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  • Friedrich
    Moderator
    • 02.12.2007
    • 11326

    Lat. Sterbeeintrag (1807)

    Hintiberi

    Ich bin's nochmal, diesmal mit einem Sterbeeintrag - mir geht's wiederum vorrangig um das blau unterlegte!
    Anno Christi incarnati 1807
    16tâ Martii piz obiit moribundorum Sacramentis praemunita Gertrudis Wendt conjugata Vorthmann v. Lüning Sub Nr. 32 annorum 50 quo 18vâ ejusdem consepulta. R.J.s.
    (das letzte bedeutet wohl "...die am 18. beerdigt wurde" - aber wofür steht "consepulta"?)

    Friedhard Pfeiffer

    Etwa:
    Zu Beginn des Jahres 1807
    16ten März ??? starb mit den Sakramenten versehen Gertrud Wendt verheiratete Vorthmann aus Lüning unter der Nummer 32 50 Jahre [que =] und wurde am 18ten desselben [Monats] bestattet. R. J. s.

    p. s.
    consepulta heißt "zusammen" bestattet. Es könnte als am gleichen Tag eine weitere Beerdigung stattgefunden haben.

    Hintiberi

    Wofür könnte dieses "R.J.s." (das "s" war schlecht geschriben, daher bin ich nicht sicher, ob es wirklich ein s war) stehen?!
    Ich werde beim nächsten Mal nochmal nachschauen, ob es am selben Tage noch eine Beerdigung gab.

    Schlumpf

    ..müsste
    pie obiit = fromm verstarb ....
    und R.I.P = requiescat in pace=
    sie ruhe in Frieden ( ruhe sanft )
    "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
    (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

    Kommentar

    • Friedrich
      Moderator
      • 02.12.2007
      • 11326

      Lat. Heiratseintrag (1781)

      Hintiberi

      Wieder ein Heiratseintrag - für eure Hilfe bin ich sehr dankbar
      --> eine Übersetzung für das blau unterlegte reicht mir vollkommen!
      Annus Domini 1781
      15tâ Januarij praemissis testibus proclamationibus visisq Dimissorialibus â R.R.R.D.D. Parochis Domini Bodenheur in Horn et Dno Reising in Ostinghausen nulloque legitimo impedimento allato Conradum Went viduum natum Christophori Went et Gertrudis Jungman et Annam Margaretham Kellerhoff ex Ostinghausen natam Jodoci Kellerhoff et Elisabetha Soethoff Solemniter per verba de praesenti matrimonio conjunxi praesentibus testibus joanne victore Fleige condicto Becker et Winoldo Wolldemeiner condicto Lüning.

      Friedhard Pfeiffer

      [visisq"ue"] und gesehener Entlassung durch R. R. R. D. D. Pfarrer Dominus Bodenheuer in Horn [Kreis Lippstadt, Kirchspiel Horn] und Herrn Reising in Ostinghausen [Kreis Soest, Kirchspiel Ostinghausen] und durch kein gesetzliches Hindernis bereit
      habe ich feierlich durch Worte [besser vielleicht: Hochzeitspredigt] gegenwärtig getraut

      Hintiberi

      Weißt Du zufällig, was dieses "R.R.R.D.D." bedeutet?! Gehört das zum Titel des Geistlichen, oder hat diese Buchstabenfolge etwas anderes zu bedeuten?!

      j.steffen

      ich nehme an, die Abk. "R.R.R.D.D." heißt Reverendissimis Dominis (oder andere Kasus-Endungen), also die höchstzuverehrenden Herren.

      das haben die nicht über sich selbst geschrieben, sondern über die hochzuverehrenden Kollegen Pfarrer, die den Entlassbrief (dimissoriale) erteilt hatten für die Trauung in der anderen Gemeinde.
      Ist also nur kollegiale Höflichkeit, ohne besonderen Duft

      Hintiberi

      Undweshalb soviee R. und D.?! Für jeden Herren eins?! Dann ist eine von dreien wohl hochzuverehrend, aber kein Herr (nur 2xD.)

      Schlumpf

      Anmerkung: „per verba de praesenti“ ist eine formelhafte Wendung, vgl. Denziger- Schönmetzer, Enchidridion symbolorum, definitioneum et declarationum editio
      VII
      XXXIV, u.a. Freiburg 1967, 1327:“Causa efficiens matrimonium regulariter est mutuus consesus per verba de praesenti expressus“ (Die Wirkursache der Eheschließung ist in der Regel das durch (vernehmbare) Worte in der Öffentlichkeit ausgedrückte gegenseitige Ein-verständnis).

      j.steffen

      so genau weiß ich das auch nicht, logisch wäre aber etwa folgendes:
      R.D. = Reverendus Dominus = 1 ehrwürdiger Herr
      RR.DD. = Reverendi Domini = 2 (oder mehrere) ehrwürdige Herren
      RRR.DD. = Reverendissimi Domini = 2 (oder mehrere) höchst ehrwürdige Herren; dies aber ohne Garantie, dürfte auch vom genauen Stand innerhalber der kirchl. Hierarchie abhängen.
      "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
      (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

      Kommentar

      • Friedrich
        Moderator
        • 02.12.2007
        • 11326

        DaniJ

        Jahr aus dem der Begriff stammt: 1820
        Region aus der der Begriff stammt: Grabow Kr. Sorau, KB Niewerle
        ich hab da mal eine Bitte. Im o.g. Kirchenbuch stoße ich immer wieder auf den Wortlaut "nach der Nahrung". Das steht immer in Verbindung mit Nachnamen. Ich habe euch mal ein Beispiel angehangen. Steht da wirklich Nahrung?! Und wenn ja, was hat dies zu bedeuten?! Bin total ratlos ...

        Joachim v. Roy

        Sie haben durchaus recht, es heißt wirklich „nach der Nahrung“.
        Ich vermute, daß im vorliegenden Fall der „Gärtner in Grabow“ Hans Christoph Hallex seinen Lebensunterhalt nicht als Gärtner, sondern als „Schultze“ (= Bürgermeister) verdiente, er sich also von dem Geld, das er als Schulze erhielt, „ernährte“. Könnte eine solche Annahme zutreffen?

