Brief 25

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  • Scherfer
    Moderator
    • 25.02.2016
    • 2511

    [gelöst] Brief 25

    Quelle bzw. Art des Textes: Brief
    Jahr, aus dem der Text stammt: 1884
    Ort und Gegend der Text-Herkunft: Schleswig-Holstein
    Namen um die es sich handeln sollte:


    Liebe Familienforscher*innen,

    ich habe vier Briefe, bei deren Transkription ich euch um eure Mithilfe bitte. Einen Teil habe ich schon selbst lesen können, sende euch aber hier den gesamten Brief mit rot unterstrichenen Worten, die ich nicht entziffern kann oder gerade betriebsblind bin. In meiner aktuellen Transkription unten markiere ich diese Wörter auch rot in eckigen Klammern.
    Natürlich schließe ich weitere Lesefehler meinerseits nicht aus und freue mich über Korrekturen. Danke!


    „25“

    - Seite 1 -

    Lieber Johannes!

    Seit deinem letzten Brief sind wir in steter Unruhe und können uns mit dem Gedanken nicht abfinden, vom Pfarramte abzugehen, wo die Ursache mit der Besoldung nicht auskommen zu können, welches für uns schwer zu verstehen. Müssen doch so viele Pfarrer und Du hast doch nur für Deine eigene Familie zu sorgen, wo es doch viele giebt, die noch für Eltern oder sonst in der Familie zu sorgen haben und hast doch eine Frau, die doch gewiß so anspruchslos ist, es können nur Deine anderen Ausgaben, welche Du machst, es ferner bringen. So z. B. das Geld welches Du im [vor…] Jahre mir schicktest zur Reise hätte wohl unterbleiben können, obwohl ich mit großer Freude zurück denke an die Zeit, da ich bei Euch war, um auch zu sehen Hannchens Anspruchslosigkeit und Zufriedenheit und mit welcher Liebe sie mir den Aufenthalt angenehm machte, welches mir immer wieder in Erinnerung kommt.
    Und nun wirst Du noch Deine Auslagen [haben?]

    - Seite 2 -

    mit 1 Jahr von Frau und Kindern getrennt, um Dich dem Studium wollen ganz hingeben zu können, leben müssen und hernach noch alles sehr fraglich, wie es denn geht, ob die ersten Jahre noch knapper gehen und welches doch sehr zu denken giebt.
    Diese Tage traf ich Herrn Bencke, derselbe wiegte seinen Kopf und meinte, dass die Gründe, welche Dir dazu bestünden wohl nicht zu treffen wären und billigte es keineswegs, auch glaube ich, wenn Du Fräulein [Boduin] fragen würdest, was ihr Vater dazu sagte, sie Dir aufrichtig sagen würde dasselbe, und selbst Hannchens Mutter dieselbe hat Dir wohl die Hilfe durch Hannchens Capital zugesagt, aber damals in der Angst ihres Herzens, auch die 2te Tochter so weit entfernt zu wissen, würde aber gewiß lieber sehen, dass Du im Pfarramte bliebest, kann doch auch eben so gut, wenn es die ersten Jahre knapp sein sollte, Hannchens Capital, welches doch auch das Deine ist, bei [Kleinem] zugesetzt werden. Wozu braucht überhaupt ein Pfarrer

    - Seite 3 -

    Capital, da doch in zu […] Jahren die Einnahme […] und für die Kinder schon jetzt zu sorgen, die erst in die Welt hinein gucken und Du auch nicht weißt, ob der liebe Got sie Dir läßt, das soll doch auch nicht sein. Da nun diese mir widerstrebende Geld- und Zukunftsfrage besprochen wird, so kann auch ich wenn es nöthig helfend eintreten und können wir uns wohl noch mehr einschränken und stehen wir doch beide in einem Alter, und bereits mit einem Fuß im Grabe und werden stündlich durch Gebrechlichkeit daran erinnert, uns von allem los zu machen, sind auch deshalb gerne bereit, wnn es Dir im Pfarramt fehlt zu helfen, wenn wir Dir nun Deine jetzigen Pläne […][…].
    So eben höre ich, dass eine auskömmliche Stelle in Lüneburg vakant sein soll, es ist ein Patronat. Wäre es nicht möglich, das zu erkundigen. Gott weiß wie gerne ich möchte, dass Du im Pfarramte bliebest, ich kann darüber nachdenken, wie ich will, und komme immer wieder darauf, diesen schönen und gewiß auch großen Beruf, Pastor zu sein, des Auskommens halber aufgeben zu wollen, auch nicht recht ist. Mama ist ebenfalls sehr betrübt, glaubt auch, dass es nicht nach Gottes Wort ist, u. dass

