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  • Schlupp
    Erfahrener Benutzer
    • 27.03.2009
    • 416

    "Nihil dedit" (Trauung 1660er Jahre)

    Im KB von Schöningen/Elm habe ich in den 1660er Jahren hinter einer Eheschließung eines Bauern mit einer adeligen Witwe ("auf dem Pulverhofe copuliert") die Notiz "nihil dedit" gelesen. Bedeutet das, daß die Eheschließung letztendlich doch nicht vollzogen wurde und der Pfarrer vorab eingetragen haben dürfte?

    Jettchen

    ich weiß zwar auch nichts Genaues, aber etwas wohl doch Ähnliches ist mir vor Kurzem aufgefallen:
    "nihil dedit" heißt doch, zumindest so denke ich, "Er/sie hat nichts gegeben".
    Könnte dies dem entsprechen, was ich unter der Rubrik "Gebühren" auch etwa in dieser Zeit gefunden habe: "gratis" - umsonst.
    Dies war gerade bei Wohlhabenden verzeichnet!
    Vielleicht spendeten sie sowieso genügend - oder wie es die Alten aus Erfahrung formulierten: Wer da hat, dem wird gegeben!!!

    Vogelsberger

    denke eher, daß hier keine Aussteuer entrichtet wurde.

    gki

    Die "Eheschließung eines Bauern mit einer adeligen Witwe" würde mich mal interessieren, so was hab ich noch nie gesehen.
    Kann ich den Eintrag bitte mal sehen?
    "nihil dedit" heißt auf jedenfall, daß nichts gegeben wurde. Da es sich um ein Kirchenbuch handelt, würd ich annehmen, daß der Kirche nichts gegeben wurde. Finden sich evtl. in dem Buch weitere Hinweise dieser Art? Oder finden sich Hinweise darauf, _daß_ sonst was gegeben wurde? Ich kenne das gelegentlich aus Totenbüchern wo angegeben wurde, wieviel für Messen etc. ausgegeben wurde.

    Bei den Kirchenbüchern, wo ich Gebühren-Einträge gefunden hab, eigentlich nur Totenbücher, läßt sich aus der Höhe des Beitrags eigentlich immer auf den sozialen Status rückschließen. Mehr == höher.

    Schlupp

    Meine erste Interpretation "Es hat/ist nicht gegeben." war wohl der Tatsache verschuldet, daß ich besagten Traueintrag zu meiner großen Überraschung fand, da ich zu gleichem Namen eine andere Eheschließung gefunden hatte und dieses Ehepaar so nicht kannte.
    Das mit einer (nicht geleisteten) Zahlung und einem solchen Vermerk zur Eheschließung war mir nicht bewußt, ergibt aber pauschal gesehen durchaus Sinn.
    @ gki: Die Bezeichnung Bauer hat mich im Nachinein schon geärgert, bezieht sich aber auf Aussagen Dritter (Umgangssprache) zu der Familie. Der Traueintrag ist äußerst kurz gehalten, zum Gatten ist keine Standesbezeichnung geführt. Nachweislich aber waren die Tretrops zumindest das, was man heute als "Bauern" bezeichnen würde - wenn wohl auch eher gutsituierte. Ämter hatten sie meinen Forschungen nach nicht inne; Ehepartner im 17. Jh. waren nach meinem Wissensstand Kotsaßen, Müller etc.
    Besagte Gattin war eine geborene von Everstein, eine zumindest früher wohl durchaus angesehene Familie. Verwitwet war sie an einem Herrn von Ha(a)gen. (Eine Kopie des Eintrags liegt mir nicht vor.)

    gki

    "Bauer" scheint mir da eine doch recht passende Bezeichnung. Bei den von mir studierten KB steht im 17ten Jahrhundert bei Bauern auch fast nie dabei, daß sie welche waren. Nur bei anderen, Zimmerleuten, Schustern, etc., steht das dabei.
    Ich würde mich mal darum (Anm. Mod den Eintrag) bemühen, wenn der Eintrag für Deine eigene Forschung von Relevanz ist.
    Wenn in einem Eintrag in meinem Forschungsgebiet mal ein Adliger referenziert wird, nie allerdings als Ehepartner eines Bauern, dann merkt man das schon rein optisch: der Eintrag ist durch die ganzen Ehrenbezeugungen und die zusätzlichen Namen mindestens dreimal so lang wie andere.

    Dunkelgraf

    so ganz stimme ich Euch nicht zu.
    Nihil dedit = nichts gegeben stimmt!
    Aber es bezieht sich nicht auf die Trauungsgebühren, sondern auf das Brauchtum, den örtlichen Usus, was teilweise auch in Kirchenordnungen festgelegt war.
    Beispiel: Bei einer Trauungen standen dem Pfarrer laut Kirchenordnung von 1708 in Thüringen zu: Eine 1/4 Eimer von der Hochzeitsuppen, eine Portion Fleisch vom Hochzeitsbraten, 1/4 Kuchen und ein neues Schnupftuch. Ich habe öfters Einträge, wo der Pfarrer sich beklagt, dass er nicht alles bekommen hat. "Haben mir nur eine Wassersuppen geschickt"
    Außerdem war es noch üblich die Almosenbüchse aufzustellen. Bei Ehepartnern aus zwei verschiedenen Pfarreien gibt es öfters Briefwechsel welche Almosenbüchse aufgestellt werden durfte. Wenn z.B. die Büchse von der andern Pfarrei aufgestellt wurde, wo die Trauung nicht stattfand, steht auch oft dabei: nihil dedit.

    Schlupp

    @ gki: Vielleicht haben wir uns ein Stück weit missverstanden: Ich habe den Eintrag eingenäugig gesehn und die wenigen Worte abgeschrieben. Die Traueinträge wurden im Schöningen der Zeit (trotz Adel) äußerst knapp gehalten. Ja, sie wurden nicht einmal über die gesamte Breite der Seite, sondern in kleine Kästchenfelder notiert.
    @ Hallo Dunkelgraf, danke für den Beitrag! Mit den Kirchenordnungen (der jeweiligen Gebiete) habe ich mich noch gar nicht so recht beschäftigt. Es gibt immer was zu tun ...

    gki

    Mir war in der Tat nicht klar, daß Du den Eintrag selber gesehen hast.
    Offenbar war der Adel in Schöningen anders gestrickt als in Niederbayern. Da wär die Witwe wohl eher mit nem Mühlstein um den Hals in den Weiher gesprungen als einen Bauern zu ehelichen...
    Generell gab es aber auch recht wenige ortsansässige Adelige.

