doppelte Datumsangabe in historischen Quellen (dato et praesto)
in historischen Quellen finde ich oft Datumsangaben wie
6.
--- November 1688
8.
oder
24. April
------------ 1692
4. May
oder
dato 6., praesto 7. Oktober 1670
Weiß jemand, was das bedeutet?
"praesto" bedeutet "ich leiste, ich erfülle, ich erweise, ich gebe, ...", ich kann mir aber trotzdem keinen Reim draus machen.
Bender Rodriguez
Bei dem ersten Teil würde ich auf Geburtsdatum und Taufdatum tippen.
iehu
Ergänzung: es handelt sich bei diesen historischen Quellen um Briefe oder Dokumente aus Verwaltungsakten, auch Musterlisten - keine Personenstandsunterlagen.
Das erste Datum das Ausfertigungsdatum des Schreibers, das zweite das Datum der Unterschrift der verantwortlichen Person?
rigrü
24. April / 4. Mai deutet auf die beiden Kalender (julianisch bzw. gregorianisch) hin.
Gast katrinkasper
die zehn Tage Differenz bis 1700 dürften aber hier ein Zufall sein.
Anna Sara Weingart
Hallo, Kalendertheorie ist falsch, hier der Beweis, unteres Beispiel: 13. Mai - 19. Januar
https://books.google.de/books?id=sWV...raesto&f=false
Nachtrag: scheint mit hier aber ein Druckfehler, muss wohl heißen 19. Jun. statt 19. Jan.
Heike Irmgard
es dürfte sich um den Präsentationsvermerk handeln: praesentatum = eingegangen, vorgelegt; davor datum = gegeben (am). Wenn im Original auch sub davor steht wie im Google books Text, stehen beide Wörter entsprechend im Ablativ mit o am Schluß. Praesto im Google books Text ist eindeutig eine Abkürzung, denn das to steht kleingeschrieben und hochgestellt.
Anna Sara Weingart
ich vermute in der Bedeutung praesto = anwesend
Im Sinne: Adressat ist beim Absender/Autor des Schriftstücks persönlich anwesend
Beispiel:
https://books.google.de/books?id=4CG...wesend&f=false
iehu
ok, ok, ok - ich habe mich etwas geirrt, es ist in Teilen doch anders, als ich dachte
Ich war heute nochmal recherchieren und - ähem - da kam ich der Lösung auf die Spur. So wie ich das sehe, gibt es drei Lösungen für die doppelte Datumsangabe.
1. So wie das schon rigrü vermutet hat, ist es in folgenden Bsp: 13/3 Feb. 1688, 5/15 Feb. 1688, 23. Feb. / 4. Mrz. 1688 (aus dem HStA Stuttgart, C 9, Bü 383): julianisches / gregorianisches Datum bzw. gregorianisches / julianisches Datum
2. Sind auf Briefen, die von A nach B geschickt werden, meistens ein Kanzleivermerk zum Eingangsdatum bzw. zum Datum, zu dem der Brief dem Empfänger vorgelegt wurde, zu finden, z.B. (aus dem HStAS, C 9, Bü 384): Brief des Kaisers in Wien vo 29.03.1688 an den Herzog von Württemberg in Stuttgart und den Bischof von Konstanz in Meersburg. Darauf ist nachgetragen: "dat. Wien 11. Marty 1688, praest. Stuttgardt 21. Marty 1688, praest. Mörspurg 26. Marty 1688"
3. Konzepte von Schreiben, als "Copia" bezeichnet. Die Copia blieb auf der Akte, das Original wurde versandt, z.B. (HStAS, L 6, Bü 1578):
"de dato 14. & praest. 18. January 1691" und weiter unten auf der Copia: "den 19ten diß original auf die Einnehmery gegeben"
"praest." ist also eine Form von "praestare" und könnte im 2. Fall für "praestabatur" = es wurde gegeben / gezeigt (= vorgelegt) bedeuten und im 3. Fall daselbe oder "praestavi" = ich habe vorgelegt.
