Vater nicht Ehemann - wer wird eingetragen?

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  • wendelin_indija
    Erfahrener Benutzer
    • 30.10.2012
    • 251

    Vater nicht Ehemann - wer wird eingetragen?

    Die Suche betrifft das Jahr oder den Zeitraum: 1914
    Genaue Orts-/Gebietseingrenzung: Laa/Thaya
    Konfession der gesuchten Person(en): kath.
    Bisher selbst durchgeführte Internet-Recherche (Datenbanken):
    Zur Antwortfindung bereits genutzte Anlaufstellen (Ämter, Archive):


    Hallo,
    ich kann mich nicht mehr erinnern, wo ich gelesen habe, daß ungeachtet der Realität bei verheirateten Frauen immer der Ehemann als Kindsvater gilt.

    Ich habe jetzt einen Fall, wo die mündliche Überlieferung nicht mit dem Taufeintrag (wo der Ehemann als Vater eingetragen ist) übereinstimmt.

    Die betreffende Ehefrau hat ihren Ehemann kurz nach der Hochzeit wieder verlassen und hat 200km weit weg nacheinander mehrere Kinder von einem anderen Mann bekommen. Bei zweien war sie noch verheiratet.

    Wer kann mir da mit Fakten helfen?
    Vielen Dank im voraus

    wendelin
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    KEHL - KELL Karl - vom Saarland? 1724-1767
    BR(A)UNSTEIN Lorenz ~1700 - Schutterwald/Ortenau
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  • Xtine
    Administrator

    • 16.07.2006
    • 28673

    #2
    Hallo Wendelin,

    laut aktuellem deutschem Gesetz (BGB §1592) ist der Vater eines Kindes der Mann,
    • der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
    • der die Vaterschaft anerkannt hat oder
    • dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist.

    Für Österreich findet man hier Infos.

    Beim ALEX findet man Gesetzestexte ab 1919 online einsehbar. Ob es dort ein derartiges Gesetz bereits gab, kann ich nicht sagen, gefunden habe ich auf die Schnelle nichts.
    Hier findet man auch noch Reichstgesetzblätter. Vielleicht weiß jemand, worunter man suchen muß.
    Viele Grüße .................................. .
    Christine

    .. .............
    Wer sich das Alte noch einmal vor Augen führt, um das Neue zu erkennen, der kann anderen ein Lehrer sein.
    (Konfuzius)

    Kommentar

    • omega
      Benutzer
      • 11.09.2012
      • 73

      #3
      Hallo!

      Dem BGB in Deutschland entspricht in Österreich (also in Cisleithanien, nicht aber - bis auf ein kurzes Intermezzo - in Transleithanien) das ABGB, das im Übrigen 88 Jahre älter ist als das deutsche BGB.

      Hier ist § 138 ABGB (in seiner Urfassung) relevant, der wie folgt lautet:

      "Für diejenigen Kinder, welche im siebenten Monathe nach geschlossener Ehe oder im zehnten Monathe, entweder nach dem Tode des Mannes, nach gänzlicher Auflösung des ehelichen Bandes von der Gattin geboren werden, streitet die Vermuthung der ehelichen Geburt."

      Wird in Kind also im genannten Zeitraum (gemeint ist frühestens sieben Monate nach der Eheschließung beziehungsweise spätestens zehn Monate nach der Auflösung) geboren, so gilt der Ehemann der Mutter als Vater und das Kind als ehelich. Dies ist allerdings nur eine widerlegbare Vermutung, denn § 158 ABGB (Urfassung) sieht Folgendes vor:

      "Wenn ein Mann behauptet, daß ein von seiner Gattin innerhalb des gesetzlichen Zeitraumes gebornes Kind nicht das seinige sey; so muß er die eheliche Geburt des Kindes längstens binnen drey Monathen nach erhaltener Nachricht bestreiten, und gegen den zur Vertheidigung der ehelichen Geburt aufzustellenden Curator die Unmöglichkeit der von ihm erfolgen Zeugung beweisen. Weder ein von der Mutter begangener Ehebruch, noch ihre Behauptung, daß ihr Kind unehelich sey, können für sich allein demselben die Rechte der ehelichen Geburt entziehen."

      Erläuterungen zu den beiden Paragraphen finden sich im Kommentar von Franz von Zeiller (die Bemerkungen zu § 138 finden sich in der ersten PDF-Datei mit dem Titel "Vorrede + Vorkenntniss + 1-284" auf Seite 165 der Datei).

