Familienbrief 1857 - New York / Deutschland - Teil 1

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  • Pierre06140
    Erfahrener Benutzer
    • 05.08.2018
    • 155

    [gelöst] Familienbrief 1857 - New York / Deutschland - Teil 1

    Quelle bzw. Art des Textes: Familienbrief
    Jahr, aus dem der Text stammt: 1857
    Ort und Gegend der Text-Herkunft: NEW YORK
    Namen um die es sich handeln sollte: MERLET



    Hallo an alle,


    Entschuldigen Sie mein Deutsch, ich bin Franzose.
    Ein neuer Brief

    Hier ist ein Brief meines Vorfahren. Er lebte in New York und schrieb an seine Eltern, die in Deutschland blieben.

    Danke für Ihre freundliche Unterstützung.

    Pierre
    Zuletzt geändert von Pierre06140; 21.05.2020, 13:42.
  • Karla Hari
    Erfahrener Benutzer
    • 19.11.2014
    • 5878

    #2
    wow, so ordentlich geschriebene Briefe habe ich ja noch nie gesehen :-)

    Bild 4 das hochkant geschriebene

    Ich habe Bekanntschaft mit einem erkenntlichen fleißigen Mädchen aus Würtemberg
    Sie ist schon 4 Jahre hier und hat sich schon ziemlich Geld erspart, wenn Ihr nun
    liebe Eltern mir etwas zukommen lasst, so bin ich im Stand ein eigenes Geschäftchen zu gründen, ich bitte Euch.




    das andere ist mit im Moment zu viel Tipperei
    Lebe lang und in Frieden
    KarlaHari

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    • henrywilh
      Erfahrener Benutzer
      • 13.04.2009
      • 11784

      #3
      Viel Text, aber sehr, sehr interessant.
      Ich hoffe, dass das im Laufe des Wochenendes transkribiert wird.
      Ggf. beteilige ich mich. Der Text ist es wert.
      Schöne Grüße
      hnrywilhelm

      Kommentar

      • Verano
        Erfahrener Benutzer
        • 22.06.2016
        • 7819

        #4
        Ich habe leider nicht soviel Zeit, helfe aber gerne mit.
        Seite 5, heutige Rechtschreibung in Klammern:

        in die Kost gehe, Feuer aus, züfällig (zufällig) war ich zu Hause, und
        so nehme ich ers. (Ersatz) Koffer u meine Reisetasche, und mich davon,
        jedoch mit Hülfe (Hilfe) der Feuerleute wurde das Haus
        gerettet und ich kehrte wieder zurück, zur vorsicht
        habe ich immer meine Kleider zusammen gepakt (gepackt). Vom
        Rosele habe ich Euch viele Grüße auszurichten, sie
        ist immer kränklich, und ist sehr ungern in Amerika,
        Sie will wieder nach New-Jork komen (kommen), da Ihr Bruder
        hier ist, der Ihr schon sehr viel gethan (getan) hat, Ihr Mann
        Sattler hat immer sehr schlechten Verdienst, als ich
        in Syracuse war kam ich alle Sontage (Sonntage) zum Rosele
        da wurde immer von Euch geredet, sonst wüßte ich

        nirgends hinzugehen, als zum Rosele, Fideln/Fidele? ist
        hier und die Anna ist bei Ihrer Mutter Sie grüßen
        Euch alle. Wie sieht es auch aus in Deutschland, schreibt
        mir auch einiges von Preußen u. Schweiz, wie

        die Zeutigen (Zeitungen) hier schreiben, soll, die Schweiz sehr
        hartnäkig (hartnäckig) gegen Preußen sein. In Eurem Schreiben
        habe ich auch gelesen, wegen meiner Rükkehr (Rückkehr) nach Deutschland,
        Liebe Eltern, ich bin nun bereits 3 Jahre hier, wie
        es in Deutschland wirklich nun aussieht, könnt Ihr
        mir in Eurem nächsten Schreiben mittheilen (mitteilen); die
        Mezgergeschäften (Metzgergeschäfte) gehen immer noch zimlich (ziemlich) gut, besonders
        im innern von Amerika, fengt (fängt) dort einer ein
        Geschäftchen an, so kann einer noch gute Geschäfte machen

        Nun bin ich doch schneller fertig, als ich dachte. Ich wollte es auch wissen.
        Henry muss sich beeilen, wenn er was vom Kuchen abhaben will.







        Zuletzt geändert von Verano; 16.05.2020, 13:05.
        Viele Grüße August

        Die Vergangenheit ist ein fremdes Land, dort gelten andere Regeln.

