Hallo zusammen!
Durch eine Prozeßakte konnte ich Licht in das Dunkel einer Familie bringen, mit deren Mitgliedern meine Vorfahren immer wieder zu tun hatten. Ich konnte einige Personen zusammenführen, von denen ich angenommen hatte, daß es sich um verschiedene gleichnamige Individuen handelt. Das Ergebnis ist so merkwürdig, daß ich es noch nicht richtig glauben kann. Die teilweise lückenhaften Taufregister der betreffenden Orte beginnen erst 1696 bzw. 1708, sodaß ich von der Existenz mancher Personen erst durch die Prozeßakte erfuhr.
1701 heiratete Hans Fricke jun. auf den Weber'schen Ackerhof. Hans Fricke war der einzige Sohn von Hans Fricke sen., der im Nachbarort zwei Halbspännerhöfe zur gesamten Größe von ca. 212 Morgen besaß. Ein bedeutender Besitz immerhin. Leider war der ältere Fricke ein schlechter Landwirt, weswegen ein Ackermann im Ort die beiden Höfe 1691/92 "an sich brachte". Wie er das konkret hinbekam, kann ich mir nicht vorstellen. Er übergab den Besitz dann an einen weichenden Erben.
Der jüngere Hans Fricke hatte nun also keinen Hof mehr zu erwarten, schaffte es aber, wie gesagt, Margaretha Weber zu heiraten, und mit ihr einen ca. 280 Morgen großen Ackerhof. Margaretha hatte einige Schwestern als weichende Erben. Dem Anschein nach hatte sie aber auch zwei Brüder, Jonas und Curd. Ob sie wirklich ihre Brüder waren, weiß ich nicht, aber die beiden oder auch Curds Frau treten immer wieder als Paten auf. Sonst gab es weit und breit kaum Webers. Falls Jonas und Curd Margarethas Brüder waren, fragt man sich, warum sie auf die Übernahme eines der größten Ackerhöfe in der Gegend verzichteten.
Hans Fricke zeugte mit Margaretha einige Kinder, von deren Existenz man entweder aus der Prozeßakte oder aus Sterbeeinträgen erfährt. Nur in einem Falle liegt ein Taufeintrag vor. Zunächst ging ich davon aus, daß die meisten Kinder recht früh verstorben waren. Nur eine Tochter erreichte das Erwachsenenalter. Auch sie hatte kein Interesse am Hof ihrer Mutter und heiratete selbst in einen Ackerhof in der Nähe ein.
1716 starb Hans Fricke. Seine Witwe heiratete den 18 Jahre jüngeren Hans Jürgen Knopf. Sie selbst war zu diesem Zeitpunkt bereits 47 Jahre alt und es war nicht zu erwarten, daß sie in dieser zweiten Ehe noch Kinder haben würde. Knopf war also als Interimswirt der Mann, der den Hof bewirtschaftete um ihn für eines seiner damals noch lebenden Stiefkinder zu erhalten.
1743 starb Margaretha Weber und Hans Jürgen Knopf heiratete im darauffolgenden Jahr im Alter von 55 Jahren die noch nicht einmal 18jährige Anna Clara Heine. Mit ihr zeugte er noch sechs Kinder, von denen eine Tochter und ein Sohn das Erwachsenenalter erreichten. Inzwischen waren auch, so nahm ich es jedenfalls vor Kenntnis der Prozeßakte irrtümlicherweise an, sämtliche seiner Stiefkinder aus der ersten Ehe seiner ersten Frau gestorben, von der auswärts verheirateten Tochter einmal abgesehen. Als Knopf 1764 starb, heiratete seine noch junge Witwe Andreas Jonas Baars, der nun seinerseits als Interimswirt fungierte. Knopfs jüngster Sohn Heinrich Hennig übernahm mit 24 Jahren den ehemals Weber'schen Ackerhof, mit dem er familiär eigentlich gar nichts zu tun hatte, von seinem Stiefvater Baars.