        Dani

        leider denke ich nicht, dass dies zutrifft, da es in dem Kirchenbuch auch noch weitere Personen gibt, die auch "nach der Nahrung" einen anderen Namen trugen.
        Zum Beispiel: [...] Gottlieb Kulke, nach der Nahrung Hallex [...]
        Und da Hallex ja ein eindeutiger Name und kein Beruf ist, sollte Ihre Erklärung leider nicht zutreffen ... was Schade ist, da dieser Wortlaut wirklich extrem oft in den Kirchenbüchern von Niewerle auftaucht. Und vor allem in so vielen verschiedenen Familien ...

        Marlies

        auf welchen Urkunden taucht denn dieses "nach der Nahrung" auf?
        Taufe/Heirat/Sterbeurkunde?

        Dani

        "nach der Nahrung" taucht sowohl in Tauf-, Trauungs- als auch in Sterbeurkunden auf.
        Mir ist aufgefallen, dass dieses "nach der Nahrung" immer nur bei Männern steht ...
        Ein paar Beispiel mal vorab (ich werde mich bemühen, die Originale heute abend einzuscannen und morgen hier einzustellen):
        (1) Tauf-Nachrichten 1820 KB Niewerle:
        Name, Stand und Wohnort des Vaters
        Hans Christoph Hallex, nach der Nahrung Schultze, Gärtner in Grabow.
        (2) Trauungs-Anzeigen 1820 KB Niewerle:
        Name des Bräutigams
        Gottfried Noack, Maurergesell in Brinsdorf, Christian Noack's, nach der Nahrung Höhne, Bauers in Brinsdorf, dritter ehelicher Sohn. 26 Jahre alt.
        (3) Todten-Anzeigen 1836 KB Niewerle:
        Name des Verstorbenen
        Hans Christoph Lehmann
        Bürgerliche Verhältnisse des Verstorbenen
        nach der Nahr. Noack, Gärtner in Grabow

        Irmgard

        die Bezeichnung 'nach der Nahrung' dürfte gleichbedeutend sein mit 'nach dem Hof (=Namen)' oder findest du auch 'genannt' bzw. 'vulgo'?

        Dani

        also 'genannt' oder 'vulgo' habe ich in Verbindung mit 'nach der Nahrung' noch nicht finden können.

        Hintiberi

        ch vermute wie Irmgard, daß es sich jeweils um den Hofnamen handelt - versuche mal herauszufinden, ob es früher und viell. sogar heute noch Höfe und/oder Hausstätten mit jenen Namen in Deinem Suchort gibt.
        Zusätzlich hier ein Auszug aus dem Wörterbuch der Brüder Grimm, Stichwort "Nahrung":
        Zitat: d) nahrung oder ackernahrung, ein ackergut, eine landwirtschaft, die den inhaber als selbstständigen ackerwirt ernährt. [...]
        wegen regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen verhältnisse vom 29. mai 1816 (gesetzsamlung für das königreich Preuszen 1816 s. 154 ff.) wird dafür neben einander bäuerliche nahrung, bäuerliche stelle, ackernahrung und bauerhof gebraucht: besitzer bäuerlicher nahrungen.
        artikel 1; um das schwankende des begriffs der bäuerlichen stellen zu ergänzen, verordnen wir, dasz den bestimmungen des edikts diejenigen bäuerlichen stellen unterliegen, bei welchen sich gleichzeitig folgende eigenschaften finden:
        a) dasz ihre hauptbestimmung ist, ihren inhaber als selbstständigen ackerwirth zu ernähren.
        artikel 4; es sind davon ausgeschlossen:
        a) die dienstfamilien - etablissements im gegensatze der ackernahrungen. müssen von der stelle dem gutsherrn spanndienste geleistet werden, oder hat der besitzer bisher gewöhnlich zu deren bewirthschaftung zugvieh gehalten, so ist sie eine ackernahrung;
        b) die aus vorwerksland .. gebildeten, für sich bestehenden ackernahrungen u. s. w.
        artikel 5; sind mit einem bauerhofe besondere, nicht auf den landbau, sondern auf andere nahrungen abzweckende etablissements oder gerechtigkeiten, als mühlen, schmieden, krüge u. s. w. (s. b) verbunden, so finden die vorschriften des edikts zwar auf die bestandtheile des bauerhofes anwendung, wegen der zugelegten nahrungen .. behält es aber bei dem besondern deshalb bisher bestandenen rechtsverhältnisz sein bewenden.
        artikel 8; die provinz Preuszen weist ungefähr 23000 spannfähige nahrungen, Posen 48000, Pommern 21000, Schlesien 69000, Brandenburg 49600 und Sachsen über 50000 auf. Frankf. journal vom 14. jan. 1873 hauptblatt (bericht über die sitzung des preusz. abgeordnetenhauses vom 11. jan. aus der rede des abgeordneten W. LÖWE, der mir brieflich mittheilt, dasz das wort fast nur in den östlichen provinzen für 'kleine landwirtschaften' vorkomme und dasz es auch von ihm in seinem antrage auf theilung der domänen in kleine wirtschaften, wo es sich besonders um die östlichen provinzen handelte, nur in diesem sinne gebraucht worden sei).

        roi

        Ich denke auch, dass es sich um Hofnamen handelt - aber nicht unbedingt im Sinne der Genannt-Namen, sondern eher als Arbeitgeber - sozusagen als Adresse, auf welchem Hof der Betreffende gelebt und gearbeitet hat.
        Wenn das stimmte, kämen aber weniger Familienväter, sondern eher Knechte in Betracht (wo blieben dann die Mägde?) oder es könnte auch um die Familien der Landarbeiter (Heuerlinge) gehen, die in der Regel bestimmten Höfen zugeordnet waren und ein Haus bewohnten, das zum Hof gehörte.
        Ich habe aber den Ausdruck auch noch nie gehört - ist also nur eine Überlegung.

        Silanna

        aus dem deutschen Wörterbuch die Definitionen von Nahrung:
        Lebensmittel
        Unterhalt
        Gewerbe
        Brennstoff
        Gerbebrei
        Antrieb
        Bauernhof
        wobei ich mich der Erklärung von Joachim v. Roy anschließe, denn wenn man den Begriff Gewerbe mit Beruf übersetzt, wäre es einleuchtend:
        Hans Christoph Hallex
        von Beruf Schultze
        Gärtner in Grabow.
        Vielleicht gehörte der Ausdruck "auf der Nahrung" zu der Standessprache in dieser Region, so wie Mundarten oder Spracheigenarten.

