Vier Wochen zwischen Tod und Beerdigung: was mag da passiert sein?

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  • consanguineus
    Erfahrener Benutzer
    • 15.05.2018
    • 7438

    #16
    Hallo zusammen!

    Die anderen Einträge geben sämtlich nur das Datum der Beerdigung an. In unmittelbarer Nähe von Herrn Bartholds Eintrag faßt der Pastor sich knapp, wie man das häufig findet, wenn es überdurchschnittlich viele Tote gibt.

    Prominent im heutigen Sinne war Barthold nicht, da habe ich mich wohl etwas mißverständlich ausgedrückt. Er war halt einer der wenigen Männer in der Kleinstadt Crivitz, die als "Herr" bezeichnet wurden. Daraus leite ich ab, daß er zur Führungsschicht gehörte. Was seine Profession war, entzieht sich meiner Kenntnis.

    Warum komme ich überhaupt auf Herrn Hinricus Barthold? In Stettin habe ich zwei Vorfahren namens Barthold. Johann Friedrich Barthold, Kaufmann, erwirbt am 17.01.1672 das Stettiner Bürgerrecht. Andreas Barthold, ebenfalls Kaufmann, am 13.06.1693. Beide stammen laut Bürgerbuch aus Crivitz. Es gibt in Stettin noch Heinrich Barthold, ebenfalls Kaufmann und aus Crivitz stammend, der am 19.06.1683 eingebürgert wird. Diese drei Herren sind, gemeinsam mit ihren Ehefrauen, häufig miteinander verpatet, so daß ich annehme, es wird sich um relativ nahe Verwandte handeln. Vielleicht sogar Brüder, aber das wird sich schwer beweisen lassen, da die Taufen in Crivitz erst ab 1664 überliefert sind. Ein Herr Christian Barthold, Kaufmann is Stockholm, ist auch mehrmals Pate in Stettin bei Kindern der dortigen Bartholds. Fakt ist, daß Hinricus Barthold der einzige Namensträger in Crivitz ist, den ich im Kirchenbuch gefunden habe. Möglicherweise ist er der Vater der Stettiner Bartholds, vielleicht auch des Stockholmers, hat sonst keine Familie mehr am Ort und man möchte den weit entfernt lebenden Söhnen die Möglichkeit der Anreise geben, wie Anna Sara das bereits andeutete. Ist aber auch nur eine Vermutung von mir, so wie auch, daß die Bartholds in Stettin Brüder waren.

    Welche Quellen könnte man noch zu Rate ziehen? Ein Crivitzer Bürgerbuch beginnt erst viel später. Es gibt wohl eine Ortschronik, die man antiquarisch kaufen kann.

    Viele Grüße
    consanguineus
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    • Scriptoria
      Erfahrener Benutzer
      • 16.11.2017
      • 3114

      #17
      Hallo consanguineus,

      Henricus wird als "senior alhir" bezeichnet. Senior ist u. a. die Bezeichnung des dienstältesten Pastors in der evangelischen Kirche.

      Zitat:
      „In deutschen evangelisch-lutherischen städtischen Kirchentümern war Senior die Amtsbezeichnung für den Vorsitzenden des Geistlichen Ministeriums, der Gesamtvertretung der Geistlichkeit.
      Der Senior war entweder der dienstälteste Pastor oder wurde von den Mitgliedern des Geistlichen Ministeriums aus ihren Reihen gewählt“

      https://de.wikipedia.org/wiki/Senior_(Kirche)
      (Bitte nach Aufruf der Seite "Senior (Kirche)" im braunen Kasten anklicken)


      Vermutlich ist er auch hier in der Liste der Geistlichen von Crivitz genannt:

      Henricus Bartholdi, Amtszeit 1643-1683.
      Auf ihn folgt 1684-1691 Georg Hillmann.




      Gruß
      Scriptoria
      Zuletzt geändert von Scriptoria; 18.12.2021, 01:00.