Zurück zu den Kindern des Hans Fricke und der Margaretha Weber: es gab, wie ich nun lernte, mindestens zwei Söhne, die den Hof hätten übernehmen können. Jonas Fricke lebte 1737 noch. In diesem Jahr ist er Pate zu einem Kind seiner Schwester. Er lebte zu der Zeit in einer kleinen Stadt in der Nähe. Was er dort tat, habe ich noch nicht herausbekommen. Sein jüngerer Bruder Curd Hennig, den ich immer einem anderen Vater Hans Fricke zuordnete (es gab tatsächlich noch einen im Ort!), wurde 1714 geboren und starb 1796. Kurioserweise wurde er durch Heirat 1746 mit Margaretha Cathrina Heine, der Tochter eines Nachbarn, des Halbspänners Heine, selbst Halbspänner in demseben Ort, in dem der Hof seiner Eltern lag. Zufälligerweise war seine Frau die jüngere Schwester von Anna Clara, der zweiten Frau seines Stiefvaters Knopf.
Curd Hennig Fricke war also von Beruf Landwirt und ich komme einfach gedanklich nicht damit klar, daß er auf den großen Ackerhof seiner Mutter verzichtete, um in einen Halbspännerhof einzuheiraten, der flächenmäßig nicht einmal ein Drittel des ihm eigentlich zustehenden Hofes umfaßte. Was mag der Grund für diesen Verzicht gewesen sein? Er hatte auf jeden Fall ein weit größeres Anrecht auf den Hof als die (zum Zeitpunkt seiner Hochzeit noch nicht einmal geborenen!) Kinder aus der zweiten Ehe seines Stiefvaters Hans Jürgen Knopf.
Es gibt für den betreffenden Ort leider kaum Akten, da er zu einem adeligen Gericht gehörte, dessen Gutsbesitzer im 19. Jahrhundert in Konkurs ging, weswegen vom Gutsarchiv nichts erhalten blieb. So werde ich nie erfahren, ob der Hof vielleicht stark verschuldet war. Denkbar ist das, denn es scheint sich schon zu Matthias Webers Zeiten, des Vaters von Margaretha, niemand um die Übernahme des Hofes gerissen zu haben. Dann kam Hans Fricke jun. auf den Hof, der sicherlich keine Abfindung von dem Hof seines Vaters zu erwarten hatte, da der alte Hans Fricke diesen seinen Hof ja einige Jahre vor seines Sohnes Hochzeit bereits verwirtschaftet hatte und losgeworden war. Andererseits hatte Margaretha einige Geschwister abzufinden. Häufig entsprach die Höhe der Abfindung der weichenden Erben dem, was der Ehepartner des Hoferben seinerseits mit in die Ehe brachte. In diesem Falle wird es sich aber so verhalten haben, daß der wahrscheinlich mittellose Hans Fricke die Abfindungen für die Geschwister seiner Frau tatsächlich aus den Erträgen des Hofes erwirtschaften mußte. Keine gute Ausgangsbasis, auch nicht bei einem so umfangreichen Besitz.
Da keine Ehestiftungen überliefert sind, kann ich zu den wirtschaftlichen Verhältnissen Hans Jürgen Knopfs vor seiner ersten Eheschließung nichts sagen. Sein gleichnamiger Vater war aber ein sehr umtriebiger Mann, der, selbst von einem relativ kleinen Hof stammend, nacheinander mehrere Höfe bzw. Güter pachtete. Vermutlich war auf dieser Seite also Geld vorhanden und Knopf kam nicht mit leeren Händen auf den Hof. Dies vorausgesetzt, kann ich mir vorstellen, daß er seinen Stiefsöhnen Jonas und Curd Hennig Fricke nahelegte, ihm das von ihm mitgebrachte und in den Hof investierte Kapital zu erstatten, was diese natürlich nicht konnten. Wie auch? So war der Weg frei für Heinrich Hennig, den Sohn Knopfs aus zweiter Ehe.
Was denkt Ihr? Könnte meine Spinnerei hinkommen? Irgendeine Erklärung für das auf den ersten Blick vollkommen irrationale Verhalten, also den Verzicht des regulären Hoferben, muß es doch geben. Die Kaffeesatzleserei werde ich natürlich in keine Chronik aufnehmen. Ich versuche nur, den Fall zu begreifen und einen Erklärungsansatz zu finden.
