Uneheliche Kinder

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  • Molle09
    Erfahrener Benutzer
    • 24.03.2009
    • 1403

    Uneheliche Kinder

    Ein freunddliches hallo an alle,

    also ich schaue mir nun schon, seit zwei Tagen, die Matriken von verschiedenen Orten in Nordböhmen an ( bei Familysearch). Aber ich bin sehr erstaunt, wie viele uneheliche Kinder es gab . Dabei ist das ja eine katholische Gegend und sowas war doch zu den damaligen Zeiten verpönt!? Jedes dritte Kind ist ohne Vater, manchmal haben die Mütter später doch noch " nen Mann abbekommen". Aber viele unehel. Kinder starben auch bei der Geburt, als hätten sie es geahnt ungewollt zu sein. Manchmal möchte ich schon wissen, was für Schicksale dahinter steckten. So laß ich z.B. von einer Dienstmagd, die eine unehel. Todgeburt hatte. War sie ein " flotter Feger" oder wurde sie vom Herrn vergewaltigt? Da kann es einem schon komisch werden.


    L.G.
    Molle
    Liebe Grüße
    Mlle
    ----------------
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    Joh. Martin Koch,1743 Hammelknecht in Marienroda u. Frau Regina

    den Verbleib von Johann Wilhelm Nürnberger *04.12.1803
  • karin-oö
    Erfahrener Benutzer
    • 01.04.2009
    • 2630

    #2
    Hallo Molle,

    auch in den Kirchenbüchern meines Heimatortes finden sich sehr viele uneheliche Geburten. Von etwa 30 Geburten pro Jahr waren 5 bis 8 unehelich.

    Ich denke, das lag vor allem daran, dass Besitzlose keine Erlaubnis zur Heirat bekamen. Alle auf Bauernhöfen bediensteten Mägde und Knechte hatten also meist von vorneherein keine Möglichkeit, eine Familie zu gründen. Dass sie trotzdem Kinder bekamen, war ja nur natürlich.

    Auffällig ist auch, dass bei unehelich Geborenen die Säuglingssterblichkeit noch höher war als allgemein üblich. Wahrscheinlich gab es oft schon während der Schwangerschaft keine Möglichkeit, sich zu schonen und auf eine ausgewogene Ernährung zu achten, sodass die Kinder oft bereits mit Mangelerscheinungen zur Welt kamen und weniger Überlebens-Chancen hatten als andere. (Die häufigste Todesursache bei Säuglingen - die sog. Fraisen, waren ja eine Mangelerkrankung.)

    Die auf Bauernhöfen bediensteten unverheirateten Mütter konnten ihre Kinder meist auch nicht bei sich behalten. Wenn sie Glück hatten, konnten sie diese bei den Großeltern unterbringen, oft mussten sie aber auch zu fremden Leuten in Pflege gegeben werden.

    Viele uneheliche Geburten hatten also nichts mit "Sündhaftigkeit" zu tun, sondern eher mit Armut .

    Schöne Grüße
    Karin

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    • Molle09
      Erfahrener Benutzer
      • 24.03.2009
      • 1403

      #3
      Hallo Karin,

      das was Du schreibst, macht mich eigendlich noch nachdenklicher und auch betroffener!!!! Von der Seite her habe ich das noch gar nicht betrachtet und ich denke, daß Du damit vollkommen richtig liegst. Es hätte mich auch gewundert, in solch kathol. Gegenden. Aber, auch wenn sie sehr arm waren, hätten sie doch heiraten können oder nicht? Auch ein Paar kann doch weiter im Dienst stehen!?

      Ja, das waren schon schlimme Schicksale!

