Wie verhielten sich unsere Vorfahren 1933 - 1945?

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  • Dammwinkel
    Erfahrener Benutzer
    • 14.04.2025
    • 460

    #76
    Moin zusammen,

    die Landesarchive sind eine gute Quelle, weil man dort viel in Erfahrung bringen kann !

    Im Landesarchiv Schlesvig-Holstein, Schleswig, Prinzenpalais, konnte ich so Einiges über Tätigkeiten meiner Familie während der Hitlerzeit in Erfahrung bringen inklusive der "Entnazivizierung".
    Eine schriftliche Anfrage mit Namen und Daten der Personen reichte aus. Das Ergebnis kam per Post.

    Mein Opa landete als Kleinkrimineller Wiederholungstäter in Gefängnissen und Zuchthäusern wie Kiel, Rendburg, Neumünster, Bremen, Plötznesee und letztendlich im KZ-Neuengamme, wo er angeblich an akutem Herz-und Nierenversagen starb.

    Da meine Großeltern bereits nach 5 jähriger Ehe geschieden waren, waren meine Oma und mein Vater nicht immer auf
    dem Laufenden, wo er gerade war.
    Als beide davon erfuhren, dass Opa in Neuengamme galandet war, trat mein Vater der SS bei. Dadurch hatte er Einfluß
    auf den Beerdigungsort. Nämlich Kiel, Eichhof-Friedhof, im Grab seiner Adoptivtochter. Er hatte die Möglichkeit mit
    seinem Vater Kontakt aufzunehmen.

    Mein Vater hat auch mehrere Briefe an Himmler geschrieben und gebeten, meinen Opa aus dem KZ zu entlassen,
    was abgelehnt wurde.

    Der Beitritt in die SS hatte zur Folge, dass mein Vater, als er meine Mutter heiraten wollte, einen Ahnenpass über seine
    Familie und die meiner Mutter anlegen musste. Was für die Ahnenforschung zum Vorteil war, aber doch recht lückenhaft
    war. Wegen des Krieges konnten nicht alle Untelagen eingeholt werden.

    Im Archiv fanden sich auch Briefe an seine jüngere Tochter, die 1931 in Kiel geboren wurde, nachdem mein Opa
    und meine Oma noch einmal heirateten, die diese nie erhalten hat, die ich ihr aber als Kopie übergeben konnte.

    Es existierten 2 Akten, wie man mir nach telefonischer Nachfrage mitteilte. Per Post bekam ich die Nummern übersandt.

    Ein späterer Besuch im Archiv musste schriftlich angekündigt werden. Für die Einsichtnahme der Akten musste deren
    Nummern und der Tag des Besuches angegeben werden. Wenn ich mich richtig erinnere auch in etwa die Uhrzeit,
    damit die auch bereitgestellt werden konnten.

    Bevor man an den Eigenlichen Ort kam, mussten Jacke und Tasche, bzw. Rucksack in ein Fach eingeschlossen werden.

    Ich fand Kugelschreiber und Papier vor Ort vor und konnte mir auch Kopien sowie eine CD anfertigen lassen, die mir
    nach relativ kurzer Zeit übermittelt wurden, nachdem ich den Rechnungsbetrag überwiesen hatte.

    Es grüßt Dammwinkel



    Zuletzt geändert von Dammwinkel; Gestern, 10:54.

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    • Finna82
      Erfahrener Benutzer
      • 07.10.2018
      • 146

      #77
      Liebe hessischesteirerin, mir ist schon klar, dass und wie man an Unterlagen herankommt und das haben wir ja auch gemacht. Meine Aussage bezog sich auf Familiengeschichten, die nicht überprüfbar sind. Da darf man nicht alles glauben, was so erzählt wird.
      SIcher wollten viele Familien lieber nach vorne schauen, als sich mit den Kriegsjahren und der Nazizeit zu beschäftigen. Es gab ja genügend zu tun, um alleine das Überleben zu sichern. Dennoch denke ich, es ist ja kein Zufall, dass soviele Familien angeblich zumindest im "inneren" Widerstand waren. Ich besitze gebundene Zeitungen ("Nach der Schicht" Jshrgsng 1947) einer Großmutter, und da wird durchgehend der Eindruck vermittelt, die Nazizeit sei sowas wie eine Naturkatastrophe gewesen, an der niemand schuld war und alle Opfer. Das war sicher nicht hilfreich, um den eigenen Anteil mal objektiv wahrzunehmen.
      VG
      Finna

