Tost (Gleiwitz) und Scharley (Piekar); Tod in Polen; Namensänderung 1940

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  • Melanie_Berlin
    Erfahrener Benutzer
    • 31.12.2007
    • 1305

    Tost (Gleiwitz) und Scharley (Piekar); Tod in Polen; Namensänderung 1940

    Hallo Mitlesende,

    Vorab Entschuldigung, dass ich so viele Themen hier zusammenlege, aber ich möchte das Forum nicht überfluten.

    Ich möchter einer vernachlässigten Vorfahren-Linie nachgehen und bin momentan dabei, die Rahmenbedingungen zu klären. Meine Ururgroßeltern stammen aus Oberschlesien und sind nach dem Ende des 2. WK in Oberschlesien geblieben und dort auch verstorben.

    Meine Ururoma ist Marie Thekla Wißotzki und wurde am 21.09.1876 in Scharley, Kreis Piekar geboren. Ihre Linie konnte ich bisher noch nicht weiterverfolgen. Sie hat dann 1900 Anton Jendrolik geheiratet. Antons Eltern habe ich über die Kirchenbücher finden können, auch einige Geschwister. Er wurde am 15.12.1876 in Tost, Kreis Gleiwitz geboren.

    Da nun beide Geburtsjahre nach der Einführung des Standesamtwesen waren, müsste es eigentlich auch Geburtsurkunden geben. In der Theorie zumindest.

    Wer weiß mehr? Ich hatte vor Jahren mal Urkunden in einem Archiv in Breslau angefordert, weiß also zumindest, dass es 1. auf Polnisch sein muss und 2. teuer wird.

    Morgen werde ich meine Oma anrufen, die in den 50er Jahren zu ihren Großeltern nach Polen gefahren ist, u.a. auch zur Beerdigung. Wenn ich den letzten Wohnort kenne, könnte ich auch die Sterbeurkunden anfordern.

    Aber abgesehen davon interessiert es mich, warum sie in Polen blieben. Die Namen klingen polnisch, aber ich habe bisher keinen Hinweis darauf gefunden, dass sie polnisch waren. Wie konnte man nach dem Ende des 2. WK in Polen bleiben?

    Ein anderer interessanter Punkt ist, dass ihr ältester Sohn 1940 einen neuen Nachnamen angenommen hat. Von Jendrolik zu Jäger. Schön deutsch klingend, was mich auf einen überzeugten Nazi schließen lässt. Kann ich darüber auch irgendwo etwas in Erfahrung bringen?

    Ich bin über jeden Anhaltspunkt dankbar, denn ich möchte gern diesen Teil meiner Geschichte aufarbeiten.
    Viele Grüße,
    Melanie
  • Mariolla
    • 14.07.2009
    • 1781

    #2
    Hallo Melanie_Berlin,
    auch die Großeltern meines Ehemannes sind nach dem 2.WK in
    ihrem Heimatdorf im Krs. Neidenburg verblieben. Warum? Sie waren schon auf der Flucht,
    kamen aber nicht weiter, da die Straßen total verstopft waren und der Feind direkt davor stand
    und man sie zurück drängte und so ist das halbe Dorf wieder in Richtung Heimat umgedreht.
    Als sie ihr Dorf nach Tagen erreichten, waren sehr viele Häuser zerstört und so zog man in die Ruinen
    und in die wenigen unzerstörten Häuser wieder ein und wartete, was nun kommt.
    Man betrieb Landwirtschaft und vermutlich wollte man auch nicht den Hof so einfach verlassen.
    Alles, was man jahrelang aufgebaut hat, so einfach aufgeben.
    Das zweite Beispiel, meine Oma hat auch erst viel später Danzig verlassen,
    sie hatte ihren jüngsten Sohn im Krieg sowie ihren Ehemann und wollte nicht weg, weil sie ihre Liebsten
    nicht in Ungewissheit über ihren Verbleib lassen wollte.
    Ein weiterer Grund waren auch Mischehen, ein Partner war polnisch, der andere Partner deutsch.
    Man musste sich dann entscheiden, wofür man optierte.
    Namensänderungen gab es schon viel früher und nicht nur zur Nazizeit.
    Viele deutsche Namen wurde polonisiert und später wieder in die deutsche
    Ursprungsform angenommen.