      Liebe Grüße
      Molle
      Liebe Grüße
      Mlle
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      Kommentar

      • martha123
        Benutzer
        • 17.01.2009
        • 7

        #4
        uneheliche Geburten / Heirat

        Hallo Molle,
        leider hast Du keine Jahre angegeben. Aber bis zu einem bestimmten Zeitpunkt - ich glaube, das war die Aufhebung der Leibeigenschaft bzw. des Heimatrechts hatten nur Bürger die Möglichkeit eine Heiratserlaubnis zu bekommen. Bürger waren vollberechtigte Bewohner einer Stadt/einer Landgemeinde mit Besitz. Beiwohner waren geduldete Bewohner einer Stadt/Gemeinde. Durch Geburt in einer Gemeinde z.b. unehelicher Geburt wurde man nicht automatisch Bürger der Gemeinde.
        Heirat war keine private Entscheidung sondern an eine obrigkeitliche Erlaubnis geknüpft.
        Zur Aufhebung der Leibeigenschaft kann ich keine Jahreszahlen angeben. Die Aufhebung des Heimatrechts erfolgte in Preußen mit den Steinschen Reformen - soweit ich weiss nach 1o und zu einer ähnlichen Zeit in den süddeutschen Staaten.
        Bis irgendwann - war auch die Kirche die alleinige Institution, die Heiraten zulies - soweit ich weiss gibt es die Zivilehe erst seit dem Deutschen Reich und somit frühestens seit 1871.

        Auch ich habe in meinem Stammbaum eine Menge "erwachsener" 3-Monats-Kinder - d.h. Kinder die kurz nach der Heirat geboren wurden und überlebten und einiges an unehelichen Kindern und sogar Eheburchskinder in einer Ehe - hat der Pfarrer vermerkt.

        Mir scheint es wenn ich meinen Stammbaum ansehe, dass es in katholischen Verwandtschaften einen höheren Prozentsatz von unehelichen Geburten gab.

        Ich denke, es war ab der "Herrschaft" des victorianischen Zeitgeistes sehr schwer für die Mütter und ihre Kinder - die wurden tagtäglich stigmatisiert.
        Wie es vorher war kann ich nicht sagen - aber ich denke, dass es ganz oft - diskret ausgedrück - ein soziales Gefälle zwischen dem Mann und der Frau gab.

        Im Ruhrgebiet gab es -zu einer Zeit einen Mietvertrag für Schlafburschen mit der Klausel " volle Kost voll". Ich schiebe ihn in die Zeit zwischen 1850 und 1925 oder so. Die Klausel bedeutete, der Schlafbursche wurde von der Ehefrau des Wohnungsinhabers nicht nur mit Essen und trinken versorgt sondern teilte mit der Ehefrau auch - abwechselnd mit dem Mann - das Bett.

        Übrigens - die Päpste hatten wenn ich mich richtig erinnere - noch bis in die Renaissancezeit uneheliche Kinder. Die wurden aber mit Pfründen versorgt.

        Weiss jemand, ab welchem Konzil ( ?) mit welcher päpstlichen Bulle uneheliche Kinder als Sünde verdammt wurden?

        Weiss jemand, ab wann die Heirat( Verkündung in der Kirche/ Ganz zur Kirche / Segnung des Bundes ) für die Leibeigenen eingeführt wurde?
        Liebe Grüsse Martha

        Kommentar

        • kornmandl
          Erfahrener Benutzer
          • 20.02.2009
          • 534

          #5
          Hallo Molle09,

          diese Woche bin ich auch auf einen Kirchenbucheintrag gestoßen
          der mich bewegt hat: unehelicher Knabe, 1863 geboren, 1865 mit
          eineinhalb Jahren verstorben, Todesursache: abzehrung. Mein Mit-
          sucher hat sofort gesagt: "Die haben den verhungern lassen".

          lies mal den Artikel:
          www.genealogie-kiening.de/unehelich.htm

          und was ein findiger Oberpfälzer dagengesetzt hat:
          Suchbegriff "eh'häusl" bei wikipedia.

          Gruß kornmandl
          Es gibt keine dummen Fragen - es gibt nur dumme Antworten!