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      • Geschichtensucher
        Erfahrener Benutzer
        • 03.09.2021
        • 1057

        #18
        an consanguineus

        Ich habe eben mal nach Crivitz in der Zeit geschaut und eine tolle Quelle gefunden, wahrscheinlich kennst du sie schon: ganz ausführliche Protokolle der Hexenprozesse von Crivitz und Umgebung im 16./17. Jahrhundert. Viele Namen... opendata.uni-halle.de wurde mir angeboten bei den Suchewörtern Crivitz 1683


        Schau mal
        Beste Grüße, Iris

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        • sternap
          Erfahrener Benutzer
          • 25.04.2011
          • 4070

          #19

          somit war schlicht der pastor henricus bartholdi gestorben.
          naheliegend, dass er etwa in der kirche oder an der mauer in der gruft auf sein begräbnis warten durfte.
          freundliche grüße
          sternap
          ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
          wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




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          • consanguineus
            Erfahrener Benutzer
            • 15.05.2018
            • 7438

            #20
            Zitat von Scriptoria Beitrag anzeigen
            Hallo consanguineus,

            Henricus wird als "senior alhir" bezeichnet. Senior ist u.a. die Bezeichnung des dienstältesten Pastors in der evangelischen Kirche.

            https://de.wikipedia.org/wiki/Senior_(Kirche)
            (Bitte nach Aufruf der Seite "Senior (Kirche)" im braunen Kasten anklicken)



            Vermutlich ist er auch hier in der Liste der Geistlichen von Crivitz genannt:

            Henricus Bartholdi, Amtszeit 1643-1683.
            Auf ihn folgt 1684-1691 Georg Hillmann.




            Gruß
            Scriptoria
            Vielen Dank, Scriptoria! Das muß er sein! Nun hätte ich gerne das Mecklenburgische Pfarrerbuch zur Hand. Sobald ich wieder in die Nähe meines PC komme, schaue ich mir mal die verschiedenen Universitätsmstrikel an. Da sollte er ja zu finden sein.

            Viele Grüße
            consanguineus
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            • sternap
              Erfahrener Benutzer
              • 25.04.2011
              • 4070

              #21
              eine liebevolle umgangssprachliche namensgebung aus dem oberösterreichischen mühlviertel verweist diskret auf die besondere behandlung eines pfarrersleichnams.

              4 wochen wären da gar nichts.



              der luftgeselchte pfarrer, das bedeutet soviel wie, der gepökelte.


              freundliche grüße
              sternap
              ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
              wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




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              • consanguineus
                Erfahrener Benutzer
                • 15.05.2018
                • 7438

                #22
                Zitat von Geschichtensucher Beitrag anzeigen
                Ich habe eben mal nach Crivitz in der Zeit geschaut und eine tolle Quelle gefunden, wahrscheinlich kennst du sie schon: ganz ausführliche Protokolle der Hexenprozesse von Crivitz und Umgebung im 16./17. Jahrhundert. Viele Namen... opendata.uni-halle.de wurde mir angeboten bei den Suchewörtern Crivitz 1683


                Schau mal
                Hallo Geschichtensucher, vielen Dank für die Quelle! Sie war mir noch nicht bekannt.

                Viele Grüße
                consanguineus
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                • consanguineus
                  Erfahrener Benutzer
                  • 15.05.2018
                  • 7438

                  #23
                  Guten Morgen!

                  Zuvor meinen Dank an Euch alle! Ihr habt mir sehr geholfen und nebenbei meinen Bildungshorizont ein Stück erweitert.

                  Das Rätsel um die Lücke zwischen Tod des Pastors Heinrich Barthold und dessen Beerdigung ist noch nicht sicher gelöst, aber die von Euch vorgeschlagenen Begründungen sind vernünftig.

                  Inzwischen habe ich auch das Mecklenburger Pfarrerbuch eingesehen. Barthold stammte aus Friedland in Mecklenburg-Strelitz, war also kein Crivitzer. Das ist für mich insofern interessant, als damit die Wahrscheinlichkeit, daß die aus Crivitz nach Stettin einwandernden drei Bartholds Söhne des Pastors sind, sehr ansteigt. Das Pfarrerbuch weiß auch zu berichten, daß Maria Divack, des Pastors Witwe, nach dem Tod ihres Mannes zu ihren Kindern nach Hinterpommern zog. Stettin lag zwar genaugenommen nicht in Hinterpommern, sondern in Vorpommern, dicht an der Grenze zu Hinterpommern, aber die Richtung stimmt.

                  Mal schauen, ob ich noch etwas finde.