Anna Sara Weingart
"praesto" heißt wörtlich ungefähr: "steht/liegt vor einem" [beim Enpfänger] bzw. "anwesend" [das Dokument beim Empfänger]
Es bedeutet also, das Dokument hat dem Enpfänger persönlich vorgelegen.
Der Sinn gibt eine ausreichende Erklärung.
Da brauchts keine Verbform wie z.B. praestavi = ich habe vorgelegt
Heike Irmgardes handelt sich in den Beispielen 2 und 3 um den Präsentationsvermerk.
Zugrunde liegt das Verb praesentare (= zeigen, überreichen), Partizip Perfekt Passiv praesentatum (gezeigt, überreicht). Praesentatum mit Datumsangabe dahinter bedeutet also, daß ein Dokument an diesem Tag beim Empfänger eingegangen ist bzw. vorgelegt (präsentiert) wurde.
Meist wird praesentatum abgekürzt: p., pr., ps., ptm., praes. Vielleicht findest Du in den Texten auch die Abkürzung pr. et exp., das heißt dann praesentatum et expeditum = eingegangen und ausgegangen.
Die Form praesto im verlinkten Text in Antwort 9 hat nichts mit dem Adverb praesto (anwesend) zu tun. Es handelt sich um die Abkürzung von praesentato (wegen sub steht das Wort hier im Ablativ). Abkürzungen wurden oft gebildet, indem man den mittleren Teil eines Wortes weggelassen hat. Wie ich schon einmal geschrieben habe, wird das im Druck dadurch deutlich gemacht, daß das to kleiner geschrieben und hochgestellt ist; auch in Handschriften ging man so vor (oder man setzte einen Strich über das Wort).
iehu
das mit praesentare hört sich gut an, danke für den Hinweis. Ich war auf das "praesto" fixiert und frag-caesar.de sagt einem natürlich nicht, dass das eine Abkürzung sein kann - und selbst denkt man ja auch nicht dran, weil die Abkürzung praes<enta>to aus heutiger Sicht ungewöhnlich ist und man heut so gar nicht abkürzt ... andererseits B<ahnho>f...
Jahr, aus dem der Begriff stammt: 17./18. Jh.
Region, aus der der Begriff stammt: Württemberg
Region, aus der der Begriff stammt: Württemberg
in historischen Quellen finde ich oft Datumsangaben wie
6.
--- November 1688
8.
oder
24. April
------------ 1692
4. May
oder
dato 6., praesto 7. Oktober 1670
Weiß jemand, was das bedeutet?
"praesto" bedeutet "ich leiste, ich erfülle, ich erweise, ich gebe, ...", ich kann mir aber trotzdem keinen Reim draus machen.
Bender Rodriguez
Bei dem ersten Teil würde ich auf Geburtsdatum und Taufdatum tippen.
iehu
Ergänzung: es handelt sich bei diesen historischen Quellen um Briefe oder Dokumente aus Verwaltungsakten, auch Musterlisten - keine Personenstandsunterlagen.
Das erste Datum das Ausfertigungsdatum des Schreibers, das zweite das Datum der Unterschrift der verantwortlichen Person?
rigrü
24. April / 4. Mai deutet auf die beiden Kalender (julianisch bzw. gregorianisch) hin.
Gast katrinkasper
die zehn Tage Differenz bis 1700 dürften aber hier ein Zufall sein.
Anna Sara Weingart
Hallo, Kalendertheorie ist falsch, hier der Beweis, unteres Beispiel: 13. Mai - 19. Januar
https://books.google.de/books?id=sWV...raesto&f=false
Nachtrag: scheint mit hier aber ein Druckfehler, muss wohl heißen 19. Jun. statt 19. Jan.
Heike Irmgard
es dürfte sich um den Präsentationsvermerk handeln: praesentatum = eingegangen, vorgelegt; davor datum = gegeben (am). Wenn im Original auch sub davor steht wie im Google books Text, stehen beide Wörter entsprechend im Ablativ mit o am Schluß. Praesto im Google books Text ist eindeutig eine Abkürzung, denn das to steht kleingeschrieben und hochgestellt.