        Strobo

        Ich hab mal unsere Uroma gefragt, sie meinte das würde wohl bedeuten, dass jemand bei einem anderem in Brot stand, also der andere für ihn gesorgt hat.
        Heute würde man sowas wohl "Arbeit gegen Kost und Logis" nennen.
        Genau weiss sie es aber auch nicht.

        liseboettcher

        Ich hatte "die Nahrung" auch früher nie gehört, da die meisten meiner Vorfahren aus Mitteldeutschland stammen. Erst als ein Vater aus Benau Krs. Sorau/ jetzt Polen, also etwa Niederschlesien? auftauchte, kam im Bericht über seine Abstammung die Bezeichnung "Nahrung" vermutlich als Bauernhof-Bezeichnung mehrfach vor. Es ist also sicherlich eine Bezeichnung, die landschaftsbezogen verwendet wird.
        "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
        (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

        Kommentar

        • Friedrich
          Moderator
          • 02.12.2007
          • 11326

          Begriffsklärung "Copulierte" und "Dimittierte" im Kirchenbuch

          Alex71

          Es geht darum, dass ich gerade in dem "Ehebuch der Reformierten Gemeinde Wermelskirchen (anfangend auf 1767)" recherchiere. Darin ist jedes neu beginnende Jahr mit "Copulierte und Dimittierte 17XX" überschrieben.
          Dass mit "Copulation" die Trauung gemeint ist, kann ich mir ja noch zusammenreimen. Aber was bedeutet in diesem Zusammenhang "dimittiert"? Einige Traueinträge beginnen denn auch mit dem Hinweis: "nach Sowieso dimittiert: ..." (wobei "Sowieso" für einen beliebigen Ort steht).
          Zwei Beispiele von kompletten Traueinträgen zur Veranschaulichung:
          Beispiel 1 (unter März 1782): "31. nach Dabringhausen dimittiert: Joh. Sebastian Eckstein in der Stadt Schlitz und Catharina Gertrud Steffens hier getauft."
          Beispiel 2 (unter März 1777): "23. wurden nach Remscheid dimittiert: Johann Peter Neitzert zu Puderbach im Dierdorfschen und Anna Catharina Boelefeld zu Remscheid getauft."
          Ich habe noch ein 3. Beispiel gefunden, wo an eine Person dimittiert wird. In einem Eintrag unter Juli 1785 heißt es:
          "21. an Herrn P. Missionarium dimittiert: Johannes Josef Schmitz zu Meikenheim und Clara Catharina Kiel, hier getauft."
          Mein Fremdwörterbuch erklärt "dimittieren" mit "entlassen, verabschieden". Könnte es sich also jeweils um Wohnortwechsel handeln? Das 3. Beispiel würde dieser Deutung allerdings widersprechen.

          Udo Wilhelm

          folgendes fand ich für Dimittiert
          dimittieren (lateinisch):
          entlassen, ausschließen (aus Schulen, studentischen Verbindungen).
          dimittieren:
          zwecks Eheschließung in eine andere Pfarre entlassen,
          aus einem Dienstverhältnis entlassen
          Dimittieren (lat.), entlassen, verabschieden; Dimitténd, ein zu Entlassender;
          im Schulwesen s. v. w. Abiturient.

          Alex71

          Allmählich bekomme ich mehr Klarheit. Ich verstehe es jetzt so, dass der Teil des Brautpaares, für dessen Kirchenbucheintrag eigentlich Wermelskirchen zuständig war, an die für den Brautpartner zuständige Pfarrei überwiesen wurde, wenn die Brautleute aus unterschiedlichen Orten kamen und sich in dem Ort trauen lassen wollten, in dem der nicht in Wermelskirchen ansässige Partner lebte.
          Mir fällt auch gerade auf, dass in den Traueinträgen mit Hinweis auf dimittiert keine Trauzeugen aufgeführt sind.
          Wenn ich das jetzt weiterdenke, müsste doch in dem Ort, nach dem dimittiert wurde, ebenfalls ein Kirchenbucheintrag des jeweiligen Paares mit demselben Datum zu finden sein.

          roi

          An dem Ort, zu dem dimmitiert wurde, fand gewöhnlich die Hozeit statt und da sollte es auf jeden Fall einen entsprechenden Eintrag geben.
          Noch ein Bemerkung in dem Zusammenhang:
          Die Mormonen unterscheiden im Internet (IGI) nicht nach Hochzeit und Dimmitierung. Es hat mich beim ersten Mal ganz schön verwirrt, das dass gleiche paar offensichtlich kurz hinter einander an zwei verschiedenen Orten geheiratet haben soll!
          Inzwischen gehe ich davon aus, dass es sich beim ersten Datum gewöhnlich um eine Entlassung und beim zweiten um die Hochzeit handelt und suche das dann entsprechend in den Kirchenbüchern.

          Alex71

          Ich muss also weitere Kirchenbücher heranziehen, um das tatsächliche Trauungsdatum herauszufinden. Ohne Udos und Deine Hilfe hätte ich wahrscheinlich wie die Mormonen auch keinen Unterschied zwischen "Copulation" und "Dimittierung" gesehen.

          Schlumpf

          Nun denn, sowas ist vielleicht etwas kompliziert. Latein ist bei Protestanten nicht so präsent.
          Hier dreht es sich um 2 lutherische und eine reformierte Gemeinden im Hzm Berg. Das ist insofern interessant, weil es sich um Jahrgänge nach 1770 handelt.
          Das KB Wermelskirchen (ref) 1767 nennt Copulierte und Dimittierte.
          Copulierte sind die Brautleute, die in der Pfarrei Wermelskirchen geheiratet haben. Dimittierte bekamen einen Losschein (Dimissio) zum Pastor der jeweiligen Gemeinde um dort die Ehe eingehen zu können. Manchmal wird sowas auch " Taufzeugnis" genannt. Das ganze Prozedere ist so eine Sache und mutet etwas katholisch an. Nun denn, das ganze Hzm Berg ist sowieso ein einziger konfesioneller Flickenteppich.
          Der Grund für solches war ein Erlass des Pfälzer Kurfürsten Carl Theodor vom 18.11.1769. Darin wird dieses Prozedere vorgeschrieben. Die Brauleute hatten sich also im Heimat- und im Wohnort proclamieren (verkündigen) zu lassen und beide Pfarrer hatten die Brautleute zu beurkunden.
          Dabei sind bei einer Dimissio (meistens) bei der auswärtigen Person die Eltern nicht überliefert. Zeugen fehlen ebenfalls öfters.