          Kommentar

          • mini
            Erfahrener Benutzer
            • 19.12.2008
            • 377

            #6
            Ich habe vor einigen Wochen in einem Kirchenbuch gelesen, dass eine ledige Dienstmagd ihr unehelich geborenes Kind gleich nach der Geburt im nahen Fluß aus Verzweiflung ertränkt hat...
            Schöne Grüße

            mini


            Suche: Johann Christoph Hacke, Uhrmacher, + vor 1761 in Halberstadt

            Kommentar

            • schaefera

              #7
              Zitat von martha123 Beitrag anzeigen



              Im Ruhrgebiet gab es -zu einer Zeit einen Mietvertrag für Schlafburschen mit der Klausel " volle Kost voll". Ich schiebe ihn in die Zeit zwischen 1850 und 1925 oder so. Die Klausel bedeutete, der Schlafbursche wurde von der Ehefrau des Wohnungsinhabers nicht nur mit Essen und trinken versorgt sondern teilte mit der Ehefrau auch - abwechselnd mit dem Mann - das Bett.

              Liebe Grüsse Martha
              Hallo Martha,



              das hört sich ja interessant und spannend an,
              kannst du den Mietvertrag mal hier im Forum hochladen.

              Wo kann man die Interpretation der "volle Kost voll" nachlesen?


              Vielen Dank

              Kommentar

              • Hintiberi
                Erfahrener Benutzer
                • 26.09.2006
                • 1092

                #8
                Zitat von Molle09 Beitrag anzeigen
                Hallo Karin,

                das was Du schreibst, macht mich eigendlich noch nachdenklicher und auch betroffener!!!! Von der Seite her habe ich das noch gar nicht betrachtet und ich denke, daß Du damit vollkommen richtig liegst. Es hätte mich auch gewundert, in solch kathol. Gegenden. Aber, auch wenn sie sehr arm waren, hätten sie doch heiraten können oder nicht? Auch ein Paar kann doch weiter im Dienst stehen!?

                Ja, das waren schon schlimme Schicksale!

                Liebe Grüße
                Molle
                Moin,
                das ist dann auch so ein Punkt, wo ich mit der kath. Kirche nicht weiterkomme!
                Wäre es nicht eigentl. ein Akt christl. Nächstenliebe, ein uneheliches Kind aufzunehmen und großzuziehen, wenn die Mutter es nicht kann?
                Die Kirche faselt heute davon, daß Abtreibung Mord ist. Das Ungeborene ist also für die Kirche Leben: "Jeder Abtreibungsmord (und wäre es nur eine Minute nach der Befruchtung) bedeutet einen Bruch mit Gottes wunderbarer Schöpfungsordnung und zieht schlimme Folgen nach sich." (http://www.padre.at/abtreib.htm).

                So - aber wenn das Kind dann auf der Welt ist - und unehelich, dann ist es plötzlich Sünde!! Dabei kann das Kind noch am wenigsten was dafür. Und dann werden sie getauft, kommen also in die Gemeinschaft der Christen, und werden trotzdem mißachtet. Christliche Werte eben...

                Beste Grüße
                -Jens
                Meine Ahnen
                http://img.photobucket.com/albums/v29/MrMagoo/K.jpg
                www.gencircles.com/users/hintiberi/17"

                Kommentar

                • aquila
                  Gesperrt
                  • 18.04.2009
                  • 113

                  #9
                  Hallo,

                  ich hab einen etwas anderen Kirchenbucheintrag aus dem Jahre 1743 gefunden. Meine Ahnen wurden wegen einer Schwangerschaft verurteilt zu
                  heiraten. Mein Ahne musste 9 Gulden Strafe zahlen, seine Frau 4.
                  Weiter wurden sie befragt, auch diese Unterlagen konnte ich einsehen.
                  Es wurde gefragt warum, wie, wann, wo und wie oft sie vorehelichen....
                  hatten

                  Sie mussten dann als Strafe heiraten, jedoch war ich noch entsetzter als ich die kirchenakten zu der Geburt des Sohnes las.
                  Dort stand groß über dem Namen, vorsicht HURENKIND
                  Der Sohn wurde knapp 3 Monate nach der Heirat geboren, im Kirchenbucheintrag war die Kurzfassung der Verhandlung abgeschrieben,
                  der Name des Kindes nur beiläufig erwähnt aber das Wort HURENKIND
                  um so öfter.....