        Kommentar

        • Karla Hari
          Erfahrener Benutzer
          • 19.11.2014
          • 5878

          #5
          na, den Rest von Seite 4 mach ich schnell:


          Rechtschreibfehler habe ich so gut es geht repariert


          die Kost selbsten anschaffen, ich bezahlte 3 Dollar die Woche
          und ungefähr 1 Dollar für Wäsche, es ist immer alles
          sehr teuer in New York. Da nun im Westen von Amerika,
          sehr große Massen von Schnee gekommen, so ist der Ver-
          kehr mit hier, bereits abgeschnitten, somit wir auch wirklich
          keine Arbeit habt, denn die Schweine die hierher kommen,
          kommen alle vom innern vom Amerika, und die Eisenbahn
          kann daher nicht passieren, deshalb ich vielleicht 3-4 Wochen
          ohne Arbeit sein kann, bis gelindes Wetter eintritt, es
          ist sehr fatal, wenn man sich einige Taler erspart hatt,
          und dann wieder eine Zeitlang keine Arbeit hat, so kommt
          das Geld hinaus ganz geschwind. Wir haben sehr harte
          Winter hier, wir haben Schnee hier, an einigen Stellen
          40-50 Fuß hoch, so daß die Eisenbahn unter dem
          Schnee durchfahren muß. Im Uebrigen gefällt es
          mir sehr gut hier, er ist ein sehr schönes deutsches
          Theater hier, wo ich alle Woche einigemal hingehe,
          es ist wirklich ein neuer Schauspieler hier, von Darm-
          stadt soll angekommen, sein Name ist Bronfeld wird aber
          bald wieder nach Deutschland zurückgehen. Was
          man hier zu befürchten hat ist, da so viel
          Feuer hier ausbricht, die Feuerglocke stürmt den
          ganzen Tag, es hat 60 Feuerkompanien hier, es
          sind 14 Tage Morgen, so brache in dem Hause wo ich
          Lebe lang und in Frieden
          KarlaHari

          Kommentar

          • mawoi
            Erfahrener Benutzer
            • 22.01.2014
            • 3969

            #6
            S.1


            Empf. d 29.Merz 1857
            am 24. April geantwortet


            New York am 24 Januar 1857


            Vielgeliebte Eltern!
            Euer leztes Schreiben vom 19. Merz 1855 kam mir am 24. April 1855 richtig zu,
            und freute mich recht sehr, daß Ihr alle Gesund und Wohl, gerade den
            Tag, als ich den Brief erhielt, kam ich vom Lande nach Syracus, von einem
            Bauern, bei dem ich 14 Tage in Arbeit stand, und nach Verfluß dieser 14
            Tage mit einem Bündel nach der Stadt wanderte, ungefähr 16 Meilen
            - 5 Stunden- die Ursache war, ich bekam nichts zu essen, und mußte von
            Morgens 4 Uhr bis Nachts 9 Uhr strenge Arbeiten, nicht wegen der
            strengen Arbeit wegen, entfernte ich mich, sondern bekam nichts zu
            essen, was bei den meisten Bauern hier Mode ist, aber diese Mode
            habe ich noch nie gerne mitgemacht, Was ich liebe?, ist, gut essen
            und nachher strenge Arbeiten, das gefällt mir, danach fühlte ich
            mich denselben Tage, als ich den Brief erhielt, der glücklichste
            Mensch, indem ich darin vernehme, daß Ihr alle Gesund und Wohl seid
            Das war immer noch mein einziger Wunsch. Ihr werdet wohl
            einiges von mir denken, weil ich beynahe 2 Jahre nicht mehr an
            Euch geschrieben habe, es verging kein Tag, daß ich nicht an Euch denkte
            und was helft Euch das viele Schreiben, ich wollte mich vielmal an
            den Tisch setzen und die Feder ergreifen, allein nie kam ich zum
            Schluße, nur wirklich habe ich keine Arbeit, und so benuze
            ich mir nun die Zeit, Euch endlich über mein bisherigen Stand
            alles Mittheilen. Ihr schreibt mir, daß Ihr mit Eduard nicht...




            VG
            mawoi
            Zuletzt geändert von mawoi; 16.05.2020, 10:57.

