Latein - Lesehilfe für Gedentext, Epitaph 1579

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  • Posamentierer
    Erfahrener Benutzer
    • 07.03.2015
    • 1035

    [gelöst] Latein - Lesehilfe für Gedentext, Epitaph 1579

    Quelle bzw. Art des Textes: Müller, Johann Christoph und Küster, Georg Gottfried Altes und neues Berlin...(1737).
    Jahr, aus dem der Text stammt: 1579/1737
    Ort/Gegend der Text-Herkunft: Berlin, Nikolaikirche
    Namen um die es sich handeln sollte: Dr. Heinrich Goldbeck


    Ich wünsche allen einen angenehmen Tag!

    Heute brauche ich Eure Hilfe für einen lateinischen Text aus einer Tafel zum Angedenken an einen Verstorbenen (Epitaph). Der Text ist nicht in klarer Prosa verfasst und ich tue mich sehr schwer damit, alles zu verstehen, da mein Lateinunterricht ewig her ist und ich in dem Fach ein wahrhaft lausiger Schüler war.

    Es handelt sich um den Text aus dem Epitaph für Dr. Heinrich Goldbeck aus der Nikolaikirche in Berlin-Mitte, den seine Witwe Ursula Tempelhoff, für ihn nach seinem Tode im Jahr 1579 verfasst hat. Heinrich Goldbeck war Kanzler Brandenburgs.

    Hier die Transkription aus der gedruckten Quelle und ein Link der entsprechenden Stelle:

    Hoc posuit charo monumentum nupta Marito,
    Qui justi cultor, qui pietatis erat.
    Hic ubi defendit Septemvir Marchio pacem
    Cygniker affluxu sed Sprea rura fovet.
    Consilio praestans meritis est nactus honorem
    Laudibus & dignam censuit Aula fidem.
    Post ubi formosum properabat linquere mundum,
    Vivus ero Christi, mortuus, inquit, ero.
    Finiit his annos verbis coelumque petivit,
    Candida mens orbem, gloria corpus humum,
    E tumulo corpus suprema luce resurget,
    Prospera Goldbecci sit maneatque domus.


    Die Quelle ist:
    Müller, Johann Christoph und Küster, Georg Gottfried (1737): Altes und Neues Berlin : vollständige Nachricht von der Stadt Berlin, derselben Erbauern, Lage, Kirchen, Gymnasiis; ingleichen von den Königlichen, und andern öffentlichen Gebäuden; dem Rath-Hause, dessen, und der Bürgerschafft Gütern, Vorrechten, Privilegiis und andern das Policey- und Stadt-Wesen betreffenden Sachen. Wobey dasjenige, so in Krieges- und Friedens-Zeiten von Anno 1106. biss itzo in hiesigen Residentzien merckwürdiges vorgegangen, aus Diplomatibus guten und zuverlässigen, theils auch archivischen Nachrichten und den besten Auctoribus erzehlet wird. - 1., Berlin, 1737, S. 241.
    Zu finden auch hier: linke Spalte unterstes Drittel:

    Hier finden Sie Digitalisate in bester Qualität von Büchern, Handschriften und anderen Medien der Staatsbibliothek zu Berlin.


    Hier sind meine Versuche, den Inhalt in den Griff zu bekommen. Wie gesagt, ich war miserabel in Latein und habe seitdem vieles verlernt...

    Dem geliebten Gatten hat die Braut dies Denkmal errichtet
    der des Rechtes Verehrer und der Pflicht war.
    Hier wo der Siebenerrat der Mark den Frieden bewahrt hat
    treiben Schwäne vorbei, aber die Spree wärmt die Länder.
    Im Rate alle überragend hat er verdient gewonnen des
    Lorbeers Ehre und der Hof hat die Treue geschätzt.
    Wo schnell er dem Schönen der Welt entsagen musste,
    lebendig bin ich Christi gewesen,
    tot, man sagt, ich werde sein.
    Er hat beendet diese Jahre den Wörtern und den Himmel hat er begehrt,
    Strahlend Geist den Kreis
    der Ruhm Verstorbenen den Boden

    aus dem Grab der Körper zum obersten Licht wieder aufersteht.
    Glücklich ist und bleibt der Goldbecken Haus.



    Ich danke allen, die sich damit abmühen sehr herzlich!
    Zuletzt geändert von Posamentierer; 08.08.2021, 15:23. Grund: zu früh abgeschickt
    Lieben Gruß
    Posamentierer
  • Interrogator
    Erfahrener Benutzer
    • 24.10.2014
    • 1982

    #2
    Die letzten Verse:
    Beendet hat er mit diesen Worten die Jahre, den Himmel hat er "erbeten"
    der strahlende Geist den (Erd-)Kreis, der Ruhm den sterblichen? Körper
    Aus dem Grabe beim letzten Licht wird der Körper sich erheben
    glücklich soll sein und bleiben das Haus des G.
    Gruß
    Michael

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    • Posamentierer
      Erfahrener Benutzer
      • 07.03.2015
      • 1035

      #3
      Hallo Michael,

      hab vielen Dank für die Mühe und die Verbesserung des Schlusses!