Anna Sara Weingart
ich vermute in der Bedeutung praesto = anwesend
Im Sinne: Adressat ist beim Absender/Autor des Schriftstücks persönlich anwesend
Beispiel:
https://books.google.de/books?id=4CG...wesend&f=false
iehu
ok, ok, ok - ich habe mich etwas geirrt, es ist in Teilen doch anders, als ich dachte

Ich war heute nochmal recherchieren und - ähem - da kam ich der Lösung auf die Spur. So wie ich das sehe, gibt es drei Lösungen für die doppelte Datumsangabe.
1. So wie das schon rigrü vermutet hat, ist es in folgenden Bsp: 13/3 Feb. 1688, 5/15 Feb. 1688, 23. Feb. / 4. Mrz. 1688 (aus dem HStA Stuttgart, C 9, Bü 383): julianisches / gregorianisches Datum bzw. gregorianisches / julianisches Datum
2. Sind auf Briefen, die von A nach B geschickt werden, meistens ein Kanzleivermerk zum Eingangsdatum bzw. zum Datum, zu dem der Brief dem Empfänger vorgelegt wurde, zu finden, z.B. (aus dem HStAS, C 9, Bü 384): Brief des Kaisers in Wien vo 29.03.1688 an den Herzog von Württemberg in Stuttgart und den Bischof von Konstanz in Meersburg. Darauf ist nachgetragen: "dat. Wien 11. Marty 1688, praest. Stuttgardt 21. Marty 1688, praest. Mörspurg 26. Marty 1688"
3. Konzepte von Schreiben, als "Copia" bezeichnet. Die Copia blieb auf der Akte, das Original wurde versandt, z.B. (HStAS, L 6, Bü 1578):
"de dato 14. & praest. 18. January 1691" und weiter unten auf der Copia: "den 19ten diß original auf die Einnehmery gegeben"
"praest." ist also eine Form von "praestare" und könnte im 2. Fall für "praestabatur" = es wurde gegeben / gezeigt (= vorgelegt) bedeuten und im 3. Fall daselbe oder "praestavi" = ich habe vorgelegt.
Anna Sara Weingart
"praesto" heißt wörtlich ungefähr: "steht/liegt vor einem" [beim Enpfänger] bzw. "anwesend" [das Dokument beim Empfänger]
Es bedeutet also, das Dokument hat dem Enpfänger persönlich vorgelegen.
Der Sinn gibt eine ausreichende Erklärung.
Da brauchts keine Verbform wie z.B. praestavi = ich habe vorgelegt
Heike Irmgardes handelt sich in den Beispielen 2 und 3 um den Präsentationsvermerk.
Zugrunde liegt das Verb praesentare (= zeigen, überreichen), Partizip Perfekt Passiv praesentatum (gezeigt, überreicht). Praesentatum mit Datumsangabe dahinter bedeutet also, daß ein Dokument an diesem Tag beim Empfänger eingegangen ist bzw. vorgelegt (präsentiert) wurde.
Meist wird praesentatum abgekürzt: p., pr., ps., ptm., praes. Vielleicht findest Du in den Texten auch die Abkürzung pr. et exp., das heißt dann praesentatum et expeditum = eingegangen und ausgegangen.
Die Form praesto im verlinkten Text in Antwort 9 hat nichts mit dem Adverb praesto (anwesend) zu tun. Es handelt sich um die Abkürzung von praesentato (wegen sub steht das Wort hier im Ablativ). Abkürzungen wurden oft gebildet, indem man den mittleren Teil eines Wortes weggelassen hat. Wie ich schon einmal geschrieben habe, wird das im Druck dadurch deutlich gemacht, daß das to kleiner geschrieben und hochgestellt ist; auch in Handschriften ging man so vor (oder man setzte einen Strich über das Wort).
iehu
das mit praesentare hört sich gut an, danke für den Hinweis. Ich war auf das "praesto" fixiert und frag-caesar.de sagt einem natürlich nicht, dass das eine Abkürzung sein kann - und selbst denkt man ja auch nicht dran, weil die Abkürzung praes<enta>to aus heutiger Sicht ungewöhnlich ist und man heut so gar nicht abkürzt ... andererseits B<ahnho>f...
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