          Alex71

          Bei mir ist damit nun die Frage aufgekommen, ob denn die Brautleute die Konfession der Gemeinde annehmen mussten, nach der dimittiert wurde. Wenn also die Trauung z. B. in Dabringhausen stattfand (s. obiges Beispiel 1), mussten dann beide Brautleute lutherisch sein, oder war man so tolerant, auch einen Reformierten zur Trauung zuzulassen, wenn wenigstens der Brautpartner lutherisch war?

          Schlumpf

          ....Moment, so schlimm ist das nun auch wieder nicht. Das Wörtchens "Dimittiert" oder " Dimissus est ... ad pastorem in ..... RD. ..." bedeutet nur, dass jemand aus der eigenen Pfarrei in einer anderen Pfarrei geheiratet hat oder gedachte dort zu heiraten.
          Im Allgemeinen war das so eine Sache: Konfessionsverschiedene Ehen bei den Protestanten. Ich kenne das nur von den Vorfahren meiner Frau:
          Es war wohl im Wuppertale ( Elberfeld, Ronsdorf) schlimmer, wenn ein Reformierter eine Lutherische heiratete, als wenn er eine Katholische zur Frau genommen hätte. Dennoch kam es sehr häufig vor, dass zwischen den beiden prot. Konfessionen hin und her geheiratet wurde.
          Dann steht aber im KB immer der Passus: Lutheranus (Lutherang) oder Ultquatorix = lutherisch
          Calvinsche oder Cavinsche = reformiert bzw Papist = katholisch
          Was mich aber nun doch völlig irritiert: Ich bin nun kein Freund der Mormonenforschungen. Aber ich hätte doch gedacht, dass man im IGI oder anderen Dateien den Unterschied gekannt hätte.

          Hintiberi

          ich möchte hier keine Lanze für die Mormonen brechen, aber zum IGI sei soviel angemerkt:
          Die Mormonen haben etliche Kirchenbücher verfilmt, diese sind z.T. in den Forschungsstellen der Mormonen einsehbar und auf diesen Filmen findet man eben genau das wieder, was auch im Kirchenbuch steht - es ist eine photomechanische Wiedergabe, eine Ablichtung.
          Der IGI ist ein von diversen Quellen zusammengesetzter Index von Namen für getaufte und geboren Personen, nach den jeweiligen Ortschaften sortiert; das ist das, was man in der Datenbank der Mormonen finden kann - nicht mehr, und nicht weniger.
          Dort sind also nur registerhaft die wichtigsten Namen und Daten angegeben; also Heirats- und Taufdaten, die Namen der Getrauten und Getauften (letztere üblicherwesie mit Namen der Eltern).
          Der IGI unterscheidet deshalb nicht nach Dimittierten und Copulierten, weil lediglich die Grunddaten der Einträge erfaßt sind - wobei ich Schlumpf hier vollkommen zustimmen muß:
          Der IGI eignet sich keinesfalls zur Familien- und Ahnenforschung - ABER: Der IGI gibt Hinweise!
          --> Man kann im IGI nach seinen Suchnamen oder in seinen Suchgebieten schauen, ob vielleicht schon Einträge als Index vorliegen und so manchmal schon ein Datum als Anhaltspunkt vorfinden - aber NACHSCHAUEN sollte man diese immer anhand der Kirchenbücher oder der Verfilmungen - nur hier gibt es die ganzen Daten, neben dem Tauftag oft auch den Geburtstag, und v.a. die Taufpaten, Trauzeugen und auch die evtl. Randvermerke sowie eben der Vermerk, ob es sich bei Heiraten um die tatsächliche Trauung oder aber um die Dimissio handelt. Bei letzterer dann eben üblicherweise der Hinweis, in welchen Ort der zu Copulierende entlassen wurde.
          Neben den Taufeinträgen ist nicht selten der Todestag vermerkt, was dann auch das Auffinden desselben vereinfacht - zumal die Sterbedaten von den Mormonen nicht erfaßt werden (allenfalls beiläufig).
          "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
          (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

          Kommentar

          • Friedrich
            Moderator
            • 02.12.2007
            • 11326

            Erbbeständer

            wolli222

            Jahr aus dem der Begriff stammt: ca. 1800
            Region aus der der Begriff stammt: Hessen

            habe gerade erfahren, dass einer meiner Vorfahren ein Erbbeständer war.
            Kann mir jemand ne schöne Erklärung für diesen Begriff geben. Bei Google fanden sich nicht so tolle Einträge

            Marlies

            lt. genealogisch-etymologischem Lexikon: Erbpächter=Erbbeständer
            Er hat das Nutzungsrecht und Verkaufsrecht eines Bauerngutes. Der Erbpächter hatte bei Abschluß und der Übernahme das Erbbestandsgeld bezahlt. Jährlich wurde ein Erbzins bzw. Erbbestandsgeld in Naturalien oder Geld an den Oberherren, Erbherren des Gutes fällig. Bei irgendwelchen Veränderungen des Erbpächters mußte die Erbpacht und ein laudenium (Handlohn) bzw. mortuairium (Todfall) gezahlt werden. Mit der Bauernbefreiung wurde die Erbpacht (bis auf Mecklenburg) beseitigt.
            "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
            (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

            Kommentar

            • Friedrich
              Moderator
              • 02.12.2007
              • 11326

              Alter: quatre vingt trois

              Maria H

              Quelle bzw. Art des Textes: Sterbeurk.
              Jahr aus dem der Text stammt: 1810
              Ort/Gegend der Text-Herkunft: Viersen/NRW
              ich habe hier eine Sterbeurk. in franz. das Alter des Verstorbenen ist so angegeben:
              age de quatre vingt trois ans
              40 20 3 = 63 Jahre ????

