Am Ende der Reiseverordnung von Johann Aloys II., Fürst zu Oettingen-Oettingen und Oettingen-Spielberg vom 29. Mai 1785 steht eine „Wander-Tabelle“, die für 49 Gewerbe die vorgeschriebenen Wanderjahre auflistet. Darin treten der Lebküchner (Lebküchler) und der Lebzeltner (Lebzelter) getrennt auf. Obwohl viele Wörterbücher angeben, dass die Begriffe synonym sind, wird hier eindeutig ein Unterschied gemacht: Lebküchnergesellen mussten 8 Jahre wandern und Meistersöhne 6 Jahre. Bei Lebzeltergesellen betrug die Wanderzeit 4 und 3 Jahre, bzw.[1]
Georg Friedrich Seiler ist der einzige mir bekannte Mensch, der eine Erklärung für den Unterschied zwischen Lebküchler und Lebzelter gewagt hat:
Ich weiß, dass Lebkuchenbäcker in Bayern und Österreich als „Lebzelter“ bezeichnet wurden. In Frankfurt hingegen waren sie beispielsweise als „Lebküchler/ner“ und „Pfefferküchler“ bekannt. Vielleicht diente die Verwendung der beiden unterschiedlichen Begriffe hier tatsächlich dazu, zwischen einheimischen Lebkuchenbäckern (Lebzeltern), in diesem Fall gebürtigen Oettinger, und ausländischen Lebkuchenbäckern (Lebküchnern) zu unterscheiden. Angesichts des erheblichen Unterschieds in der Anzahl der Wanderjahre, die von Lebküchner- und Lebzeltnergesellen verlangt wurden, wäre dies sinnvoll, da Gilden dafür bekannt waren, die Zeit bis zum Abschluss der Lehr-, Gesellen- und Mutzeit zu verlängern, um Ausländer (und Nichtverwandte) vom Berufseinstieg abzuhalten.[3]
Kennt jemand zufällig weitere Quellen, die Aufschluss über die Unterscheidung zwischen diesen beiden Lebkuchenbäckertypen geben könnten?
Vielen Dank im Voraus.
–M
[1] “Fürstlich Oetting-Oetting- und Oetting-Spielbergische Wanderordnung”, S. [18], Oettingen, May 29, 1785, Universitätsbibliothek Tübingen, Sign. Ha III 132.2, https://opendigi.ub.uni-tuebingen.de...II132_fol#p=20.
[2] Georg Friedrich Seiler, Kurze Beschreibung der Künste und Handwerke […] (Erlangen, 1791), S. 14–15, https://www.google.com/books/edition...sec=frontcover.
[3] Walther Badtke, Zur Entwickelung des deutschen Bäckergewerbes […] (Jena, 1906), 43, https://www.google.com/books/edition/Zur_Entwickelung_des_deutschen_B%C3%A4ckerge/yGBAAAAAYAAJ?hl=en&gbpv=1&pg=PA43&printsec=frontco ver.
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At the end of the travel ordinance issued by Johann Aloys II, Prince of Oettingen-Oettingen and Oettingen-Spielberg on May 29, 1785, is a “Wander-Tabelle,” which lists the required wander years for 49 trades. In it, the Lebküchner (Lebküchler) and the Lebzeltner (Lebzelter) appear separately. While many dictionaries state the terms are synonymous, clearly a distinction is being made here: Lebküchnergesellen were required to wander for 8 years and masters’ sons, 6. For Lebzeltergesellen, it was 4 and 3 years, respectively.[1]
Georg Friedrich Seiler is the only one I know to have ventured an explanation for how Lebküchler and Lebzeltner differ:
I know that Lebkuchenbäcker in Bavaria and Austria were referred to as Lebzelter. By contrast, in Frankfurt, for example, they were known as Lebküchler/ner and Pfefferküchler. Perhaps the use of the two different terms here was really a way to distinguish between local Lebkuchenbäckern (Lebzeltern), in this case, natives of Oettingen, and foreign Lebkuchenbäckern (Lebküchnern). Given the considerable difference in the number of wander years required of Lebküchner- and Lebzeltnergesellen, this would make sense, as guilds were known to increase the time-to-completion of the apprenticeship, journeyman, and courage periods in order to discourage foreigners (and non-relatives) from entering trades.[3]
Does anyone happen to know of additional sources that might shed light on the distinction between these two kinds of gingerbread bakers?
Many thanks in advance.
–M
Georg Friedrich Seiler ist der einzige mir bekannte Mensch, der eine Erklärung für den Unterschied zwischen Lebküchler und Lebzelter gewagt hat:
Er unterscheidet sich von dem Lebzeltner, weil dieser nicht zünftig ist, und sich deshalb in keiner großen Stadt niederlassen kan. Außer den Lebkuchen verfertiget der Lebküchner alle Arten Zuckergebackenes, mithin auch weißen Lebkuchen, aus Kern, Kernen und Zucker, wie ein Conditor, und ist im Reiche privilegiert, Speceren- und andere Handlung zu treiben.[2]
Kennt jemand zufällig weitere Quellen, die Aufschluss über die Unterscheidung zwischen diesen beiden Lebkuchenbäckertypen geben könnten?
Vielen Dank im Voraus.
–M
[1] “Fürstlich Oetting-Oetting- und Oetting-Spielbergische Wanderordnung”, S. [18], Oettingen, May 29, 1785, Universitätsbibliothek Tübingen, Sign. Ha III 132.2, https://opendigi.ub.uni-tuebingen.de...II132_fol#p=20.
[2] Georg Friedrich Seiler, Kurze Beschreibung der Künste und Handwerke […] (Erlangen, 1791), S. 14–15, https://www.google.com/books/edition...sec=frontcover.
[3] Walther Badtke, Zur Entwickelung des deutschen Bäckergewerbes […] (Jena, 1906), 43, https://www.google.com/books/edition/Zur_Entwickelung_des_deutschen_B%C3%A4ckerge/yGBAAAAAYAAJ?hl=en&gbpv=1&pg=PA43&printsec=frontco ver.
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At the end of the travel ordinance issued by Johann Aloys II, Prince of Oettingen-Oettingen and Oettingen-Spielberg on May 29, 1785, is a “Wander-Tabelle,” which lists the required wander years for 49 trades. In it, the Lebküchner (Lebküchler) and the Lebzeltner (Lebzelter) appear separately. While many dictionaries state the terms are synonymous, clearly a distinction is being made here: Lebküchnergesellen were required to wander for 8 years and masters’ sons, 6. For Lebzeltergesellen, it was 4 and 3 years, respectively.[1]
Georg Friedrich Seiler is the only one I know to have ventured an explanation for how Lebküchler and Lebzeltner differ:
Er unterscheidet sich von dem Lebzeltner, weil dieser nicht zünftig ist, und sich deswegen in keiner großen Stadt niederlassen kan. Ausser den Lebkuchen verfertiget der Lebküchner alle Arten Zuckergebackenes, mithin auch weisse Lebkuchen, aus Kern, Eyern und Zucker, wie ein Conditor, und ist im Reiche priviligirt, Speceren- und andere Handlung zu treiben.[2]
Does anyone happen to know of additional sources that might shed light on the distinction between these two kinds of gingerbread bakers?
Many thanks in advance.
–M
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