Vielen Dank für die Zeit, die Ihr Euch genommen habt und für Eure Gedanken!
consanguineus
Durch eine Prozeßakte konnte ich Licht in das Dunkel einer Familie bringen, mit deren Mitgliedern meine Vorfahren immer wieder zu tun hatten. Ich konnte einige Personen zusammenführen, von denen ich angenommen hatte, daß es sich um verschiedene gleichnamige Individuen handelt. Das Ergebnis ist so merkwürdig, daß ich es noch nicht richtig glauben kann. Die teilweise lückenhaften Taufregister der betreffenden Orte beginnen erst 1696 bzw. 1708, sodaß ich von der Existenz mancher Personen erst durch die Prozeßakte erfuhr.
1701 heiratete Hans Fricke jun. auf den Weber'schen Ackerhof. Hans Fricke war der einzige Sohn von Hans Fricke sen., der im Nachbarort zwei Halbspännerhöfe zur gesamten Größe von ca. 212 Morgen besaß. Ein bedeutender Besitz immerhin. Leider war der ältere Fricke ein schlechter Landwirt, weswegen ein Ackermann im Ort die beiden Höfe 1691/92 "an sich brachte". Wie er das konkret hinbekam, kann ich mir nicht vorstellen. Er übergab den Besitz dann an einen weichenden Erben.
Der jüngere Hans Fricke hatte nun also keinen Hof mehr zu erwarten, schaffte es aber, wie gesagt, Margaretha Weber zu heiraten, und mit ihr einen ca. 280 Morgen großen Ackerhof. Margaretha hatte einige Schwestern als weichende Erben. Dem Anschein nach hatte sie aber auch zwei Brüder, Jonas und Curd. Ob sie wirklich ihre Brüder waren, weiß ich nicht, aber die beiden oder auch Curds Frau treten immer wieder als Paten auf. Sonst gab es weit und breit kaum Webers. Falls Jonas und Curd Margarethas Brüder waren, fragt man sich, warum sie auf die Übernahme eines der größten Ackerhöfe in der Gegend verzichteten.
Hans Fricke zeugte mit Margaretha einige Kinder, von deren Existenz man entweder aus der Prozeßakte oder aus Sterbeeinträgen erfährt. Nur in einem Falle liegt ein Taufeintrag vor. Zunächst ging ich davon aus, daß die meisten Kinder recht früh verstorben waren. Nur eine Tochter erreichte das Erwachsenenalter. Auch sie hatte kein Interesse am Hof ihrer Mutter und heiratete selbst in einen Ackerhof in der Nähe ein.
1716 starb Hans Fricke. Seine Witwe heiratete den 18 Jahre jüngeren Hans Jürgen Knopf. Sie selbst war zu diesem Zeitpunkt bereits 47 Jahre alt und es war nicht zu erwarten, daß sie in dieser zweiten Ehe noch Kinder haben würde. Knopf war also als Interimswirt der Mann, der den Hof bewirtschaftete um ihn für eines seiner damals noch lebenden Stiefkinder zu erhalten.
1743 starb Margaretha Weber und Hans Jürgen Knopf heiratete im darauffolgenden Jahr im Alter von 55 Jahren die noch nicht einmal 18jährige Anna Clara Heine. Mit ihr zeugte er noch sechs Kinder, von denen eine Tochter und ein Sohn das Erwachsenenalter erreichten. Inzwischen waren auch, so nahm ich es jedenfalls vor Kenntnis der Prozeßakte irrtümlicherweise an, sämtliche seiner Stiefkinder aus der ersten Ehe seiner ersten Frau gestorben, von der auswärts verheirateten Tochter einmal abgesehen. Als Knopf 1764 starb, heiratete seine noch junge Witwe Andreas Jonas Baars, der nun seinerseits als Interimswirt fungierte. Knopfs jüngster Sohn Heinrich Hennig übernahm mit 24 Jahren den ehemals Weber'schen Ackerhof, mit dem er familiär eigentlich gar nichts zu tun hatte, von seinem Stiefvater Baars.