            Kommentar

            • henrywilh
              Erfahrener Benutzer
              • 13.04.2009
              • 11784

              #7
              IHR habt mich nicht enttäuscht!
              Schöne Grüße
              hnrywilhelm

              Kommentar

              • Ulpius
                Erfahrener Benutzer
                • 03.04.2019
                • 942

                #8
                Kleine Korrekturen auf Seite 1 - Karl schreibt:

                New Jork
                Syracuse
                mit meinem Bündel
                weil ich schon beynahe nun 2 Jahre
                verging kein Tag des ich nicht

                Kommentar

                • Ulpius
                  Erfahrener Benutzer
                  • 03.04.2019
                  • 942

                  #9
                  Seite 2


                  zufrieden seid, ich wünschte Eduard wäre nur 1 Jahr in Amerika hier,
                  er würde dann ansehen, wie es ist, wenn man immer zu Hause sein kann,
                  bei seinen Eltern, und dann etwas braucht, und zum Vater geht, sagt ich
                  muß das und das haben, ich war bis zu meinem 19(.) Jahre meinen
                  Eltern zur Last, und da ich es selber Satt war, so entschloß ich mich
                  zu meinem entschluß, und dieser war, nach Amerika zu gehen, nun
                  bin ich im Monat May 3 Jahre in Amerika, hab mich immer
                  bei fremden Leuten herumgeschlagen, und machte mein Leben ganz
                  gut, jedoch Arbeiten muß einer, als ich in Deutschland war, da
                  wußte ich nicht was Arbeiten ist, ich war ein ächter Tagedieb,
                  was mich mein Vater oft mit diesem Namen Titulierte, Er hat auch
                  recht gehabt, mit dem gleichen Entschluß ich darf nicht zu Arbeiten,
                  ging ich nach Amerika, aber liebe Eltern, da sind andere
                  Saiten aufgezogen, da heißt es, Vogel friß, oder Stirb, natürlich
                  ein schlechter Mensch, der stiehlt, Betrügt, Todtschlägt Raubt, der
                  macht sein Leben hier ?? Arbeit, allein zu dieser Klasse will
                  ich mich nicht zählen lassen, ich gehe Morgens früh zur Arbeit,
                  bis Spät in die Nacht, und so lasse ich keinen Tag ver-
                  schleichen, ich habe Anständige Kleider immer, habe mir
                  auch kürzlich eine schöne Uhr gekauft, samt Kette, mit
                  welcher ich sehr große Freude habe, ich habe hier in Amerika
                  noch niemand nichts zu fragen ich bin Niemand nichts sculdig
                  wo ich gewesen bin, darf ich wieder hingehen, und
                  werde ich krank so gehe ich in hiesigen Hospital
                  wo man so ziemlich gepflegt wird, Gott sei Dank ich war noch
                  keine Minute krank, es sind sehr viele Meßkircher hier,


                  Meßkirchen, Bodenseeregion - es fehlt mir das Wort, mit dem die Arbeit des schlechten Menschen qualifiziert wird, da lese ich nur Unsinn, den ich hier nicht hinsetze :-)
                  Zuletzt geändert von Ulpius; 16.05.2020, 14:28. Grund: Tippfehler korrigiert

                  Kommentar

                  • Xylander
                    Erfahrener Benutzer
                    • 30.10.2009
                    • 6450

                    #10
                    Hallo Ulpius,

                    macht sein Leben mitaus (=ohne) Arbeit, allein zu dieser Klasse will

                    Der Schreiber übersetzt "without" 1:1 ins Deutsche.

                    Hier ein anderes Beispiel: mitaus zucka - ohne Zucker
                    Die Studie präsentiert die Ergebnisse kontaktlinguistischer Forschungen zu deutschsprachigen Siedlungen im englischsprachigen Raum. Der Fokus liegt hierbei auf deutschböhmischen Minderheitensprachen in Neuseeland und in den USA. Im Anschluss an eine kritische Auseinandersetzung mit dem Sprachinselbegriff werden anhand erhobener Sprachdaten lautliche, morphologische, syntaktische sowie lexikalische Merkmale auf Basis idiolektaler Repräsentationen beschrieben. Darauf aufbauend werden sowohl Sprachkontakterscheinungen – insbesondere Transferenzen und Codeswitching – als auch spezielle Phänomene eines Bi- und Multilingualismus, die in den deutschböhmischen Siedlungen präsent sind, herausgearbeitet. Resümierend erfolgt eine Standortbestimmung zu Stadien des Spracherhalts, Sprachverfalls und Sprachtods. Ein beigefügtes Supplement mit umfangreichen Sprachdaten und einer Zuordnung der Varietäten zu historischen Protosystemen bietet darüber hinaus eine wertvolle Basis für weitere Untersuchungen. Der Arbeit kommt dadurch auch ein archivarischer Wert im Sinne einer Sprachdokumentation zu, da die untersuchten Varietäten in ihrer Existenz bedroht sind.