      Kommentar

      • wendelin_indija
        Erfahrener Benutzer
        • 30.10.2012
        • 251

        #4
        Guten Morgen und danke ihr beiden, das ist mehr als ausführlich.
        Einen schönen Tag wünscht
        wendelin
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        • Praxeda
          Benutzer
          • 29.12.2013
          • 86

          #5
          Liebe Mitforscher,
          darf ich mich an dieses Thema dranhängen, ich habe nämlich ein ähnliches Problem. Meines spielt in St. Pölten, ebenfalls Niederösterreich, und betrifft die Abstammung einer angeheirateten Tante von mir. Ich habe ihr angeboten, nachzuforschen, wie sie zu ihrem absolut seltenen und möglicherweise aus dem Orientalischen stammenden Geburtsnamen kam. Nun habe ich den Taufeintrag der Großmutter (der Vater meiner Tante war demnach unehelich) mit Angabe der Eltern, die offenbar miteinander verheiratet waren. Ich finde allerdings keinen Trauungseintrag, stattdessen bei der Angabe der Mutter den Hinweis, daß der Ehemann seit neun Jahren abwesend ist. Ich suche weitere Kinder, finde insgesamt fünf, alle mit der Anmerkung, der Ehemann sei seit x Jahren abwesend. Letztlich seit 1883, und seine Frau hat zwischen 1888 und 1894 fünf Kinder geboren. Zwei haben das Erwachsenenalter erreicht, eben die Großmutter meiner Tante und eine Schwester, die im zarten Alter von 36 Jahren vom Stadtphysikus adoptiert wurde. Im Taufschein der Großmutter ist die Abwesenheit des Ehemannes nicht vermerkt. Jedenfalls dürfte klar gewesen sein, daß der Ehemann nicht der leibliche Vater der Kinder sein konnte. Hat schon jemand von Euch etwas Derartiges in der Ahnenreihe entdeckt?
          Liebe Grüße
          Praxeda

          Kommentar

          • wendelin_indija
            Erfahrener Benutzer
            • 30.10.2012
            • 251

            #6
            Nein, leider nicht, das ist aber eine interessante Geschichte. Ich würde mich in dieser Sache an "Familia Austria" wenden, die können sicher weiterhelfen.
            lg wendelin
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            • Praxeda
              Benutzer
              • 29.12.2013
              • 86

              #7
              Hallo Wendelin!
              Danke für den Hinweis, die Seite kannte ich noch nicht. Ich war jetzt einige Tage nicht im Forum, habe aber weitergesucht und in einer anderen Pfarre folgende Funde gemacht: den Trauungseintrag, den Geburtseintrag der Frau, drei Kinder, die noch vor der Abwesenheit des Mannes geboren wurden, und ein weiteres Kind, das 1886 geboren wurde, also zu einer Zeit, da der Mann schon drei Jahre abwesend war. Das ist in dieser Pfarre aber nicht vermerkt. Und: Dieses Kind, auch eine Tochter, wurde gleichzeitig mit der schon erwähnten vom Stadtphysikus adoptiert. Nun frage ich mich, ob der Physikus vielleicht der Vater all dieser Kinder war? Aber warum hat er mit der Adoption so lange gewartet, bis sie 40 und 36 waren? Und die Großmutter meiner Tante wurde nicht adoptiert. Die hat im Jahr der Adoptionen ihr Kind, also den Vater meiner Tante, bekommen und hätte eine finanzielle Versorgung vielleicht sehr nötig gehabt. Ich muß meine Tante erst fragen, wie viel sie, wenn überhaupt etwas, von der Familiengeschichte weiß. In erster Linie geht es ja um die ursprüngliche Frage der Namensherkunft, und wenn, was wohl klar ist, die namensgebende Familie gar nicht die leibliche ist, ist die weitere Suche wohl hinfällig. Die Spur würde übrigens über Austerlitz nach Stettin führen. Zum Glück ist meine Tante von robuster Natur und wird die Neuigkeiten, glaube ich, stoisch hinnehmen.
              Liebe Grüße
              Praxeda

              Kommentar

              • gki
                Erfahrener Benutzer
                • 18.01.2012
                • 4866

                #8
                Hallo Praxeda!


                Zitat von Praxeda Beitrag anzeigen
                Aber warum hat er mit der Adoption so lange gewartet, bis sie 40 und 36 waren?
                Die rechtliche Situation in Österreich kenne ich nicht, aber im benachbarten Bayern war bis mind. 1870 die Kleinkindadoption wie wir sie kennen nicht üblich bzw. rechtlich nicht möglich.
                Gruß
                gki

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                • Praxeda
                  Benutzer
                  • 29.12.2013
                  • 86

                  #9
                  Ach, das wußte ich nicht. Danke, gki!

                  Kommentar

                  • omega
                    Benutzer
                    • 11.09.2012
                    • 73

                    #10
                    Hallo!

