Vier Wochen zwischen Tod und Beerdigung: was mag da passiert sein?

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • consanguineus
    Erfahrener Benutzer
    • 15.05.2018
    • 7310

    Vier Wochen zwischen Tod und Beerdigung: was mag da passiert sein?

    Hallo zusammen!

    In Crivitz fand ich 1683 folgenden (gut lesbaren) Eintrag:

    Den 12 Aprilis ist Herr Hinricus Barthold, senior alhir gestorben und soll den 10 Maij - begraben werden
    .

    Aus welchem Grund hat man den Mann so lange nicht bestattet? Hat man seinen Tod nicht gleich entdeckt? Kann ich mir kaum vorstellen, denn Herr Barthold wird doch irgendwelche sozialen Kontakte gehabt haben. Haben ihn Angehörige, Freunde, Geschäftspartner, Angestellte etc. nicht vermisst? Was für eine Erklärung wäre denkbar? Über etwas Außergewöhnliches hätte der Pastor doch sicherlich ein paar Worte verloren.

    Viele Grüße
    consanguineus
    Daten sortiert, formatiert und gespeichert!
  • Horst von Linie 1
    Erfahrener Benutzer
    • 12.09.2017
    • 23075

    #2
    und soll den 10 Maij - begraben werden

    Allein die Formulierung klingt seltsam.
    Zudem stört mich der Viertelgeviertstrich.
    Falls im Eifer des Gefechts die Anrede mal wieder vergessen gegangen sein sollte, wird sie hiermit mit dem Ausdruck allergrößten Bedauerns in folgender Art und Weise nachgeholt:
    Guten Morgen/Mittag/Tag/Abend. Grüß Gott! Servus.
    Gude. Tach. Juten Tach. Hi. Hallo.

    Und zum Schluss:
    Freundliche Grüße.

    Kommentar

    • consanguineus
      Erfahrener Benutzer
      • 15.05.2018
      • 7310

      #3
      Was geht Dir durch den Kopf, Horst? Soll Herr Barthold, nachdem sein Leichnam offenbar vier Wochen lang der Verwesung ausgesetzt war, vielleicht anderswo begraben werden?
      Daten sortiert, formatiert und gespeichert!

      Kommentar

      • AlexB
        Benutzer
        • 23.11.2021
        • 14

        #4
        Es ist etwas ins blaue geraten, aber die 1680er Jahre waren der Höhepunkt der kleinen Eiszeit. Im Winter 1683/84 war beispielsweise die Themse für fast 2 Monate zugefroren. Evtl. gab es in dem Jahr auch im Frühling noch starken Frost, der die Beerdigung erschwert hat ... oder es gab einen "Rückstau" an Beerdigungen.

        Kommentar

        • sternap
          Erfahrener Benutzer
          • 25.04.2011
          • 4070

          #5
          vielleicht die pest.
          alternativ eine andere seuche.

          wenn niemand mehr da war, die toten unter den damals üblichen vorsichtsmaßnahmen zu begraben bzw. die geforderten segnungen zu leisten.


          nur 400 km entfernt, in erfurt, starb die hälfte der bevölkerung in dem jahr an der pest.
          er soll begraben werden ist ein befehlston, der bei einer seuche logisch erscheint.


          sieh nach, welcher pfarrer vorher - etwa bis zum todestag des mannes - das kirchenbuch schrieb und welcher nachher.
          Zuletzt geändert von sternap; 17.12.2021, 21:54.
          freundliche grüße
          sternap
          ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
          wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




          Kommentar

          • consanguineus
            Erfahrener Benutzer
            • 15.05.2018
            • 7310

            #6
            Einen erkennbaren Pfarrerwechsel gibt es nicht. Tatsächlich aber sterben in Crivitz weit mehr als doppelt soviel Menschen wie in anderen Jahren. Seltsamerweise finden etwa zwischen dem 13. und 18. April 1683 Beerdigungen statt, weswegen man davon ausgehen darf, daß der Boden nicht oder nicht in besonderem Maße gefroren war. Man hätte Herrn Barthold also ganz normal besetzen können. Daß man es nicht tat, muß einen besonderen Grund haben.
            Zuletzt geändert von consanguineus; 17.12.2021, 22:22.
            Daten sortiert, formatiert und gespeichert!

            Kommentar

            • Anna Sara Weingart
              Erfahrener Benutzer
              • 23.10.2012
              • 16741

              #7
              Hallo
              da gibt es doch viele Seen in der Umgebung.
              Wenn er nun am 12. April ersoffen war, und der Leichnam nach 4 Wochen wieder auftauchte? (dank der Fäulnisgase, die ihm Auftrieb gaben)
              Viele Grüße

              Kommentar

              • consanguineus
                Erfahrener Benutzer
                • 15.05.2018
                • 7310

                #8
                Hallo Anna Sara,

                wäre ein solches nicht alltägliches Ereignis es nicht wert, im Kirchenbuch erwähnt zu werden, zumal bei einem einigermaßen prominenten Bürger? Der Crivitzer Pastor war in jenen Jahren einigermaßen auskunftsfreudig. Oder sparte man sich einen Kommentar gerade wegen Bartholds Stand?

