er hat dort auch den Führerschein gemacht.
                      Leider konnte Opi die Lehre nicht abschließen.

                      1943/44
                      Anfang Oktober, der zweite Weltkrieg war im Gange, wurde Opi, mit 18 Jahren, zur Wehrmacht eingezogen. Nach einer kurzen Infanterieausbildung erkrankte er an einer schweren Lungenentzündung und lag neun Monate in einem Lazarett. Da er nicht mehr voll einsatzfähig war, kam er in die Kraftfahrtabteilung seines Regiments. Er hatte ja bei Herrn Halfter die entsprechenden Führerscheine gemacht.
                      Kurze Zeit danach wurde Opi als Kraftfahrer bei Frankfurt/Oder verwundet und kam nach Berlin ins Krankenhaus. Nach seiner Genesung wurde er in Berlin eingesetzt. Es waren die letzten Kriegstage. Überall Chaos, tägliche Bombardierung, keine Lebensmittel, die Sowjetischen Truppen kämpften in fast allen Stadtteilen. Alles war voller Flüchtlinge.

                      1945
                      Diese chaotische Lage nutzte Opi aus, um sich quasi selbst zu entlassen. Er wollte in den letzten Kriegstagen nicht noch in Gefangenschaft geraten. Zivilkleidung hatte er sich bereits aus dem Hotel „Adlon“ besorgt (später ließ er mir aus dem guten Tuchstoff noch einen engen Rock anfertigen).
                      Da Opi wusste, dass sich seine Mutter in der Tschechoslowakei aufhielt, sie war evakuiert, machte er sich auf den Weg zu ihr. Er lief nachts, um nicht doch noch gefangen genommen zu werden. Es ist sicher gut zu verstehen, wie groß die Freude auf beiden Seiten war, als sie sich endlich in die Arme schließen konnten. Doch die Freude hielt nicht lange an. Sie wurden wieder zurück nach Glogau geschickt.
                      Ein anderer Urgroßvater war - so erzählt man sich - überzeugter Nazi durch und durch. Er war wie sein Vater bei der Marine gewesen aus der er regulär ausschied und 1919 "Oberregierungssekretär" wurde. 1926 wurde er in den Ruhestand versetzt. Februar 1935 trat er den Stahlhelmen bei. Muss wohl kurz vor deren Auflösung gewesen sein?
                      1940 - bereits in hohem Alter (65 Jahre) - meldete er sich freiwillg für den Kriegsdienst. Nur 3 Monate nach seinem Marschbefehl starb er in Frankreich 1940 bei Gefechten als Leutnant des Bau Batl. 84 Stab.
                      Zuletzt geändert von OlliL; Gestern, 16:39.
                      Mein Ortsfamilienbuch Güstow, Kr. Randow: https://ofb.genealogy.net/guestow/
                      Website zum Familienname Vollus: http://www.familie-vollus.de/

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                      • Silvio52
                        Erfahrener Benutzer
                        • 17.06.2021
                        • 295

                        #71
                        Hallo Dammwinkel,

                        ich möchte im Folgenden wirklich nur darauf hinweisen, daß Familiengeschichten objektiviert bzw. hinterfragt werden müssen. Als Beispiele:

                        Zitat von Dammwinkel Beitrag anzeigen
                        Er hatte sich das Buch "Mein Kampf" gekauft und wusste, was Hitler vorhatte.
                        Viele Brautpaare bekamen bei der Hochzeit diese Buch geschenkt.
                        Mein Opa sagte als ich noch Kind war, dass die wenigsten dieses Buch gelesen hätten, denn sonst hätten sie gewusst,
                        was auf Deutschland und die anderen Länder zukommen würde.
                        Es ist nicht schwer, das Buch (beide Bände) Online zu finden und nachzulesen. Kurz: Da steht viel Geschwurbel, aber nein, nach der Lektüre konnte keiner wissen, was auf die Welt und die Menschen zukommt. Es wäre schön, wenn es so einfach wäre. Stichworte: "Düsseldorfer Industrieclub" und "Friedenskanzler".

                        Zitat von Dammwinkel Beitrag anzeigen
                        Mein Opa mütterlicherseits hörte im Radio während des Krieges den Engländer ab.
                        Dadurch waren sie schon bevor die Sirenen losgingen, bestens informiert, wann der nächste Angriff auf Kiel erfolgen würde.
                        Nein, weder die Briten oder sonst jemand hat seine Luftangriffe vorher angekündigt, nicht im Radio und nicht gegenüber der deutschen Zivilbevölkerung. Stichwort: "Area Bombing Directive" der Royal Air Force vom 12.02.1942: "Es ist klar, dass die Zielpunkte Siedlungsgebiete sein sollen und beispielsweise nicht Werften oder Luftfahrtindustrien. Das muss ganz deutlich gemacht werden." (Sir Charles Portal, der britische Luftwaffen-Stabschef).

                        Liebe Grüße
                        Silvio
                        Zuletzt geändert von Silvio52; Gestern, 22:24.
                        Suche FN: Dülge (Stettin, Lublin) / Streich und Hintz (Großpolen, Lublin) / Seeger (Elbing, Danzig und Berlin) / Havemann, Thiede und Stolz (Breslau, Bernau und Berlin).

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                        • Finna82
                          Erfahrener Benutzer
                          • 07.10.2018
                          • 143

                          #72
                          In deutschen Familien wurde nach 1945 sehr viel geschwiegen. Und das, was erzählt wird, müsste man versuchen zu belegen. Es ist ja schon merkwürdig, wenn man in der Familie nur Widerständler oder Mitläufer findet, das deckt sich einfach nicht mit den bekannten Tatsachen.
                          Mein einer Großvater hat meiner Mutter nach dem Krieg erzählt, dass er nie geschossen habe und statt dessen gelesen habe. Meine Mutter glaubt das bis heute, dabei war er nachweislich an der Schlacht bei Cherbourg beteiligt, sein Vorgesetzter war Konteradmiral Walter Hennecke. Bei ca 3000 Toten und über 12000 Verletzten alleine auf amerikanischer Seite halte ich es für unrealistisch, dass mein Großvater nicht an Kampfhandlungen teilgenommen hat. Aber er hat mit mir auch nie darüber geredet.
                          Leider kann man Familien"sagen" oft eben nicht auf den Wahrheitsgehalt überprüfen. Mein Bruder hat seit 4 Monaten schon eine Anfrage an die Deutsches Reich Abteilung des Bundesarchivs gerichtet, um zu schauen, was es an schriftlichen Dokumenten über die Wehrmachtszeit meines Großvaters gab, bis jetzt nur die Bestätigung, dass die Anfrage eingegangen ist.

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