                  Das hat mich alles auch sehr berührt....
                  Ehelich, aber HURENKIND! Übrigens waren die Aufzeichnungen in der evangelischen Kirche.

                  Gruß
                  Melanie

                  Kommentar

                  • usi46
                    Benutzer
                    • 30.03.2009
                    • 97

                    #10
                    Unehelich

                    Hallo Allen hier!
                    Genau dazu wollte ich mich auch äußern.In meiner Ostpreußen-Suche,findet man ständig diese Bezeichnung "Hurenkind".Es hat mich immer sehr betroffen gemacht,hat es doch etwas sehr Verwerfliches und einen sehr dummen Beigeschmack.Wenn man es nur so ließt und keine Hintergründe kennt,dann denkt man doch ,was war das für eine.
                    Gruß Ursula

                    Kommentar

                    • Molle09
                      Erfahrener Benutzer
                      • 24.03.2009
                      • 1403

                      #11
                      Hallo,

                      an den Reaktionen und dem daraus neu entstandenen Thema der "Hurenkinder" merke ich, daß das Thema nicht nur mich sehr bewegt hat. Dieser wirklich furchtbare Begriff entstammt ja auch aus einer Zeit, wo es noch Hexenverbrennungen gab. Daran merkt man doch, wie die Kirche Einfluß auf die Menschen hatte und Meinungen vorformte, ja sogar hetzte. Da wurde schnell mal verläumdet und aus einer unglücklichen Liebe oder einer vergewaltigten Frau eine "Hure", denn sie hatte ja "gelockt".

                      Aus meinen erforschten Taufbüchern kenne ich diesen Ausdruck nicht und das ist gut so Ich habe soooolche Gänsehaut gehabt, als ich aquilas Beitrag gelesen habe
                      Bei einigen meiner Vorfahren stand dann nur (später hinzugefügt): Kind wurde durch die am.... erfolgte Trauung legitimiert. Das war so in den 1860ern. Bleibt wirklich die Frage, warum die Eltern nicht gleich heirateten. Es waren zwar keine reichen Bürger, aber direkt arm waren sie auch nicht. Das wird man immer nur spekulieren können.....

                      L.G.
                      Molle
                      Liebe Grüße
                      Mlle
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                      Kommentar

                      • martha123
                        Benutzer
                        • 17.01.2009
                        • 7

                        #12
                        volle kost voll

                        Zitat von schaefera Beitrag anzeigen
                        Hallo Martha,



                        das hört sich ja interessant und spannend an,
                        kannst du den Mietvertrag mal hier im Forum hochladen.

                        Wo kann man die Interpretation der "volle Kost voll" nachlesen?
                        Vielen Dank
                        Liebe Grüsse, ich hoffe, die Technik trickst mich jetzt nicht aus. Ich vermute, dass diese Mietverträge - das waren ja eigentlich Untermietverträge - immer mündlich geschlossen wurde. Ich forsche gerade in meinem Gedächtnis, was meine Quelle für diese Info ist. Es könnte auch eine Fernsehdokumentation gewesen sein. Falls ich drauf komme - oder sonst eine Quelle finde - melde ich mich nochmals hier.
                        Martha

                        Kommentar

                        • Pendolino
                          Erfahrener Benutzer
                          • 09.04.2009
                          • 12109

                          #13
                          Zitat von Molle:
                          [an den Reaktionen und dem daraus neu entstandenen Thema der "Hurenkinder" merke ich, daß das Thema nicht nur mich sehr bewegt hat. Dieser wirklich furchtbare Begriff entstammt ja auch aus einer Zeit, wo es noch Hexenverbrennungen gab. Daran merkt man doch, wie die Kirche Einfluß auf die Menschen hatte und Meinungen vorformte, ja sogar hetzte. Da wurde schnell mal verläumdet und aus einer unglücklichen Liebe oder einer vergewaltigten Frau eine "Hure", denn sie hatte ja "gelockt".]