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      • Dammwinkel
        Erfahrener Benutzer
        • 14.04.2025
        • 460

        #78

        Moin, ich nochmal

        mein Opa mütterlicherseits war Anfang des Krieges an der Ostfront, holte sich dort eine schwere Verletzung am Fuß und durfte nach Hause.
        Mein Vater war an der Westfront nachdem er meine Mutter geheiratet hatte.
        Er geriet zunächt in amerikanische und später dann in britische Gefangenschaft, wie ich schon vorher berichtete.

        Beide haben nie über das eigentliche Kriegsgeschehen erzählt. Ich habe immer mal wieder nachgefragt, aber keine befriedigende Informationen erhalten.

        Ich habe mich oft gefragt, wie ich gehandelt hätte ! Ich glaube, dass es interessant gewesen wär, zu wissen in welchem
        Alter ich die Nazizeit miterlebt hätte.
        Da ich das Temperament meiner Urgroßmutter aus Ostpreußen, und auch eine gewisse Sturheit einiger Familienmitglieder
        aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Pommern geerbt habe, ist alles denkbar ! Opfer, Täter, Mitläufer, Widerständler, Ignorant etc.,
        je nachdem, wie die eigenen Lebensumstände gewesen wären.

        Es grüßt Dammwinkel
        Zuletzt geändert von Dammwinkel; Heute, 09:03.

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        • cgraaf
          Erfahrener Benutzer
          • 06.12.2009
          • 418

          #79
          1936 wurde mein Vater (Jahrgang 1919) von einem Hund gebissen. Er erlitt eine Sepsis, die ihn vor einem Fronteinsatz bewahrte. Er wurde mehrfach von Ärzten begutachtet und hat lt. eigener Aussage, stets den humpelden Verletzten "gespielt". Folge: Büroarbeit als Statiker in Lübeck. Die Grundhaltung zum Naziregime habe ich von ihm nie erfahren.

          Ich sehe nur seine Eltern: Meine Großmutter auf Bildern und auch 16mm Filmen mit "erhobenen" Arm, mein Großvater auf dem Sofa sitzend, den Volksempfänger in Luxusausführung im Hintergrund und an der Wand der "größte Feldherr aller Zeiten" im XXL Format......

          Während andere an der Front starben, heirateten meine Eltern 1944 in Lübeck und fuhren vom Dom zur Wohnung im offenen Landauer... (Film liegt vor)
          MvH

          Carsten

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          • Dammwinkel
            Erfahrener Benutzer
            • 14.04.2025
            • 460

            #80
            Hallo zusammen,
            habe mir mal die Mühe gemacht, den Lebenslauf meiner Eltern von Geburt bis zum Ende der Nazizeit aufzuzeigen:

            Mutter: geb. März 1924,
            hatte ein gut behütetes zu Hause

            Finanziell kam man so über die Runden.
            Ein Schrebergarten sowie die bäuerliche Verandtschaft in Angeln und Schwansen sorgten auch in Kriegszeiten
            dafür, dass es an Vitaminen,Eiweiß, Fett und Kohlenhydraten nicht mangelte.
            Bekleidung wurde selbst hergesteltt, nicht selten aus alt mach neu !


            April 1930 eingeschult = 6 Jahre alt
            April 1938 Schulentlassung = 14 Jahre alt
            April 1939 Handelsschulabschluss = 15 Jahre alt
            April 1942 Lehrabschluss = 18 Jahre alt, Institut für Weltwirtschaft
            März 1942 Verlobung = 18 Jahre alt
            April 1943 Pflichtjahr auf einen Bauernhof in Angeln beendet = 19 Jahre alt
            April 1944 Heirat in Kiel= 20 Jahre alt
            April 1944/1945 Reichsarbeitsdienst auf Fehmarn beendet.= 21 Jahre alt

            Hätte danach wieder im Institut arbeiten können, doch das war nach Ratzeburg ausgelagert.
            Da wollte sie nicht hin, wegen der schlechten Lebensmittelversorgung, aber auch,
            weil sie dort ohne Familie war.