    Alter Mansfelder

    mein Eindruck ist seit langem, dass die soziale Mobilität im Harz und seinem näheren und weiteren Umland höher ist als andernorts. Ein Bauer hier ist auch nicht dasselbe wie ein Bauer anderswo. Um einmal Carsteds Atzendorfer Chronik zu zitieren (um 1760, hier im Detail nachzulesen: http://www.ernstfherbst.de/):
    "Unter einem Bauern versteht man hier einen Ackermann, und der muß fünf bis sechs Hufen bei seinem Hofe haben. ... Kurz, der Bauer lebt hier wie ein Edelmann, der Knecht wie ein Bauer, und der Enke wie ein Knecht."

    gki

    Ich hatte ehrlichgesagt keine Ahnung wo Schöningen liegt.
    Ich find es arg merkwürdig, daß die Leute irgendeinen Ort nennen und erwarten, daß man entweder weiß wo das ist, oder sich selber informiert.
    So ganz klar wird mir der Sinn der Aussage nicht. Wie groß ist eine Hube in Schöningen im Vergleich zu einer Hube in Bayern? Einfach so verglichen wären 5-6 Huben schon sehr viel.

    Anna Sara Weingart

    wie definierst Du denn die Größe einer "Hube" in "Bayern"?
    zu Hufenmaßen:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Hufe#Hu...erhalb_des_HRR

    Alter Mansfelder

    wir weichen gerade ziemlich vom Thema ab. Mir ging es allein um die zeitlich etwas spätere Einschätzung der Sozialstruktur im Großraum des Texteintrages durch den aus Brandenburg stammenden Ortspfarrer Carsted und die Ursachen, aus denen eine verwitwete Adlige hier an einen Bauern "geraten" konnte. Wahrscheinlich sind eher unsere Vorstellungen von einem Bauern und einer Adligen etwas schief. Jedenfalls bildet die Hufenanzahl dabei nur ein Kriterium, ich hätte diesen Einleitungssatz im Zitat auch weglassen können. Das Fazit Carsteds ist auch nur verständlich, wenn man den Textabschnitt (insb. §§ 51-54) im Ganzen liest: http://www.ernstfherbst.de/atz/sbc/sbc_ac_absch_2.htm

    gki

    Ich muß da nicht definieren: Eine "Hube" war in der Zeit der Kirchenbücher ein sog. "halber Hof".
    Nach Christopher Rhea Seddon "Landadel am unteren Inn" war die Größe leider nicht festgelegt und schon gar nicht überall gleich. Er gibt Größen zwischen 18 und 50 Hektar an.

    Mein Forschungsgebiet zeichnet sich eh durch eine gewisse Abwesenheit von ortsansässigem Adel aus.

    Zusammengefaßt würdest Du diese Hochzeit also wie beschrieben als möglich betrachten?
    Da zeigt sich doch wieder mal wie verschieden die Forschungsgebiete sind.

    Johannes v.W.

    Die Ehe der adeligen Witwe "mit einem Bauern" ist allerdings schon bemerkenswert. Die Kleinstadt Schöningen liegt jedoch etwas entfernter vom Harz und war auch personell mehr im Einzugsbereich der Handelsstadt Braunschweig zum einen und der Universitätsstadt Helmstedt zum anderen.
    Bei "v. Everstein" könnte es sich um die Familie v. Eberstein, später Freiherrn, handeln, die im Mansfeldischen angesessen war und nicht mit dem alten Dynastengechlecht zu verwechseln ist. Familien v. Hagen gab es im Gebiet Sachsen, Anhalt, Magdeburg bis Braunschweig eine ganze Reihe.
    Bei der "unstandesgemäßen Heirat" mag die Zeit eine Rolle spielen: nach dem 30jährigen Krieg war die Armut allerorten teils noch sehr groß. Ob der Bräutigam tastächlich ein Bauer war, ist ja auch nicht klar. Er könnte sich auch hochgearbeitet haben, z.B. als tüchtiger Gutsverwalter, die oftmals aus bäuerlichem Umfeld stammten. Dann wäre der "soziale Sprung" wiederum nicht so riesig gewesen.

    Alter Mansfelder

    natürlich sind Ehen zwischen Adligen und dem Bauernstand selten, aber sie kommen vor und -richtig- die (oft nicht bekannten) sozialen Begleitumstände spielen sicher immer auch eine nicht unwesentliche Rolle. Mir sind schon folgende Fälle begegnet (keine Vorfahren):
    - 1618 heiratet in Arnstedt (Gft. Mansfeld) ein Bruder meines Vorfahren (Drechslergeselle und Sohn des Dorfrichters) eine Adlige (Junker v. Belleben zu Drohndorf/Anhalt) - ohne böse Anmerkung des Pfarrers.
    - 1653 tauscht in Pansfelde (Amt Falkenstein/Harz) ein Kossat mit seiner adligen Schwiegermutter (v. Hackeborn) den Hackebornschen Hof gegen ein Kossatengut. Eheschließung auch ohne pastorale Anmerkung.
    - Nach dem Dreißigjährigen Krieg heiratet in Klein Schierstedt/ Anhalt der Dorfrichter eine Adlige (v. Lampe). Ebenfalls ohne Kommentar des Pfarrers.
    - Und 1695 heiratet in Groß Schierstedt (Ratsdorf von Aschersleben) der Bruder einer Vorfahrin (Wassermüller und Sohn eines Wassermüllers) auch eine Adlige (Junker v. Schwartzbach), Tochter eines ehem. Regimentsquartiermeisters und späteren Gastwirts (!) im Dorf.
    Neben diesen Fällen unmittelbarer Adelsheiraten gibt es eine ganze Reihe weiterer, in denen gerade die dörfliche Handwerkerschaft und das Kleinbauerntum des Harzvorlandes ganz bemerkenswerte Vorfahren haben und auf "stattlichere" Ahnenreihen kommen als die dörfliche und selbst die umgebende städtische Oberschicht.

