Ein rätselhafter Deutscher im besetzten Belgien 1941

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  • Belgier
    Benutzer
    • 13.03.2023
    • 6

    Ein rätselhafter Deutscher im besetzten Belgien 1941

    Euch allen wünsche ich einen guten Abend,

    für mein wohl kaum lösliches Anliegen wurde mir kürzlich dieses Forum empfohlen. Ich versuche deshalb nochmal, die Lage zu erläutern.

    Also, was ich weiß:
    - Meine Urgroßmutter mütterlicherseits verstarb 2008. Sie war gebürtige Flamin und ist wenige Kilometer von ihrem Geburtsort entfernt gestorben.
    - Mein mittlerweile gleichfalls verblichener Großvater wurde Ende 1941 geboren, das heißt, während Belgien von der Wehrmacht besetzt wurde.
    - Die deutsche Politik im besetzten Belgien bestand daraus, die dort vorhandenen Verwaltungsorgane nach Möglichkeit in die neue Militärverwaltung einzuverleiben, damit vor Ort möglichst wenige deutsche Soldaten erforderlich waren.
    - Mein Großvater war der Sohn eines Deutschen.
    - Der Mann hieß Heinz; seinen Nachnamen hat meine Urgroßmutter allerdings mit ins Grab genommen. Sie weigerte sich bis zu ihrem Tode, den völlständigen Namen herzugeben.
    - Im März oder April des Jahres 1941 hat er logischerweise mit meiner Urgroßmutter geschlafen.
    - Ihr Gatte war seinerzeit langfristig anderweitig beschäftigt und war als „Chauffeur‟ tätig.
    - Es geschah höchstwahrscheinlich in Oudenaarde, im Süden der Provinz Ostflandern.

    Was ich gemacht habe:
    - Die Geburtsurkunde meines Großvaters habe ich aufgetrieben. Aus ihr lässt sich lediglich schließen, dass die Urgroßmutter zu dieser Zeit „Fabrikarbeiterin‟ war. Zeugen waren der lokale Polizist und dessen Obermeister. Als amtlich anerkannter Vater steht darin einfach der Mutter Gatte angegeben, dessen Nachnamen mein Großvater denn auch sein Leben lang getragen hat.
    - Nach der Scheidungsurkunde meiner Urgroßeltern habe ich ebenfalls gefahndet, da die Familie immer davon ausgegangen ist, dass die beiden unmittelbar nach dem Kriege geschieden seien. Jetzt stellt sich jedoch heraus, dass keine solche Urkunde existiert; tatsächlich lebten sie bis zuletzt voneinander getrennt, amtlich geschieden sind sie dafür nie. Dies wird durch die Sterbensurkunde der Urgroßmutter bestätigt.
    - Auf der Suche nach einer Übersicht derer, die gegebenenfalls als Urgroßväter in Betracht kämen, habe ich nicht sonderlich zielstrebig im Bundesarchiv herumgestöbert.
    - Der Sterbensurkunde ihres in Brüssel gestorbenen Gatten, von der ich mir im Übrigen nicht viel erhoffe, harre ich bis auf Weiteres.

    Was ich gerne wissen möchte:
    - Ließe sich irgendwie erforschen, welche Deutsche sich im Frühjahr 1941 in Oudenaarde aufgehalten hätten? Hat in etwa die Besatzungsarmee Listen ihres Personals nach dessen Einsatzgegend erstellt?
    - Wie viele Deutsche waren in Belgien eigentlich unter dem Militärregime des Alexander von Falkenhausen beschäftigt? Ich habe keinerlei Vorstellung davon.
    - Und der Heilige Gral ist natürlich: Wer war mein Urgroßvater?

    Mir ist durchaus bewusst, dass die Chancen, jenem „Heinz‟ jemals auf die Spur zu kommen, verschwindend gering sind. Zurzeit möchte ich nur zu einer Einschätzung der Frage gelangen, ob es methodologisch möglich wäre, eine solche Forschung überhaupt durchzuführen.

    So, das ist die Kurzfassung meiner „vertrackten Geschichte‟.

    Herzliche Grüße.
  • Geschichtensucher
    Erfahrener Benutzer
    • 03.09.2021
    • 1031

    #2
    Herzlich Willkommen im Forum!


    Wäre das ein Fall für einen DNA-Test?



    Auf jeden Fall: viel Erfolg!
    Beste Grüße, Iris

    Kommentar

    • Manni1970
      Erfahrener Benutzer
      • 17.08.2017
      • 2396

      #3
      Hallo!