                  Viele Grüße
                  consanguineus
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                  • Bienenkönigin
                    Erfahrener Benutzer
                    • 09.04.2019
                    • 1876

                    #24
                    Zitat von sternap Beitrag anzeigen
                    eine liebevolle umgangssprachliche namensgebung aus dem oberösterreichischen mühlviertel verweist diskret auf die besondere behandlung eines pfarrersleichnams.

                    4 wochen wären da gar nichts.

                    der luftgeselchte pfarrer, das bedeutet soviel wie, der gepökelte.
                    https://de.wikipedia.org/wiki/Luftg%...lchter_Pfarrer
                    Ah, man muss das Österreichische doch lieben für solche Ausdrücke!
                    Das werd ich mir merken.
                    Auf den Link habe ich auch geklickt, aber das ist nichts für zartbesaitete, da kann man ja Alpträume bekommen...
                    Danke trotzdem!
                    VG
                    Bienenkönigin
                    Meine Forschungsregionen: Bayern (Allgäu, München, Pfaffenwinkel, Franken, Oberpfalz), Baden-Württemberg, Böhmen, Südmähren, Österreich

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                    • consanguineus
                      Erfahrener Benutzer
                      • 15.05.2018
                      • 7438

                      #25
                      Hallo Bienenkönigin,

                      ich habe einen mumifizierten 10xUrgroßvater, Conrad Schachtrupp, dessen Nachlebenslauf wirklich makaber ist. Wenn der Anblick des geselchten Pfarrers Dir schon Alpträume bereitet, dann erspare ich Dir lieber den Link zur "Tanzleiche"...

                      Viele Grüße
                      consanguineus
                      Daten sortiert, formatiert und gespeichert!

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                      • sternap
                        Erfahrener Benutzer
                        • 25.04.2011
                        • 4070

                        #26
                        von vier mumien aus dem zeitraum nicht mal eines jahrhunderts, ist das vorgehen mit ihrem leichnam nach dem tod mit modernen methoden untersucht worden.


                        zwei waren an tbc, an einem blutsturz gestorben, es wird angenommen. wegen angst vor ansteckung sei der deckel binnen eines tages über dem nicht einbalsamierten zugemacht worden. wie in einem weiteren fall bei einem ein adeligen aus thüringen.


                        der viertelstrich im text, wie anna sara weingart den querstrich nannte, könnte deshalb vielleicht bedeuten, dass der pfarrer bereits gedeckelt bleiben, keine totenbeschau mehr stattfinden soll und nur die feierlichere begräbnismesse und eventuelle die versiegelung der gruft abgehalten wird.
                        Zuletzt geändert von sternap; 18.12.2021, 13:05.
                        freundliche grüße
                        sternap
                        ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
                        wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




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                        • Bienenkönigin
                          Erfahrener Benutzer
                          • 09.04.2019
                          • 1876

                          #27
                          Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                          Hallo Bienenkönigin,

                          ich habe einen mumifizierten 10xUrgroßvater, Conrad Schachtrupp, dessen Nachlebenslauf wirklich makaber ist. Wenn der Anblick des geselchten Pfarrers Dir schon Alpträume bereitet, dann erspare ich Dir lieber den Link zur "Tanzleiche"...

                          Viele Grüße
                          consanguineus
                          Ja, dann google ich lieber nicht danach. Obwohl sich das sehr interessant anhört.
                          Als wir Kinder waren, haben mich meine Brüder immer mit den Mumienabbildungen aus "Götter, Gräber und Gelehrte" erschreckt. Aber ich fand es sehr faszinierend, einige Jahre später Ramses, Tutanchamun und Co. in echt in Kairo zu sehen (die wurden früher noch ausgestellt).
                          In Italien (nicht Palermo) war ich auch mit meinen Eltern mal in Katakomben, das war wirklich sehr gruselig.
                          Ich habe sogar eine Zeitlang erwogen, Ägyptologie zu studieren.

                          Na ja, wahrscheinlich werde ich keine Alpträume bekommen, aber das ist so eine Mischung aus Faszination und Grauen...

                          Aber du musst dann mal erzählen, wie es zu der Tanzleiche in der Ahnenreihe kam.
                          Viele Grüße
                          Bienenkönigin
                          Meine Forschungsregionen: Bayern (Allgäu, München, Pfaffenwinkel, Franken, Oberpfalz), Baden-Württemberg, Böhmen, Südmähren, Österreich

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