    Johannes v.W.

    Solche Heiraten hat es natürlich gegeben. Der Tenor des "bemerkenswerten" liegt vielleicht noch mehr auf dem Umstand der adeligen Witwe.

    Zitat:
    Zitat von Alter Mansfelder
    des Harzvorlandes ganz bemerkenswerte Vorfahren haben

    Ganz ohne Zweifel. Da ich auch Vorfahren aus dem Harz habe, kann ich das nur bestätigen.

    gki

    Ich habe jetzt auch eine Anmerkung "mihi nihil dedere" gefunden.
    Kirchham, Trauungen, Bd. 5-01, f. 50
    19.6.1697
    Kein Adliger, allerdings ein Gerichtsamtmann.
    Woher stammen: 1) der Hirte Johann Peter Matthias TRIEGER (* um 1760, angeblich in Barby bei Magdeburg, V: Andreas Trieger), 2) der Hirte Michael BREITMEYER (* um 1727, V: David Breitmeyer, 1740er: wohnhaft in Schwanebeck bei Halberstadt)

    Kommentar

    • Jettchen
      Erfahrener Benutzer
      • 16.10.2011
      • 1359

      Was bedeutet "Weysath"?

      Jahr, aus dem der Begriff stammt: 16.Jh.
      Region, aus der der Begriff stammt: Amt Lauenstein

      Bei Zahlungen an den Lehensherrn taucht immer der Begriff "Weysath" auf. Bei google und bei Krünitz finde ich dazu leider keine Erklärung, was dies genau bedeutet.

      Kasstor

      hier: https://books.google.de/books?id=1E1...ed=0CBsQ6AEwAg taucht der Begriff auch auf.
      Und hier: https://books.google.de/books?id=5eA...ed=0CCUQ6AEwBQ ist unten auf der Seite die Erklärung.
      Sh auch https://de.wikipedia.org/wiki/Weisat

      Jettchen

      Ich habe die Formulierung in den Ortschroniken von Tettau und dem Amt Lauenstein gefunden. Ich habe also überhaupt nicht die Originale eingesehen, Friedrich.
      In den Büchern wir z.B. aus dem Grundbuch des Jahres 1656 zitiert:
      "Weysath: 1 Fastnachtshenne vom Haus"
      "Weysath: 1/2 Gans oder 3 gl. vom halben Geräum am Haderholz"
      Aber nicht bei jedem Bürger findet sich die Bezeichnung "Weysath".

      Kommentar

      • rigrü
        Erfahrener Benutzer
        • 02.01.2010
        • 2559

        St. (Mengenangabe)

        Jahr, aus dem der Begriff stammt: 1720
        Region, aus der der Begriff stammt: Sachsen

        ich lese recht eindeutig "St.", was normalerweise mit Stück ja recht gut zu identifizieren ist. Bei einem halben Stück Karpfen mag das auch hinhauen. Weiter im Text heißt es aber "1/2 St. Pflaumen", das passt dann schon weniger. Die Abkürzung für Schock steht oben drüber und wird ganz anders geschrieben. Frage: Was könnte "St." für eine Mengenangabe sein?

        AUK2013

        ich bin kein Obstfachmann.
        Könnte es sich um eine Pflaumensorte handeln?
        Saint-Julien-Pflaume = St. Julien - Pflaume

        mesmerode
        könnte es die Abkürzung für Stiege ( Steige ) sein ?
        1 Stiege = 20 Stück

        AUK2013

        Eine Stiege / Steige kann man auch als damalige Obstkiste verstehen.
        Pflaumen wird man auch damals nicht abgezählt (20 Stück) verkauft haben, sondern in landesüblichen Gebinden (Kisten, Körben).

        StefOsi

        Stiege klingt gut:
        Stiege, altes deutsches Zählmaß, besonders im Fischhandel; 1 Stiege = 20 Stück.
        Angehängte Dateien
        rigrü

        Kommentar

        • mumof2
          Erfahrener Benutzer
          • 25.01.2008
          • 1347

          Beruf unklar

          Jahr, aus dem der Begriff stammt: 1828
          Region, aus der der Begriff stammt: Berlin

          was bitte machte ein "Schlemmer-Meister"? In meinem Fall arbeitete er in der Königlichen Porzellan-Manufaktur in Berlin.

          Kasstor

          er hat sich wohl mit der Herstellung der Porzellanschlämme beschäftigt. https://www.google.de/search?q=porze...a68A4fTUfyCgCg
          Viele Grüße
          mum of 2

          Kommentar

          • DeutscheSchreibschrift
            Benutzer
            • 09.12.2012
            • 74

            Gut Pa(r)omentorpff im Gericht Dorsten

            Jahr, aus dem der Begriff stammt: aus 1576
            Region, aus der der Begriff stammt: Westfalen, Vest Recklinghausen, Stadt Dorsten

            Als Anlage habe ich aus den Archiven NRW das Übergabeprotokoll des Vestes Recklinghausen an Erzbischof Salentin von Köln 1576 angefügt. Dort habe ich in "Fettschrift und kursiv" das Gut Pa(r)omentorpff im Gericht Dorsten markiert. Wer weiß, was damit gemeint ist? Online kann ich nichts finden.

            Gefunden in der "Digitalen Westfälischen Urkundenbank". eine Urkunde vom 11.11.1406:
            Adolf von Spiegelberg, Abt. Bertolt von Büren, Propst, Johann van Uetgenbach (Oytkenbach), Küster, Guntram von Grafschaft (Graesschap), Prior, Ernst von Rennenberg, Kellner, Ernst von Uetgenbach und Konvent zu Werden verkaufen Erzbischof Friedrich von Köln vier Güter zu Promendorf (Prommynchtorpe), worauf Johann Orynchs, Hermann zu Promendorf, Goessen zu Promendorf und Henne Hasyke wohnen, sowie Vogels Gut zu Kirchhellen (Kerychellen), die Peters Mühle und die Kalde Hove im Ksp. Kirchhellen für 200 rheinische Gulden.

