Allgemeine Frage zu Paten

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  • FSternal
    Erfahrener Benutzer
    • 06.08.2009
    • 188

    Allgemeine Frage zu Paten

    Hallo zusammen,

    ich habe mal generelle Frage zu den Paten in den Taufeinträgen.
    Es kommt bei meinen Vorfahren immer mal wieder vor, das ein Schultheiß, oder sogar wie heute herausgefunden (Danke Friedrich!) ein "Hochwohlgeboren" Taufpate meiner Vorfahren ist. Dies zum überwiegenden Teil in Posen aber auch im Kreis Höxter wo z.B. eine v.Spiegel Taufpatin war.
    Die Täuflinge stammen jedoch aus ganz "normalen" Verhältnissen (Kinder von Bauern, Verwaltern, Pächtern und Müllern etc.)
    Andersherum waren auch ein paar meiner Vorfahren Schultheiße (ist das der Plural?) und sind oft bei anderen Familien als Pate zu finden.
    Nun meine Frage, warum? war das Mode oder Gute Sitte? und was sagt das über die Familie der Täuflinge?

    Gruß

    Frank

  • #2
    Hallo Frank,

    Meiner Erfahrung nach galt es als Zeichen guten christlichen Lebens, dass Adelige Taufpaten bei Kindern im niederen Stand waren. Bei Verwaltern und Pächtern gibt es ja eine Beziehung zum ansässigen Adel, die man pflegen wollte. Die Eltern versprachen sich dabei sicher ein etwas üppigeres Patengeschenk. Außerdem war es ungeschriebener Brauch, dass die Kinder später bei den Paten ihren ersten Dienst antraten und auch die Paten die Ehepartner vorschlugen. Also alles Vorteile, die dem Täufling später zu Gute kamen. Beim Schultheißen (die oberste Amtsperson eines Dorfes) war es sicherlich ähnlich. Eine Patenschaft, die einem angetragen wurde, konnte man eigentlich nicht ablehnen, ohne sich eines antichristlichen Zeitgeistes verdächtig zu machen.
    Ich habe habe z.B. einen, wo es ein gespanntes Verhältnis zwischen Pfarrer und Lehrer in einem Dorf gab. Beide führten über 12 Jahre einen erbitterten Prozeß gegen einander wegen einem Brennholzrecht mit wirklichen groben Beschimpfungen und teilweise tätlichen Übergriffen. Das hinderte den Schulmeister aber nicht daran den Pfarrer zweimal in den 11 Jahren zu Gevatter bei seinen Kindern zu bitten. In einem anderen Fall bat eine ledige Frau, die zum dritten Mal unehelich Mutter wurde, drei junge Mädchen zu Gevatter und zwar die Töchter des Schultheißen zweier umliegender Nachbardörfer. Die Mädchen beklagten sich, dass sie die uneheliche Mutter gar nicht kennen würden, wie diese auch bestätigte die Mädchen nie in ihrem Leben gesehen zu haben. Sie ließ aber trotzdem nicht davon ab sie als Paten haben zu wollen. Die Mädchen wiederum wollten das angetragene Patenamt auch nicht ablehenen, um nicht ins Gerede zu kommen. Sie einigten sich schließlich, dass sie am Tauftage nicht ins Haus der Mutter gingen, sondern an der Kirchentür die Hebamme mit dem Kind erwarteten, es zur Taufe trugen und an der Kirchentür der Hebamme wieder übergaben und anschließend gleich nach Hause gingen, ohne die uneheliche Mutter auch nur eines Blickes zu würdigen.

    Vielleicht geben diese Beispiele dir einen Eindruck wie sich das mit den Patenschaften verhielt. Sicher ganz anders wie heute.

    Grüßle
    Ortti

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    • Christian Benz
      Administrator
      • 30.03.2003
      • 2919

      #3
      Hallo Frank,

      die Taufpaten übernahmen früher auch die Fürsorge für das Kind, falls den Eltern etwas passieren sollte. Denkbar ist, dass daher vorrangig solche Personen die Rolle des Taufpaten übernommen haben, welche die Absicherung der Kinder im Falle des Falles auch tatsächlich übernehmen konnten - oder anders ausgedrückt, es sich leisten konnten, für eine größere Anzahl von Kindern der Taufpate zu sein, als dies "einfacheren" Leuten möglich gewesen wäre.

      Gruß,
      Chris

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      • #4
        Hallo Chris, Hallo Frank,

        du hast ganz recht, den Aspekt hatte ich ganz vergessen. Im Falle, dass beide Eltern vor Erreichen der Volljährigkeit versterben, waren die Taufpaten die Vormünder und hatten die Rechte ihrer Mündel zu wahren, vertraten diese also auch in Erbangelegenheiten gegenüber Ämtern. Da konnte man also nur Personen brauchen, die auch der Schrift mächtig waren und sich ein bischen in Behördensachen auskannten.

        Grüßle
        Ortti

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        • FSternal
          Erfahrener Benutzer
          • 06.08.2009
          • 188

          #5
          Hallo Ortti, Hallo Chris,

          vielen Dank für Eure Umfassenden Antworten.
          Klingt ja auch alles logisch :-) Heute würde man wohl sagen Vitamin B
          Aber anderes wäre es wohl auch nicht gegangen, gab ja zu der Zeit noch keinen "Sozialstaat"

          Nochmals Danke und schöne Grüße
          Frank

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          • Friedrich
            Moderator
            • 02.12.2007
            • 11322

            #6
            Moin Frank,

            Zitat von FSternal Beitrag anzeigen
            Es kommt bei meinen Vorfahren immer mal wieder vor, das ein Schultheiß, oder sogar wie heute herausgefunden (Danke Friedrich!) ein "Hochwohlgeboren" Taufpate meiner Vorfahren ist.
            meinst du mich mit dem Danke?

            Zu den adligen Paten: Oftmals kam es auch vor, daß es sich bei Adels um die Angehörigen der Dienstfamilie handelte.

            Zitat von FSternal Beitrag anzeigen
            Dies zum überwiegenden Teil in Posen aber auch im Kreis Höxter wo z.B. eine v.Spiegel Taufpatin war.
            Die Spiegel zu Peckelsheim aus dem Hause Schweckhausen hatte ich auch, weil mein Ahn als Amtmann in deren Diensten stand. Kaum lebte er woanders, waren die auch nicht mehr Paten.

            Friedrich
            "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
            (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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            • FSternal
              Erfahrener Benutzer
              • 06.08.2009
              • 188

              #7
              Hallo,

              na lieber Friedrich, diesmal ausnahmsweise nicht Du sondern (Sla019 = ebenfalls Friedrich)

              besagte v.Spiegel war die Taufpatin der Tochter ihres Mühlenpächters (Eselsmühle in Muddenhagen) Herdemerten

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