An der Trauer verstorben?

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • udo_weber
    Erfahrener Benutzer
    • 16.02.2021
    • 116

    [gelöst] An der Trauer verstorben?

    Quelle bzw. Art des Textes: Kirchenbuch
    Jahr, aus dem der Text stammt: 1694
    Ort und Gegend der Text-Herkunft: Niederwalgern / Oberhessen
    Namen um die es sich handeln sollte: Dieterich und Juliana Kahl



    Liebe Familienforscherinnen und Familienforscher, Schriftexpertinnen und Schriftexperten,

    heute hoffe ich auf Hilfe bei einem Eintrag und einem erstaunlich langen Addenum aus einem Kirchenbuch, bei dem die Einträge zu dieser Zeit (1693/1694) sonst aus Ein- bis Zweizeilern bestanden.

    In meiner Ahnenforschung bin ich auf den 9xUrgroßvater Dieterich Kahl gestoßen, der 1693 verstorben ist. Sein Eintrag lautet:

    50) den 9. 8tbr. 1693 Dieterich Kahl zu Niederwalgern begraben
    worden. 70 Jahr alt.


    Danch stehen zwei Zeilen, die nachträglich ergänzt wurden und deren Inhalt sich mir leider nicht erschließt. (Anhang Dieterich Kahl)

    Auf der nähsten Seite des Kirchenbuchs folgt dann der Nachtrag (Anhang Juliana Kahl), bei dem ich feststellen muss, dass meine Kenntnisse leider noch nicht weit über das Lesen von Standardeinträgen hinausgekommen sind:

    Sig. ... sub. No. 50: ist ... bei ...
    Dieterich Kahlen ist ... daselbst ... . ... ist auf
    dabei zu annotieren nötig, daß seine hinterlassene Witwe
    Juliana gut à dato ihres Mannes Tod nicht in die Kirche
    ... auf ... eine zeitlang ... die Kirche ...
    von dato an als hier ... ... die Weiber ...
    H. Superintendent Fenner ... ... ...
    ... ... ... ...
    bis an dem 24. April 1694. Da sie des ... ... ...
    einem Mittwochs ... predigt ...
    Die Traurigkeit über des Mannes Tod hat für ... ... ... ...
    daß sie ... von ..., ... ... ... auf ihre Kinder
    ... ... ... gestorben.


    Mein Interpretationsversuch läuft darauf hinaus, dass die Arme nach einem Drama in der Kirche an der Trauer verstorben ist. Vielleicht sagt der Text aber auch etwas anderes?

    So oder so erstaunlich, dass es einen so langen Eintrag gab, wenn sonst bei Frauen oft nicht mal der Name genannt wurde, sondern nur "Witwe von ..." und das Beerdigungsdatum.

    Bin auf Lesehilfen und Interpretationshinweise gespannt.

    besten Dank schon jetzt,
    Udo
    Angehängte Dateien
  • Kasstor
    Erfahrener Benutzer
    • 09.11.2009
    • 13440

    #2
    Hallo,

    die Einträge des betreffenden Pfarrers haben auch Eingang in dieses Buch gefunden: https://books.google.de/books?id=4sp...streit&f=false

    Grüße

    Thomas
    FN Pein (Quickborn vor 1830), FN Hinsch (Poppenbüttel, Schenefeld), FN Holle (Hamburg, Lüchow?), FN Ludwig/Niesel (Frankenstein/Habelschwerdt) FN Tönnies (Meelva bei Karuse-Estland, später Hamburg), FN Lindloff (Altona, Lüneburg, Suderburg)

    Ceterum censeo progeniem hominum esse deminuendam

    Kommentar

    • Anna Sara Weingart
      Erfahrener Benutzer
      • 23.10.2012
      • 15113

      #3
      Hallo

      Den 9.ten 8br.1693. Dieterich Kahl zu Niederwallgern begraben
      wordten 70 Jahr alt. War schlechter Kirchen-Pfarrers freund. Muste 10. _ straff geben der Herr-
      schafft ab 1687. et 1688. wegen des Baustreits am Pferdstall
      Viele Grüße

      Kommentar

      • M_Nagel
        Erfahrener Benutzer
        • 13.10.2020
        • 1679

        #4
        Hallo,

        zwei Zeilen, die nachträglich ergänzt wurden_ lese ich so:

        war schl... ter Kirchen-Pfarrers Freund. Muste 10 Pf.? Straff geben d(er) Herr-
        schafft Ao. 1687 et 1688? wegen des Baustreits am Pferdstall.
        Zuletzt geändert von M_Nagel; 25.05.2021, 23:00.
        Schöne Grüße
        Michael

        Kommentar

        • udo_weber
          Erfahrener Benutzer
          • 16.02.2021
          • 116

          #5
          Mit dem Pfarrer musste man sich offensichtlich gut stellen. Sonst wurde man mit einem "ewigen Klassenbucheintrag" bestraft.

          vielen Dank fürs Entziffern!