            Darum: April 1945 bis Kriegsende 8. Mai 1945 Kriegshilfsdienst auf einer Werft.
            Musste Gummireifen löten, hochgiftige Angelegenheit !
            Der Teil der Belegschaft, der diese Arbeit verrichtete, erhielt ½ oder 1l Vollmilch Extraration pro Tag.

            Vater: geb. März 1918

            April 1924 eingeschult = 6 Jahre alt, da waren die Eltern bereits geschieden.
            April 1928 Umschulung auf die Mittelschule = 10 Jahre alt
            April 1934 sehr guter Schulabschluss = 16 Jahre alt
            April bis August 1934 als Bote in der Holtenauer Straße und in der Brunswik für verschiedene Geschäfte tätig. = 16 Jahre alt
            August 1934April 1935 als Bote für die Germania Werft tätig = 17 Jahre alt
            Und Eintritt in die NSDAP = 17 Jahre alt (Um die nachstehende Lehrstelle zu bekommen ?)
            April 1935 -Ende Januar 1939 Lehraubildung auf der Germania Werft . = noch 20 Jahre alt, im März wurde er 21 Jahre alt
            1940 Eintritt in die SS = 22 Jahre alt, um Kontakt zu seinem Vater zu bekommen, der ja im Januar 1941 im KZ-Neuengamme
            ums Leben kam.

            März 1942 Verlobung = 24 Jahre alt
            April 1944 Heirat in Kiel = 26 Jahre
            Hat auf der Germania Werft gearbetet, bis zu seiner Einberufung am 21. September 1944 als einfacher Soldat. = 26 Jahre alt,
            Es existieren Bilder.

            Ich habe keine Unterlagen darüber, wann er in Gefangenschaft kam. Wenn es erst Ende des Krieges war, dann war er ca. 7/8 Monate
            im Kriegseinsatz.

            Erhielt zum 31. Juli 1945, nach Entlassung aus dem Wehrdienst, die Kündigung von der Germania Werft / Friedrich Krupp.
            Aufgrund des Kriegsausganges sah man sich gezwungen, meinem Vater zu kündigen und wünsche ihm für die Zukunft alles Gute.

            Es grüßt Dammwinkel
            Zuletzt geändert von Dammwinkel; Heute, 09:08.

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            • Maruschka
              Erfahrener Benutzer
              • 24.12.2018
              • 101

              #81
              Zitat von eifeler Beitrag anzeigen
              Als während der sog. Corona-Pandemie hierzulande alle Stricke rissen, als grundgesetzliche Freiheiten außer Kraft gesetzt und Ungeimpfte angefeindet wurden, schrieb der JÜDISCHE Journalist + Publizist Henryk M. Broder:

              " «Wenn ihr euch fragt, wie es damals passieren konnte: weil sie damals so waren, wie ihr heute seid»

              Ich persönlich habe kein Verständnis dafür, das damalige Verhalten des Gros der Bevölkerung zu bewerten, zumal die Lebensumstände für uns heute nicht mehr vorstellbar sind.

              Was geschieht eigentlich heutzutage?
              Wird nicht auch dem aktuellen Zeitgeist hinterher gelaufen? Unkritisch und blind?

              Gruß
              Der Eifeler
              Es ging Broder nicht um den direkten NS Vergleich, sondern um den Mechanismus, andere auszugrenzen, die einer Minderheit angehören. Broders Eltern selbst waren soweit ich weiß im KZ. Viele waren damals gewillt, den Nazis die Propaganda abzukaufen, wie Juden in deren Augen aussahen und haben bereitwillig mitgemacht, Juden aus dem öffentlichen und privaten Leben zu verbannen. Bei uns wurde in den Medien ziemlicher Stuss über Ungeimpfte verbreitet. (Übrigens auch auf der Kontraseite über Geimpfte.)
              Beispiel: Ungeimpften war es verboten, Geschäfte zu betreten, in Orchestern zu spielen, zu Tanzkursen zu gehen oder in Restaurants zu gehen.
              Das gleiche passierte damals bei den Juden, die nur noch in bestimmte Restaurants und Geschäfte durften. Wenn überhaupt.
              Naja. Es würde den Rahmen sprengen, hier darüber zu diskutieren. Die Pandemiezeit war bescheiden und ich finde, solange so was gesellschaftlich nicht noch mal passiert, kann ich da verzeihen und ein Auge zudrücken. Viele Sachen hätten da einfach nicht laufen dürfen.

