Bedeutung eines Zeugnisses im Zivilprozess einer Scheidung in Wien

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  • schitho
    Erfahrener Benutzer
    • 17.08.2008
    • 885

    Bedeutung eines Zeugnisses im Zivilprozess einer Scheidung in Wien

    Die Suche betrifft das Jahr oder den Zeitraum: 1920
    Genaue Orts-/Gebietseingrenzung: Wien
    Konfession der gesuchten Person(en):
    Bisher selbst durchgeführte Internet-Recherche (Datenbanken): Google
    Zur Antwortfindung bereits genutzte Anlaufstellen (Ämter, Archive): keine


    Guten Abend,

    in einer Gerichtsakte des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien über eine (zivilrechtliche) Scheidung von Tisch und Bett ist auch ein "Zeugnis" (siehe Anhang) enthalten.

    Ich bin mir nicht ganz sicher, welche Bedeutung bzw. Rechtsfolge dieses Zeugnis hatte.

    Meine Interpretation ist, dass es sich um ein Zeugnis über die Erteilung des Armenrechtes handelte und dies somit eine Befreiung von Stempel- und Gerichtsgebühren bewirkt haben könnte.
    • Kann das stimmen?
    • Und was bewirkte so ein Zeugnis noch?
    • Wurden damit auch die Rechtsanwaltskosten übernommen?
    • Musste man (später) die Kosten zurückbezahlen, wenn man zu Vermögen gekommen ist?
    • Finde ich im Internet dazu weiterführend Infos?


    Vielen Dank für Eure Hilfe
    Gruß
    Thomas
    Angehängte Dateien
  • carinthiangirl
    Erfahrener Benutzer
    • 12.08.2006
    • 1601

    #2
    Das damalige Armenrecht ist der Vorläufer der heutigen VERFAHRENSHILFE.


    Zurückzahlen muss man da normal nichts außer: "Wenn eine Partei, der Verfahrenshilfe gewährt wurde, innerhalb von drei Jahren nach Abschluss des Verfahrens - etwa durch Änderung des Einkommens - in die Lage kommt, die Beträge ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bezahlen, ist die Partei vom Gericht zur Nachzahlung zu verpflichten."
    Zuletzt geändert von carinthiangirl; 17.09.2016, 22:11.

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    • schitho
      Erfahrener Benutzer
      • 17.08.2008
      • 885

      #3
      Vielen Dank!

      Aus dem Gerichtsakt geht folgendes hervor:
      Die Scheidungsklage wurde in seinem Auftrag von einem Rechtsanwalt eingebracht. Beide (Kläger und Beklagte) verfügten über ein Armenrechtszeugnis. Bei der mündlichen Verhandlung bestritt sie persönlich die Vorwürfe. Der Richter beauftrage sie binnen 4 Wochen eine Klagebeantwortung bei Gericht einzubringen. Diese Klagebeantwortung wurde nie eingebracht, so dass ein Versäumnisurteil erging.

      Frage dazu:
      Hätte sie aufgrund des Armenrechtszeugnisses einen Anspruch auf einen Rechtsanwalt im Scheidungsverfahren gehabt?

      Vielen Dank für Eure Hilfe

      Gruß
      Thomas

      Kommentar

      • carinthiangirl
        Erfahrener Benutzer
        • 12.08.2006
        • 1601

        #4
        Bei der heutigen Verfahrenshilfe ist das schon so, würde also annehmen, dass es früher ebenso war: "Wenn in einem Verfahren die Vertretung durch einen Rechtsanwalt gesetzlich vorgeschrieben ist oder sonst nach der Lage des Falles erforderlich ist, kann auch ein Rechtsanwalt unentgeltlich beigegeben werden."