            Anna Sara Weingart

            in Bottrop-Kirchhellen gab es den Familienname Prommendorf.
            Quelle:

            der geografische Bezug zur Vest Recklinghausen ist also gegeben.
            Angehängte Dateien

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            • AnjaM
              Erfahrener Benutzer
              • 15.07.2013
              • 181

              Formulierung/Begrifflichkeit in Geburtsurkunden

              Jahr, aus dem der Begriff stammt: In diesem Beispiel ist es 1840
              Region, aus der der Begriff stammt: NRW

              Ich habe mal eine allgemeine Frage. Häufig lese ich in Geburtsurkunden (zumindest so ähnlich ;-) )
              "[...] erschien vor mir, Hans Hoppel, Bürgermeister von Hoppelhausen, der Arne Apfel, welcher mir ein Kind weiblichen Geschlechts vorzeigte..."
              Ging man früher tatsächlich mit dem Kind zum Gemeindehaus, um zu "beweisen", dass es geboren wurde? Manchmal wird ja auch der Pate oder Bruder der Eltern erwähnt etc, wenn die Mutter das Bett hüten musste, nehme ich an.

              Artsch

              in der Regel nahm man einen Zeugen mit. (Nachbar, Verwandter usw.)
              Oft übernahm die Hebamme auch diese Pflicht.
              Waren solche Möglichkeiten nicht zur Hand, wurde auch das Neugeborene "mitgeschleppt."
              So mancher stolze Vater wählte beim Stammhalter die letztgenannte Variante.

              AnjaM

              Ich stelle mir grad vor, wie das früher bei Mehrlingen war. Mit drei Kindern ab zum Bürgermeister:-)

              Artsch


              heute kommt der Bürgermeister, als Zeuge die Medien, zu den Mehrlingen.
              Ähnlich wird es früher gewesen sein. Um die Lage abzuschätzen. Ob arm oder reich. Die Geborenen hatten ja nun das Heimatrecht.
              Es konnten ja Kosten auf die Gemeinde zu kommen.
              Ein Wesen, das verachtet seinen Stamm, kann nimmer fest begrenzt sein in sich selbst.

              Shakespeare, König Lear IV,2

              Kommentar

              • Katze58
                Erfahrener Benutzer
                • 14.02.2009
                • 334

                Urkundendeutsch in Ostpreußen

                Jahr, aus dem der Begriff stammt: 1792
                Region, aus der der Begriff stammt: Ostpreußen

                Ich möchte von Euch erfahren, wie ihr das übersetzen würdet:
                "Consignation von denen Decimenten"
                meine Überlegung ist: Urkunde über die Schuldner
                meine zweite Frage gilt dem Begriff Abbau. Ich weiß, dass er in Ostpreußen meist einen abgelegenen Hof bezeichnet. Doch ich habe in einer Besitztabelle
                in der die Namen der Besitzer, Hofgröße und die Erwerbsart des Grundbesitzes
                verzeichnet sind folgenden Satz gefunden: " Die Witwe besaß vorher ....
                hat aber die Hälfte an ..... gegen Abbau abgetreten.
                Wie würdet Ihr den Begriff Abbau in diesem Fall verstehen?

                Xtine

                zu Abbau habe ich folgendes gefunden:
                Meyers:
                Zitat:
                Abbau (auch Ausbau), die Verlegung eines Bauernhofs unter Abbruch des alten aus dem Dorf auf die Feldmark
                Zitat:
                Ich möchte von Euch erfahren, wie ihr das übersetzen würdet:
                "Consignation von denen Decimenten"
                Katze58


                Zu Abbau habe ich ähnliche Erklärungen gegoogelt. Doch irgendwie scheint mir das nicht schlüssig zu sein. Da gibt eine Witwe Land ab gegen Abbau.
                Der Gegenwert ist also der Abbau und nicht Geld. Kommt mir irgendwie komisch vor.
                Außerdem wird auch in späteren Listen bei den Eigentumsangaben "abgebaut"
                und nicht wie bei den anderen Bauern ererbt oder erkauft angegeben. Deshalb bin ich da ratlos.
                Mit dem Satz Consignation...... den habe ich in Reinschrift aus Genwiki.

                Ostpreussin

                Grundeigentum konnte auch durchaus getauscht oder abgetreten werden. Dabei konnte ein (neuer) Abbau durchaus vorteilhafter als ein ausgelaugtes Stück Land sein. Einen (Anteil am) Abbau konnte man erwerben, erben, eintauschen oder, falls man nicht Eigentümer war, auch pachten. Oder man wurde ohne Eigentumsrechte dort als Kolonist angesetzt.
                Die Decimenten waren übrigens diejenigen, welche den Zehnten zu entrichten pflichtig waren.

                holsteinforscher

                *Consignation von denen Decimenten*:
                Ist ein Verzeichnis bzw. auch Aufsatz über einen Sachverhalt.
                Decimaten: Hierbei dürfte es sich um den Begriff *verringern*
                handeln, im Sinne von *dezimieren, abgeben, teilen.
                *Da gibt eine Witwe Land ab gegen Abbau.
                Der Gegenwert ist also der Abbau und nicht Geld.
                Kommt mir irgendwie komisch vor*...
                Nicht *komisch*..., sondern eine wirtschaftliche und ökonomische
                Denkweise. Hierzu hat Tina ja schon etwas geschrieben.
                Statt Geld gab es evtl. Naturalien, z.B. Korn, Fleisch usw., was
                ggf. der eigene Hof nicht erbrachte.
                LG - Petra -


                Das Chaos sei willkommen -
                die Ordnung hat versagt !

                Mein toter Punkt: Christopherus Wieners und Eva Catharina Melchers erstmals im Lichtenauer KB (Paderborn) 1760 genannt. Woher stammt das Ehepaar????

                Kommentar

                • jele
                  Erfahrener Benutzer
                  • 16.05.2012
                  • 2797

                  Seuger

                  Jahr, aus dem der Begriff stammt: 1596
                  Region, aus der der Begriff stammt: Berlin

                  in einem Berliner Kirchenbuch fand ich eine merkwürdige Bezeichnung.
                  Jemand war Vicar und "Seuger in [der] Churf[ürstlich] Brand[enburgischen] Capel im Thum".
                  Weiß jemand, was ein "Seuger" sein könnte?
                  Zuerst dachte ich an "Seiger" 'Turmuhr', aber das ist ja keine Berufsbezeichnung.