    - Seite 4 -

    man sich an Nahrung u. Kleider genügen soll u. Dein Privatstudium u. Bücher, die dazu nöthig, mögen alles gut sein, aber doch nicht nöthig, wenn es nicht sein kann. Als Pfarrer könnte Dir die Biebel genug sein. Ich weiß nun wohl, lieber Johannes, dass Du diese unsere Ansichten manches entgegenstellen wirst, möchte aber, dass Du dieses nicht bedürftest u. mir als Vater milde […], denn andere würden Dir das nicht sagen, wozu wir als Eltern das Recht haben.
    Gott möge geben, dass Du uns recht verstehen möchtest. Wir können nicht alles als dieses aus Liebe zu sagen und hoffen zu Gott, Dir bald etwas in Aussicht zu stellen, damit Du diesen Schritt nicht nöthig hast.
    Entschuldige mein schlechtes Schreiben, die Hand hat keine Fertigkeit mehr. Mein Gesundheitszustand ist schon seit längerer Zeit nicht gut, außer Schmerzen haben meine Nerven so gelitten, dass ich manchmal recht betrübt bin. Die geringste Bewegung […] so wie jede kleine Aufregung. Ich hoffe auf den Sommer, etwas Erleichterung, wenn ich nachts in der Luft sein kann.
    Schließe mit herzlichem Gruß, auch an Hannchen, so ein Kuß den Kindern. Mama schließt sich denselben an, auch ein Gruß an Fr. Boudin.
    Dein Vater
    Angehängte Dateien
    Zuletzt geändert von Scherfer; 13.01.2024, 17:34.
  • mawoi
    Erfahrener Benutzer
    • 22.01.2014
    • 3969

    #2
    Seite 1 -

    Lieber Johannes!

    Seit deinem letzten Brief sind wir in steter Unruhe und können uns mit dem Gedanken nicht abfinden, vom Pfarramte abzugehen, wo die Ursache mit der Besoldung nicht auskommen zu können, welches für uns schwer zu verstehen. Müssen doch so viele Pfarrer und Du hast doch nur für Deine eigene Familie zu sorgen, wo es doch viele giebt, die noch für Eltern oder sonst in der Familie zu sorgen haben und hast doch eine Frau, die doch gewiß so anspruchslos ist, es können nur Deine anderen Ausgaben, welche Du machst, es hervor bringen. So z. B. das Geld welches Du im vorrigten Jahre mir schicktest zur Reise hätte wohl unterbleiben können, obwohl ich mit großer Freude zurück denke an die Zeit, da ich bei Euch war, um auch zu sehen Hannchens Anspruchslosigkeit und Zufriedenheit und mit welcher Liebe sie mir den Aufenthalt angenehm machte, welches mir immer wieder in Erinnerung kommt.
    Und nun wirst Du nach Deiner Aussage

