Hofweiterführung bei früher Wittwenschaft

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  • gki
    Erfahrener Benutzer
    • 18.01.2012
    • 5136

    Hofweiterführung bei früher Wittwenschaft

    Die Suche betrifft das Jahr oder den Zeitraum: 1706
    Genauere Orts-/Gebietseingrenzung: Tettenweis / Niederbayern
    Fernabfrage vor der Beitragserstellung genutzt [ja/nein]: nein
    Zur Antwortfindung bereits genutzte Anlaufstellen (Ämter, Archive, Datenbanken): Kirchenbücher




    Hallo,

    ich habe hier einen etwas merkwürdigen Fall, den ich mit eurer Hilfe gerne etwas beleuchten würde.

    1705 heiratet ein junges Paar, Leonhard und Gertraud, sie zieht bei ihm auf den Hof, den er wohl von seinen Eltern übernommen hat (Übernahmeprotokolle habe ich leider keine).

    Er fällt wohl im Januar 1706 bei Aidenbach. Dazu habe ich nur einen wohl neuzeitlichen nachträglichen Eintrag im Totenbuch.
    Ende Mai entbindet sie einen Sohn, Veit, und heiratet drei Tage(!!) später Peter.

    Jetzt kommt das für mich überraschende: Der neue Mann übernimmt nicht den Hof. Es scheint so zu sein, daß das Paar auf seinen Hof in einer Nachbarpfarre gezogen ist. Dort ist leider die Buchführung reichlich lückenhaft. Gertraud kann ich dort nicht mehr sicher nachweisen.

    Fast 30 Jahre später heiratet aber Veit in Tettenweis und übernimmt den väterlichen Hof. Seine Mutter Gertraud wird im Trauungseintrag nicht erwähnt.

    Jetzt meine Fragen:

    1) Hat jemand sowas ähnliches schonmal gesehen?
    2) Kann es sein, daß die Frau nicht berechtigt war den Hof mit ihrem neuen Mann weiterzuführen da sie mit Leonhard noch nicht lang genug verheiratet gewesen war?
    3) Wer würde den Hof in so einem Fall in der Zwischenzeit führen?



    Nochmal die belegten Ereignisse:

    1673: Geburt Leonhard
    1705: Trauung Leonhard & Gertraud
    1706: Geburt Veit
    1706: Trauung Peter & Gertraud, Wittwe des Leonhard
    1734: Trauung Veit, Sohn des Leonhard, & Sophia
    Zuletzt geändert von gki; 20.05.2012, 18:13.
    Gruß
    gki
  • Xtine
    Administrator

    • 16.07.2006
    • 30192

    #2
    Hallo gki,

    vielleicht hatte der Sohn den Hof noch nicht übernommen. Nach seinem frühen Tod brauchte die junge Witwe einen neuen Ernährer für sich und ihren Sohn. Damit dieser aber den Namen des Vaters erhält, heiratete sie erst nach der Geburt wieder (vielleicht auch, damit eindeutig der neue Mann nicht als Vater in Frage kommt oder keine Pflichten übernehmen muß).
    Die Eltern des jungen verstorbenen Mannes führen den Hof fort, bis der Enkel ihn übernehmen kann.

    Daß Witwer kurz nach dem Tod der Ehefrau, welche bei der Geburt eines Kindes verstarb, wieder heirateten war völlig normal. Vorallem, wenn schon Kinder da waren, die ja versorgt werden mußten. Warum sollte es eine junge Witwe also nicht ähnlich machen, wenn sie einen Mann gefunden hat, der bereit war sie und ihr Kind aufzunehmen?
    Viele Grüße .................................. .
    Christine

    .. .............
    Wer sich das Alte noch einmal vor Augen führt, um das Neue zu erkennen, der kann anderen ein Lehrer sein.
    (Konfuzius)

    Kommentar

    • gki
      Erfahrener Benutzer
      • 18.01.2012
      • 5136

      #3
      Hallo Xtine!

      Zitat von Xtine Beitrag anzeigen
      vielleicht hatte der Sohn den Hof noch nicht übernommen.
      Das ist eine gute Idee! Für die Eltern habe ich in der Tat noch keine Sterbedaten. Ich nahm bisher an, daß sie schon tot waren (das Totenbuch hat eine Lücke von ca 1690 - 1700), aber vielleicht finde ich noch was.

      Allerdings: der Vater war schon 1670 das erste Mal verheiratet, ich glaube nicht, daß er bis 1734 durchgehalten hat.

      Aber wer weiß.

      Noch ein Einwand: War es nicht üblich bei Heiraten einen Vertrag zu schließen? Hätte der Leonhard nicht üblicherweise den Hof als Heiratsgut eingesetzt?

      Ich denke, ich muß mal die Totenbucheinträge um 1734 durchsehen, ob ich irgendwen finde, der als Verwalter infrage kommt.

      Ferner die Einträge zu den Geschwistern des Leonhard. Vielleicht sind die alle jung verstorben.

      Nach seinem frühen Tod brauchte die junge Witwe einen neuen Ernährer für sich und ihren Sohn. Damit dieser aber den Namen des Vaters erhält, heiratete sie erst nach der Geburt wieder (vielleicht auch, damit eindeutig der neue Mann nicht als Vater in Frage kommt oder keine Pflichten übernehmen muß).
      Die Eltern des jungen verstorbenen Mannes führen den Hof fort, bis der Enkel ihn übernehmen kann.