                  Johannes v.W.

                  Vielleicht war er Sänger (also "n" statt "u"), d.h. Vorsänger?

                  Anna Sara Weingart

                  er war offenbar Sänger ("Senger") im Dom ("Thum")
                  siehe dazu:
                  https://de.wikipedia.org/wiki/Berlin...3.A4ngerbauten

                  Kommentar

                  • Victoria
                    Erfahrener Benutzer
                    • 25.12.2009
                    • 667

                    Beruf Propnetan (?)

                    Jahr, aus dem der Begriff stammt: 1782
                    Region, aus der der Begriff stammt: Krekollen

                    kann mir jemand sagen, was ein Propnetan ist?
                    Steht als Berufsbezeichnung im Kirchenbuch von Krekollen drin.

                    StefOsi

                    Proprietari (Eigentümer?)
                    Angehängte Dateien

                    Kommentar

                    • Juergen_D
                      Benutzer
                      • 20.10.2014
                      • 55

                      Was bedeutet die Abkürzung "BCto.H.Fil.d.Dtsch.B"

                      Jahr, aus dem der Begriff stammt: 1900
                      Region, aus der der Begriff stammt: Hamburg

                      Ich wüßte gerne was die Abkürzung "BCto.H.Fil.d.Dtsch.B" hinter dem Namen bedeutet.
                      Gefunden im Adressbuch Hamburg von 1900.

                      Johannes v.W.

                      Vielleicht: Bank Konto, Hamburger Filiale der Deutschen Bank ??

                      Xtine

                      wenn man am Beginn des Abschnittes schaut, findet man die Abkürzungen.

                      Kommentar

                      • Ruhland
                        Erfahrener Benutzer
                        • 11.11.2012
                        • 240

                        Berufsbezeichnung

                        Jahr, aus dem der Begriff stammt:1650
                        Region, aus der der Begriff stammt: Oberlausitz

                        Im Kirchenbuch von Lindenau (Oberlausitz) habe ich letztens die Berfsbezeichnung "Halbhüfner mit voller Hufe " gefunden.
                        Wie kann es zu einer solchen Bezeichnung kommen, weilJemand der eine Hufe Land besitz würde ja normalerweise als Hüfner, Vollhüfner oder Ganzhüfner bezeichnet werden.

                        Interrogator

                        eine geteilte Hufe wurde von ZWEI Halbhufnern bearbeitet. Aus irgendwelchen Gründen sind in diesem Fall wohl beide Teile zusammengelegt worden.

                        Kommentar

                        • usegen
                          Erfahrener Benutzer
                          • 19.11.2012
                          • 370

                          Handlaken bei Taufe

                          Jahr, aus dem der Begriff stammt: 1677
                          Region, aus der der Begriff stammt: Eitzendorf/Hoya

                          ich habe folgenden Tauftext gefunden:
                          1. febr. Clauß Meyer Einen Jungen Sohn Johan Hinrich. Ist das Handlaken bey der tauffe von Clauß Meyer seiner Frauen verehret worden, weil sonst keiner dabej gewesen.
                          Was bedeutet der Passus mit dem Handlaken? Heißt das, daß keine Taufpaten anwesend waren und die Ehefrau diese Rolle einnahm? (Anmerkung: Paten sind bei den anderen Taufen dieses Jahres nicht eingetragen). Oder war der Vater nicht zugegen? was hat das Handlaken zu bedeuten?
                          Ich meine, daß die Mutter Patin ist, denn bei einer anderen Taufe ein paar Jahre vorher ist von einer Bademutter die Rede = Patin?

                          gki

                          Ich lese "weil sonst keine_s_ dabej ".
                          Der Sinn erschließt sich mir aber auch nicht.
                          Welcher Konfession gehörten die Eltern an?

                          holsteinforscher

                          Die Bademutter ist, insb. im Raum Niedersachsen die Hebamme
                          oder auch Wehmutter usw. zu deren Aufgabe es u.a. gehörte, das
                          Neugeborene zu baden, selbstverständlich konnte eine Hebamme das
                          Patenamt übernehmen.
                          Das Handlaken gehört zu den liturgischen Textilien bei einer Kindstaufe.
                          Wie sich ja aus dem Text ergibt, waren keine anderen Taufpaten zugegen,
                          oft handelt es sich hierbei um sgn. Nottaufen, wenn das Neugeborene
                          z.B. sehr schwach war, was damals ja nicht selten war.

                          henrywilh

                          Nach dem, was ich hier finde
                          https://www.google.de/search?client=...dlaken&tbm=bks
                          ist ein "Handlaken" schlicht und einfach ein (nicht liturgisches) Handtuch.
                          Claus Meyers Frau hat hier das Handtuch zur Verfügung gestellt, weil keins vorhanden war.

                          usegen

                          Die Konfession war übrigens lutherisch. "Keines" ist richtig.
                          Die Frage bleibt allerdings auch meiner Meinung nach, warum dies aufgeschrieben wurde, während alle anderen Einträge sich auf Taufdatum, Vater- und Taufnamen enthalten. Nottaufe könnte stimmen- da muß ich wohl nochmal in die Sterbeeinträge gucken.
                          Auch der Eintrag mit der Bademutter = Hebamme steht allein da:
                          Text: "Den 17. Martij Clauß Meyer zu Holste einen Jungen Sohn Johan Dieterich, und ist Jürgen Duncker seine fraue Wöbke zu seiner Bademutter angenommen worden". Gegen eine Nottaufe spricht an dieser Stelle, daß der Täufling ca 50 Jahre alt geworden ist.

                          henrywilh

                          Zitat:
                          Zitat von gki
                          Warum wurde das im Taufbuch aufgeschrieben?

                          Vielleicht deshalb, weil Textilien damals einen beachtlichen Wert darstellten und somit die Hergabe des Handtuches ein lobenswerter, also erwähnenswerter Akt war.

                          XJS

                          Zitat:
                          Zitat von usegen
                          Gegen eine Nottaufe spricht an dieser Stelle, daß der Täufling ca 50 Jahre alt geworden ist.