    - Seite 2 -

    erst 1 Jahr von Frau und Kindern getrennt, um Dich dem Studium voll u ganz hingeben zu können, leben müssen und hernach noch alles sehr fraglich, wie es dann geht, ob die ersten Jahre nicht noch knapper gehen wird welches doch sehr zu denken giebt.
    Diese Tage traf ich Herrn Bencke, derselbe wiegte seinen Kopf und meinte, dass die Gründe, welche Dir dazu bestünden wohl nicht zu treffen wären und billigte es keineswegs, auch glaube ich, wenn Du Fräulein [Boduin] fragen würdest, was ihr Vater dazu sagte, sie Dir aufrichtig sagen würde dasselbe, und selbst Hannchens Mutter dieselbe hat Dir wohl die Hilfe durch Hannchens Capital zugesagt, aber damals in der Angst ihres Herzens, auch die 2te Tochter so weit entfernt zu wissen, würde aber gewiß lieber sehen, dass Du im Pfarramte bliebest, kann doch auch eben so gut, wenn es die ersten Jahre knapp sein sollte, Hannchens Capital, welches doch auch das Deine ist, bei kleinen zugesetzt werden. Wozu braucht überhaupt ein Pfarrer

    - Seite 3 -

    Capital, da doch in zunehmden Jahren die Einnahme steigt und für die Kinder schon jetzt zu sorgen, die erst in die Welt hinein gucken und Du auch nicht weißt, ob der liebe Got sie Dir läßt, das soll doch auch nicht sein. Da nun diese mir widerstrebende Geld- und Zukunftsfrage besprochen wird, so kann auch ich wenn es nöthig helfend eintreten und können wir uns wohl noch mehr einschränken und stehen wir doch beide in einem Alter, und bereits mit einem Fuß im Grabe und werden stündlich durch Gebrechlichkeit daran erinnert, uns von allem los zu machen, sind auch deshalb gerne bereit, wenn es Dir im Pfarramt fehlt zu helfen, wenn wir Dir von Deinen jetzigen Plan abbr... können.
    So eben höre ich, dass eine auskömmliche Stelle in Lüneburg vakant sein soll, es ist ein Patronat. Wäre es nicht möglich, das zu erkundigen. Gott weiß wie gerne ich möchte, dass Du im Pfarramte bliebest, ich kann darüber nachdenken, wie ich will, und komme immer wieder darauf, diesen schönen und gewiß auch größten Beruf, Pastor zu sein, des Auskommens halber aufgeben zu wollen, auch nicht recht ist. Mama ist ebenfalls sehr betrübt, glaubt auch, dass es nicht nach Gottes Wort ist, u. dass

    - Seite 4 -

    man sich an Nahrung u. Kleider genügen soll u. Dein Privatstudium u. Bücher, die dazu nöthig, möge alles gut sein, aber doch nicht nöthig, wenn es nicht sein kann. Als Pfarrer könnte Dir die Biebel genug sein. Ich weiß nun wohl, lieber Johannes, dass Du diese unsere Ansichten manches entgegenstellen wirst, möchte aber, dass Du dieses recht bedächtest u. mir als Vater milde beurtheilst, denn andere würden Dir das nicht sagen, wozu wir als Eltern das Recht haben.
    Gott möge geben, dass Du uns recht verstehen möchtest. Wir können nicht alles als Dir dieses aus Liebe zu sagen und hoffen zu Gott, Dir bald etwas in Aussicht zu stellen, damit Du diesen Schritt nicht nöthig hast.
    Entschuldige mein schlechtes Schreiben, die Hand hat keine Festigkeit mehr. Mein Gesundheitszustand ist schon seit längerer Zeit nicht gut, außer Schmerzen haben meine Nerven so gelitten, dass ich manchmal recht betrübt bin. Die geringste Erregung erschreckt so wie jede kleine Aufregung. Ich hoffe auf den Sommer, etwas Erleichterung, wenn ich mehr in der Luft sein kann.
    Schließe mit herzlichem Gruß, auch an Hannchen, so ein Kuß den Kindern. Mama schließt sich denselben an, auch ein Gruß an Fr. Boudin.


    VG
    mawoi

    Kommentar

    • Scherfer
      Moderator
      • 25.02.2016
      • 2511

      #3
      Hallo mawoi,

      hab ganz herzlichen Dank für Deine Hilfe! Das ist wunderbar und die zusätzlich von Dir korrigierten Stellen machen nun vieles klarer, was vorher eigenartig klang, aber ganz offensichtlich meinen Lesefehlern anzulasten war.

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