Die schlesische Hauptstadt Breslau hat eine enorme Menge von Archivalien gegen Ende des Zweiten Weltkrieges, aber auch in der direkten Nachkriegszeit verloren. Dazu gehören vor allem evangelische Kirchenbücher und Standesamtsregister. Einem Verzeichnis, das einen großen Teil der Breslauer Einwohnerschaft namentlich sowie zum Teil mit Geburtsdatum und Geburtsort des Steuerzahlers sowie Namen und Alter der Ehefrau und Kinder erfaßt, kommt daher eine größere Bedeutung zu wie etwa für München oder Erfurt.
Die sogenannte Klassensteuer gab es in Preußen seit den 1850er Jahren; etwas Vergleichbares war sicher auch in Bayern, Hessen, Sachsen usw. vorhanden und wurde dann eben vereinheitlicht seit den 1870er Jahren im gesamten Deutschen Reich eingezogen. Die dt. Steuergesetzgebung war schon früher recht schwer zu durchschauen. Folgende Angaben mögen daher nur für einen bestimmten Zeitraum (1880er Jahre) Gültigkeit gehabt haben:
Befreit von der Klassensteuer waren nur: Die über 60jährigen, die unter 16jährigen, die Soldaten bis zum Unteroffizier, die ständig von der Armenfürsorge lebten sowie Gefängnisinsassen. Dazu kommen die über 1000 Taler pro Jahr verdienten. Sie entrichteten die qualifizierte Einkommensteuer, waren jedoch vorsorglich ebenfalls in der Klassensteuerrolle verzeichnet.
Für den Familienforscher ist hier natürlich die Personenstandserhebung von Interesse. Man unterschied die Erfassung auf dem Land und der Stadt. Auf dem Land traute man den Einwohnern das Selbstausfüllen der Formulare nicht zu, so daß dort der Dorfvorsteher mit dem Gemeindediener alle bewohnten Häuser aufsuchten. Dies sollte um den 12. November geschehen, nicht vor dem 4. und nicht nach dem 25. November. Die so ermittelten Daten kamen zum zuständigen Landrat, wo sie dann erst in die hier vorliegenden Bände eingetragen wurden. Anschließend wurde jeder Steuerfall von der Steuerschätzungskommission taxiert. Die Bände wurden an die Bezirksregierungen geschickt, geprüft und wieder zurück zum Landrat gegeben, von wo sie dann nach dem 1. April zum monatlichen Eintreiben der Steuer verwendet wurden. In der Stadt verschickte die Verwaltung frühzeitig die Formulare an die Hauseigentümer, die sie an die Mieter verteilten. Die Haushaltsvorstände waren für das Ausfüllen verantwortlich. Um den 12. November erschienen die Mitarbeiter der Stadt und sammelten die Papiere ein, die anschließend analog zu den Dörfern weiter vom Magistrat der Stadt, der Steuerkommission und der Bezirksregierung bearbeitet wurden. Das System der Steuereintreibung mittels Steuerbezirke, wo also Steuereinnehmer monatlich die Haushalte aufsuchen mußten, wurde in Breslau zum 31. März 1907 eingestellt. Fortan war der Steuerzahler verpflichtet, seine vierteljährliche Steuerschuld selbst in sogenannten Steuerzahlstellen einzuzahlen. Zunächst gab es in Breslau zehn solcher Steuerzahlstellenbezirke.
Die Klassensteuerrolle mußte alljährlich neu erstellt werden. Es ist daher leicht verständlich, daß unmöglich alle Bände aufbewahrt werden konnten. Vermutlich gab es eine Frist von vielleicht zehn Jahren, danach kamen sie in den Reißwolf. Einige Bände wurden aber anscheinend dauerhaft - womöglich für eine statistische Auswertung - aufgehoben. Davon wurden von der Stadt Breslau bisher die Jahrgänge veröffentlicht:
1881/82 (nur 3 Bände bisher), 1886/87, 1891/92,1896/97, 1901/02, 1906/07 Teil1, 1906/07 Teil 2.
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