                          das heißt nichts. Nicht alle Kinder starben kurz nach der Nottaufe.
                          Manchmal war das Kind einfach nur schwach und man befürchtete, daß es nicht überlebt.

                          gki

                          Zitat:
                          Zitat von henrywilh
                          Vielleicht deshalb, weil Textilien damals einen beachtlichen Wert darstellten und somit die Hergabe des Handtuches ein lobenswerter, also erwähnenswerter Akt war,
                          Auch wenn das Handtuch von der Mutter des Täuflings stammte?

                          gki

                          Zitat:
                          Zitat von AlfredM
                          Eventuell hat die Hebamme die Nottaufe durchgeführt und es dann dem Pfarrer berichtet.

                          Welche Nottaufe? Da steht nichts davon. Ich kenne das so, daß das dann dabeisteht. Taufe "conditionaliter" oder "fraungetauft" oder ähnlich.

                          holsteinforscher

                          zum Thema *Bademutter* gefunden:
                          Zum Ritual der Geburt gehört des "Erste Bad" des neuen Erdenbürgers. Die Hebamme säuberte den frischgeborenen Säugling vor dem Herdfeuer - mit zerlassener Butter und mit angewärmtem Wasser, dem sie einen Schuss Wein beigemengt hatte. Das Baden der Neugeborenen war früher eine derart "charakteristische Hand- bewegung" der Hebamme, dass sie (im 16. Jh, im norddeutschen Raum) die Bezeichnung "Bademoeme" resp. "Bademutter" trug. In Wismar in Mecklenburg-Vorpommern gibt es eine "Bademutterstrasse". (Quelle: medizinhistorisches Museum© 2004 Dr. André Kugener).

                          henrywilh

                          > Auch wenn das Handtuch von der Mutter des Täuflings stammte? < (#10)
                          Es stammte nicht von der Mutter, sondern vom Vater.
                          Wir haben diesen Teil offenbar nicht richtig verstanden:
                          "... von Claus Mejer seiner frawen verehret worden ..."
                          "seiner frawen" ist Dativ, also hat der Ehemann seiner Ehefrau das Handtuch anlässlich der Taufe geschenkt. Weil am Ort der Taufe (in der Kirche?) keins da war.

                          gki

                          Das erklärt aber noch nicht warum das ins KB mußte.
                          Wäre es nicht sinnvoller, anzunehmen, daß das Handlaken von der Frau des Claus Meyer der Kirche gestiftet wurde? Dann paßt auch "verehret" besser und es erklärt warum das im KB erwähnt wurde.

                          henrywilh

                          "von Claus Mejer seiner frawen"
                          als Genitivus subjectivus zu nehmen, also im Sinne von:
                          "von Claus Mejers Frau"
                          ist so wie: "meine Tante ihre Katze".
                          Man kann das annehmen. Ich würde dann vorschlagen, im Kirchenbuch nach ähnlichen Sprachkunstwerken des Pastors zu suchen.

                          Augusta

                          In manchen Kirchenbüchern hab ich auch schon das Inventar der Kirche aufgelistet gefunden, und wer was wann gestiftet hat. Evtl. könnte das erwähnt sein, wenn es dort auch so eine Liste gibt.

                          usegen

                          ... oder "meine Oma ihr Regenschirm sein Griff"
                          Aber im Ernst: Umgangssprache war plattdeutsch und dann wird die Grammatik wieder korrekt: "Clauß Mejer sine Fru".
                          Ich kann aber noch nicht glauben, daß ein Badelaken solch einen materiellen Wert darstellt, daß es im Kirchenbuch Erwähnung findet. Ich denke da doch eher an einen liturgischen Wert. Ebenso die anderweitige Erwähnung der Bademutter: Haben denn alle anderen Frauen ohne Hebamme entbunden?

                          gki

                          So ungefähr dachte ich mir das.
                          Ich kann mich erinnern, daß ich mal irgendwo über die Spende eines neuen Altartuches in einem KB gelesen hatte.

                          henrywilh

                          Eine solche grammatische Konstruktion "von X seiner Frauen" (anstatt "von X' Frauen") habe ich in einem Kirchenbuch noch nie gesehen.
                          Im Gegenteil findet man auch bei dem kleinsten Dorfpfarrer schon im 17. Jh. Bildungen wie "des XY legitimer Sohn" - niemals: "den XY sein legitimer Sohn".
                          Wenn es Gegenbeispiele gibt - bitte vorzeigen.

                          usegen

                          nun sind wir zwar bei einem anderen Thema angelangt, ich gebe dir allerdings recht, daß die Schreibweise hier für ein Kirchenbuch profan klingt und m.E. der Umgangssprache geschuldet ist. Ich habe eben stichprobenhaft andere Kirchenbücher der Region angesehen und solche Formulierungen nicht gefunden. Im hier zitierten Eitzendorfer Kirchenbuch findet sich die grammatikalische Konstruktion allerdings des häufigeren. Vielleicht liegt es daran, daß dieses Buch dem Vorblatt zufolge von einem "Kirchen - Schuldiener" im Auftrage des Pastors geführt wurde, der dem Palttdeutschen näher war als dem Hochdeutschen bzw. dem Lateinischen.

                          henrywilh

                          Die Frage der Grammatik ist immerhin von Bedeutung für den Sinn des Eintrages, nämlich ob es der Mann war, der das Handtuch seiner Frau verehrt hat - oder seine Frau, die es (wohl) der Kirche vermacht hat.
                          Wenn du mal bei Gelegenheit so eine von dir erwähnte grammatikalische Konstruktion einstellen könntest, fände ich das nett und hilfreich.
                          Ich bin zwar manchmal stur, aber nicht unbelehrbar. ;-))

                          usegen

                          oder das Handlaken von Claus Mejer seiner Frau wurde verehrt - soll in Italien mit einem anderen Laken ja schon mal passiert sein ...
                          Aber Spaß beiseite: anbei 2 weitere Kostproben. Eine mit der schon oben erwähnten Bademutter und eine weitere bzgl. "Jürgen Holsten sein (kranken) Halbbruder Ernst".
                          Ach ja - das ist vielleicht auch noch besonders an diesem Kirchenbuch: auch die Kranken sind akkurat aufgelistet und Jahresweise aufsummiert. Allerdings ohne Diagnose und jeweil nur einem Datum (kein Zeitraum). Nach kurzem Gugeln bin ich zu der Auffassung gelangt, daß es sich um den Nachweis der empfangenen Sterbesakramente handelt. Wenn das stimmt, dürfte eine hohe Korrelation zu dem Totenregister bestehen - das muß ich bei Gelegenheit nochmal vor Ort prüfen. Miniaturansicht angehängter Grafiken

                          j.steffen

                          https://www.google.de/search?q=handl...C6jNygPb6YvoBg
                          sind "Handlaken" als liturgische Gegenstände genannt.