              BenediktB

              quatre = 4
              vingt = 20
              trois = 3
              d.h. 4x20 + 3 = 83
              "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
              (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

              Kommentar

              • Friedrich
                Moderator
                • 02.12.2007
                • 11326

                Latein, Hochzeit: praevia censura parochiati copulirt

                wolli222

                Jahr aus dem der Begriff stammt: 1819
                Region aus der der Begriff stammt: Hessen
                ich habe hier einen Eintrag aus einem Traubuch von 1819.
                Das was auf Latein geschrieben wurde ist nicht unbedingt wichtig, ich würde aber trotzdem gern wissen, was es genau bedeutet. Ich habe nur in etwa eine wörtliche Übersetzung geschafft.
                "praevia censura parochiati copulirt"

                Friedhard Pfeiffer

                praevius, -a, -um = vorausgehend
                censura, -ae = Zensur, Prüfung
                parochiatus = zum Pfarrer gehörig
                copulirt = [zur Ehe] verbunden
                Hier also "wurde nach vorausgehender Prüfung des Pfarrer getraut"
                "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

                Kommentar

                • Friedrich
                  Moderator
                  • 02.12.2007
                  • 11326

                  Hochzeit/Trauung: porfestionieren?

                  Glindmeyer

                  Was bedeutet im Zusammenhang mit einer Heirat "porfestionieren"?
                  Jahre: 1775/1780, Gegend: Westfalen

                  Marlies

                  Lesefehler ausgeschlossen? Es wäre gut, wenn Du uns den ganzen Eintrag zur Verfügung stellen könntest, damit wir den "Zusammenhang" erkennen können. Z.B in welcher Spalte des Kirchenbucheintrages dieses Wort steht.

                  Glindmeyer

                  ich hatte geglaubt, daß dieser Ausdruck anstelle copuliert steht, da es sich bei dem betr. Paar um einen Witwer/ Vidius und eine Witwe/Vidia handelte, aber wenn ich jetzt die ganzen Kirchenbuchseiten ansehe, dann wird der Ausdruck auch bei Heirat von Juv. also Jungesellen verwendet
                  Aber ich sehe jetzt den Unterschied: Möglicherweise fanden die Trauungen nicht in der Kirche sondern zu Hause statt.
                  Ich würde also definieren: porfestioniert = (por/pour) zusammengefügt
                  "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                  (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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                  • Friedrich
                    Moderator
                    • 02.12.2007
                    • 11326

                    Eheschließungen

                    Raschjutta

                    was hieß es im 18. oder 19. Jahrhundert in der katholischen Kirche wenn man
                    2. Grades verwandt war.
                    Es können ja wohl nicht Schwester und Bruder gewesen sein.

                    Marlies

                    schau mal hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Verwandtschaftsbeziehung
                    "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                    (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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                    • Friedrich
                      Moderator
                      • 02.12.2007
                      • 11326

                      in tegularia

                      Monika Holl

                      habe den Zusatz "in tegularia" nach einer Berufsbezeichnung gefunden. Ich weiss, dass tegula = Dachziegel bedeutet. Aber die korrekte Bedeutung mit Beruf voran und weshalb überhaupt erwähnt, weiss ich leider nicht.

                      Marlies

                      wie lautet denn die Berufsbezeichnung?

                      Doc

                      "tegularia" heisst Ziegelei!

                      Monika Holl

                      da gibt es mehrere Einträge.
                      1. civis et cauponis in tegularia
                      2. civis in tegularia et textoris
                      3. civis in tegularia
                      Es gibt aber in der Nähe ein Ort mit Namen Ziegelhausen (heute Stadtteil von Heidelberg). Ich meine zu wissen, dass dort mal eine Ziegelei stand (oder gab es diese überall?) Ist aber doch ca. 10km entfernt vom Dilsberg (bei Neckargemünd - 20km von Heidelberg). Ich dachte, dass sich die Ausübung des Berufes auf "tegularia" bezog, aber anscheinend hat er dort auch gewohnt. Die Taufen der Kinder sind im KB von Dilsberg erwähnt. Weiss im Moment aber nicht zu was Ziegelhausen damals gehörte.

                      Marlies

                      bei den angegebenen Berufsbezeichnungen würde ich eher zum Ort Ziegelhausen tendieren, denn ein Bürger und Wirt, ein Bürger und Weber, ein Bürger in einer Ziegelei ist für mich eher unwahrscheinlich. (obwohl die direkte Übersetzung tegularia = Ziegelei ja stimmt)
                      "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                      (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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                      • Friedrich
                        Moderator
                        • 02.12.2007
                        • 11326

                        Lecturis Salutem in Domino

                        Doc

                        Jahr aus dem der Begriff stammt: 1797
                        Region aus der der Begriff stammt: Eichstädt/Bayern
                        als Überschrift (nennt man das Invocatio?) eines lat. Taufbriefes finde ich diese Phrase; kommt wohl als Dokumentanfang häufig vor, denn bei Google gehen da massenhaft Seiten hoch; wird dort übersetzt mit "Dem Leser Gruß/Heil im Herrn"
                        Ist das richtig?
                        Welche grammat. Form ist das aber und von welchem Wort leitet sich das ab? Wohl nicht von lector, denn wo kommt das "-uris" her, vielleicht von legere, was "lesen" aber auch "auswählen" heissen kann?

                        Friedhard Pfeiffer

                        die (eine) Überschrift heißt inscriptio, -onis oder titulus, -i.
                        Invacatio, -onis bedeutet Anrufung.
                        lecturis ist zumindest kein klassisches Latein. Es könnte vielleicht der Komparativ (= erste Steigerungsstufe) von lectus = erlesen, ausgezeichnet sein, müsste dann aber lectior (männlich) oder lectioris (weiblich, Genetiv) sein.
                        salutem ist Päsens Konjunktiv = ich möge grüßen
                        Alles in Allem würde ich als Übersetzungsversuch wagen:
                        "Ich möge im Herrn die Ausgezeichneteren grüßen"

                        j.steffen

                        wenn ich mich recht erinnere, ist das ein Partizip des Futurs. Die Grundform wäre lecturus = einer, der lesen wird. Lecturis ist dann der Dativ Plural = denen, die [diesen Text] lesen werden, u. das passt ja zu der erwähnten Übersetzung. Das Partizip Futur ist durchaus klassisches Latein, nur nicht so häufig; bekannteres Beispiel : Morituri te salutant = die, die sterben werden, grüßen dich (Gruß der Gladiatoren vor dem Kampf an den Herrscher).

