Polterabend

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  • Forscherin
    Erfahrener Benutzer
    • 16.10.2009
    • 690

    Polterabend

    Hallo,
    kann mir jemand sagen, wann und wo der Brauch des Polterabends entstanden ist und was er bedeutet?

    In früheren Zeiten hatten die meisten Menschen doch sicher kein Geschirr im Überfluss, da musste es doch einen guten Grund geben, dieses in Scherben zu schmeißen.

    Hierzu folgendes Zitat:
    Bergedorfer Wochenblatt

    Intelligenz-Nachrichten

    Ausgabe vom Sonnabend, den 29. Januar
    Mandat
    Da seit einiger Zeit an den Vorabenden der hieselbst stattgefundenen Hochzeiten durch Werfen von Töpfen, Scherben, Steinen u. d.gl. an die Thüren oder wohl gar in die Fenster der Häuser ein nicht zu duldender Unfug getrieben worden; so wird vom Amte und E.E. Rath solches hiedurch gänzlich untersagt und sollen die Übertreter dieses Verbots mit Gefängniß bestraft werden
    Der Polizeivogt ist beauftragt, darauf zu achten, daß diesem Mandat nachgelebt werde und hat derselbe etwaige Contravenienten zur Bestrafung anzuzeigen oder zur Haft zu bringen.
    Publicatum Bergedorf den 7. Jan. 1831
    J.B.W. Lindenberg Dr. Amtsverwalter
    tschüsss
    Sabine

    immer auf der Suche nach den Familiennamen Paap und Hassenklöver
  • Marlies

    #2
    Hallo Sabine,

    Scherben bringen Glück, das ist wohl die Bedeutung

    Dem Brauch des Porzellanzerbrechens liegt das volksetymologisch gedeutete Sprichwort: „Scherben bringen Glück“ zugrunde. Der aus dem Töpferhandwerk stammende Begriff „Scherbe“ bezeichnete ursprünglich alle irdenen Gefäße, nicht nur die zersprungenen. „Scherben bringen Glück“ bezog sich somit darauf, dass viele Gefäße im Sinne gefüllter Vorratsbehälter eine glückliche Fügung für den Besitzer darstellen.

    Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Polterabend

    Schöne Grüße
    Marlies

    Kommentar

    • Forscherin
      Erfahrener Benutzer
      • 16.10.2009
      • 690

      #3
      Hallo Marlies,
      danke für Deinen Hinweis. Den wiki-Artikel hatte ich gelesen und auch die Anmerkungen, dass keine ausreichenden Belege vorliegen. Das hat mich gereizt nachzuforschen, ob man ähnliche Belege wie den zitierten vom Bergedorfer Amtsverwalter oder andere Beschreibungen des Brauches finden kann.

      Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Menschen um 1830 ihre Scherben einfach zerdepperten, eher leuchtet mir die Erklärung mit den gefüllten Vorratstöpfen ein. Aber in dem Mandat des Amtsverwalters ist auch von Steinwürfen die Rede, vielleicht ging es auch einfach um den Lärm, um böse Geister zu verscheuchen, so wie man z.B. auch den Winter ausgetrieben hat. Schließlich heißt es ja auch Polterabend.

      Wenn jemand weitere Beschreibungen, Zitate oder Literaturhinweise hat, würde ich mich über eine Nachricht freuen.
      tschüsss
      Sabine

      immer auf der Suche nach den Familiennamen Paap und Hassenklöver

      Kommentar

      • fxck
        Erfahrener Benutzer
        • 23.08.2009
        • 1081

        #4
        Hallo Sabine, hallo Marlies,

        im Krünitz steht dazu:

        "Polterabend, im gemeinen Leben der Abend vor der Hochzeit, da in dem Hochzeithause alles aufgeräumt wird, wobey es denn ohne Gepolter nicht abgeht; der Brautabend. In vielen Gegenden wird an diesem Abend mit den nächsten Verwandten geschmauset, und weil an demselben auf dem Lande auch die Hühner zu dem morgenden Schmause gefangen werden, so heißt er auch der Hühnerabend, das Hühnerfangen, in Frankreich in den mittlern Zeiten Cochetus, von Cochet, ein junges Huhn."

        Krünitz, Bd. 114, S. 608.

        LG Anton
        Suche in folgenden Orten:
        Kreis Tachau/Egerland: Pfraumberg, Ujest, Zummern, Lusen, Labant, Mallowitz (FN: Frank, Roppert, Scheinkönig, Peyerl, Haibach, Schwarz...)
        Erzgebirge: Beierfeld, Grünhain, Eibenstock, Bernsbach, Lauter (FN: Fröhlich, Hennig, Stieler, Jugelt, Heimann...)
        Thüringen: Tanna, Rödersdorf, Friedrichroda (FN: Kunstmann, Götz, Rathsmann).