    Gruß Mariolla

    Kommentar

    • Matthias Möser
      Erfahrener Benutzer
      • 14.08.2011
      • 2269

      #3
      Zitat von Mariolla Beitrag anzeigen
      Hallo Melanie_Berlin,
      auch die Großeltern meines Ehemannes sind nach dem 2.WK in
      ihrem Heimatdorf im Krs. Neidenburg verblieben. Warum? Sie waren schon auf der Flucht,
      kamen aber nicht weiter, da die Straßen total verstopft waren und der Feind direkt davor stand
      und man sie zurück drängte und so ist das halbe Dorf wieder in Richtung Heimat umgedreht.
      Als sie ihr Dorf nach Tagen erreichten, waren sehr viele Häuser zerstört und so zog man in die Ruinen
      und in die wenigen unzerstörten Häuser wieder ein und wartete, was nun kommt.
      Man betrieb Landwirtschaft und vermutlich wollte man auch nicht den Hof so einfach verlassen.
      Alles, was man jahrelang aufgebaut hat, so einfach aufgeben.
      Das zweite Beispiel, meine Oma hat auch erst viel später Danzig verlassen,
      sie hatte ihren jüngsten Sohn im Krieg sowie ihren Ehemann und wollte nicht weg, weil sie ihre Liebsten
      nicht in Ungewissheit über ihren Verbleib lassen wollte.
      Ein weiterer Grund waren auch Mischehen, ein Partner war polnisch, der andere Partner deutsch.
      Man musste sich dann entscheiden, wofür man optierte.
      Namensänderungen gab es schon viel früher und nicht nur zur Nazizeit.
      Viele deutsche Namen wurde polonisiert und später wieder in die deutsche
      Ursprungsform angenommen.

      Gruß Mariolla
      Hallo, Mariolla!

      Was du geschrieben hast, bekommt man immer wieder bestätigt, wenn man sich mit dem Thema Flucht und Vertreibung u.a auch aus Schlesien und den dazu gemachten Zeitzeugenberichten beschäftigt. Vorallem viele ältere Bewohner wollten lieber bleiben und hatten auch Befürchtungen (die sich ja leider tausendfach bestätigt haben !), die Strapazen der Flucht, bei eisigsten Temperaturen im Januar/Februar 1945 von minus 20 Grad und mehr, nicht zu überleben. Wieviele sind auf den verschneiten und vereisten Wegen und verstopften Strassen bei den Trecks umgekommen (!)....

      Meine Mutter flüchtete mit ihren Eltern, 2 Geschwistern und den Großeltern 1945 aus Breslau über Thüringen - Greußen, Nordhausen nach Göttingen. Meine Urgroßeltern haben die Folgen des Trecks nicht überlebt und verstarben unmittelbar auf der Flucht an Erschöpfung und Altersschwäche. Die Mutter meines Großvaters starb 1948 in Altdöbern - Caritasheim im Schloss an den Strapazen als Flüchtling.

      Man darf nicht vergessen, was Millionen Menschen da mitgemacht und erlebt haben......

      Internette Grüße
      Matthias (HD)
      Suche nach:
      Gernoth in Adelnau, Krotoschin, Sulmierschütz (Posen)
      und Neumittelwalde/Kruppa (Schlesien)
      Spaer/Speer in Maliers, Peisterwitz, Festenberg, Gräditz u. Schweidnitz (Schlesien)
      Benke in Reichenbach, Dreissighuben, Breslau (Schlesien)
      Aust in Ernsdorf, Peterswaldau, Bebiolka in Langenbielau (Schlesien)
      Burkhardt in Nieder-Peterswaldau (Schlesien)
      Schmidt in Nesselwitz u. Wirschkowitz im Kreis Militsch (Schlesien)

      Kommentar

      • Mariolla
        • 14.07.2009
        • 1781

        #4
        Hallo Matthias,
        richtig, unsere Vorfahrne hingen an ihrem hart erarbeiteten Hab und Gut. Wer wollte schon alles so einfach in Stich lassen. Ich könnte sehr viel über die Flucht, Vertreibung und Umsiedlung meiner Vorfahren schreiben.
        Wie Du schon schreibst, auf der Flucht verstorben, im Straßengraben zurück gelassen und man wusste manchmal gar nicht, in welchem Ort man das verstorbene Familienmitglied zurück gelassen hat. Es ist ein Thema,
        was noch lange nicht aufgearbeitet ist und wir direkten Nachfahren
        auch noch nicht verarbeitet haben.