                          Hallo an Alle!

                          Mir ging es genauso wie molle!

                          Auch mir ist dieser "Ausdruck" in den Kirchenbüchern bisher gottseidank nicht begegnet allerdings war es bei einigen Pfarrern üblich, den Eintrag ins Taufbuch bei unehelichen Kindern einfach "auf dem Kopf" ins Kirchenbuch einzutragen - d. h. sie haben das Buch einfach umgedreht und dann den Eintrag reingeschrieben.
                          Außerdem habe ich mehrmals bei den Sterbeeinträgen von unehelichen Kindern, die kurz nach der Geburt verstorben sind, Bemerkungen gefunden, daß der Tod "die gerechte Strafe für die Unzüchtigkeit" wäre. Was man auch immer davon halten soll, christlich sind solche Aussagen meiner Meinung nach jedenfalls nicht.

                          Euch allen noch einen schönen Abend!
                          Pendolino
                          Viele Grüße von Pendolino!

                          Hier findet ihr Übersichten meiner Vorfahren aus Sachsen und Thüringen
                          sowie aus der (Elch-) Niederung in Ostpreußen


                          Dauersuche in Ostpreußen und im Memelland:
                          Alles zu den Familiennamen Kumbartzky, Matzeit (Macait) und Petrick

                          Weisheit ist nicht das Ergebnis der Schulbildung, sondern des lebenslangen Versuches, sie zu erwerben. (A. Einstein)

                          Kommentar

                          • Pendolino
                            Erfahrener Benutzer
                            • 09.04.2009
                            • 12109

                            #14
                            uneheliche Kinder - Auszüge aus einer Chronik von 1893

                            Hallo an Alle!

                            Zum Thema uneheliche Kinder habe ich hier etwas, daß ich Euch nicht vorenthalten möchte. Es handelt sich um Auszüge aus: “Chronik der Kirche und der Schule Gesau mit Höckendorf und Schönbörnchen von Pfarrer F. R. Kleinpaul” aus dem Jahre 1893. (Gesau gehört heute zu Glauchau in Sachsen.)

                            Es ist zwar etwas mehr zu lesen, aber es liefert doch einen Einblick in die damalige Denkweise und ist deshalb sehr interessant.

                            “.... Dem aufgezeigten Unterschiede zwischen sonst und jetzt entspricht auch die Gepflogenheit der früheren Kirchenbücher, die Sünde deutlich bei ihrem Namen zu nennen, ihren Unwillen darüber Kund zu geben und die Strafe dafür aufzuführen, andererseits aber auch der christlichen Tugend deas gebührende Lob zu erteilen, überhaupt ausführliche Berichte, Gebete und sonstige das kirchliche Leben betreffende Kindgebungen einzufügen, wozu unsre heutigen Kirchenbücher mit ihren schematischen Registern kaum den Raum mehr hergeben.
                            Dafür nun ein Beispiel: Den ersten Schandfleck im ältesten Kirchenbuche bezeichnet folgende Notiz: 1658 4. Augustus ist getauft worden, Maria, Catharinen Pözschin, anjetzo zu Heckendorf, Töchterlein, welches sie in Unehren gezeuget mit x. Noch heute (1893!!!) bleibt die Geburt unehelicher Kinder in der Kirche unvermeldet und ohne Fürbitte, die Sünde der Eltern gerügt, sondern auch der Gesang eines Segensverses weggelassen, und bei ihrer Todesankündigung . die meisten unehelichen Kinder sterben sehr bald nach ihrer Geburt! - wird regelmäßig auch eine Fürbitte für deren Eltern eingeschaltet, daß Gott ihnen den Fall zur Buße dienen lassen wolle. Ein bleibender Schandfleck für die Betreffenden ist endlich auch schon der bloße Eintrag im Kirchenbuch, das nach dieser Richtung hin ein sehr deutliches Sittenbild abgibt, indem es jeden einzelnen Fall für immer festnagelt.”