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              • Finna82
                Erfahrener Benutzer
                • 07.10.2018
                • 146

                #82
                während es mich sehr interessiert, wie unsere Vorfahren sich während des Naziregimes verhalten haben, habe ich ehrlich gesagt Null Interesse hier in einem Ahnenforschungsforum über Corona zu diskutieren und wüßte auch nicht, wieso das bei unserem Hobby eine Rolle spielt. Hingegen ist die Nazizeit natürlich relevant für unsere Nachforschungen.

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                • eifeler
                  Erfahrener Benutzer
                  • 15.07.2011
                  • 1515

                  #83
                  Finna82,

                  Ihre Antwort demonstriert, daß Sie Null über die Mechanismen zur Ausgrenzung von Teilen der Bevölkerung KAPIERT haben oder wollen.
                  Broder hatte Recht:
                  So wie es damals gelang, so gelingt es heute wieder.
                  Es lebt der deutsche Untertanengeist, das Denunziantentum.

                  Letzteres ist, neben wirtschaftlichen Gründen , EINE Ursache weshalb die Nazizeit geschehen konnte und somit TEIL " unserer Nachforschungen".

                  Der Eifeler
                  Zuletzt geändert von eifeler; Heute, 13:03.

                  Kommentar

                  • Nefer
                    Benutzer
                    • 22.01.2018
                    • 81

                    #84
                    Zitat von eifeler Beitrag anzeigen

                    das Denunziantentum.
                    Als Pendler hatte ich leider auch so meine Probleme.
                    Ich denke man kann viel aus sich selber und der Herkunftsfamilie ableiten wie man sich damals möglicherweise verhalten hat. Es ist nur nicht so leicht hinzuschauen.

                    Viele Grüße Nefer

                    Kommentar

                    • eifeler
                      Erfahrener Benutzer
                      • 15.07.2011
                      • 1515

                      #85
                      Das "Hinschauen" und Selbstreflexion würde so MANCHEM die Schamröte ins Gesicht treiben.

                      Gruß
                      Der Eifeler

                      Kommentar

                      • Finna82
                        Erfahrener Benutzer
                        • 07.10.2018
                        • 146

                        #86
                        Zitat von eifeler Beitrag anzeigen
                        Finna82,

                        Ihre Antwort demonstriert, daß Sie Null über die Mechanismen zur Ausgrenzung von Teilen der Bevölkerung KAPIERT haben oder wollen.
                        Broder hatte Recht:
                        So wie es damals gelang, so gelingt es heute wieder.
                        Es lebt der deutsche Untertanengeist, das Denunziantentum.

                        Letzteres ist, neben wirtschaftlichen Gründen , EINE Ursache weshalb die Nazizeit geschehen konnte und somit TEIL " unserer Nachforschungen".

                        Der Eifeler
                        Ihre Reaktion finde ich ein bißchen schnell aus der Hüfte geschossen und denke, dass Sie definitiv zu wenig über mich wissen, um solche Aussagen zu treffen. Wenn das Thema Sie umtreibt und Sie das für ihre Ahnenforschung relvant halten, dann machen Sie doch einen eigenen Thread auf?
                        Hier der ist ja nun mal dem Thema zwischen 33-45 gewidmet.
                        VG
                        Finna

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                        • eifeler
                          Erfahrener Benutzer
                          • 15.07.2011
                          • 1515

                          #87
                          Ich weiß nichts über Sie, wie Sie nichts über mich wissen.
                          Im Übrigen ist es MIR vorbehalten, meine Meinung zu einem Thread kundzutun.
                          Ob Sie Ihnen gefällt?
                          Nicht mein Problem.

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