      Ich habe immer das Problem, dass ein "gefühlter" Inhalt ja auch mit der Grammatik übereinstimmen sollte, aber hier sind Satzstellung und Kasus - schwierig...
      Lieben Gruß
      Posamentierer

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      • Interrogator
        Erfahrener Benutzer
        • 24.10.2014
        • 1982

        #4
        unklar ist mir:

        Hic ubi defendit Septemvir Marchio pacem
        Cygniker affluxu sed Sprea rura fovet.

        dort wo der S. den Frieden verteidigt hat ....
        Marchio nicht Gen., sondern Dat. oder Abl. / oder auch Adjektiv und dann zu affluxu gehörend.
        Cygniker erklärt sich mir auch nicht...
        Gruß
        Michael

        Kommentar

        • Posamentierer
          Erfahrener Benutzer
          • 07.03.2015
          • 1035

          #5
          Vielen Dank, Michael!

          Ich zweifle nicht, dass
          Marchio...Dat. oder Abl. / oder auch Adjektiv und dann zu affluxu gehörend.
          ist.

          Aber auch wenn es grammatikalisch vernünftig ist - inhaltlich scheint es mir nicht stimmig zu sein.

          Da Spree und gleiten/treiben lassen dastehen halte ich die Schwäne als poetisches Bild für nicht abwegig. Aber der Text hat es tatsächlich in sich.
          Lieben Gruß
          Posamentierer

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          • Huber Benedikt
            Erfahrener Benutzer
            • 20.03.2016
            • 4650

            #6
            N abend
            Da steht nicht cygniker sondern cygniger
            Ich seh das als "Ligatur" von cygnus niger, der Schwarzschwan, auch Trauerschwan genannt. (cygnus atratus).
            affluxu ist Ablativ
            Zwar ist derTrauerschwan auf (den Wassern) der Spree treibend, jedoch erquickt/versorgt diese (auch) die Felder.
            Ich seh das als Bild..einerseits Trauer andererseits (neues) Leben spendend
            Ursus magnus oritur
            Rursus agnus moritur

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            • Posamentierer
              Erfahrener Benutzer
              • 07.03.2015
              • 1035

              #7
              Da steht nicht cygniker sondern cygniger
              Ha, ich habs xmal gelesen und nicht gesehen!

              cygnus niger
              Darauf muss man erstmal kommen!!

              Ja, und dann macht das - komplexe - Bild plötzlich wirklich Sinn. Die Stelle hat mich fertig gemacht. Ligatur, vermaledeite...


              Hab vielen lieben Dank, Huber Benedikt.
              Lieben Gruß
              Posamentierer

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              • Huber Benedikt
                Erfahrener Benutzer
                • 20.03.2016
                • 4650

                #8
                moin
                die Allegorie--> Fluss (des Lebens) ist ja oft zu finden.
                Btw "laudibus" hat nix mit Lorbeer (laurea) zu tun sondern heisst "Lob, Ruhm"
                (nur im Plural)

                Ich hab mal versucht, die Poesie zu erfassen:
                Dies Denkmal hier setzte die Ehefrau dem geliebten Gatten
                der ein Verehrer der Gerechtigkeit wie auch der Frömmigkeit war.
                Hier wo er als Mitglied des Siebenerrates in der Mark (Brandenburg) den Frieden verteidigte
                wo der Trauerschwan vorbeitreibt, die Spree aber auch die Felder versorgt.
                Als Vorstand des Rates hat er verdient erworben die Ehre der Berühmtheit
                und der Hof hat die Treue würdig geschätzt
                (hier) wo er sich danach beeilte die schöne Welt zu verlassen
                Zu Lebzeiten werde ich bei Christus (Lokativ) sein, gestorben sagt man, ich werde sein (Auferstehung)
                Beendet hat er diese weltlichen Jahre (Jahre der Dinge) und den Himmel hat er sich ersehnt.......p.p.
                Zuletzt geändert von Huber Benedikt; 10.08.2021, 09:59.
                Ursus magnus oritur
                Rursus agnus moritur

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                • Posamentierer
                  Erfahrener Benutzer
                  • 07.03.2015
                  • 1035

                  #9
                  Danke, Hubert Benedikt,

                  damit hast Du mir sehr geholfen und - wie ich finde - die Anfrage zum Abschluss gebracht.

                  Es hat mich sehr gefreut, dass Ihr Euch so engagiert habt, Danke!
                  Lieben Gruß
                  Posamentierer

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