                            Der folgende Auszug aus der gleichen Chronik hat zwar nichts mit unehelichen Kindern zu tun, ich finde ihn aber auch sehr aufschlußreich und hänge ihn deshalb gleich hier an!

                            “... Aber auch von schwerer Übertretung des 5. Gebotes wissen unsere Kirchenbücher zu reden, so allein seit 1847 von 12 Selbstmordfällen, während von 1648 bis dahin nur ein solcher Fall gemeldet ist, nämlich im Jahre 1770, von einem gewissen Michael Keller, einem 76 jähr. Auszügler. Es heißt darüber: Weil man nun diesen Mann in Ansehnung seiner zeitherigen Lebensart nichts Widriges nachzusagen gewußt, als daß er zeither bei ermangelndem Verdienst und anwachsender Abnahme der Leibes- und Gemütskräfte wegen seiner Ernehrung bänglich geklagt, so hat ihm das hochgräfl. Konsistorium ein Begräbnis am Rande des Gottesackers zugestanden. Da aber dessen Anverwandten, welche sich seines Körpers angenommen, keinen freiwilligen Mann zu dessen Abschneidung und Begrabung erlangen können, so haben sich dieselben genötigt gesehen, den Scharf-Richters-Knecht dazu zu gebrauchen, und weil man diesen mit dem Kadaver nicht auf dem Gottesacker lassen konnte, denselben hinter der Gottesackermauer eingraben zu lassen. Ferner ist eine Ermordung zu verzeichnen, welcher der hinterherrschaftliche Revierjäger und Hausbesitzer Johann Gottlieb Beier in Höckendorf am 23. Juli 1841 im Seiferitzer Holze zum Opfer gefallen ist. Er wurde am 27. Juli begraben, seine Leiche aber am 7. August durchs Justizamt ausgegraben, den Mördern gezeigt und mit Gebet wieder christlich begraben.”

                            Ich bin sehr gespannt, was ihr dazu meint....

                            Noch einen schönen Abend!
                            Pendolino
                            Viele Grüße von Pendolino!

                            Hier findet ihr Übersichten meiner Vorfahren aus Sachsen und Thüringen
                            sowie aus der (Elch-) Niederung in Ostpreußen


                            Dauersuche in Ostpreußen und im Memelland:
                            Alles zu den Familiennamen Kumbartzky, Matzeit (Macait) und Petrick

                            Weisheit ist nicht das Ergebnis der Schulbildung, sondern des lebenslangen Versuches, sie zu erwerben. (A. Einstein)

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                            • JUPP
                              Gesperrt
                              • 13.03.2008
                              • 89

                              #15
                              Hallo,
                              also die Unehelichen hatten es von jeher schwer am Leben zu bleiben,sie wurden direkt wieder "gehimmelt",schafften die Ledigen es so ein Kind groß zu ziehen ,waren sie doch die Hexe.War es im Mittelalter der Adel,den die Mütter ausweglose Frondienste machen ließ.So war es um 1800-1900 die besitzende Klasse,die sich um diese ihre Bälger nicht kümmerte.Denn nicht nur die Apollonia wurde vom Theodor geschwängert,auch illigitime Pfarrerskinder,Fabrikbesitzer usw kamen als Väter vor.
                              Erst so um 1900, die Jüdin Frau Papenheim,richtete um Frankfurt ein Heim für ledige Mütter ein,was dann solangsam in den Köpfen Schule machte und andere Einrichtungen nachzogen.Fliedner ,Wichern usw.Aber nach 1933 kam ja dann der große Rückfall:Rassenschande!Ihre Brut wurde vergast!
                              Natürlich habe ich dann als junger Mensch meine Eltern befragt:Wie konntet ihr das zulassen?Wir hatten alle Angst die Antwort.
                              Heute im anonymen Chat über 50 habe ich erlebt wie sie einen Opa eines unehelichen Kindes feige fertigmachen wollten:Klabberstorch,Klabberstorch!Offensichtlich können wir heute noch immer nicht mit Herz und Hirn denken,handeln nach den Geschlechtsteilen.

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