                          usegen

                          Jetzt wissen wir also, daß Handlaken zu den liturgischen Gegenständen einer Kirche gehören. Alledings auch zum normalen Haushalt. Sind es das, was wir heute als Handtücher bezeichnen mit dem Zweck des Abtrocknens ( hier: Des Täuflings)?
                          Wir wissen aber noch nicht, weshalb es ins Kirchenbuch eingetragen wurde - vielleicht doch als Spende?

                          henrywilh

                          Kann nicht mal jemand einen klaren Beleg dafür bringen, dass "Handlaken" ein "liturgisches" Textil ist?
                          Ich habe (#4) ja mein Suchergebnis eingestellt, das kann jeder schnell nachvollziehen, und das besagt nicht anderes als:
                          Ein Handlaken ist ein Handtuch. Nix mit liturgisch.

                          gki

                          https://books.google.de/books?id=XXD...turgie&f=false
                          Immerhin ein Hinweis.

                          Im katholischen Ritus handelt es sich wohl um ein Lavabotuch. Ob es das bei den Lutheranern der damaligen Zeit auch gab, weiß ich nicht.

                          henrywilh

                          Ein "Stuhlkissen" wird im Gottesdienst "benötigt". Ok.
                          Stuhlkissen hatte meine Oma auch. Die waren gar nicht liturgisch.
                          Daraus folgt, dass weder der Begriff "Stuhlkissen" noch der Begriff "Handlaken" die liturgische Verwendung als konstituierendes Merkmal enthalten.

                          der wikipedia-Artikel zeigt, dass es liturgische Tücher gibt, z.B. das "Lavabo-Tuch" im katholischen Ritus. (Auch die Altar-Tücher sind ja liturgisch.)
                          Wenn es jetzt um die Frage geht, ob das in unserem Taufeintrag genannte "Handlaken" ein liturgisches ist, sehe ich bisher keinen Beleg.
                          Handlaken (= Handtücher) musste es in kirchlichen Räumen geben; deshalb sind sie nicht zwangsläufig "liturgisch" gewesen; auch die "Stuhlkissen" waren es ja nicht.
                          Und weil man bei einer Taufe so oder so ein Handtuch brauchte, machte es doch Sinn, dass die Mutter des Täuflings eines mitbrachte, wenn dort in der Kirche keines war. Und wenn sie es dann der Kirche schenket, so war das - bei dem damaligen Wert von Textilien - auch ein erwähnenswertes Geschenk.
                          So, und worüber streiten wir jetzt? ;-))

                          gki


                          Zitat:
                          Zitat von henrywilh
                          der wikipedia-Artikel zeigt, dass es liturgische Tücher gibt, z.B. das "Lavabo-Tuch" für die Priester, klar. (Auch die Altar-Tücher sind ja liturgisch.)

                          Ich hatte allerdings unser "Handlaken" als eines verstanden, das dazu da ist, den Täufling zu trocknen.

                          Ist das falsch?


                          Das weiß ich nicht.
                          Mir ist allerdings nicht bekannt, daß Täuflinge kirchlicherseits besonders getrocknet würden.
                          Rein technisch spricht nichts dagegen das Handtuch für beides zu verwenden.
                          Ich nehme also an, daß die Mutter das Kind mit dem Handtuch trocknete und es dann der Kirche für andere Zwecke überlies.
                          Wobei man vielleicht noch klären sollte, ob die Mutter überhaupt dabei war. Meine katholischen Ahnen ließen möglichst noch am selben Tag taufen. Ich gehe davon aus, daß die Mütter nicht dabei waren. Hier mag das anders gewesen sein. Ich aber vielleicht auch nicht so wichtig.
                          Jedenfalls ist für mich klar, daß die Frau des Claus Meyer hier die handelnde Person war.
                          Für weitere Interpretation bräuchte man vielleicht weitere Quellen.

                          usegen

                          Ich glaube, wir können dies Thema beenden und will es nochmal zusammenfassen:
                          Der Ursprungstext lautete:
                          "Ist das Handlaken bey der tauffe von Clauß Meyer seiner Frauen verehret worden, weil sonst keines dabej gewesen."
                          Es ist wohl unstrittig, daß der Täufling als auch des Pastors Hände nach der Taufe abgetrocknet werden. Es ist deutlich geworden, daß ein dafür notwendiges Handtuch (Laken) zur Ausstattung der Kirche für solche Zeremonien gehört. Ob das nun liturgischen Charakter hat, sei mal dahingestellt. Auf jeden Fall gilt die Taufe für die Kirche und wahrscheinlich auch für die Angehörigen als "heilige" Handlung. Daher wird wohl nicht das "allerletzte" Handtuch benutzt worden sein. Eventuell hatte "Clauß seine Frau" das Tuch ja auch liebevoll bestickt und es dann der Kirche verehrt, im Sinne von gestiftet. Dies hat der Chronist wohlwollend vermerkt. Warum "sonst keines dabej gewesen", wird wohl nicht zu klären sein.
                          Auf jeden Fall hat sich herausgestellt, daß das Thema nicht lapidar abgehandelt werden konnte und das ist ja das Interessante an diesen Diskussionen. Die Kirchenbücher geben über die reinen Lebensdaten einzelner Personen auch manche Hinweise auf alte Sitten und Gebräuche sowie natürlich auch zu sprachlichen Eigenheiten.
                          Angehängte Dateien
                          Zuletzt geändert von usegen; 20.07.2015, 13:39.
                          Viele Grüße
                          Uwe

                          Kommentar

                          • mumof2
                            Erfahrener Benutzer
                            • 25.01.2008
                            • 1347

                            Schmähungen/ Versagungen

                            Quelle bzw. Art des Textes: Kirchenbücher
                            Jahr, aus dem der Text stammt: 1900
                            Ort und Gegend der Text-Herkunft: Bayern
                            Namen um die es sich handeln sollte: Titel

                            ich habe gerade in Archion nachgeschaut, was zuletzt an neuen Kirchenbüchern online gestellt wurde. Alles KB aus Bayern. Und dabei bin ich über zwei Kirchenbücher "gestolpert", die den Titel "Schmähungen" und "Versagungen" führen. Ups! Was verbirgt sich denn dahinter?