          Gruß,
          Udo

          Kommentar

          • Wolfg. G. Fischer
            Erfahrener Benutzer
            • 18.06.2007
            • 4918

            #6
            Hallo,


            nein, sie ist nicht gestorben, sondern nur längere Zeit nicht zum Gottesdienst gegangen.


            "N[ota] B[ene]Sig. Was sub. No. 50: ist vermeldet bei Absterben
            Dieterich Kahlen ist kurtz daselbst verfasset. Sonderlich ist auch
            dabei zu annotieren nötig, daß seine hinterlassene Wittibe,
            Juliana g[e]n[ann]t, à dato ihres Mannes Tod nicht in die Kirche
            kommen (wie auch vorher eine zeitlang schon die Kirche gehasset
            von dato an als die letztere Spielung umb die Weiberstühle bei dem
            H. Superintendenten Fenner vorgegangen - den 21ten Augusti 1693, da sie u. ihre Consorten
            durch Korngeschenke etc. hatten erbettelt und ausgebracht)
            bis an den 24ten April 1694, da sie das erste Mahl wiederum an
            einem Mittwoch zur predigt erschienen.

            Die Traurigkeit über des Mannes Tod hat sie nit können bewegen,
            daß sie reich von Mitteln, Früchte und Vieh die Fülle, auch ihre Kinder
            alle erzogen und gros gewesen."


            Mit besten Grüßen
            Wolfgang

            Kommentar

            • Wolfg. G. Fischer
              Erfahrener Benutzer
              • 18.06.2007
              • 4918

              #7
              Hallo,

              Zitat von M_Nagel Beitrag anzeigen
              "Muste 10 f[lorin] (= Gulden) Straff geben d(er) Herr-
              schafft Ao. 1687 et 1688? wegen des Baustreits am Pferdstall."
              LG Wolfgang

              Kommentar

              • M_Nagel
                Erfahrener Benutzer
                • 13.10.2020
                • 1679

                #8
                Die Traurigkeit über des Mannes Tod hat sie darzu nit können bewegen,
                da sie reich von Mitteln, Früchte und Vieh die Fülle, auch ihre Kinder
                alle erzogen und gros gewesen.
                Zuletzt geändert von M_Nagel; 25.05.2021, 23:21.
                Schöne Grüße
                Michael

                Kommentar

                • Anna Sara Weingart
                  Erfahrener Benutzer
                  • 23.10.2012
                  • 15113

                  #9
                  Anscheinend wollte sie durch Bestechung ("Korngeschenke"), in der Kirche den besten Weiber-Sitzplatz ergattern ("Weiberstühle"), und die Geistlichen haben ihr klar gemacht, dass das so nicht geht, und stattdessen ausgelost wird ("Spielung umb die Weiberstühle")


                  Soweit meine spekultaive Theorie zum Verständnis. Wie versteht Ihr es?
                  Viele Grüße

                  Kommentar

                  • Wolfg. G. Fischer
                    Erfahrener Benutzer
                    • 18.06.2007
                    • 4918

                    #10
                    Ja, sie hatte ihren Willen nicht bekommen und war deswegen schon vor dem Tod ihres Mannes nicht mehr zum Gottesdienst gegangen.

                    Gute Sitzplätze in der Kirche waren eine Prestige-Sache.

                    Kommentar

                    • Anna Sara Weingart
                      Erfahrener Benutzer
                      • 23.10.2012
                      • 15113

                      #11
                      Ich finde es ja authentischer wenn man buchstabengetreu transkribiert, daher hier den letzten Satz nochmal:

                      Die Traurichkeit über des Mannes Tod hat sie darzu nit können bewegen,
                      dae Sie Reich von Mittelln, Fruchte unt Viehe die Fülle, auch ihre Kinder
                      alle erzogen unt gros gewessen.
                      Viele Grüße

                      Kommentar

                      • udo_weber
                        Erfahrener Benutzer
                        • 16.02.2021
                        • 116

                        #12
                        Krass - und deswegen ein halber Roman im Kirchenbuch. Ich dachte es geht um Leben und Tod.

                        Aber trotzdem sehr aufschlussreich. Ein echter Einblick in Alltagssorgen.
                        Vielen Dank an alle!

                        Grüße,
                        Udo

                        Kommentar

                        • Wolfg. G. Fischer
                          Erfahrener Benutzer
                          • 18.06.2007
                          • 4918

                          #13
                          Zitat von Anna Sara Weingart Beitrag anzeigen
                          Ich finde es ja authentischer, wenn man buchstabengetreu transkribiert.
                          Das finde ich eigentlich auch. Allerdings passe ich Groß- und Kleinschreibung sowie Kommasetzung aus Gründen der Lesbarkeit gern an.

                          Den Pfarrer scheint der Streit mit seinen Schäfchen sehr bewegt zu haben.

                          Kommentar

                          Lädt...
                          X