Latein: eine seltsame Wortgruppe

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  • Wallone
    Erfahrener Benutzer
    • 20.01.2011
    • 2415

    [gelöst] Latein: eine seltsame Wortgruppe

    Quelle bzw. Art des Textes: Geburtseintrag
    Jahr, aus dem der Text stammt: 18. Jahrhundert
    Ort/Gegend der Text-Herkunft: Schweiz
    Namen um die es sich handeln sollte:


    Hallo,
    Ich habe ein Problem mit dem Sinn von der Wortgruppe « filius legitimus Laurentii Biz castelanus oli(m) ».
    Hier ist was ich dazu in einem anderen Forum geschrieben habe :

    Je souhaiterais faire le point sur cet acte qui n’est pas sans poser de problèmes.
    D’abord sur le sens du mot « castellanus » (avec un ou deux « l », comme on veut) :
    Voyez ceci :
    Les racines alsaciennes - Onomastique alsacienne, suisse et allemande : noms et prenoms - armoiries (free.fr)
    Donc, en Suisse, le mot pourrait désigner plutôt le régisseur du château que son propriétaire.
    Maintenant sur la grammaire :
    En latin, les éléments d’un même groupe nominal portent tous la même déclinaison, ce qui indique la fonction du groupe dans la phrase.
    Ainsi, si on prend « castelanus » on doit obligatoirement, d’après la grammaire, le rattacher à « filius legitimus », ce qui ne donne aucun sens puisqu’un nouveau-né ne peut être châtelain et encore moins « châtelain défunt ». En effet, « olim » signifie « autrefois » et en généalogie on le traduit toujours par « défunt ».
    Si on veut tenter de donner un sens à la phrase en retenant l’hypothèse que le curé a été distrait et commis une faute de déclinaison, alors on corrige « castelanus » en « castellani » c’est-à-dire qu’on opte pour un un groupe nominal au génitif « Laurentii Biz castelani olim » ce qui donne « fils légitime de feu Laurent Biz, autrefois châtelain (ou régisseur). Il faut alors postuler que Laurent est décédé avant la naissance de son fils, donc pendant la grossesse de de la mère.
    J’avoue que je suis perplexe et ne sais plus quoi penser.
    Avez-vous des informations qui permettraient d’y voir plus clair ?

    Wenn mein Französisch ein bisschen zu kompliziert für Euch ist, hier ist eine Deeplübersetzung davon :

    Ich möchte eine Bestandsaufnahme dieses nicht unproblematischen Akts vornehmen.
    Zunächst zur Bedeutung des Wortes "castellanus" (mit einem oder zwei "l", wie man will) :
    Siehe dies:
    Die elsässischen Wurzeln - Elsässische, schweizerische und deutsche Onomastik: Namen und Vornamen - Wappen (free.fr).
    In der Schweiz könnte das Wort also eher den Verwalter des Schlosses bezeichnen als dessen Besitzer.
    Nun zur Grammatik :
    Im Lateinischen tragen die Elemente einer Nominalgruppe alle die gleiche Deklination, was die Funktion der Gruppe im Satz angibt.
    Wenn wir also "castelanus" nehmen, müssen wir es laut Grammatik zwangsläufig mit "filius legitimus" verbinden, was keinen Sinn ergibt, da ein Neugeborenes kein Schlossherr sein kann, geschweige denn ein "verstorbener Schlossherr". Tatsächlich bedeutet "olim" "früher" und in der Genealogie wird es immer mit "verstorben" übersetzt.
    Wenn wir versuchen wollen, dem Satz einen Sinn zu geben, indem wir davon ausgehen, dass der Pfarrer abgelenkt war und einen Deklinationsfehler begangen hat, dann korrigieren wir "castelanus" in "castellani", d. h. wir entscheiden uns für eine Nominalgruppe im Genitiv "Laurentii Biz castelani olim", was "legitimer Sohn des verstorbenen Laurent Biz, ehemals Schlossherr (oder Verwalter)" ergibt. Dann muss man annehmen, dass Laurent vor der Geburt seines Sohnes gestorben ist, also während der Schwangerschaft der Mutter.
    Ich muss zugeben, dass ich ratlos bin und nicht weiß, was ich denken soll.
    Haben Sie irgendwelche Informationen, die mir helfen könnten, Klarheit zu schaffen?

    Danke im Voraus für Euer Interesse.
    Angehängte Dateien
    Viele Grüße.

    Armand
  • Astrodoc
    Erfahrener Benutzer
    • 19.09.2010
    • 8789

    #2


    Ich denke, man könnte mit beiden Varianten arbeiten: castelanus oder castelani
    Es ergäbe sich nur ein marginaler Unterschied in der Übersetzung.
    Einig sind wir uns darüber, dass sich castelanus nicht auf filius legitimus bezieht ...

    olim ist ein Adverb; du hast adjektivisch mit "verstorbener" übersetzt. Bedeutet olim denn immer "verstorben"? Oder könnte es sich tatsächlich "nur" auf einen früheren Stand/Beruf beziehen?