        Also in dem Fall hätten eben beide einen Rechtsanwalt gestellt bekommen. Am besten ausgestiegen wäre dann wohl der "Sieger".
        Da sie das zeitlich verstreichen hat lassen, zeigt wohl dass sie unsicher war das zu gewinnen und wäre eben mit Kosten für sie verbunden gewesen.
        Also war das Schweigen und Nicht-Melden billiger.
        "Die Verfahrenshilfe umfasst jedoch nicht jene Kosten, die dem Verfahrensgegner - wenn er "den Prozess gewinnt" - zu ersetzen sind. "

        Zum Armenrecht selber findet man nicht so recht etwas im Netz, also so eine nette Beschreibung wie zur Verfahrenshilfe.
        Aber das hast du wohl auch schon bemerkt.
        Zuletzt geändert von carinthiangirl; 18.09.2016, 00:31.

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        • schitho
          Erfahrener Benutzer
          • 17.08.2008
          • 885

          #5
          Zitat von carinthiangirl Beitrag anzeigen
          Also in dem Fall hätten eben beide einen Rechtsanwalt gestellt bekommen. Am besten ausgestiegen wäre dann wohl der "Sieger".
          Da sie das zeitlich verstreichen hat lassen, zeigt wohl dass sie unsicher war das zu gewinnen und wäre eben mit Kosten für sie verbunden gewesen.
          Also war das Schweigen und Nicht-Melden billiger.
          "Die Verfahrenshilfe umfasst jedoch nicht jene Kosten, die dem Verfahrensgegner - wenn er "den Prozess gewinnt" - zu ersetzen sind. "
          Wenn Sie den Prozess verliert, muss sie die Anwaltskosten des Klägers bezahlen. Muss sie dann auch die eigenen Anwaltskosten bezahlen?
          Wenn nicht, dann macht es doch finanziell keinen Unterschied, ob sie einen Anwalt beigestellt bekommt oder nicht.
          Im Gegenteil: Die Chancen nicht zu verlieren steigen, wenn sie von einem (guten) Rechtsanwalt vertreten wird.

          So gesehen wäre sie doch besser ausgestiegen, wenn sie einen Anwalt genommen hätte.

          Wieso soll das Schweigen und Nicht-Melden ohne beigestellten Rechtsanwalt für sie billiger gewesen sein?

          Gruß
          Thomas

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          • carinthiangirl
            Erfahrener Benutzer
            • 12.08.2006
            • 1601

            #6
            "Wieso soll das Schweigen und Nicht-Melden ohne beigestellten Rechtsanwalt für sie billiger gewesen sein?"

            Weil sie keinen Anwalt genommen hat. Hätte sie verloren hätte sie die Kosten der Gegenpartei übernehmen müssen. Sie hat sich also NICHT auf ein weiteres Verfahren mit einem für sie extra gestelltem Anwalt eingelassen (vermutlich wusste sie, dass sie verlieren würde). Die normale Verfahrenshilfe via Armenrecht hat sie in Anspruch genommen, also wurde ihr das normale Verfahren gezahlt. Aus dem Versäumnisurteil sind ihr dann somit keine Kosten entstanden, weil es kein weiteres EXTRA Verfahren mit jeweils eigenem Anwalt gab

            Bei dem Verfahren muss es einen Schuldigen gegeben haben. Geht das aus den Unterlagen hervor, WER das von den beiden war?
            Die Schuldenfrage war doch früher üblich, außer die Parteien haben sich einvernehmlich getrennt. Da sie die Vorwürfe abgestritten hat und die Frist verstreichen hat lassen, lässt einiges vermuten. Auf jeden Fall war er der Kläger mit Vorwürfen an sie und er war wohl nicht auf einvernehmliche Trennung aus - von Haus aus. Was bei beidseitigem Anspruch auf Armenrecht doch auch seltsam ist. In so einem Fall wäre halt schon einvernehmlich besser, wenn ich mir nichts "leisten kann" und immer im Hinterkopf habe, dass ich die Kosten des Gegners übernehmen muss, wenn ich verliere.
            Zuletzt geändert von carinthiangirl; 20.09.2016, 11:45.