                    Erläuterung dazu auf S 155

                    Viele Grüße
                    Xylander
                    Zuletzt geändert von Xylander; 16.05.2020, 15:35.

                    Kommentar

                    • Ulpius
                      Erfahrener Benutzer
                      • 03.04.2019
                      • 942

                      #11
                      Danke Xylander,
                      das hab' ich sogar gelesen, aber nicht interpretieren können. Vielen Dank auch für das Link. So rutschen manche Worte in den aktiven Wortschatz, die andere daraus zurückdrängen.
                      Ein gestern eingestellter Brief von Karl ist Jahre später geschrieben worden, er zeigt, wie die andere Grammatik Überhand nimmt, wenn man die eigene Sprache nicht mehr spricht. Das ist hier noch nicht der Fall.

                      Kommentar

                      • Xylander
                        Erfahrener Benutzer
                        • 30.10.2009
                        • 6450

                        #12
                        Ulpius, ja, sprach- und bildungsgeschichtlich ist das hochinteressant, mitsamt Dialektanklängen und Rechtschreibfehlern, mit denen der Translator sich allerdings ziemlich plagen wird.

                        Viele Grüße
                        Xylander

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                        • Ulpius
                          Erfahrener Benutzer
                          • 03.04.2019
                          • 942

                          #13
                          Seite 3


                          und in Syracuse die warscheinlich verschiedenes von mir hinausschreiben,
                          allein in diesem Fache kann mir keiner nichts in Weeg legen, gerade
                          wegen solchen Sachen entfernte ich mich von Syracuse, denn was
                          da für ein Gesündel ist, von Landsleuten, es ist wirklich eine
                          Schande, wie sich Landsleute so gegen einander benehmen k(ö)nnen,
                          ich will Euch von diesen Sorten keine Namen nennen, ich bin noch
                          mit allen gut weggekommen, den(n) ich brauche sie nicht, u(nd) will
                          sie nicht. Alles Herbe was ich noch bisher mitmachte, habe ich als
                          Nüzlich betrachtet. Es sind nun 6 Monate, daß ich von Syracuse fort-
                          machte, ich hatte ein guter Plaz bei einem Amerikanischen Mezger
                          ich hatte 12 Dollar den Monat und die Kost mußt aber ziemlich
                          Arbeiten, alle Woche 2 – 3 mal mußte ich aufs Land und Vieh
                          holen, wir haben in einer Woche 3 Ochsen, 2 Schweine, 4 Kälber
                          und einige Schafe geschlachtet so jede Woche das ganze Jahr
                          durch, auch hatte ich 2 schöne Pferde zu besorgen, und
                          mußte manchen Tag, oft ganze Nächte auf dem Lande herumfahren,
                          und Kelber u(nd) Schafe kaufen; auch hatten wir einen schönen
                          großen Garten beim Hause, und da wir im Sommer, besonders
                          die Mezger nicht viel zu Arbeiten haben, so suchte ich immer
                          Arbeit in diesem Garten, und richtete ihn sehr schön her.
                          Was zu dem Mezgergeschäft gehört, daß verstehe ich alles
                          ganz gut, ich kann schlachten, kann Wurstmachen, und nun
                          bin ich zu New-Jork ein Mezger mit Leib und Seele. Seit ich
                          jetzt hier bin muß ich Arbeiten in einem großen Schlacht-
                          hause, da werden alle Tage ungefähr 5 – 600 Schweine
                          geschlachtet, ich habe 8 Dollar die Woche muß ich aber

                          Kommentar

                          • Verano
                            Erfahrener Benutzer
                            • 22.06.2016
                            • 7819

                            #14
                            Hallo,


                            Seite 2:

                            zufrieden seid, ich wünschte Eduard wäre nur 1 Jahr in Amerika hier,
                            er würde dann einsehen, wie es ist, wenn man immer zu Hause sein kann,
                            Viele Grüße August

                            Die Vergangenheit ist ein fremdes Land, dort gelten andere Regeln.

                            Kommentar

                            • Pierre06140
                              Erfahrener Benutzer
                              • 05.08.2018
                              • 155

                              #15
                              Vielen vielen Dank an Sie alle für Ihre wertvolle Hilfe.

                              Pierre

                              Kommentar

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