      Daß Witwer kurz nach dem Tod der Ehefrau, welche bei der Geburt eines Kindes verstarb, wieder heirateten war völlig normal. Vorallem, wenn schon Kinder da waren, die ja versorgt werden mußten. Warum sollte es eine junge Witwe also nicht ähnlich machen, wenn sie einen Mann gefunden hat, der bereit war sie und ihr Kind aufzunehmen?
      Daß Gertraud wieder geheiratet hat, hatte mich auch nicht überrascht, lediglich fand ich den Abstand zwischen Entbindung und Wiederheirat etwas kurz. Andererseits: Sie war ja schon seit 5 Monaten Wittwe, sodaß die Hochzeit eher spät war und dies sicher mit der Schwangerschaft begründet werden kann.
      Gruß
      gki

      Kommentar

      • Minusch
        Erfahrener Benutzer
        • 29.05.2008
        • 456

        #4
        Hallo gki,
        wenn der zweite Mann, also Peter, bereits Hofbesitzer war, dann wird er wohl lieber seinen eigenen Hof bewirtschaftet haben. Das muss also keineswegs bedeuten, dass sie den Hof nicht weiterführen durfte.
        Als Alternative zu Xtines Vorschlag wäre es auch möglich, dass ein Bruder des ersten Mannes den Hof weitergeführt hat. Wenn dieser keine eigenen Söhne hatte, hat er möglicherweise aus diesem Grund seinem Neffen den Hof übergeben.
        Klarheit über die genauen Besitzverhältnisse werden hier aber wohl nur die Briefprotokolle liefern können. Da die Hofübergaben oft zusammen mit den Hochzeiten verbrieft wurden kann sich eine Anfrage bei dem zuständigen Archiv durchaus lohnen.
        Viele Grüße
        Minusch

        Kommentar

        • gki
          Erfahrener Benutzer
          • 18.01.2012
          • 5136

          #5
          So, ich muß erstmal Abbitte leisten: Ich hatte offenbar das Totenbuch nicht ausreichend durchsucht, nicht mal den Index!

          Dort habe ich jetzt gefunden:

          † 1705 Jacob, rusticus. Vielleicht ein Bruder des Leonhard oder ein zweiter Mann der Mutter.

          † 1708 Magdalena, wohl die Mutter des Leonhard.

          Und:
          † 1736 Gertraud, alenda, octogenaria
          † 1744 Peter, alendus

          Offenbar war ich völlig auf dem Holzweg. Peter und Gertraud haben das Gut weiter bewirtschaftet, aber sie hatten keine Kinder!

          Das "octogenaria" verwirrt mich etwas. Es kann auch nicht stimmen, wenn das die richtige Gertraud ist. Denn dann wäre sie bei der Geburt von Veit schon 50 Jahre alt gewesen. Wenn sie aber vielleicht 40 war, dann könnte man auch verstehen warum es keine weiteren Kinder gab.

          Also, die zeitliche Entwicklung wäre evtl:

          - Der Vater Bartholomäus stirbt zwischen 1688 und 1703.
          - Die Mutter Magdalena verheiratet sich mit Jacob (muß ich noch suchen)
          - Jacob stirbt 1705, der Hof wird frei
          - Leonhard heiratet, um den Hof übernehmen zu können. Er ist zu dem Zeitpunkt mit 32 auch nicht mehr der allerjüngste Bräutigam. Vielleicht ist seine Braut noch ein paar Jahre älter, ihren Taufeintrag konnte ich wg fehlender Angabe der Eltern im Trauungseintrag nicht finden.
          - 1706 fällt Leonhard bei Aidenbach
          - 1706 wird Veit als posthumer Sohn geboren
          - 1706 heiratet Peter Gertraud
          - 1734 heiratet Veit Sophia
          - 1736 stirbt Gertraud
          - 1744 stirbt Peter


          Ich kann's noch nicht glauben daß ich das alles übersehen habe...
          Gruß
          gki

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          • Xtine
            Administrator

            • 16.07.2006
            • 30192

            #6
            Hallo gki,

            wenn bei der Gertraud keine Eltern im Traueintrag stehen, dann schau doch mal, ob sie, da sie ja auch schon älter war, evtl. vorher bereits einmal verheiratet war.

            Mir ist es auch schon mehrmals untergekommen, daß Ehepartner ohne Angabe der Eltern bereits die 2. Ehe schlossen. Meist stand Witwer/Witwe dabei, aber nicht immer!
            Viele Grüße .................................. .
            Christine

            .. .............
            Wer sich das Alte noch einmal vor Augen führt, um das Neue zu erkennen, der kann anderen ein Lehrer sein.
            (Konfuzius)

            Kommentar

            • gki
              Erfahrener Benutzer
              • 18.01.2012
              • 5136

              #7
              Hallo Xtine!

              Zitat von Xtine Beitrag anzeigen
              wenn bei der Gertraud keine Eltern im Traueintrag stehen, dann schau doch mal, ob sie, da sie ja auch schon älter war, evtl. vorher bereits einmal verheiratet war.

              Mir ist es auch schon mehrmals untergekommen, daß Ehepartner ohne Angabe der Eltern bereits die 2. Ehe schlossen. Meist stand Witwer/Witwe dabei, aber nicht immer!
              Ja, das hab ich auch schon gesehen, aber in diesem Fall steht "soluta" dabei.

              Gertraud Baumgartner aus Holzham. Nicht mal die Pfarre ist angegeben...
              Gruß
              gki

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