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            • schitho
              Erfahrener Benutzer
              • 17.08.2008
              • 885

              #7
              Hallo,

              es gab ein Versäumnisurteil in dem sie schuldig gesprochen wurde. Lt. diesem Urteil musste sie auch Kosten des gegnerischen Anwaltes bezahlen. Im Akt sind auch 3 vergebliche, richterliche Versöhnungsversuche dokumentiert.

              Wenn sie einen Anwalt genommen hätte, dann hätte das Verfahren möglicherweise länger gedauert und es wären (beim gegnersichen Anwalt) zusätzliche Kosten entstanden. Diese (dann erhöhten) Kosten hätte sie bezahlen müssen, wenn sie den Prozess verliert.

              Vielleicht war sie also einfach froh, dass die Ehe schnell geschieden wurde und sie nahm lieber die (noch halbwegs niedrigen) Kosten in kauf, bevor sie ein langes Verfahren mit ungewissen Ausgang und möglicherweise höheren Kosten auf sich nehmen hätte müssen.

              Gruß
              Thomas
              Zuletzt geändert von schitho; 20.09.2016, 12:05.

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              • carinthiangirl
                Erfahrener Benutzer
                • 12.08.2006
                • 1601

                #8
                "Vielleicht war sie also einfach froh, dass die Ehe schnell geschieden wurde und sie nahm lieber die (noch halbwegs niedrigen) Kosten in kauf, bevor sie ein langes Verfahren mit ungewissen Ausgang und möglicherweise höheren Kosten auf sich nehmen hätte müssen."

                Ja, genauso so war das.
                Warum schreibst du das alles was du weißt nicht gleich von Beginn an?
                Würde einiges vereinfachen und einiges an Schreiberei ersparen. So konnte man nur in die Richtung vermuten, was eigentlich eh schon bekannt ist.

                In dem Fall ist dann ja von Haus aus klar, WARUM sie sich nicht auf weiteres Verfahren eingelassen hat. Außerdem liegt auf der Hand, dass er sie dorthin "treiben" wollte um sie finanziell noch mehr fertig zu machen, da sie sich ja nicht versöhnen wollte.
                Zuletzt geändert von carinthiangirl; 20.09.2016, 12:12.

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                • schitho
                  Erfahrener Benutzer
                  • 17.08.2008
                  • 885

                  #9
                  Zitat von carinthiangirl Beitrag anzeigen
                  Warum schreibst du das alles was du weißt nicht gleich von Beginn an?
                  Würde einiges vereinfachen und einiges an Schreiberei ersparen. So konnte man nur in die Richtung vermuten, was eigentlich eh schon bekannt ist.

                  In dem Fall ist dann ja von Haus aus klar, WARUM sie sich nicht auf weiteres Verfahren eingelassen hat. Außerdem liegt auf der Hand, dass er sie dorthin "treiben" wollte um sie finanziell noch mehr fertig zu machen, da sie sich ja nicht versöhnen wollte.
                  Tut mir leid, aber in der ursprünglich Frage ging es ja nicht um das WARUM, sondern um das Armenrecht. Die Beiträge haben sich ja dann erst in die Richtung nach dem WARUM "entwickelt". Sorry, wenn ich nicht gleich erkannt habe, welche Fakten relevant sind.

                  Jedenfalls vielen Dank für Deine Ausführungen und Deine Hilfe!


                  Gruß
                  Thomas
                  Zuletzt geändert von schitho; 20.09.2016, 12:22.

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                  • carinthiangirl
                    Erfahrener Benutzer
                    • 12.08.2006
                    • 1601

                    #10
                    Da hast du recht, in der Frage ganz oben war aktuell die Armenrechtfrage.
                    Manchmal eröffnen sich dann neue Fragen, aber es hat schon so gewirkt als wüsstest du sonst wenig. Aber egal, jetzt wissen wir alle ganz viel und es ist schon interessant wie das früher so gehandthabt wurde. Und die Nöte und Ängste waren doch wohl ziemlich ähnlich zu heute.

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