      Was Du ja scheinbar schon kennst:

      Das Militärarchiv ist bei uns in Deutschland in Freiburg - also ganz im Südwesten:
      Freiburg - Das Bundesarchiv online: Ihre zentrale Anlaufstelle für historische Dokumente, digitale Sammlungen und Informationen zur deutschen Geschichte. Besuchen Sie uns!


      Da findet man ein Bestand zum Befehlshaber Nordfrankreich-Belgien:


      Das wird bestimmt mühsam, sich da nach den entspr. Truppenteilen in Deinem Suchgebiet umzusehen.

      Hast Du die belgischen Quellen bereits abgearbeitet?

      Hat dieses Oudenaarde vielleicht ein Stadtarchiv? Gab es zur fraglichen Zeit eine Tageszeitung, in der vielleicht nicht nur "die Wehrmacht", sondern auch mal Besatzungseinheiten erwähnt wurden.
      Wie sieht es aus mit Fotografien, von Deiner Urgroßmutter oder überhaupt von dt. Truppen in und um Oudenaarde zur fraglichen Zeit? Gibt es keine Lokalhistoriker, die sich mit der dt. Besatzungszeit beschäftigt haben?

      Aber selbst wenn Du die Einheit kennst, sagen wir mal die Kompanie, den Zug oder ähnlich vom März/April 1941, glaube ich nicht, daß man Dir in Freiburg dann die Namen aller dazugehörenden Soldaten mitteilen kann. Vielleicht einen Offizier, aber kaum mehr.

      MfG
      Manni

      Kommentar

      • Belgier
        Benutzer
        • 13.03.2023
        • 6

        #4
        Hallo,

        danke für diese Anregungen.

        Wohlan, die belgischen Quellen in Bezug auf den Zweiten Weltkrieg sind im „Cegesoma“ konzentriert: https://www.cegesoma.be/en/second-world-war-collection

        Fürs Erste habe ich darin freilich vor allem allgemeine Bilder vom Rathaus gefunden (es ist ja hübsch). Das meiste Material, in dem die Stadt erwähnt wird, stammt, wie es den Anschein hat, aus den späteren Kriegsjahren. Auf dieser Website habe ich bei Weitem noch nicht alles durchforstet.

        Das Stadtarchiv ist mir in Sachen Urkunden bereits behilflich gewesen. Dort verrichtet das Personal allerdings selber keine Nachschlagearbeit: Man muss um eine bestimmte Akte bitten, die einem anschließend zur Verfügung gestellt wird. Ich weiß in diesem Falle jedoch noch nicht, wonach ich die Leute genau fragen sollte.

        Bilder der Urgroßmutter habe ich auch keine; die Großeltern sind später geschieden und zu ihr hatte ich leider keinen Kontakt.

        Ich finde Deine Bemerkung (wird hier geduzt? Es stört mich nicht) bezüglich der lokalen Zeitungen sehr nützlich; ich glaube, die sollen zu einem Großteil im Internet aufzufinden sein. Ich werde mich erst einmal dieser Aufgabe widmen.

        Ein rein praktisches Problem gibt es auch: Ich lebe in Schottland und kann nicht einfach mal hinüberfliegen, um aufs Geratewohl Archivakten zu durchblättern. Deshalb müsste ich im Voraus genau wissen, mit was für Akten die Suche anzutreten sei.

        Beste Grüße.

        Kommentar

        • Manni1970
          Erfahrener Benutzer
          • 17.08.2017
          • 2396

          #5
          Du hast sicher schon ausgiebig gegoogelt. Vielleicht fassen wir trotzdem mal an dieser Stelle zusammen:

          Mai/Juni 1940 Teile mehrerer Infanterieregimenter in Oudenaarde.

          Mai/Juni 1940 Ortskommandantur 630 (OK 630) in Oudenaarde (LdW), etwa Juni 1940 nach Gent verlegt. Siehe BA-Freiburg.

          Etwa August 1940 Ortskommandantur 855 (OK 855) in Oudenaarde (LdW), etwa Frühjahr 1941 Richtung Balkan verlegt. Siehe BA-Freiburg.

          Mai/Juni 1940 befanden sich Teile der gemischten Flak-Abteilung 242 (v) in Oudenaarde (LdW, LdW), etwa 1941 nach Amsterdam-Schiphol verlegt.