                        Friedhard Pfeiffer

                        RICHTIG (Latein war mit Abstand mein schlechtetes Fach):
                        Ich will grüßen im Herrn die, die lesen werden.
                        Warum nicht der Akkusativ (lecturos), sondern der Dativ (lecturis) verwendet wird, kann ich mir nicht erklären.
                        "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                        (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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                        • Friedrich
                          Moderator
                          • 02.12.2007
                          • 11326

                          Tagelöhner?

                          anlup

                          bei meinen Vorfahren taucht häufiger mal der Beruf des „Tagelöhners” auf. Was genau muss ich mir darunter vorstellen? Ist das so, dass sich ein Tagelöhner jeden Tag einen neuen Job suchen musste (dann vermutlich in der Landwirtschaft)? Oder liege ich da völlig falsch…

                          Marlies

                          aus dem genealogisch etymologischen Lexikon:
                          Tagelöhner: ein Beschäftigter für jeweils einen Tag, mit dem Tagelohn, für eine täglich kündbare Arbeit. Er wurde besonders in der Landwirtschaft oder im Forst beschäftigt.

                          anlup

                          War das denn üblich, dass sich ein Tagelöhner häufig (nicht unbedingt täglich) eine neue Arbeit suchen musste oder wurde er schon üblicherweise längerfristig beschäftigt? Ansonsten müssten diese Leute doch wahnsinnig oft den Wohnort gewechselt haben, was zumindest bei meinen Vorfahren eigentlich nicht der Fall war.

                          Marlies

                          nein deswegen müssen sie nicht unebdingt den Wohnort wechseln, es gab meistens im Umkreis genügend "Arbeitgeber" sprich Gutsbesitzer, Großbauern usw. bei dem sie nach Bedarf der jeweiligen Herren beschäftigt werden konnten. Da gabs im Frühjahr das Ausbringen der Saat, im Sommer die Ernte des Getreides, im Herbst das Dreschen, im Winter die Wiederinstandbringung der Geräte, also Arbeit war rund ums Jahr da. Man stelle sich vor, wie lange alleine das Abmähen eines Getreidefeldes gedauert hat und ebenso das anschließende Dreschen. (Es gab ja keine Maschinen) Auch die Arbeiten im Forst nahmen viel Zeit in Anspruch, (Spätherbst und Winterarbeiten) Bäume fällen (per Hand) zu Bauholz verarbeiten dauert seine Zeit.

                          Luise

                          Bei den Bauern war es oft so, dass sie, wenn es im Winter keine Arbeit auf den Feldern gab, sich dann als Tagelöhner verdingt haben.

                          Strobel

                          Tagelöhner nahmen jede Arbeit an, welche bei den Bauern am Wohnort oder in der näheren Umgebung angeboten wurde. Das konnte in den Erntemonaten durchaus sein, dass hier auch einmal für mehrere Tage bei einem Bauern genügend kräftige Hände gebraucht wurden. Oft wurde dieser Lohn auch mit Naturalien ausgezahlt.
                          Hier ein paar Tageslöhne aus einem großen Kloster in Württemberg im Jahr 1790: Mäh- und Heuarbeiten 12 Kreuzer, Kartoffelernte und Heustockarbeiten 8 Kreuzer und letztlich 6 Kreuzer für eine Wäscherin. Zum Vergleich kostete zu dieser Zeit ein 2-kg-Brot oder 1Pfund Schmalz 24 Kreuzer. Es dürfte klar sein, dass das Kloster noch gute Löhne bezahlt und die meisten Bauern eher eine geringere Entlohnung gehabt haben dürften.
                          Das Leben dieser Leute war äußerst hart und kärglich. Gerade in den Wintermonaten gab es natürlich wenig Arbeit und man war häufig auf Almosen angewiesen. Man glaubt es kaum, aber gerade heute gibt es immer noch Tagelöhner, welch sich jeden Tag beim Arbeitsamt einen neuen Tagesjob suchen. Sicherlich sind diese nicht mehr so stark verbreitet, wie dies in der bäuerlich geprägten Welt in der Vergangenheit der Fall war. Ja, die gute alte Zeit, war lange nicht so rosig, wie uns gelegentlich vorgegaukelt wird. Ich bin jedenfalls froh, dass ich nicht in diese Zeit geboren wurde.
                          Zum Tagelöhner wurden früher meist Knecht und Mägde, welche durch die Heirat bei den Bauern nicht mehr untergebracht und beschäftigt wurden.

                          gudrun

                          das Leben eines Tagelöhners muß nicht unbedingt so ärmlich gewesen sein.
                          Er war einiger der wenigen die Bargeld hatten. Meistens hatten sie auch eine kleine Hütte als Eigentum und etwas Grund (Garten drumherum)
                          Ein Vorfahre (Tagelöhner) konnte seinem Kind die Ausbildung zum Sattler ermöglichen. Damals mußte meistens noch Lehrgeld bezahlt werden.

                          Irmgard

                          Tagelöhner ist eine soziale Stellung wie ledig und verheiratet.
                          Tagelöhner heißt : der Mann ist frei und arbeitet für ausgehandelten Lohn eine bestimmte Zeit für einen Arbeitgeber.
                          Der Arbeitgeber hat keine Verantwortung für Unterbringung, Versorgung (auch im Alter) und Heilmittel wie für einen Knecht, der Essen und Kleidung und Unterkunft und am Jahresende sein Gehalt bekommt, egal ob das Jahr gut war oder schlecht, dafür aber um Erlaubnis fragen muß, wenn er heiraten will und den Hof nicht einfach verlassen darf.
                          Diese Freiheit des Tagelöhners, der keinerlei Frondienste (Gemeinschaftsdienste) leisten mußte und keiner Zunft angehörte, wurde allgemein nicht gerne gesehen.

