So sah ein Gevatterbrief aus

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  • Luise
    Erfahrener Benutzer
    • 05.02.2007
    • 2419

    So sah ein Gevatterbrief aus

    Ich möchte euch einmal in einer Art Formular zeigen, wie Mitte des 18. Jh. die „Gevatterbriefe“ aussahen. Da sie stets vom Schulmeister oder Kantor geschrieben wurden, war der Inhalt stets gleich und in den Dörfern um Erfurt herum so bräuchlich. Ihr könnt euch also vorstellen, wie auch eure Ahnen einen solchen Brief erhielten bzw. diesen schrieben ließen auch wenn sie selbst Schreiben konnten.


    „Dem Ehren Wohlgerechten und Fürsichtigen
    Herrn NN
    Christl. Und Wohlangesehenen Mitnachbar allhier

    Meinen Insonders Hoch und Werthgeschätzten Hn Gevatter
    gegl.
    in (Ortsname auch wenn es im gleichen Dorf war)

    Ehren Wohlgerechter und Fürsichtiger
    Insonders Werthgeschätzer Freund
    und zukünftiger Lieber Herr Gevatter

    Demselben kan aus erfreutem Gemüthe nicht verhalten, daß
    Gott der Allerhöchste
    mein liebes Eheweib von Ihren zeither getragenen Weib-
    lichen Bürden in Gnaden glücklich entbunden, und
    uns beiderseits Eltern mit einem Gesund und wohlge-
    stellten Söhnlein, erfreuet und beschenkt hat, Wofür
    Sn Majestädt von Herzen Lob und Dank gesaget sey.
    Wann dann aber uns aus Elterlicher Pflicht oblieget,
    dafür zu sehen, daß unser in Sünden empfangen und ge-
    bohrnes Kindlein, zur abwasche und reinigung in der heil.
    Taufe dargebracht, und durch das Blut Jesu Christi gereinigt,
    und in das Buch der Lebendigen verzeichnet werde; solches aber
    ohne Christliche Taufzeugen und Mittels Persohnen nicht geschehen
    kan. Als haben wir aus sonderlicher Liebe und Hochachtung
    Ihm zu diesen heiligen Geschäfte ersehen und auserlesen, in
    der Hoffnung daß solches gern und willig von Ihm wird auch
    und angenommen werden. Bitten dahero Er wolle Morgen
    G.G. Nachmittages 2 Uhr mit einem Andächtigen Gebet sich
    In unserm Gotteshause einfinden, und unser Kindlein in
    das Buch des Lebens verzeichnen lassen.
    Nach dessen heil. Verrichtung aber sich in unserem Hause mit
    einem Glaswein, nach jetziger Einrichtung bedienen lassen.
    Ich werde dieses nicht nur Zeitlebens mich dankbarlich er-
    zeigen, sondern auch zu allen Diensten mich Ihrer Gegengefäl-
    ligkeit verbindlich machen, und verharrend bleiben
    Meines Hochzuehrenden H. Gevatters
    Ort und
    Datum

    Dienstergebenster
    NN
    Kindes Vater“
    Liebe Grüße von Luise
  • nielsmauli
    Erfahrener Benutzer
    • 28.08.2010
    • 122

    #2
    Hallo Luise,

    ich bin erst heute an Deinen Gevatterbrief geraten und ehrlicher Weise, ich habe bis her noch nie davon gehört gehabt. Jetzt ist eine Neugier geweckt!!
    Diese Briefe waren ab wann etwa gebräuchlich und seit wann gibt es so was nicht mehr? Also zu meiner Taufe gab es das nicht mehr. Ich nehme mal an, dass die meisten dieser Briefe vernichtet sind. Aber wo könnte man da heute noch fündig werden?

    Ich freue mich schon auf Antwort

    Viele Grüße

    nielsmauli

    Kommentar

    • Luise
      Erfahrener Benutzer
      • 05.02.2007
      • 2419

      #3
      Hallo Nielsmauli,
      solche Briefe noch zu finden, ist wirklich Glückssache. Die ich kenne, stammen aus dem 18. Jh. und erster Hälfte des 19. Jh.. Leider kann ich nicht sagen von wann bis wann sie gebräuchlich waren.
      2 Groschen und 6 Pfennig musste für das Schreiben des „Gevatterbriefes“ gezahlt werden.
      Liebe Grüße von Luise

      Kommentar

      • nielsmauli
        Erfahrener Benutzer
        • 28.08.2010
        • 122

        #4
        Hallo Luise,

        danke für Deine Antwort!! Ich finde das Thema sehr interessant, weil es mir wieder so ein Stück Alltagsleben meiner Ahnen aufzeigt. In diesem Fall ist es natürlich kein "Alltag" im gebräuchlichen Sinn. Es war mir schon klar, dass man solche Schriften gerade bezogen auf den eignen Familienkreis wahrscheinlich nicht finden wird. Das müsste schon ein riesen Zufall sein. Aber manchmal bei der Durchsicht alter Bilder oder so.
        Ich danke für den Wissenszuwachs!!

        Viele Grüße

        nielsmauli

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        • Luise
          Erfahrener Benutzer
          • 05.02.2007
          • 2419

          #5
          Bitteschön, gern geschehen

          Für meine Familie habe ich leider solche wertvollen Stücke auch noch nicht gefunden.
          Liebe Grüße von Luise

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