          24.11.1940 befand sich in Oudenaarde das Feldlazarett Nr. 17 (Ancestry, gefallene dt. Soldaten).

          26.5.1941 befand sich in Oudenaarde das Feldlazarett Nr. 255 (Ancestry, gefallene dt. Soldaten).

          Kommentar

          • Belgier
            Benutzer
            • 13.03.2023
            • 6

            #6
            Coburg in Franken

            Äbendchen,

            seit 1972 pflegt Oudenaarde eine Städtepartnerschaft mit Coburg im Frankenland. Der ehemalige flämische Vorsitzende dieses Freundschaftsvereins hat zwar ein Buch über Oudenaarde in den Weltkriegen geschieben; es ist überhaupt nirgends zu bekommen.

            Während einer Anrede (Datei auf Niederländisch) im Rathaus 2017 erläuterte der Coburger Bürgermeister, dass das 95. Infanterie-Bataillon ab dem 24. Juli 1940 zwecks Vorbereitung auf eine Invasion Englands in Oudenaarde einquartiert worden war. Die Soldaten blieben jedoch viel länger als erwartet vor Ort, bis sie endlich am 29. Mai 1941 nach Polen entsandt wurden. Anscheinend wohnte dabei der Stab im Stadtzentrum, während die Soldaten in Heurne, Bevere und Wortegem übernachteten. (Die ersten zwei Dörfer sind heutzutage Teilgemeinden von Oudenaarde, das dritte gehört zur winzigen Gemeinde Wortegem-Petegem.)

            Es läge auf der Hand, davon auszugehen, dass mein Gesuchter Mitglied der 95er war. Nun gilt es, herauszufinden, wer alles dabei gewesen ist und ob sich Karteikarten oder Musterungslisten dieses Bataillons auftreiben lassen.

            Im April bin ich in Forchheim; ich frage mich, ob es sich lohnen würde, nach Coburg ins Archiv zu gehen; wahrscheinlich werden dort eher lokale als militärische Akten aufbewahrt...

            Kommentar

            • Manni1970
              Erfahrener Benutzer
              • 17.08.2017
              • 2396

              #7
              Hallo!

              Gratuliere - da bist Du ja schon einen Schritt weiter.

              Richtig, wenn eine so große Einheit zur fraglichen Zeit in der Stadt Oudenaarde und Umgebung lag, ist es wahrscheinlicher, daß der gesuchte Heinz aus dieser stammt, und nicht aus der kleinen Ortskommandantur oder einem Feldlazarett.

              Wichtigster Ansprechpartner für Dich wäre zweifelsohne dieser Max Hans aus Coburg. Er ist Autor des Buches: Infanterie-Regiment Nr. 95. 1934 - 1945. Coburg 1989.
              Bereits im Coburger Adressbuch von 1949 findet sich ein Glasermeister Max Hans. Ich gehe davon aus, daß er selbst 95er war und von daher bereits verstorben ist.

              Hier wird das Buch zum Kauf angeboten. Ich vermute, in GB wirst Du es über eine library nicht ausleihen können.

              Das Bundesarchiv hat einige Akten zum IR 95: https://invenio.bundesarchiv.de/inve...-ed1f97da79a5/
              Allerdings scheint mir das Datum mit März 1938 in Verbindung mit dem Titel "Kriegstagebuch" nicht zu stimmen.

              Hier wird das Regiment mit 14 Kompanien angegeben. Nimm nur mal 100 Mann an, dann sind das mit dem Stäben verm. 1500 Mann. Da wird es bestimmt keine Namensliste mehr aus der Zeit Herbst 1940 bis Frühjahr 1941 geben.

              Daß Du im Staatsarchiv Coburg etwas über das 95er findest, halte ich für unwahrscheinlich. Eher im Stadtarchiv wird das Buch von Max Hans sein, vl. Zeitungsberichte über Treffen ehemaliger 95er usw.

              Hier ist ein Forum zur Stadt Coburg. Da wird auch das 95er mehrmals erwähnt.

              Ich fürchte, daß bringt Dich letztlich aber dann doch alles nicht weiter.

              Vielleicht beschäftigst Du Dich doch mal mit dem bereits angesprochenen DNA-Test. Hier im Forum wurde an einigen Stellen bereits über Vorgehensweise, Treffer usw. berichtet.

              MfG
              Manni
              Zuletzt geändert von Manni1970; 21.03.2023, 11:31.