    Zumindest im Deutschen bekomme ich einen Genitiv + Adverb nicht sinnvoll hin.

    Also zuerst Nominativ:
    filius legitimus Laurentii Biz castelanus olim et Mariae ... --- Sohn des Laurentius Biz, einst/ehemals ein Kastellan, und der Maria ...

    Und Genitiv (nur adjektivisch):
    filius legitimus Laurentii Biz castelani olim et Mariae ... --- Sohn des Laurentius Biz, eines einstigen/ehemaligen Kastellans, und der Maria ...



    Jetzt habe ich mehr Fragen gestellt als Antworten gegeben.
    Noch eine: Wie sieht es denn in anderen Einträgen aus? Dort ebenfalls Nominativ?
    Zuletzt geändert von Astrodoc; 05.06.2023, 18:44.
    Schöne Grüße!
    Astrodoc
    ______


    Ergänzungen und Korrekturen mache ich gern. Aber Fleißarbeit erledige ich nicht mehr. Ihr müsst also etwas vorlegen!
    Beispieltexte: Polnisch: Taufeintrag Heiratseintrag Sterbeeintrag ..

    Kommentar

    • jebaer
      Erfahrener Benutzer
      • 22.01.2022
      • 1911

      #3
      Zitat von Wallone Beitrag anzeigen
      [fragebogen]..., dann korrigieren wir "castelanus" in "castellani", d. h. wir entscheiden uns für eine Nominalgruppe im Genitiv "Laurentii Biz castelani olim", was "legitimer Sohn des verstorbenen Laurent Biz, ehemals Schlossherr (oder Verwalter)" ergibt.
      Fällt Dir an Deiner Übertragung ins Deutsche nichts auf? Auch bei Dir steht hier "Schlossherr" im Nominativ. Würde ich genau so übersetzen, und mir das dabei als verkürzten Nebensatz denken: der einst Schlossherr war.
      Und "olim" bezieht sich meiner Meinung wohl auf dieses Amt, aber nicht zwingend auf das Leben des Vaters.


      LG jens
      Zuletzt geändert von jebaer; 05.06.2023, 19:01.
      Ist nur meine Ansicht.
      Kann jeder seine eigene haben - meiner Ansicht nach!

      Kommentar

      • Gastonian
        Moderator
        • 20.09.2021
        • 3326

        #4
        Hallo allerseits:


        Zu dem "olim" siehe auch Beiträge 7 und 8 in diesem neuerlichen Thema (https://forum.ahnenforschung.net/sho...d.php?t=233885), in dem darauf hingewiesen wurde, daß "weiland" im Deutschen nicht immer "verstorben" bedeutet.


        VG


        --Carl-Henry
        Meine Ahnentafel: https://gw.geneanet.org/schwind1_w?iz=2&n=schwind1&oc=0&p=privat

        Kommentar

        • Interrogator
          Erfahrener Benutzer
          • 24.10.2014
          • 1982

          #5
          olim, Adv. (alter Akk. von ollus = ille), seinerzeit, I) zur Bezeichnung eines unbestimmten, ganz beliebig zu denkenden Zeitpunktes übh., einmal, A) in der Vergangenheit: a) = ehemals, einst, sonst, vor Zeiten, fuit olim senex,
          [Lateinisch-deutsches Handwörterbuch: olim, S. 1. Digitale Bibliothek Band 69: Georges: Lateinisch-deutsches Wörterbuch, S. 38855 (vgl. Georges-LDHW Bd. 2, S. 1337)]
          Gruß
          Michael

          Kommentar

          • Wallone
            Erfahrener Benutzer
            • 20.01.2011
            • 2415

            #6
            Hallo,

            Ich danke Euch allen für Eure Hilfe. Ihr habt mich eines überzeugt, nämlich daß "olim" nicht unbedingt "verstorben" bedeutet. Ich werde also dieses Wort im Sinne von "ehemaliger" (gewesener) übersetzen.

            @ Astrocdoc: es ist nicht möglich die anderen Einträge zu sehen weil der Fragesteller nur Fotos der Urkunden die ihn interessieren besitzt, also keine Links.
            Viele Grüße.

            Armand

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            • Wallone
              Erfahrener Benutzer
              • 20.01.2011
              • 2415

              #7
              Ihr hattet also wohl Recht. Ich habe neue Informationen empfangen.

              Geburt des Kindes: 1772

              Tod des vaters: 1774

              Also "olim" nicht "verstorben" sondern 100% richtig: "ehemaliger".

              Danke nochmals.
              Viele Grüße.

              Armand

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