        Viele Grüße Mariolla

        Kommentar

        • Matthias Möser
          Erfahrener Benutzer
          • 14.08.2011
          • 2269

          #5
          Zitat von Mariolla Beitrag anzeigen
          Hallo Matthias,
          richtig, unsere Vorfahrne hingen an ihrem hart erarbeiteten Hab und Gut. Wer wollte schon alles so einfach in Stich lassen. Ich könnte sehr viel über die Flucht, Vertreibung und Umsiedlung meiner Vorfahren schreiben.
          Wie Du schon schreibst, auf der Flucht verstorben, im Straßengraben zurück gelassen und man wusste manchmal gar nicht, in welchem Ort man das verstorbene Familienmitglied zurück gelassen hat. Es ist ein Thema,
          was noch lange nicht aufgearbeitet ist und wir direkten Nachfahren
          auch noch nicht verarbeitet haben.

          Viele Grüße Mariolla
          Hallo, Mariolla (schöner Name übrigens!).

          Vielleicht wäre das ja auch eine Themenpunkt hier im Forum zum Austauschen....

          Viele Grüße und Danke für Deine Antwort
          Matthias (HD)
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          Kommentar

          • Melanie_Berlin
            Erfahrener Benutzer
            • 31.12.2007
            • 1305

            #6
            Wie ich in Erfahrung bringen konnte, sind die Großeltern meiner Oma in Tost geblieben und hatten auch die polnische Staatsbürgerschaft angenommen. Jetzt werde ich an das Standesamt Tost schreiben und die Sterbeurkunden beantragen.

            Zur Namensänderung habe ich herausgefunden, dass der Mann in der SA war und die ihn zwangen den Namen Jäger anzunehmen.
            Viele Grüße,
            Melanie

            Kommentar

            • Friedhard Pfeiffer
              Erfahrener Benutzer
              • 02.02.2006
              • 5053

              #7
              Zitat von Melanie_Berlin Beitrag anzeigen
              Meine Ururoma ist Marie Thekla Wißotzki und wurde am 21.09.1876 in Scharley, Kreis Piekar geboren. Sie hat dann 1900 Anton Jendrolik geheiratet. Antons Eltern habe ich über die Kirchenbücher finden können, auch einige Geschwister. Er wurde am 15.12.1876 in Tost, Kreis Gleiwitz geboren.
              Da nun beide Geburtsjahre nach der Einführung des Standesamtwesen waren, müsste es eigentlich auch Geburtsurkunden geben.
              Ich hatte vor Jahren mal Urkunden in einem Archiv in Breslau angefordert, weiß also zumindest, dass es 1. auf Polnisch sein muss und 2. teuer wird.
              Ihr ältester Sohn hat 1940 einen neuen Nachnamen angenommen. Von Jendrolik zu Jäger. Kann ich darüber auch irgendwo etwas in Erfahrung bringen?
              Die Standesamtsregister des Standesamtes Scharley, Kreis Beuthen, werden, soweit sie älter als 100 Jahre sind, ab 01.10.1874 im Staatsarchiv Kattowitz verwahrt. Staatsarchive können - im Gegensatz zu Standesämtern, die man Polnisch anschreiben muß, sonst erfolgt keine Antwort - Deutsch angeschrieben werden. Die vollständige Kopie einer Urkunde kostet ca. 5 Euro. Scharley gehörte zum ev. Kirchspiel Beuthen-Stadt; es gehört zum kath. Kirchspiel Beuthen-Stadt.
              Die Standesamtsregister des Standesamtes Tost werden, soweit sie älter als 100 Jahre sind, ab 01.10.1874 im Staatsarchiv Gleiwitz verwahrt.
              Um die Namensänderung des 1940 geborenen Sohnes zu klären, würde ich zunächst einmal beim Standesamt eine vollständige Kopie des Geburtseintrages [sonst wird nur eine polonisierte Urkunde ausgestellt] erbitten. Aus einem Fuß- oder Randvermerk könnte sich zur Namensänderung ein weiterführender Hinweis ergeben.
              Mit freundlichen Grüßen
              Friedhard Pfeiffer

              Kommentar

              • Melanie_Berlin
                Erfahrener Benutzer
                • 31.12.2007
                • 1305

                #8
                Vielen Dank, Friedhard,
                Dass die Namensänderung auch auf der Geburtsurkunde vermerkt sein könnte/müsste, kam mir bisher noch nicht in den Sinn.

                Danke auch für die Mitteilung, welche Archive zuständig sind.

                Am Wochenende werde ich die Briefe aufsetzen.
                Viele Grüße,
                Melanie

                Kommentar

                • Melanie_Berlin
                  Erfahrener Benutzer
                  • 31.12.2007
                  • 1305

                  #9
                  Ich habe eben zwei E-Mails an die Archive geschickt und bin sehr gespannt, ob ich Post bekomme!

                  Was sind die durchschnittlichen Wartezeiten?
                  Viele Grüße,
                  Melanie

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