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              • Svenja
                Erfahrener Benutzer
                • 07.01.2007
                • 4975

                #8
                Hallo Belgier

                Auch wenn ein DNA-Test in einem Fall wie diesem wohl die einzige Möglichkeit ist, sollte man trotzdem immer folgendes bedenken, bevor man einen solchen Test durchführen lässt:

                Ein solcher DNA-Test kann nur Erfolg haben, wenn ein Nachkomme des Gesuchten auch einen solchen DNA-Test gemacht hat und seine Resultate online gestellt hat. Du müsstest deine Resultate auch online stellen, am besten bei mehreren Anbietern, da du nicht wissen kannst, wo der Nachkomme seine Angaben online gestellt hat. Da stellt sich immer die Frage, ob man das wirklich möchte, auch ob deine betroffenen Familienmitglieder das möchten. Zudem kommt noch hinzu, dass du den richtigen DNA Test machen musst, damit du eine Verbindung zum gesuchten Familienzweig herstellen kannst. In deinem Fall wird weder der Test in der rein väterlichen, noch in der rein mütterlichen Linie zum Erfolg führen, weil es sich um keines von beidem handelt (auch nicht wenn der Test von deiner Mutter ausgeht).

                Für französische Besatzungskinder mit deutschen Vätern sowie deutschen Kindern mit französischen Vätern gibt es übrigens eine Website des Vereins "coeurs sans frontiers". Ich weiss nicht ob man sich dort auch als belgisches Besatzungskind bzw. -enkel melden kann oder ob es für Belgien auch einen solchen Verein gibt.

                Cœurs sans frontières, association franco-allemande des enfants de la guerre.


                Gruss
                Svenja
                Meine Website über meine Vorfahren inkl. Linkliste:
                https://iten-genealogie.jimdofree.com/

                Interessengemeinschaft Oberbayern http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=38

                Interessengemeinschat Unterfranken http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=37

                Interessengemeinschaft Sudetendeutsche http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=73

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                • Xylander
                  Erfahrener Benutzer
                  • 30.10.2009
                  • 6739

                  #9
                  Hallo Svenja,
                  muss es ein Nachkomme des Soldaten selber sein, der den Test macht? Würde es nicht auch mit dem Nachkommen eines Bruders oder eines Cousins funktionieren? Laienhaft gefragt.
                  Viele Grüße
                  Peter

                  Kommentar

                  • Svenja
                    Erfahrener Benutzer
                    • 07.01.2007
                    • 4975

                    #10
                    Hallo Peter

                    Ich kenne mich damit zu wenig aus, aber ich denke mit einem Nachkommen eines Bruders könnte es auch funktionieren, sofern es sich bei ihm um die rein männliche Vorfahrenlinie handelt. Wenn aber eine weibliche Nachfahrin nur einen mitochondrialen Test gemacht hat, kann sie gar nicht auf den Soldaten stossen, also den gemeinsamen Vorfahren mit dem hier suchenden Belgier. Aber welcher der verschiedenen Arten von DNA-Tests für die Lösung einer bestimmten Fragestellung der Richtige ist, können andere Personen sicher besser beantworten als ich. Und wie gesagt, können wir nicht wissen, ob ein Nachkomme des Gesuchten einen Test gemacht hat, welchen Test er oder sie gemacht hat und wo er oder sie ihn online gestellt hat.

                    Gruss
                    Svenja
                    Meine Website über meine Vorfahren inkl. Linkliste:
                    https://iten-genealogie.jimdofree.com/

                    Interessengemeinschaft Oberbayern http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=38

                    Interessengemeinschat Unterfranken http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=37

                    Interessengemeinschaft Sudetendeutsche http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=73

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                    • Geschichtensucher
                      Erfahrener Benutzer
                      • 03.09.2021
                      • 1031

                      #11
                      Hallo an alle,
                      wenn der Angler erstmal einen Aufsatz darüber schreibt, warum er vielleicht nix fangen könnte, verpasst er den Fisch. Deshalb wirft er lieber die Angel aus und wartet, ob er was fängt

                      Ich habe selbst erlebt, dass ein DNA-Test dazu beitrug, etwas über die Herkunft zu erfahren. Und empfehle es deshalb.
                      Beste Grüße, Iris

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                      • Belgier
                        Benutzer
                        • 13.03.2023
                        • 6

                        #12
                        Ich danke Euch allen für Eure Beiträge.

                        Augenblicklich schaue ich mich weiter um; ich melde mich wieder, wenn ich die Zeit dazu und außerdem etwas Nützliches zum Melden habe.

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