                          Strobel

                          mein Großvater war noch bis in die 30er Jahre Tagelöhner. Ich könnte da jetzt mit vielen Details aus erster Hand aufwarten. Das Einkommen der ganzen Familie reichte kaum für den Lebensunterhalt. Woher da Geld für ein eigenes Häuschen gekommen sein soll, kann ich mir nicht vorstellen. Hier wird wohl der Tagelöhner mit einem Gütler verwechselt.
                          @Irmgard: Frondienste mussten von allen Einwohner eines Ortes geleistet werden. Der Tagelöhner stand an der untersten Leiter der Stände im Dorf. Man wird sich da wohl bei unangenehmen Aufgaben gerne an jene Leute erinnert haben.

                          Irmgard

                          Tagelöhner leisteten Frondienst gegen Bezahlung, waren aber selber zu keinerlei Hand-, Spann- oder Frondiensten verpflichtet. Es sei denn, sie hatten keine eigene Unterkunft und wohnten auf dem Grund eines Arbeitgebers. Dann konnte die 'Miete' in Frondienst, besser : unentgeldliche Arbeit für den Grundherrn abgegolten werden. Wohnkotten, die nur eine Größe für das eigene Auskommen hatten, waren minder besteuert und von Handdiensten frei.
                          siehe auch:
                          Die Spurensuche nach meinen Vorfahren führte mich vierhundert Jahre in der Zeit zurück. Als Bauern slawischer Herkunft waren sie durch die Jahrhunderte im Raum Teterow und Groß Wokern in Mecklenburg verwurzelt. Wovon wurde ihr Alltag bestimmt, was waren ihre Lebensumstände, wie griff mecklenburgische Landesgeschichte in ihr Dasein ein?

                          Ihre Stellung in der Gemeinschaft war deshalb oftmals ohne Ansehen, weil sie nirgends 'dazugehörten' und mit zunehmender Arbeitslosigkeit ihre Armut größer war, als die der Knechte und Mägde, deren Stolz es war für einen großen Hof dienen zu dürfen. Da wäre es für den Tagelöhner oft besser gewesen unfrei zu sein. Während er in guten Zeiten stets ein gutes Auskommen haben konnte und viele Jahre nur einen Arbeitgeber hatte. Aber auch dann gehörte er nicht zum Hof, also nicht 'dazu'.

                          Strobel

                          nimm es mir bitte nicht übel, wenn ich deinen Ausführungen nicht folgen mag. Die von dir geschilderte Beschaulichkeit des Tagelöhnerdaseins erscheint mir einfach fern von jeder Realität. Mein Bild der Lebensumstände eines Tagelöhners unterscheidet sich jedenfalls deutlich.
                          Anmerkung zum Link:
                          Der Link beschäftigt sich mit der Hofordnung der Bauern in Mecklenburg und den damit verbundenen Fronarbeiten. Das hat aber nur wenig mit den allgemeinen Frondiensten der Dorfbewohner zu tun.

                          Irmgard

                          Sie ist halt geprägt von der Zeit der Armut der Tagelöhner (heute würde man sie Hilfsarbeiter nennen) und wir sollten einfach differenzierter den S betrachten.
                          Jens kann dir vom Wohlstand seines Tagelöhners berichten, aus eben der Zeit, als auch Hilfsarbeiter (wie z.B.nach dem 2. Weltkrieg) zu Wohlstand kommen konnten.
                          Das Leben der Tagelöhner war geprägt von der Region und der Zeit in der sie lebten.
                          Der Begriff Tagelöhner bezeichnet aber nur den sozialen Stand = freie Arbeitswahl ohne Makler, ohne Bindung, ohne zusätzliche Versorgung, ohne Zunft/ Gilde-Zugehörigkeit!
                          In dem Link ist zu lesen, daß sie für die Erbringung Grunddienstabgaben eingestellt und bezahlt wurden. Grunddienste leisteten nur Bauern, je nach Hofgröße.
                          Als diese Rechte der Landesherren wegfielen, wurden auch die Einkommen der Tagelöhner geringer und sie verdingten sich (je nach Region) oft über die Landesgrenzen hinaus (Westf. : Holland oder Ems = Ziegelbauer usw.)
                          Nachtrag: http://www.genealogienetz.de/vereine...den_okt_04.pdf
                          wer ein Recht in der Mark hatte, hatte auch eine Pflicht für die Mark
                          Tagelöhner / Heuersleute zahlten "Miete" an ihren Grundherren/ Arbeitgeber in Form von Arbeitskraft - oder seltener Geld.
                          Sie wurden Abgabepflichtig wenn sie Eigentum hatten. Die Höhe dieser Abgabe (meist Geld, weil das zum Haus gehörende Land nur die Grundernährung der Familie sicherstellen sollte) war gering und je nach Region unterschiedlich - vergleichbar mit der Grundsteuer, die wir bezahlen.

                          Udo Wilhelm

                          Ein Tagelöhner ist jemand, der keine feste Arbeitsstelle hat, sondern sich in der Regel immer wieder bei neuen Arbeitgebern um neue Hilfsarbeiten bemühen muss.
                          Der Name kommt daher, dass die Tagelöhner nicht stundenweise, sondern tageweise bezahlt wurden. Schon in frühester Zeit wurden in der Landwirtschaft Tagelöhner (auch Ackersmann, Plural: Ackersleute bezeichnet) gebraucht, um Arbeitsspitzen abzufangen (Aussaat, Ernte, Dreschen). Tagelöhner standen meist weit unten in der gesellschaftlichen Hierarchie.
                          Der Frondienst bezeichnet persönliche Dienstleistungen von Bauern für ihre Grundherren.