                Viele Grüße
                consanguineus
                Daten sortiert, formatiert und gespeichert!

                Kommentar

                • Geschichtensucher
                  Erfahrener Benutzer
                  • 03.09.2021
                  • 1045

                  #9
                  Nur ne Idee...

                  vielleicht hatte er einen weit entfernt wohnenden Verwandten, der von höherem Status war, eine weite Anreise hatte und den die Bürger von Crivitz nicht verärgern/nicht auf seine ehrenwerte Anwesenheit verzichten wollten?


                  Nach dem Prinzip: Sein Bruder ist ein Ratsherr von Wismar, ein Gönner der kleinen Stadt Crivitz, der muss dabei sein, deshalb nutzt man die kühle Witterung und vllt den örtlichen Eiskeller, die Leiche aufzubewahren?


                  ok, sehr viel Phantasie
                  Beste Grüße, Iris

                  Kommentar

                  • sternap
                    Erfahrener Benutzer
                    • 25.04.2011
                    • 4070

                    #10
                    schaue grob, ob bei ihm mehr worte stehen oder sonstwas, was vermuten ließe, dass die anderen schnell in einer pestgrube verscharrt worden wären und er vielleicht ordentlicher oder feierlicher begraben.
                    freundliche grüße
                    sternap
                    ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
                    wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




                    Kommentar

                    • Anna Sara Weingart
                      Erfahrener Benutzer
                      • 23.10.2012
                      • 16741

                      #11
                      Zitat von Geschichtensucher Beitrag anzeigen
                      Nur ne Idee...
                      Ja, ich hab da mal so einen Fall drüber gelesen: die adligen Verwandten mussten weit anreisen. So lange wurde die Leiche aufbewahrt.

                      So teuer wird das nicht gewesen sein, so 'ne Leiche mal 'nen Monat kühl zu lagern, Ende März.
                      Vielleicht auch noch mit Einbalsamierung.
                      Zuletzt geändert von Anna Sara Weingart; 17.12.2021, 23:17.
                      Viele Grüße

                      Kommentar

                      • Garfield
                        Erfahrener Benutzer
                        • 18.12.2006
                        • 2216

                        #12
                        Hallo

                        Zitat von sternap Beitrag anzeigen
                        [...] oder sonstwas, was vermuten ließe, dass die anderen schnell in einer pestgrube verscharrt worden wären und er vielleicht ordentlicher oder feierlicher begraben.
                        Ich habe mir auch etwas in die Richtung gedacht: wenn eine Seuche grassierte, beerdigte man die Verstorbenen doch so schnell wie möglich, manchmal blieb nicht mal Zeit für ausführliche Sterbeeinträge.

                        Ich finde auch die Formulierung vom Sterbeeintrag irgendwie merkwürdig. Hast du schon Zeitungen aus dieser Zeit durchgeschaut, wenn er doch etwas prominent war? Oder gibt es eine Ortschronik? Vielleicht steht da etwas?
                        Viele Grüsse von Garfield

                        Kommentar

                        • Anna Sara Weingart
                          Erfahrener Benutzer
                          • 23.10.2012
                          • 16741

                          #13
                          Also Pest gab es damals tatsächlich im Harz
                          Die Pest der Jahre 1680 bis 1683 in der Harzregion - Die Harz - Geschichte Band 6 - Vom Westfälischen Frieden 1648 bis zum Ende der Napoleonischen Kriege 1815
                          Viele Grüße

                          Kommentar

                          • sternap
                            Erfahrener Benutzer
                            • 25.04.2011
                            • 4070

                            #14
                            möglich wäre, das der strich eine eindeckelung in einer gruft bedeutete.


                            der tote kann beispielsweise nach dem tod keine pestzeichen gehabt haben, weshalb man eine normale bestattung erlaubte.
                            freundliche grüße
                            sternap
                            ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
                            wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




                            Kommentar

                            • Gastonian
                              Moderator
                              • 20.09.2021
                              • 5293

                              #15
                              Hallo allerseits:


                              Wenn man sich mal die Seite anschaut (http://www.archion.de/p/ff051ed85a/) - da gab es ein Begräbnis am 03.04., dann am 13.04., eins am 15.04., und eins am 18.04. Da mag es also Ansteckungen gegeben haben - aber die Begräbnise sind bei weitem nicht häufig genug, daß man Pestgruben vermuten muß.



                              Zwischen den Einträgen vom 15. und vom 18. wird der Tod des Hinricus Bartholdi notiert - die Leiche war also zwischen dem 15. und dem 18. schon bekannt (also nicht erst später irgendwo aufgetaucht). Nach dem 18.04. ist das nächst-erwähnte Begräbnis am 19.05.



                              Der Pfarrer ist während dieser Zeit noch am Ort - wenn man sich das Taufregister ansieht, gab es Taufen hier am 22.03., 26.03., 27.04., 08.05., und 09.06.


                              Also scheint ein Erwarten eines auswärtigen Verwandten wohl die am näheliegendeste Erklärung.


                              VG


                              --Carl-Henry
                              Wohnort USA

                              Kommentar

                              Lädt...
                              X