                            Xtine

                            bei katholischen Büchern hätte ich ja gesagt, daß der Pfarrer dort die Sünden bzw. die abzuleistenden Bußen vermerkt hat.
                            Vielleicht kann ja mal jemand mit Zugang nachsehen, was dort festgehalten wurde.
                            https://www.archion.de/de/browse/?pa...de371e52c42e78

                            XJS

                            Titel bzw. Überschrift über die Seite:
                            Register über Verschmähung der Taufe, des Religionsunterrichts und der Confirmation, dann der kirchlichen Trauung und Beerdigung mit Angabe von Nachholungen jener kirchlichen Handlungen
                            Die Eintragungen sind allerdings zumindest in diesem Buch recht eintönig.
                            8 Bilder, und die Pfarrer haben meist nur die Jahreszahl und die Bemerkung "Vacat" dazu geschrieben.
                            1895 hat sich wohl niemand getraut, sich nicht trauen zu lassen
                            Ich habe mal mehrere dieser Bücher geöffnet, die beginnen alle in der Standesamtszeit, haben wenig Seiten und sehen fast alle so aus. In einem habe ich 2 Eintragungen aus den 60er Jahren gefunden mit Angabe des Heiratsdatums.

                            Spargel

                            die Kirche muss die Taufe versagen, wenn Vater und Mutter der evangelischen Kirche nicht angehören; ferner, wenn die Eltern die Kirche und ihr Bekenntnis zu Jesus Christus offensichtlich verwerfen oder öffentlich schmähen.
                            Eltern, die ihr Kind nicht innerhalb eines Jahres nach der Geburt taufen lassen und dadurch kund tun, dass sie den Segen der Taufe verschmähen, verletzen die kirchliche Ordnung und verlieren das Wahlrecht, das Recht zur Patenschaft und die Fähigkeit zur Bekleidung von kirchlichen Ämtern.
                            Die Versagung der Taufe gehört unter die Verantwortung des zuständigen Seelsorgers. Er soll möglichst dem Kirchenvorstand angehören. Meint er, auf Grund gewissenhafter Prüfung die Taufe versagen zu müssen, so können die Betroffenen beim Superintendenten Einspruch gegen seine Entscheidung erheben.
                            Weiteres ist hier nachzulesen:
                            http://home.uni-leipzig.de/jurarom/k...oad/2_1_2O.HTM
                            Viele Grüße
                            mum of 2

                            Kommentar

                            • Jimmykater
                              Erfahrener Benutzer
                              • 16.01.2014
                              • 268

                              Beruf Warmleger

                              Jahr, aus dem der Begriff stammt: ca 1880
                              Region, aus der der Begriff stammt: Schlesien und Sudetenland

                              kann mir jemand die Berufsbezeichnung "Warmleger" erläutern?
                              Sie ist mir erst 2x aufgefallen, 1x im Bereich Weigelsdorf bei einem meiner Ahnenzweige und jetzt beim Lesen eines KB im Bezirk Trautenau.

                              Anna Sara Weingart

                              ich vermute das heißt WARENLEGER ?
                              vgl. z.B. mit dem "e" bei Bäcker
                              z.B. hier
                              http://de.jobomas.com/warenleger-in-...g_iid_35657771

                              jacq

                              sogar ganz eindeutig und einfach als Warenleger zu lesen.

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                              • OmaMali

                                Was ist ein Weinhauer?

                                nachdem mir jetzt die Sterbeurkunden meiner Urgroßeltern übersetzt sind,
                                frage ich mich, was ist ein "Weinhauer"?
                                Wiki sagt Winzer, der Duden erklärt Weinbergbesitzer mit Schankwirtschaft.
                                Gab es in Halle/Saale den Weinberge?

                                Anna Sara Weingart

                                hier ein Beispiel für ein Weinberg bei Halle
                                http://www.region-halle-saale.de/de/...lweinberg.html
                                Hallo/Leipzig ist eine der sonnigsten und wärmsten Regionen Ostdeutschlands.
                                weiteres Bsp. in Halle; Hinweis auf historischen Weinberg:
                                "Weinbergweg"
                                nahe Halle:
                                http://www.mz-web.de/halle-saalekrei...,30896570.html

                                henrywilh

                                Ich finde, bei Wikipedia steht genug.
                                Es ist das, was woanders "Häcker" heißt.
                                Ist ja klar: "Hacken" und "Hauen" hat hier denselben Sinn.

                                Anna Sara Weingart

                                Da ständig am Weinstock herumgeschnitten werden muss, scheint dieses zum Berufsbegriff Weinhauer geführt zu haben:
                                verhauen =
                                "Die Winzer verhauen den Weinstock, wenn sie ihn beschneiden"
                                Wörterbucheintrag zu »Verhauen«. Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1060-1061.

                                desweiteren, Begriff noch verwendet:
                                verhauen =
                                "Bey dem Keltern des Weines wird das Bett verhauen, d.i. die zusammen gepreßten Hülsen werden von Zeit zu Zeit aufgehauen und aufgelockert."
                                Wörterbucheintrag zu »Verhauen«. Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1060-1061.

                                Desweiteren "Verhau"
                                https://books.google.de/books?id=iFp...verhau&f=false

                                henrywilh

                                Was hier gut passt:
                                "Ich geh, den Mai zu hauen"
                                (aus dem Volkslied "Der Winter ist vergangen" mit dem Sinn: Ich gehe, eine junge Birke zu schlagen/fällen/abzuschneiden und meiner Liebsten vor das Fenster zu stellen.)

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