                          viktor

                          Tagelöhner waren einfach eine ökonomische Notwendigkeit. Mit dieser Gruppe konnte jeder Wirtschaftszweig saison - oder situationsbedingte Bedarfsspitzen abdecken. In einer Zeit, die noch viel mehr als heute ihr Leben auf den Jahresverlauf ausrichtete, traten dies Bedarfsspitzen ständig auf und konnten mit Tagelöhnern sicher abgefedert werden.
                          Ein guter Tagelöhner war fit in etlichen Gewerken, war rasch einsetzbar, flexibel und durchaus geschätzt.
                          Reichtümer konnten damit sicherlich nicht erworben werden.
                          "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                          (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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                          • Friedrich
                            Moderator
                            • 02.12.2007
                            • 11326

                            Luise

                            Ich habe in Akten aus der ersten Hälfte des 16. Jh. im Bereich Erfurt diesen Begriff gefunden:
                            „Gerichtsfrone der Vogtei"
                            Was gibt es für eine Erklärung dafür?

                            juicer

                            Gerichtsfrone ist nach meiner Erkenntnis ein Gerichtsdiener. Dieser hat die Vollstreckung der Urteile durchzuführen bzw. zu beaufsichtigen. Vielleicht hat noch jemand eine andere Idee dazu.

                            Marlies

                            aus dem genealogisch etymologischen Lexikon:
                            Gerichtsfrohn, Gerichtsfrohne: Gerichtsdiener, Gerichtsbote, Gerichtsweibel Häscher. Gerichtsfrohnen sind die Dienstleistungen bzw. die Gerichstfolgen, die die Unterthanen für das Gericht zu verrichten hatten. [......] Sie hatten mit bewehrter Hand eine Hilfestellung geben müssen wie z.B. einen Verbrecher aufsuchen, verhaften, bewachen und fortschaffen ....
                            Gerichtsdiener: Sie mußten für den ordnungsgemäßen Ablauf eines Gerichtstags sorgen.......

                            Joachim v. Roy

                            Im vorliegenden Fall müßte man vor allem wissen, um was für eine „Vogtei“ es sich hier gehandelt hat. So kann der fragliche Gerichtsfro(h)n in den Diensten eines Landesherrn, eines Bischofs, einer Stadt, eines Stifts oder Klosters, eines größeren Grundbesitzers usw. gestanden haben. Je nachdem, bei welcher „Vogtei“ der Gerichtsfro(h)n beschäftigt war, war sein Aufgabengebiet beschaffen.

                            Luise

                            Es handelte sich um eine Vogtei, die zur Stadt Erfurt gehörte und dem Mainzer Erzbischof unterstand.

                            Joachim v. Roy

                            Im vorliegenden Fall hatte also der Erzbischof seine Hoheitsrechte auf seinen einflußreichen „Stadtvogt“ übertragen, der wiederum seinen umfangreichen Aufgabenbereich (wie das Gerichtswesen, die Verwaltung der Güter usw.) durch einzelne „Vögte“ verwalten ließ.

                            Bei Ihren „Gerichtsfro(h)nen der Vogtei“ dürfte es sich demzufolge um Hilfsbedienstete desjenigen „Vogts“ gehandelt haben, der in der bischöflichen Stadt Erfurt - als Vertreter des "Stadtvogts" - die Gerichtsgewalt ausübte.

                            "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                            (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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                            • Friedrich
                              Moderator
                              • 02.12.2007
                              • 11326

                              Was war ein Amtsbüttel?

                              seya

                              Jahr aus dem der Begriff stammt: um 1660
                              Region aus der der Begriff stammt: Kirchberg/Hunsrück
                              Ich habe diesen Beruf in einem Familienbuch gelesen und frage mich seitdem was dieser Beruf bedeutet.
                              Weiß jemand etwas über diesen Beruf?

                              Christian Benz

                              Büttel:
                              siehe auch: GenWiki - Büttel
                              "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                              (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

                              Kommentar

                              • Friedrich
                                Moderator
                                • 02.12.2007
                                • 11326

                                Text in Latein: relicta in excommunications mortui pro absolucione ...

                                Luise

                                Ven. 27. Aug. uxor Claws Pompe relicta in excommunications mortui pro absolucione dt. 30 gr.
                                Den Text habe ich aus der Google Buchsuche, ein Jahr steht nicht dabei, es betrifft das Erfurter Gebiet.

                                Skoumi

                                Ven.
                                27. Aug.
                                uxor = Ehefrau
                                Claws Pompe = Klaus Pompe
                                relicta = verlassen
                                in excommunications = im Ausgrenzen
                                mortui = tot/Tod
                                pro absolucione ?? für Befreiung?
                                dt. 30 gr.

                                Friedhard Pfeiffer

                                Ich vermute Lesefehler und könnte ganz ungefähr heißen:
                                Den 27. Aug. uxor Claws Pompe relicta in excommunitatibus mortui pro absolutione dt. 30 gr.
                                Am 27. August hat die hinterlasse Ehefrau des Claus Pompe zur Ausgrenzung des Toten für Freisprechung gegeben 30 Groschen

                                Luise

                                Wie ist der Sinn des Textes zu verstehen? Ausgrenzung des Toten und Freisprechen?

                                meister hora

                                Ven. = Veneris dies = Freitag
                                dt. = debet = gegeben
                                relicta= Witwe, hinterlassene Ehefrau
                                Am Freitag, 27. August hat die Witwe des Claus Pompe, des sich in
                                Exkommunikation (=Ausgrenzung von der Kirche, = Ausschluß vom
                                Empfang der Kommunion bzw. der Heiligen Sakramente) befindenden
                                Verstorbenen, für die Freisprechung (von diesem Makel) 30 Groschen
                                gegeben. (Dem Pfarrer, damit er den Toten christlich beerdigt).
                                Damals galt: Wenn die Münze im Beutel (der Kirche) klingt,
                                die Seele in den Himmel springt.

                                Luise

                                Weiß auch jemand, wodurch so ein Ausschluss passieren kann?
                                Schade, dass ich nicht weiß, in welchem Jahr das geschehen ist.

                                meister hora

                                Das katholische Kirchengesetzbuch nennt u.a. folgende Fälle:
                                Glaubensabfall, Amtsanmaßung, Abtreibung, Abtrünnigkeit, Bruch des Beichtgeheimnisses, Irrglauben, Schändung der eucharistischen Gestalten,
                                u.s.w.
                                In der heutigen Zeit, z.B. auch der Kirchenaustritt.
                                Damit verbunden war der Verlust des Rechtes auf kirchliche Bestattung. Für den Kirchenaustritt gilt dies auch heute noch.
                                "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
                                (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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