Zurück zu den Kindern des Hans Fricke und der Margaretha Weber: es gab, wie ich nun lernte, mindestens zwei Söhne, die den Hof hätten übernehmen können. Jonas Fricke lebte 1737 noch. In diesem Jahr ist er Pate zu einem Kind seiner Schwester. Er lebte zu der Zeit in einer kleinen Stadt in der Nähe. Was er dort tat, habe ich noch nicht herausbekommen. Sein jüngerer Bruder Curd Hennig, den ich immer einem anderen Vater Hans Fricke zuordnete (es gab tatsächlich noch einen im Ort!), wurde 1714 geboren und starb 1796. Kurioserweise wurde er durch Heirat 1746 mit Margaretha Cathrina Heine, der Tochter eines Nachbarn, des Halbspänners Heine, selbst Halbspänner in demseben Ort, in dem der Hof seiner Eltern lag. Zufälligerweise war seine Frau die jüngere Schwester von Anna Clara, der zweiten Frau seines Stiefvaters Knopf.
Curd Hennig Fricke war also von Beruf Landwirt und ich komme einfach gedanklich nicht damit klar, daß er auf den großen Ackerhof seiner Mutter verzichtete, um in einen Halbspännerhof einzuheiraten, der flächenmäßig nicht einmal ein Drittel des ihm eigentlich zustehenden Hofes umfaßte. Was mag der Grund für diesen Verzicht gewesen sein? Er hatte auf jeden Fall ein weit größeres Anrecht auf den Hof als die (zum Zeitpunkt seiner Hochzeit noch nicht einmal geborenen!) Kinder aus der zweiten Ehe seines Stiefvaters Hans Jürgen Knopf.
Es gibt für den betreffenden Ort leider kaum Akten, da er zu einem adeligen Gericht gehörte, dessen Gutsbesitzer im 19. Jahrhundert in Konkurs ging, weswegen vom Gutsarchiv nichts erhalten blieb. So werde ich nie erfahren, ob der Hof vielleicht stark verschuldet war. Denkbar ist das, denn es scheint sich schon zu Matthias Webers Zeiten, des Vaters von Margaretha, niemand um die Übernahme des Hofes gerissen zu haben. Dann kam Hans Fricke jun. auf den Hof, der sicherlich keine Abfindung von dem Hof seines Vaters zu erwarten hatte, da der alte Hans Fricke diesen seinen Hof ja einige Jahre vor seines Sohnes Hochzeit bereits verwirtschaftet hatte und losgeworden war. Andererseits hatte Margaretha einige Geschwister abzufinden. Häufig entsprach die Höhe der Abfindung der weichenden Erben dem, was der Ehepartner des Hoferben seinerseits mit in die Ehe brachte. In diesem Falle wird es sich aber so verhalten haben, daß der wahrscheinlich mittellose Hans Fricke die Abfindungen für die Geschwister seiner Frau tatsächlich aus den Erträgen des Hofes erwirtschaften mußte. Keine gute Ausgangsbasis, auch nicht bei einem so umfangreichen Besitz.
Da keine Ehestiftungen überliefert sind, kann ich zu den wirtschaftlichen Verhältnissen Hans Jürgen Knopfs vor seiner ersten Eheschließung nichts sagen. Sein gleichnamiger Vater war aber ein sehr umtriebiger Mann, der, selbst von einem relativ kleinen Hof stammend, nacheinander mehrere Höfe bzw. Güter pachtete. Vermutlich war auf dieser Seite also Geld vorhanden und Knopf kam nicht mit leeren Händen auf den Hof. Dies vorausgesetzt, kann ich mir vorstellen, daß er seinen Stiefsöhnen Jonas und Curd Hennig Fricke nahelegte, ihm das von ihm mitgebrachte und in den Hof investierte Kapital zu erstatten, was diese natürlich nicht konnten. Wie auch? So war der Weg frei für Heinrich Hennig, den Sohn Knopfs aus zweiter Ehe.
Was denkt Ihr? Könnte meine Spinnerei hinkommen? Irgendeine Erklärung für das auf den ersten Blick vollkommen irrationale Verhalten, also den Verzicht des regulären Hoferben, muß es doch geben. Die Kaffeesatzleserei werde ich natürlich in keine Chronik aufnehmen. Ich versuche nur, den Fall zu begreifen und einen Erklärungsansatz zu finden.
Vielen Dank für die Zeit, die Ihr Euch genommen habt und für Eure Gedanken!
consanguineus
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