                    Ich kann dir zwar leider nicht sagen, wie vorgegangen worden ist, wenn der Ehemann abwesend gewesen ist und die Frau trotzdem Kinder auf die Welt gebracht hat, aber vielleicht hilft dir etwas Allgemeines zur Todeserklärung (eine Scheidung im heutigen Sinne war für Katholiken ja nicht möglich) weiter. § 24 ABGB sagt Folgendes:

                    "Wenn ein Zweifel entsteht, ob ein Abwesender oder Vermißter noch am Leben sey oder nicht; so wird sein Tod nur unter folgenden Umständen vermuthet: 1) wenn seit seiner Geburt ein Zeitraum von achtzig Jahren verstrichen und der Ort seines Aufenthaltes seit zehn Jahren unbekannt geblieben ist; 2) ohne Rücksicht auf den Zeitraum seiner Geburt, wenn er durch dreißig volle Jahre unbekannt geblieben; 3) wenn er im Kriege schwer verwundet worden; oder wenn er auf einem Schiffe, da es scheiterte, oder in einer anderen nahen Todesgefahr gewesen ist, und seit der Zeit durch drey Jahre vermißt wird. In allen diesen Fällen kann die Todeserklärung angesucht und unter den (§ 277) bestimmten Vorsichten vorgenommen werden."

                    Demnach hätte man den Abwesenden erst nach dreißig Jahren für tot erklären können (das bezieht sich allerdings auf die Urfassung des ABGB, ob es da später noch Änderungen gegeben hat, müsste man noch herausfinden!).

                    Zur Adoption ist § 181 ABGB (wieder Urfassung) heranzuziehen:

                    "Die Annahme an Kindes Statt kann, wenn das Kind minderjährig ist, nur mit Einwilligung des ehelichen Vaters, oder in dessen Ermangelung nur mit Einwilligung der Mutter, des Vormundes und des Gerichtes zu Stande kommen. Auch wenn das Kind großjährig, aber sein Vater noch a Leben ist, wird desselben Einwilligung erfordert. Gegen die ohne hinreichenden Grund versagte Einwilligung kann bey dem ordentlichen Richter Beschwerde geführet werden. Die mit der erforderlichen Einwilligung versehene Einwilligung versehene Annahme an Kindes Statt ist der Landesstelle zur Bestätigung und dem Gerichtsstande der Wahlältern und des Wahlkindes zur Eintragung in die Gerichts-Acten vorzulegen."

                    Vielleicht sind sie also deshalb erst so spät adoptiert worden, weil auch für die Adoption von Volljährigen die Zustimmung des Vaters erforderlich war und als Vater der abwesende Ehemann gegolten hat, dessen Todeserklärung erst nach dreißig Jahren abwesend möglich war? Es handelt sich aber eher um eine Vermutung meinerseits.

                    Grüße

                    Kommentar

                    • Praxeda
                      Benutzer
                      • 29.12.2013
                      • 86

                      #11
                      Hallo omega!
                      Danke für die Gesetzeszitate, die einiges erklären, vor allem, warum die Adoptionen so spät erfolgt sind. Tut mir leid, daß ich so ahnungslos bin, aber mit Phantomvätern und Adoptionen habe ich bisher nicht die geringste Erfahrung.

                      Wenn jemand für tot erklärt wurde, scheint das vermutlich nur in den Gerichtsakten auf, aber im Kirchenbuch gibt es keinen Sterbeeintrag, ist das richtig? Ich habe in den beiden in Betracht kommenden Pfarren in St. Pölten und in der Pfarre seines Geburtsortes Austerlitz gesucht, aber nichts gefunden. Bedauerlich finde ich auch, daß man den Grund für seine Abwesenheit - zur See gefahren, im Gefängnis, vom Zigarettenholen nicht zurückgekehrt - wohl nie wird eruieren können.

                      Liebe Grüße
                      Praxeda

                      Kommentar

                      • omega
                        Benutzer
                        • 11.09.2012
                        • 73

                        #12
                        Hallo!

                        Wenn er tatsächlich für tot erklärt worden ist, ist das jedenfalls durch ein Gericht geschehen (bezüglich der Eintragung ins jeweilige Kirchenbuch habe ich keine Ahnung). Heutzutage ist dafür das Bezirksgericht am letzten Wohnort des Abwesenden zuständig. Das wäre dann ja in diesem Fall das Bezirksgericht St. Pölten. Wenn die Gerichtsakten erhalten geblieben sind, müssten sie meiner Meinung nach im niederösterreichischen Landesarchiv zu finden sein. Sofern damals bekannt gewesen ist, warum der Betreffende abwesend gewesen ist, müsste das ja aus den Akten hervorgehen.

                        Grüße

                        Kommentar

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