        Kommentar

        • Marlies

          #5
          Hallo Sabine, hallo Anton,

          aus dem genealogisch- etymologischen Lexikon:

          Polterabend: Charivarie (frz.) der Brautabend. Der Vorabend der Hochzeit. Der Abend, der durch Schmaus, Tanz und allerlei Scherze, Kurzweil gefeiert wird. Der Abend, wo die alten Töpfe zerschmissen werden, um ein neues Leben anzufangen und um damit das Überreichen der Hochzeitsgeschenke einzuleiten. Seinen Namen bekam er von der alten Sitte, daß man Töpfe an der Tür der Braut geräuschvoll zerschlug. Dieser Gebrauch kann von den Witwenhochzeiten herrühren, charivari (frz.) oder mit den altjüdischen Brauch zusammenhängen, in dem man das Glas, aus welchem Braut und Bräutigam getrunken hatten sofort zuzertrümmern hatte, damit es nicht wieder benutzt werden konnte. Ein weiterer Gebrauch kann die Sinnverwandtschaft zum zerbrochenen Gefäß (Hafen, und im weiteren Sinne der Ehehafen) bedeuten, die zerbrochene Jungfernschaft. [.......]

          Überliefert wird nur, das der Polterabend Glück bringen soll.


          Schöne Grüße
          Marlies

          Kommentar

          • Johannes v.W.
            Erfahrener Benutzer
            • 02.05.2008
            • 1151

            #6
            Zitat von Forscherin Beitrag anzeigen
            Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Menschen um 1830 ihre Scherben einfach zerdepperten
            Hallo
            Krüge,Töpfe und anderes Steinzeug waren auch damals schon Gebrauchsgegenstände, die eine befristete Haltbarkeit hatten. Ich denke, daß auch bescheidenere Haushalte es sich leisten konnten, bzw. wollten, ein paar alte Töpfe für den (wichtigen!) Aberglauben und das neue Glück dranzugeben. (Es werden ursprünglich nicht Berge von Scherben wie heute gewesen sein ). Der Sinn war dabei neben anderem sicher auch, wie Anton bereits schrieb, symbolisch Platz für das Neue zu machen.
            Im südlichen Italien gibt es eine davon unabhängige, ähnliche Tradition: Hier wird sich traditionell am Sylvesterabend jeden Jahres des alten Hausrats, was früher eben v.a. Steinzeug war, durch aus-dem-Fenster-Schmeißen entledigt. Neben dem Böllern gab das um Mittternacht ein ordentliches Geschepper und der Sinn war natürlich, dem neuen Glück, bzw. Jahr geräuschvoll Platz zu schaffen. Mit der Zeit fand der Begriff Hausrat aber auch wirklich auf alles Anwendung, weshalb es z.B. dann in der Stadt Rom verboten wurde. Allein in Neapel wird das bis heute praktiziert, und um Mitternacht des 31.12 dort auf die Straße zu gehen, kann lebensgefährlich sein: da rauschen alte Klosetts, ganze Kühlschränke, alte Möbel und eben alles und ohne Vorwarnung auf die Straße…

            Viele Grüße
            Johannes

            PS. Daß das Hochzeitspoltern mit dem jüdischen Brauch des Glaszertretens, wie von Marlies aus dem Lexikon zitiert, wo dann alle "Maseltoff" rufen, unmittelbar zusammenhängen soll, wage ich allerdings wirklich zu bezweifeln...
            Zuletzt geändert von Johannes v.W.; 19.11.2009, 13:26.
            Dergleichen [genealogische] Nachrichten gereichen nicht nur denen Interessenten selbst, sondern auch anderen kuriosen Personen zu einem an sich unschuldigen Vergnügen; ja, sie haben gar oft in dem gemeinen Leben und bei besonderen Gelegenheiten ihren vielfältigen Nutzen. Johann Jakob Moser, 1752

            Kommentar

            • Friedrich
              Moderator
              • 02.12.2007
              • 11549

              #7
              Zitat von Johannes v.W. Beitrag anzeigen
              Allein in Neapel wird das bis heute praktiziert, und um Mitternacht des 31.12 dort auf die Straße zu gehen, kann lebensgefährlich sein: da rauschen alte Klosetts, ganze Kühlschränke, alte Möbel und eben alles und ohne Vorwarnung auf die Straße…
              Moin Johannes,

              wenn alte Klosetts dabei sind, darf man sich wirklich nicht mehr auf die Straße wagen. Ansonsten trifft man da am Ende noch alte Bekannte...

              Friedrich
              "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
              (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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              • fxck
                Erfahrener Benutzer
                • 23.08.2009
                • 1081

                #8
                Zitat von Friedrich Beitrag anzeigen

                Ansonsten trifft man da am Ende noch alte Bekannte...
                Wie meinen, Friedrich??
                Suche in folgenden Orten:
                Kreis Tachau/Egerland: Pfraumberg, Ujest, Zummern, Lusen, Labant, Mallowitz (FN: Frank, Roppert, Scheinkönig, Peyerl, Haibach, Schwarz...)
                Erzgebirge: Beierfeld, Grünhain, Eibenstock, Bernsbach, Lauter (FN: Fröhlich, Hennig, Stieler, Jugelt, Heimann...)
                Thüringen: Tanna, Rödersdorf, Friedrichroda (FN: Kunstmann, Götz, Rathsmann).

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                • Forscherin
                  Erfahrener Benutzer
                  • 16.10.2009
                  • 690

                  #9
                  Hallo Marlies, Anton und Johannes,
                  danke für die ergänzenden Hinweise. Ich habe inzwischen mal in alten Nachschlagewerken online gesucht und viel Interessantes und auch Kurzweiliges zum Thema Polterabend gefunden:
                  tschüsss
                  Sabine

                  immer auf der Suche nach den Familiennamen Paap und Hassenklöver

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